wie die geim praktischen Lebenich bei dieser Vorlagesie vom Grafen Posadowsky amB Jahren. Und da gibt es nochIch glaube. Sie haben gesehen, daß ich nicht von sozialpolitischenPhantastereien ausgehe, aber in dieser Beziehung habe ich doch einengewissen Optimismus. Ich glaube, daß aus dem praktischen Zu-sammenarbeiten doch etwas VernUnstiges herauskommen wird.Wenn ich mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmerirgendwelche Fragen verhandelt habe hinter verschlossenen Türen.womöglich dann, wenn die Sonne des Journalismus nicht zu denFenstern hineinschien tGroße Heiterkeit), dann haben wir uns eigent-lich immer ganz verständig unterhalten und die Gegensätze, die hierim Reichstage aufeinanderplatzen, haben sich dann ganz nett be-seitigen lassen. Ich glaube, so wird es auch kommen, wenn nachherwirklich in solchen Arbeitskammern praktisch gearbeitet ivird.Ich habe versucht, Ihnen die Grundziige des Systems zu be-leuchten, wenn ich das auch, trotzdem meine Ausführungen längerals gewöhnlich ausgefallen sind, nicht irgendwie erschöpfendtun konnte. Nehmen Sie darauf bei" Ihrer Kritik Rücksicht.Werfen Sie mir nicht vor, daß ich dies oder jenes über-sehen hätte. Es tun sich bei dieser Frage eine solche Füllevon Gedanken auf, daß mau sie gar nicht alle erörtern kann. sSehrrichtig I) Erzielen wir eine Verständigung über die Grundgedanken,so werden wir uiiS auch über das Detail leichter verständigen. Ichbin uberzeugt, daß Arbeitskammern, wie sie der Entwurf vorsieht,kein sozialpolitisches Phantom sind, sondern einem realpolitischcnBedürfnis entsprechen und daß sie, falls sie von der richtigenHand und mit richtigem Herzen geleitet werden, ein Werkzeugsind, das die Gegensätze nicht auS der Welt schaffen, wohl aberdazu helfen wird, sie zu überbrücken zum Wohle des Ganzen.(Leb-hafter Beifall.)Mg. Trimborn(Z.):Seit 18 Jahren haben wir eine Vorlageverlangt. Wieviel Geduld muh man dochhaben I Das war der erste Gedanke, denhatte. Angekündigt wurde31. Januar 1904, also vorLeute, die von dem„rasenden Automobiltempo unserer Sozialpolitikreden I Jetzt müsse» wir dafür sorgen, daß auch etwas zustandekommt; deshalb werde ich mich in der Kritik kurz faffen. Die Vor-läge halten meine Freunde für eine Grundlage, um zu einembrauchbaren Gesetz zu gelangen. Daß der Entwurf sich sür Arbeits-kamniern entschieden hat. nicht für Arbeiter kammern, hat unfernBeifall. Denn es ist notwendig, die sich bekämpfenden Arbeitgeberund Arbeitnehmer zusammenzuführen zu gemeinsamer Verhandlung.Ferner meinen wir, daß die Entschließungen und Gutachtenund Wünsche einer Arbeitskammer ein ganz anderes Gewichthaben als solche von Vertretungen einer einseitigen Jnieressentengruppe.Selbst Minoritätsvoten, die eventuell aus solchen Kammern heraus-kommen, sind gewichtiger als Voten einseitiger Jnteressentengruppen,Iveil solche MnoritätSvoten ja erst nach der gegenseitigen Aussprachemit dem anderen Teil zustande kommen. Richtig ist auch, wasder Staatssekretär ausführte, daß reine Arbeiterkammern neben denGewerkschaften keine besonderen Aufgaben hätten.Die Einzelheiten der Vorlage entsprechen im ganzen dem Pro-gramm. das zuerst Professor Hitze in der Zeitschrift„Arbeiterwohl"entwickelt hat. Eine Lücke allerdings zeigt der Entwurf: Die Arbeits-kammern dürfen Erhebungen über die Betriebsverhältinsse anstellen,aber nur in behördlichem Auftrage. Wenn aber die ArbeitskammernWünsche sollen äußern dürfen, so müssen sie auch nach eigenemErmessen Erhebungen anstellen dürfen.Die Handwerkskammern bestreiten da? Bedürfnis von Arbeits-kammern. Aber gerade in der Schwereiienindustrie und in derBergwerksindustric' sind die Verhältnisse zwischen Arbeitgebern undArbeitnehmern nicht besser geworden.Stadtrat Flcsch in Frankfurt a. M. hält die Arbeitskammernfür überflüssig, weil ja Gewerbeaerichte bestehen. Aber derenTätigkeit ist wesentlich eine richterliche, und ihre einigungsamtlicheTätigkeit braucht durch die Arbeitskammern nicht berührt zu werden.Ob für die Arbeitskammern die berufliche oder territorialeGliederung vorzuziehen ist, wird in der Kommission zu prüfen sein:ich bin klug und vorsichtig(Große Heiterkeit) und entscheide michheute noch nicht.Ob Arbeitskammern zu errichten sind, entscheidet nach dem Ent-Wurf die LandeSzentralbehörde; das mich geändert werden, dieseEntscheidung muß dem Bundesrat übertragen werden. Sonst werdenArbeitskammern nur in den Staaten mit einer sozialpolitisch fort-geschrittenen Regierung errichtet, wie Bayern.(Zuruf rechts: UndPreußen?) Ich will Preußen nicht ausnehmen, loenigstenS nicht indiesem Zusammenhange.Das Handwerk sollte in den Kreis der Tätigkeit der Arbeits-kammern einbezogen werden, schon um die Grenzstreitigkeiten zwischenhandwerksmäßigem und Fabrikbetrieb auszuschließen.Die Schnelligkeit, mit der der Herr Staatssekretär die Grund-sätze seines erste» Entwurfs ausgegeben hat. muß einem bei einemStaatssekretär imponieren.(Heiterkeit.) Wir billigen, daß die Wahlenzu den ArbeitSkammeru allgemein und geheim sind, und daß stenach dem Verhältnissystem stattfinden. Die Siegelung des Kosten-puukteS erscheint uns richtig und die Befürchtungen der Handwerkerdarüber unbegründet. Im ganzen stehen ineine Freunde der Bor-läge freundlich gegenüber und wünschen deren Weiterberatung ineiner besonderen Kommission von 28 Mitgliedern.(Bravo) imZentruin.)Abg. v. Wintexseldt-Mcnki»(kons.): ES ist doch seltsam, daßeinem von so idealen Gesichtspunkten geleiteten Gesetzentwurf sowohlvon Arbeitnehmern als Arbeitgebern Widerstand geleistet wird. DerWiderstand der erstcren ist allerdings nicht tragisch zu nehmen; aufdem Kölner Gewerkschaftskongreß gelang eS nur der Dialektik des Abg.Huü, die Mehrheit für Arbeiter kammern statt Arbeitskammeruzu gewinne». Auch Eduard Bernstein hat sich in den„Sozialistischen Monatsheften" dahin ausgesprochen,daß die Eutwickelung zu paritätischen Einrichtungen immer mehrhinführt. Für bedeutsamer halte ich den Widerstand der Unter-iiehmer, wie er auch auf dem deutschen Handelstag zum Ausdruckgekommen ist. Wir stehen dem Gedanken des Entwurfs freundlichgegenüber. Unsere Stellung zu den Einzelheiten des Entwurfsbehalten wir uns für die Kommission vor.(Bravo I rechts.)Abg. Freiherr Hcyl zu Herrnsheim(natl.): Eine Majorität fürparitätische Arbeitskammern ist schon seit 13 Jahren in diesem Hausevorhanden. Wäre eS aber nicht der Fall, so hätten die vorzüglichenAusführungen des Herrn Staatsselreiärs, die wir Wort für Wortunterschreiben können, diese Majorität sicher geschaffen. Wohl nochnie ist vom Rcgierungstische aus mit solcher Objektivität gesprochenworden.(Bravo I bei den Nationalliberalen.) Auch die sozialdemo-kratische Fraktion hat noch 1904 sich in einem Antrag Auer sür pari-tätische Arbeitskammern mit einem staatlich ernannten Vorsitzendenausgesprochen. Eö entsprach dies den Vorschlägen, die Herr Bebelbereits 1877 gemacht hatte. Bebel war also der erste, der insolchen paritätischen Arbeitskammern die richtige Interessenvertretungder Arbeiter sah.Wg. Legi«»(Soz.):Der Herr Staatssekretär sagte, die Arbeitskammern sollten dazudienen, Gegensätze zwischen den Unternehmern und den Arbeiternauszugleichen. Seinen guten Willen, diese Gegensätze auszugleichen,erkenne ich ohne weiteres an, doch fürchte ich, daß sein Bemühenan dem Widerstande der Unternehmer scheitert, genauso, wie daran die Durchführung der kaiserlichen Februar-erlasse gescheitert ist. Diese Gegensätze lassen sich eben nichtdurch sentimentale Reden auSglezchen. Sie sind in unseremWirtschaftsleben begründet, wir müsien uns mit ihnen abfinden undkönnen ste einigermaßen nur dadurch ausgleichen, daß«vir beideFaktoren, Unternehmer und Arbeiter, nach gleichen Grundsätzen be-handeln, ihnen gleiche Rechte einräumen, die ihnen die Möglichkeitgeben, gleiche Kräfte zu entfalten. Der kaiserliche Erlaß vomFebruar 1890 ist in der Vorlage nicht verwirllickt, denn er verhießden Arbeitern eine Vertretung, die ihnen die Möglichkeit gibt, ihreWünsche zum Ausdruck zu bringen. Interessant istdie Stellungnahme der Parteien vor und nach diesem Erlaß.Soweit es sich um positive Lorschlöge handelte, war dieSozialdemokratie die erste, welche Forderungen stellte. Schon 1877beaniragis sie, paniätisch zusammengeietzte Gewerb ekammernzu schaffen, 1884 beantragte sie Arbeits kammern, 1S8Skam jener Gesetzentwurf. m welchem ein Reichsarbeitsamt.Arbeitsämter und Arbeitskammern gefordert wurden— einEntwurf, der 1889, 1888, 1839 wiederholt wurde und daim regel-mäßig seit 1898. DaS Zentrum folgte erst 1893/94 mit einem An-trage, der eine Vertretung der Arbeiter forderte: das Zentrum folgtealso mit dieser Forderung erst nach dem kaiserlichen Erlaß. DieFreifinnigen traten erst 1893/99 mit der Forderung eines Reichs-arbeitSamteS auf, das aber nicht als Vertretung der Arbeiter,sondern nur sür statistische Zwecke gedacht war. Dann folgten dieNationalliberalen mit der Forderung, Gcwerbegcrichte auszubauen.1903 beantragten sie, ein Arbeitsamt zu schaffen. Im Jahre1907, im Jahre deS Heils, in welchem der Block gegründet wurde,wo man erklärte, die Interessen der Arbeiter stärker vertreten zuwollen, erschien auch die Wirtschaftliche Vereinigung mit einem An-trage auf Schaffung von Arbeitskammern. Es bleiben also nur diebeiden konservativen Parteien von den größeren Parteien, welcheAnträge noch nicht gestellt haben. Im Hause sind die Anträge vonden verschiedensten Gesichtspunkten aus gestellt, und die Parteienhaben dazu eine sehr verschiedene Stellung eingenommen. Besonderswar die Stellung des Zentrums zu unserem ersten Antrage vontemer heutigen Stellung sehr verschieden.— 1389 glaubte man imZentrum den Antrag nicht nur ablehnen, sondern die in der ganzenSache liegende Idee verhöhnen zu dürfen. Der Frhr. v. Hertlmgwar eS. der damals ausführte: Zu Zeiten einer großen Krise, wennTausende von Arbeitern feiern, könnten die Arbeitskammernden hungernden Arbeitern ja theoretische Untersuchungen überHandels- und Schiffahrtsverträge und dergleichen bieten, l 993 nahmdas Zentrum allerdings eine andere Stellung ein. Da erklärte HerrTriniborn: was man dem Handel, der Industrie, dem Handwerkund der Landwirtschaft gewährt habe, könus man doch den Arbeiternnicht mehr auf die Dauer versagen. Jedenfalls ist nach der Reihen-folge der Anträge festzustellen, daß bei allen Fragen der Sozial-gesetzgebung eS die Sozialdemokratie ist, welche die Initiative er-greift und daß die anderen, die bürgerlichen Partelen, erst vielspäter nachfolgen.Nun haben sich im Laufe der Jahre fast sämtliche Parteien süreine solche Organisation der Arbettcrvertretung erklärt, aber das,waS in diesem Gesetzentwurf geboten wird, entspricht durchaus nichtdem, WaS die Sozialdcmokratte im Interesse der Arbeiter schon 1834gefordert hat. Allerdings enthält der Entwurf wesentliche Verbesserungen gegenüber dem Entwurf vom Februar vorigen JahreS.Die Anlehnung an die Bernfsgenosseuschaften ist sollen ge-lassen, daS indirekte Wahlsystem ist durch daZ direkte und dieVerhältniswahl ersetzt und die Handwerker sindneu einbezogen worden. Diese Verbesserungen reiche»aber nicht auS, um eine Zustimmung der sozialdemokratischen Parteizu der Vorlage zu rechtfertigen.— Die bürgerlichen Parteien unddie Regierung gehen bei der Beurteilung der ganzen Frage vonfalschen Gesichtspunkten aus. Sie wünschen, einen Ausgleich derDifferenzen zwischen den Arbeitern und den Unternehmern zu er-reichen. So heißt eS im§ 2 z. B.:„Die Arbeitskammern sindberufen, den lvirtschastlichen Frieden zu pflegen" und als eine ihrerersten Aufgaben wird bezeichnet. daS gedeihliche Verhältniszwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu fördern. AlSmau seinerzeit die Vertretungen der Arbeitgeber, die Land-wirtschaflskammer, die Handwerkerkammern usw. schuf, hat mansolche Motive nicht angegeben, damals hat man reine Jnteresicn-Vertretungen geschaffen, denn die Wirksamkeit der Gesellen-auSschüsse ist gleich null, sie stehen rein auf dem Papier. Wir wollen.daß man den Arbeitern jetzt daS gleiche Recht gibt wie den Unter-nehmern.DaS Bestreben, einen Ausgleich zwischen den Fntereffengegen-sätzen herbeizuführen, halten wir für ein vollständig uro-p i st i s ch e s.In der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung ist ein Ausgleichdieser Grgensätze nicht möglich.Die Gegensätze zwischen den Besitzern der Produktionsmittel undden die Arbeit Ausführenden beruhen einfach in dem Streit um denAnteil an dem Ertrage der Arbeit. Aus demselben Streben herausmuß der Unternehmer für eine möglichst ausgedehnte Arbeitszeit undmöglichst niedrige Löhne eintreten und umgekehrt der Arbeiter fürmöglichst hohe Löhne und eine möglichste Verkürzung der Arbeits-zeill Wie tollen in einer Gesellschaftsordnung, die darauf beruht,daß die Arbeiter, die Besitzlosen, genötigt sind, ihre Arbeitskraft zuverkaufen, diese Gegensätze ausgeglichen werden? Beseitigt könnensie nur werden, wenn die Arbeit mit dem Kapital verbunden wird,wenn die Arbeiter auch im Besitze der Produktionsmittel sind.lSehr wahr l bei den Sozialdemokraten.)Ein gewisses Friedensverhältnis zwischen Unternehmern undArbeitern kann nur dann geschaffen werden, wenn man den Arbeiterndie gleichen Rechte einräumt wie den Unternehmern, wenn man dieArbeiterschaft zu einer Macht im Staate werden läßt. Bisherhaben die bürgerlichen Parteien und die Regierung den Arbeiternbeim Ausbau ihrer Organisationen stets Hiiiderniffe bereitet.ich erinnere nur an das BereinSgesetz. Eine Verständigungist nur zwischen zwei mächtigen Gegnern möglich. Mit einemSchwachen kann man Mitleid haben und ihm daher gewisse Zugeständnisse mackien, aber verhandeln wird man mit ihm nicht,ihm Rechte zugestehen wird man nicht. Dazu müßte» wir so outeMenschen haben, wie sie in unserer, auf der Ausbeulung des Mensche»durch den Menschen beruhenden Gesellschaftsordnung meiner Ueber-zeugung nach nicht herangezogen werden können.Mit der wachsenden Macht der Arbeiter sind auch Ansätze zusolchen Vereinbarungen in de» Tarifverträgen usw. in die Ericheinmiggetreten. Die Macht, die die Arbeiterklasse erreicht hat, ist freilichnoch lange keine ausreichende, aber sie kann doch nicht mehr über«gangen werden, man muß mit ihr rechnen. Sie sehen: sobald dieArbeiter eine gewisse Widerstandskraft den Unternehmern gegenübergewinnen, tritt auch ein gewisses Frieden-Verhältnis ein; man hatja die Tarifverträge ausdrücklich als„Friedcnödokumente"bezeichnet. Ein friedliches Verhältnis wird aber so lange nichtdauernden Bestand haben, als man die Arbeiterschaft nicht alsgleichberechtigten Faktor anerkennt. Das war ja die falsche Voraus-jetzrnig, unter der die Hirsch-Dunckerschev Gewerkveretne seinerzeitgegründet lvurden.WaS in dem Entwurf geboten wird, entspricht durchaus nichtdem. was die Arbeiterklasse heute dank ihrer Macht zu fordern be-rechtigt ist. Ms die zahlreichste Klasse und als diejenige, die durchdie indirekten Steuern den größten Anteil zu den Einnahmendes Reichs beitragen muß, hat die Arbeiterklaffe das Recht.zu fordern, daß ihr dieselbe unbeeinflußte Vertretung gewähr-leistet wird, wie sie den Unternehniern heute zusteht. Wollen Siedas, so müssen Sie dem zustimmen, was die sozialdemokratische Parteischon 1884 forderte, und müssen eine Organisation zur Vertretung derGesamtinteressen der Arbeiter schaffen: Arbeiterkammern, Arbeits-ämtcr und schließlich ein ReichsardeitSamt. Nun hat allerdings dieSozialdemokratie früher an Stelle der jetzt geforderten Arbeiter-kammern Arbeitskaminern verlangt, und diese Forderung sieht auchin einem Gesetzentwurf, der'l90ö auf Antrag des Zentrumsder Regierung zur Berücksichtignng überwiesen wurde. Aber nichtnur die Sozialdemokratie, sondern alle Parteien, die sich eiiiaehendmit dieser Materie beschäftigen, haben ihre Meinung bezüglich der zuschaffenden Organisation gewechselt. So brachte daS Zentrum 1831/05eine Interpellation ein, in der gefragt wurde, ob eme Vorlage bi«treffend Arbeiterkammern zu erwarten sei. Damals erklärte HerrHitze:... Ich kann sagen, daß ich eS früher auch für richtig hielt,wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen beraten, aber heute binich anderer Meinung. Ich lege großes Gewicht darauf, baß dieArbeiter das Gefühl habeil:„Das ist unsere Vertretung, das findunsere Kammern, wie auch die Arbeitgeber ihre Vertretliug haben."(Hört) hört! bei den Sozialdemokraten.)— 1899 forderte dann dasZentrum die Errichtung von Arbeitskammern. Da erklärteDr. Hitze:„Wir wollen Arbeitskammern, nicht Arbeiterkammern,Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen in diesen Kammern vereinigtsein, die Arbeiter sollen ihre Jnieressen zugleich mit den Arbeit-gcbern vertreten." Herr Hitze forderte dann auch ein Reichs-arbeitsam t. Davon haben wir hente von Herr» Trimborn nichtsmehr gehört.Im Jahre 1901 beantragte daS Zentrum gemeinsam mit denNationalliberalen einen Ausbau der Gewerbcgcrichtc. Da warensowohl die Arbeitskammern wie die Arbeiterkammern fallen gelaffeu.Also innerhalb weniger Jahre haben die Anschauungen dieser Parteivollständig gern eck, seit, und ähnlich auch die der anderenParteien, die sich mit der Frage eingehend beschäftigt haben. Die Frei-sinnigen forderten 1898 ein ReichSarbcitsamt, 1907 Arbeitskammern,während 1905 Herr Dr. Mugdan sich bestimmt für Arbeiter-kammern ausgesprochen hat. Ich führe daS nicht an, um etwa dieSchwankung der Sozialdemokratie zu entschuldigen. Von einer Ent-schuldigung kann hier gar nicht die Rede sein, wenn man bei nähererPrüfung zu einer Aenderung seiner Anschauung kommt. In dergegenwärtigen Situation hält eS die Sozialdemokratie eben für dieArbeiter am besten, wennreine Arbeiterkammerngeschaffen werden. In den.89er Jahren würden jedenfalls die Arbeits-kainmern den Arbeitern ebenso dienlich gewesen sein. Mittlerweilesind aber für alle Unternehmerlategorien reine Interessen-Vertretungen geschaffen, die auch durchaus nicht zurückhaltend find.Kein Gesetzentlvurf passiert den Reichstag, zu dem nicht die Hand-Werks- und Handelskaminern Stellung nehmen.Dem Beschluß des Kölner GewerkichaftSkongreffeS glaubte HerrV. Winterfeldt keine große Bedeutung beilegen zu brauchen.Aber der Herr Staatssekretär spendete, meines Wissens heutezum ersten Male, der Tätigkeit der gewerkschaftlichen Organisationenhohes Lob, indem er sagte: Mit der Sachkenntnis, der Umsicht,dem Organisationstalent und dem rücksichtslosen Draufgängertum,das sich in den Gewerffchaften gezeigt hat, könnte kein Gesetzgeberwetteifern." Wenn die gewerkschaftlichen Organisationen und ihreVertreter solche Sachkenntnis, Umsicht und Organisationstalent be-sitzen, so sind ihre Beschlüsse wohl nicht so bedeutungslos.Herr v. Winterfeldt wies auf die große Minorität hin, die inKöln vorhanden war. Nun. der Beschluß. Arbeiterkammern,nicht Arbeitskammern zu fordern, wurde von 151 Delegierten, die771 663 Arbeiter vertraten, gegen 48 Delegierte gefaßt, die379 431 Arbeiter vertraten) Der Beschlutz ist also in weit größeremMaße von den Arbeitern gelragen als die ersten Vorschläge dersozialdemokratischen Orgaiiisationen. ES werden eben immer weitereArbeiterkreise zur Beratung herangezogen und diese kamen immermehr zu der Erkenntnis, daß zur Vertretung der ArbeiteriiiteressenArbeitskammern nicht ausreichend seien. Den Wünschen der1,8 Millionen gewerlschaftlich organisierter Arbeiter hat sich diesozialdemokratische Fraktion angeschlosien. und �war um so leichter,als sie sich bei näherer Beschäsliguiig selbst uberzeugte, daß eineJnteresienvertretung der Arbeiter als Unterlage notwendig ist.(Zu-stimmung bei den Sozialdemokraten.)Die Vorlage gibtdaS passive Wahlrechtnur Arbeitern, die zur Zeit derWahl imBezirk derArbeitskammer beschäftigt sind. Die Zugehörigkeit zurArbeitskammer e r l i s ch t, wenn der Betreffende aus dem Berufeausscheidet oder auS dem Bezirke wegzieht. Nun ist eS sehr leichtgesagt, der Arbeiter solle den Mui haben, auch seinem eigenenUnternehmer gegenüber in der Arbeitskammer seine Jntereffenzu vertreten. Wenn dieser Mut nur nicht im Magen liegt'Wenn der Arbeiter nur nicht gemaßregelt wird I(Zurus cechtS.) DieErsahrungen, die wir darüber haben. Herr v. Oertzeu, füllen Bände.kLcbdaste Zustimmung bei den Sojialdemokraten.) Viele Arbeiterwerden, um sich der Gefahr der Mechregelung nicht auszusetzen, iilder ArbeitSkammer dem Arbeitgeber gegenüber die Interessen ihrerBerufstollegen nicht zu vertreten wagen.(Sehr wahr I bei den Sozial-demokraten.) Bei der wirtichaftliitien Abhängigkeit der Arbeiter ist einvon den Unternehmeni unbeeinflntzies Borgehen der Arbeitskammernnicht zu erwarten, und deshalb fordern wir Arbeiter kammern. diegleichwertig sind den Handelskammern und den Landwirtschaitskammern.Die Parität wollen wir nicht anSichließen. die Arbeiterkammernsollen nur die G r u n d l a g e sein, ihnen sollen höhere Instanzenfolgen, bei denen die Parität gewahrt bleibt: Ein Gewerbeamt, einArbeitsamt, die auch exekutive Gewalt haben sollen. Die Arbeiter-kammern, die wir fordern, sollen keine verwaltungstechnische Tätig-keit üben, sondern nur eine gutachtliche, und solle» die höherenInstanzen der Organisation unterstützen. Da« kann seitens derArbeiter unbeeinflußt nur in Arbeiter tammern ge-schehen. Aber über sie hinaus verlangen wir höhere Instanzenbis zu einemReichSarbeitSamt.(Zustimmung bei sden Sozialdemokraten.) Ich verstehe nicht, wiebei den wirtschaftliche» Verhältnissen der Arbeiter, unter denendie christlichen Organisationen genau so zu leiden haben wiewir. die Herren vom Zentrum sich für ArbeitSkaiiliilern erklärenkönnen.(Zuruf des Abg. Schiffer: Das tut auch U m b r e i t I)Mein Kollege Umbreit sagt zum Schluß seines Artikels im„Kor-reipondenzblatt":„Wenn den Arbeitskammern nicht verwaltungS-technische Funktionen und exekutive Gewalt gegeben werden, so sindArbeiterkammern vorzuziehen." Lesen Sie nur diesen Artikel, HerrSchiffer IAuf die Eiuzelheiten der Vorlage werde ich In der Kommission eingehen. Hier will ich nur erklären, daß wir mit derberuflichen Gliederung der Arbeitskammern nicht cinverftanden sind,sondern dieterritoriale Gliederungwünschen. DaS Beispiel der Zersplittnruna. welches uns die In-nungen geben, sollte uns vor der beruflichen Gliederung warnen.In der ArbeitSkammer solle» ja nicht die einzelnen Berussmteresseii,sondern die allgemeinen Interessen der Arbeiter vertreten werden.Einspruch erheben wir auch dagegen, daß die Arbeiter imHandels-, SchiffahrtS- und Verkehrsgcwerbe ausgeschlossen werdensollen, sowie die Arbeiter in Betrieben, die unter der Heeres- undMarineverwaltung stehen.— Den Ausschluß der H a n d l u n g s-g« h i l f e n erklärt die Begründung damit, daß bei ihnen wesentlichStandesfragen zu erörtern sind. Aber ß 7 nimmt auch die Arbeiter inApotheken uns Handelsgeschäfte auS! Ich schätze nun dieTätigkeit eineS Packers und AuStänferS gewiß ebenso hoch, als dieeines Handlungsgehilfen, WaS er aber für besondere StandeSinter-effen zu vertreten hat, vermag ich nicht einzusehen.(Sehr wahr!bei den Sozialdemokraten.) Bei den hochqualifizierten Arbeiternder Metallindustrie zum Beispiel könnte man weit ehervon Standesfragen sprechen, als bei den HandelSangestelltcn;hier haben wir ja»st nur ein glänzendes Elend.sie werden oft viel schlechter bezahlt als qualifizierte Arbeiter. Wirbetrachten jeden als einen Arbeiter, der seine Arbeitskrast gegenSohn verkauft, sei er nun Werkmeister in einem technischen Betriebeoder hochqualifizierter Arbeiter oder HandelSangrstelltcr. Und deS-halb erheben irnr Widerspruch gegen diesen Versuch, die Arbeiter-schuft wieder zu zersplittern.(Zustimmung bei den Sozialdemo-traten.)Weder in der mündlichen noch in der schriftlichen BegründungdeS Entwurfs finden wir einen Grund dafür angegeben, weshalb mandurch die Arbeitskammern eine ttinstliche Trennung in die ArbeUerklafsehineintragen will. Warum will man die der Marine» und Militär-Verwaltung unterstehenden Betriebe anders behandeln als alle anderen?Vielleicht, iveil die Vorgesetzten Uniform tragen?— Gerade die mili-täriicho Organisation deä Dienstes hindert nach meinen eigenenBeobachtungen die Marineverwaltttilg an der notweitdigen Sparsam-keit und macht, daß sie teurer tvirtschaftet als der Privatbetrieb-Gerade diese niililärische Organisation sollte beseitigt werden, weildie privaten Schiffswersen auch ohne sie auskommen, oder sind etwadie Arbeiter der Militär- und Marineverwaltuilg von de» Arbeiter-kammern gusgeschloffen, weil sie rücksichtsvoller behandeltwerden? Daran glaubt niemand.(Sehr wahr) bei den Sozial-demokraten.) Jahr kür Jahr habm wir dis Klagen aus diesen