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Die Zeugm bekundet weiter, baß sie einmal auf direkte Än vrdnung Colanders drei Tage bei Wasser und Brot verbüßt habe. Ter Verteidiger befragt sie dann, ob das Schlagen mit der Kette wirklich schmerzhaft gewesen sei, was die Zeugin bejaht. Hieran regt der Staatsanwalt die Herbeischaffung der Hundckette an. Das Gericht gibt dem Antrage statt. Tie beiden Angeklagten werden sodann wieder hereingeführt Colandcr bestreitet die Stichtigkeit fast aller Bekundungen des Mädchens und bleibt dabei, daß die Schwiebe, um ihm zu schaden dieses Mädchen nebst anderen gegen ihn beeinflußt habe. Die Zeugin slki nie mit der Kette geschlagen worden und habe ohne sein Wissen vor der Tür mit dem Bettlaken über dem Kopfe gestanden Frau Colander erklärt, ihr Mann habe ihr gegenüber bestritten, daß er das Mädchen hinausgcstellt habe, während die Schwiehe be- haupiete, daß sie auf Anordnung ihres Mannes gehandelt habe Bars.  : Wie können Sie einem solchen Mädchen so einen Ver- trauensposten überlassen? Frau(lolander: Wir haben ihr dann auch kein Vertrauen mehr geschenkt. Staatsanw.: Aber am folgenden Tage haben Sie sie trotzdem zur Durchprügelung der Lehn bestellt. Colauder: Ich habe auch keinem Mädchen verboten, sich über die Schwiebe zu beschweren. Ei« Beisitzer: Der Angc klagte soll erklären, wie es möglich war. daß die Schwiebe weiter- hin Gehilfin blieb. Es fragt sich dann, ob die Zeugin Behn vereidigt werden soll. ES wird ihr nochmals vorgehalten, daß sie heute sehr zugunsten der Angeklagten ihre Aussagen aus der Voruntersuchung abge- ändert habe, und der Borsitzende warnt sie vor den Folgen einer falschen Aussage. Darauf bricht sie in Tränen aus und ist nicht zu bewegen, den Eid zu leisten. Ihre Vereidigung wird daher vor, läufig ausgesetzt. Im weiteren Verlauf der Verhandlung konstatiert dann ein Beisitzer, daß ein Buch über die gegen Fürsorgezöglinge verhängten Amslstrafen überhaupt nicht gesührt wurde, weder vom Angeklagten noch von dessen Vater. Unter allgemeiner Spannung des Publikums wird dann die fetzige Arbeiterin Marie Schwiebe aus Aliona in den Saal gerufen. Sie ist 22 Jahre alt und bis 1902 im Asyl gewesen. Kach zweijähriger Abwesenheit kehrte sie 1901 wieder dorthin zurück und verblieb in der Anstalt bis zum Tage ihrer Großjährigkeitscrklärung. Der Borsitzende setzt ihre Vereidigung mit dem Bemerken aus, daß sie im Verdacht der Verleitung zum Meineide stehe und verweist sie ferner daraus, daß sie cvcntl. als Mittäter bei den Mißhandlungen in Betracht komme, wcs- halb sie Aussagen hierüber verweigern könne. Er fragt sie dann: Haben Sie von dem Angeklagten Colander und dessen Frau den Auftrag erhalten, die anderen Mädchen zu beaufsichtigend Zeugin: Ja. Bors.: Hat man Sie auch beauftragt, die Rädchen zu züchtigen, zu strafen, zu schlagen? Zeugin: Ja.(Bewegung.) Bors.: Wie oft ist das wohl geschehen? Zeugin: Ich habe cS «ur ge�an, wenn der«orsteher oder seine Frau es angeordnet hatten oder wenn ich mit ihrer Vertretung beauftragt war. Bors.: Haben Sie auch etwas davon bemerkt, daß der Vorsteher und seine Frau die Mädchen geschlagen haben? Zeugin: Ja. Ein Mädchen Rosa Greve wurde geschlagen, als sie nach ihrer Flucht wieder in die Anstalt eingeliefert wurde, und zwar mit einem fingerdicken Rohrstock, die Helene Behn weil sie den Saal beschmutzt hatte. Bors.: Hat auch Frau Colander Schläge aus- geteilt? Zeugin: Ja. Bors.: Haben Sie Mädchen im Auftrage und Beisein der Frau Colander geschlagen? Zeugin: Ja. Bors.: Auch die Behn? Zeugin: Ja. Bors.: War die Behn dabei angezogen? Zeugin: Nein, sie war im Hemd und ich mußte sie auf dos blosie Gesäß schlagen. Frau Colander stand dabei. Bors.: Weshalb wurden die Mädchen geschlagen? Zeugin: Sie durften nur selten auf den Wort gehen und da tamcn oft Kotschmutzereien vor. Die Beb» mußte ihren Kot ein- mal mit dem Munde aufnehmen. Bors: Wer verlangte das? Zeugin: Ter Vorsteher. Bors.: Ter Vorsteher? Sie sollen es verlangt haben. Zeugin: Nein. Bors.: Sie sollen mit dem Stock dabei gestanden und das Mädchen schließlich durch Schläge gezwungen haben. Zeugin: Ich kam aus dem Kuhstall dazu. als cS der Vorsteher verlangte. Die anderen Mädchen standen herum und lachten. Vors.: Befahl ihr der Borsteher ausdrücklich. daß sie es mit dem Munde aufnehmen solle? Zeugin: Ja. Er sagte, sie solle es auflecken. Bors.: Ist ein anderer Zögling gc- zwungen worden, auS dem Nachtops Kaffee zu trinken? Zeugin: Ja, die Berta Runge. Ich kam dazu, wie sie vom Vorsteher in Gegenwart der anderen Mädchen dazu aufgefordert ivurde. Sie stand am Fenster, hatte eine Lausekappc auf dem Kopf und trank aus dem Nachtgeschirr Kaffee, den der Vorsteher hincingetan hatte.(Bewegung.) Bors.: War auch seine Frau zugegen? Zeugin: Ja. Bors.: Angeklagter Colander, wie ist das? Angekl.: Ich ließ den Topf holen, der übrigens jeden Morgen rein ausgespült wird und ließ den Kaffee hineintun. Ich schickte die Runge dann ans Fenster, wo sie den Topf ansetzte. Aber sie hat nicht daraus getrunken. Wenigstens hat sie später so zu den anderen Mädchen gesagt. Ich habe sie nicht zum Trinken gezwungen, sondern ihr nur zeigen wollen, wi« eklig es uns sein müßte, aus einem Topf zu essen, in den sie Kot hineingetan hatte.--- Frau Colander: So ist es gewesen. Bors,(zur Zeugin Schwiebe): Wie war eS mit dem Hinaus, stellen d:S Mädchens mit dem Bett? Zeugin: Ich mußte ihr auf das Geheiß des Borstehers das durchnäßte Bettlaken über den Kopf legen und ihr in jede Hand ein Bettstück geben. Sie sollte solange damit draußen stehen bleiben, bis es trocken war. Ich mußte selbst mitgehen, damit sie nicht etwa davonlief. Bors: Helene Behn. kommen Sie einmal her. Wie ist das nun? Zeugin Behn: ist nicht wahr. Ter Borsteher hat nichts von dem Bett gewußt.(Bewegung.) Bors,(zur Zeugin Schwiebe): Wann wurde die Behn hinausgeschickt? Zeugin: Um 6 Uhr morgens vom Vorsteher. Bors,(zur Behn): Colander soll in Ihrer Gcgemvart die Anordnung getroffen haben. Zeugin: Ich weiß nicht« mehr davon. StaatSanw.: Ich tonstatirre, daß die heutigen Angaben der Schwiebe sich mit denen der Zeugin Behn in der Boruntersuchung drckrn und daß die Behn heute zugunsten Colanders ausgesagt hat. Bors.: Allerdings. Sie hat in Eckern- forde weit belastender gegen den Vorsteher ausgesagt. Gegenüberstellung der Zeuginnen. Die beiden Zeuginnen werden dann einander gegenübergestellt. wobei die Behn jedoch nicht dazu zu bewegen ist, der Schwiebe ins Gesicht zu sehen. Die Behn gibt dann an. daß sie am 8. Juli v. I. von der Schwiebe in Alwna auf der Straße gestellt und zu einer falschen Aussage gegen Colander veranlaßt worden sei. Die Zeugin Schwiebe erklärt das für unwahr, da sie am 0. Juli entbunden habe und am 8. Juli im Krankenhaus gelegen habe. Sie habe die Behn nach ihrer Entlassung überhaupt nicht mehr gesehen. Tiefe wird vom Vorsitzenden nochmals energisch crmahnt, die Wahrheit zu sagen, da sie von anderer Seite beeinflußt zu sein scheine, Sie bleibt aber bei ihre» Angabe» Vors.: Zeugin Schlvicbe, haben Sie auch gesehen, daß ein Mädchen sich Kot ins Gesicht schmieren mußte.-- Zeugin: Ja, das ivar auch die Behn. Der Vorsteher ordnete an, daß sie auf den Hof gehen sollte, und hier gab er Paula Dierks den Auftrag es zu tun.(Bewegung.) Vors.: Habe» Sie oder ein anderes Mäd chen einmal der Dierks einen Nachttopf mit Inhalt über den Kop gestülpt? Zeugin: Ich nicht, aber der verstorbenen M alpine Kruse mußte die Dierks es einmal tun. Angekl.: Das ist nicht auf meine Anordnung geschehen. Zeugin: Doch, die Kruse mußte dann noch draußen stehen, bis ihr die Geschichte angefroren war. Sie mußte sich dann den Kot mit kaltem Wasser abwaschen und kam dann in die Arrestzelle. Es wird hierauf die Berta Runge aufgerufen, die jetzt Dienstmädchen bei dem Schwager des Augs- klagten Colander ist. Vors.: Sind Sie im Asyl geschlagen tvor den? Zeugin: Ja, aber ich hatte meine Strafe verdient.(Bc- lvcgung.) Ich war ein böses Lflädchen. Ich hatte keine Erlaubnis zum Austreten bekommen, konnte mich nicht mehr halten und verrichtete meine Notdurft in einen Waschkcsscl. Dafür bekam ich Schläge, aber nur mit öcr Hand.   Bors.: Früher haben Sie ausgesagt mit einem Stock. Zeugin: Nein, nein. Bors.: Sonst ist Ihnen nichts geschehen? Zeugin: Nein. Bors.: Ist Ihnen nicht einmal zugemutet worden, aus Ihrem Nachtgeschirr Äasfes zu trinken? Zeugin: Ja, aber nicht vom Vorsteher.(Bewegung/ ES war nur zum Bangemachen. Vors.: So, nur zum Bange, machen? Zeugin: Ja, die Schwiebe hat eS dann angestiftet, daß ich es austrinken sollte, aber der Vorsteher Ivar nicht dabei Bors.: Hören Sie, ich habe Sie ernstlich ermahnt, die reine Wahr- heit zu sagen. War der Vorsteher dabei? Zeugin: Ich erinnere mich nicht mehr so genau.(Bewegung.) t» Vors.: Er kann also dabei gewesen sein? Zeugin: Ja, er war dabei.(Große Beloc gung.) Aber er hat mich nicht bedroht. Bors.: Hat die Schwiebe Sie denn bedroht? Hatte sie etwa einen Stock? Zeugin: Nein. Bors.: In der Voruntersuchung haben Sie ge° sagt, Sie hätten den Topf auf Geheiß des Vorstehers austrinken müssen. Er habe gesagt, Sie bekämen ihn immer wieder vorgesetzt, bis Sie ihn ausgetrunken hätten. Zeugin: Ich habe nur so getan, als oh ich ihn austränke. Bors.: Danach habe ich Sic nicht ge- fragt. Haben Sic so getan, weil Sie Angst vor Schlägen oder Arrest hatten? Zeugin: Nein. Colande» forderte mich auf zu trinken, aber er hat mich nicht bedroht. Ich hatte es ja auch ver, dient, ich war ein böses Mädchen. Vors.: Wie war eS mit dem Kot, den Sie ins Gesicht geschmiert bekamen? Zeugin: Den hatte der Vorsteher in der Grube gefunden und behauptete, er wäre von mir. Er sagte dann, ich solle die Wahrheit sagen, sonst würde mir die ganze Geschichte ins Gesicht geschmiert. Bors.; Ist das dann geschehen? Zeugin: Ja.(Bewegung.) Marie Schwiebe und noch eine schmierten es mir inS Gesicht.   Bors.: Wurden Sie dann so in den Saal gesiihrt und den anderen Mädchen gezeigt? Zeugin: Ja. Bors.: Hat das der Vorsteher angeordnet? Zeugin: DaS weiß ich nicht. Er kam später hinein und hieß mich waschen. Bors.: War Colander dabei, als die Mädchen Sie ver- unreiniglen? Zeugin: Nein. Bors.: Sie sagten aber doch soeben, er hätte Sie ermahnt die Wahrheit zu sagen, sonst würden Sie die Geschichte ins Gesicht kriegen. Als er das sagte, war da die Schwiebe dabei? Zeugin: Ja. Vors.: Früher haben Sie ausgesagt: Colander war dabei und lachte. Warum bleiben Sie heute nicht dabei? Hat er dabei gestanden? Zeugin: Ja. Bors.: Hat er auch gelacht? Zeugin: DaS weiß ich nicht mehr. Bors.: Tann kamen Sie in Arrest. Wer brachte Sie dahin? Zeugin: Ich weiß nicht genau, ich glaube die Schwiebe. Bors.: War der Borsteher im Saal, als Sie den anderen Mädchen gezeigt wurden? Zeugin: Ja. Bors.: WaS sagte er dabei? Zeugin (zögernd): Co wie man cS mit mir gemacht habe, würde man cd auch mit anderen machen. Bors.: Was wissen Sie von dem Fall Behn? Zeugin: Daß sie die Sache mit dem Munde auf- nehmen sollte. Vors.: Wer sagte das gu der Behn? Zeugin: Der Vorsteher.(Bewegung.) Angekl. Colander: Ich weiß nicht, wie die Sache gemacht worden ist. Die Behn sagt ja selbst, daß sie nur so getan hätte, als ob sie es in den Mund genommen hätte. Vors.: Wollen Sie dabei bleiben, daß Sie cS nicht ver anlaßt haben? Angekl.: Jawohl. Die Zeugin Runge bekundet dann weiter, daß auch sie das Ausgießen des Nachtgeschirrs über die Kruse mitangesehcn habe, und daß diese auch einmal mit der Kette gefesselt worden sei. Vors.: Weshalb geschah daS? Zeugin: Weil sie sich dann nicht bewegen konnte, als der Vorsteher ie schlagen wollte. Bors.: Hat er sie geschlagen? Zeugin: Das weiß ich nicht mehr. Bors.: Früher haben Sie ausdrücklich angegeben, daß er sie mit der Kette gefesselt und geschlagen habe. Zeugin: Ja, die Schläge hat sie bekommen, aber dann ist es auch ihre Schuld gewesen. Staatsanw.: Auch diese Zeugin sagt wesentlich milder auS als in der Boruntersuchung. Ist sie irgen- wie beeinflußt Worden, den Augeklagten zu schonen? Zeugin: Nein. Die folgende Zeugin Pauline Dunkel ist früher im Asyl gewesen und jetzt in Kloppenbrügge in Stellung. Sie ist dreimal mit der Kette geschlossen und dann geprügelt worden. Nachher wurde sie mit der Kette am Fcnsterriegel der Arrestzelle angeschlossen. Aon der Frau Colander sei sie mit Ohrfeigen traktiert loorden. Vom Angeklagten Colander sei sie auch mehrfach mit den Zöpfen die Treppe hinaufgcschlcift worden. Oben habe Colander auf ihre Brust gekniet und ihr mit dcn Fäusten in« Gesicht geschlagen. Die Runge habe das Nachtgeschirr mit dem Kaffee tatsächlich ausgetrunken und sie sei dazu von dem Angeklagten gezwungen worden. Die Zeugin entfloh infolge der erlittenen Mißhandlungen und mußte nach ihrer Einlieferung stundenlang eine» Sack mit Steinen vor sich halten. Die folgende Zeugin Minna Green ist noch in der Anstalt und sagt ebenfalls im Gegensatz zu ihren Bekundungen in der Voruntersuchung aus, daß sie nurgerecht" geprügelt worden sei. Zeugin Brüggemann gibt zu, Arrest bekommen zu haben, fügt aber gleich hinzu: Nicht mit des Vorstehers Erlaubnis Ein Beisitzer: Woher wissen Sie daS? Ist er zu Ihnen in die Zelle gekommen und hat er Ihnen gesagt, daß Sie zu Unrecht darin sitzen? Zeugin: Nein, aber die Schwiebe hat mich hineingeführt. Zeugin Schwiebe: Ja. aber auf Geheiß des Vorstehers. StaatSanw.: Auch die Zeugin Brüggemann hält heute mit ihren Bekundungen zurück. Haben Sie sich mit den anderen Zöglingen verabredet, heute anders auszusagen als in der Voruntersuchung? Zeugin: Nein. StaatSanw.: Schön, aber wie kommt es, daß andere Zeuginnen auch alle diese Ernzelheiten bekundet haben? Sie können sich daS doch unmöglich ausgedacht haben. Zeugin: Ich weiß eS nicht. Bors.: Machen Sie sich nicht unglücklich. Kind. Wenn eS wahr ist, was Sie dort ausgesagt haben, und es heute nicht sagen, so gehen Sie großen Gefahren entgegen. Sagen Sie es»ns jetzt in letzter Stunde, was Sie geschW havlD. Tie Zeugin erzahlt dann stockenst. daß unker anderem estsikm Mädchen einmal ein Stein an den Zopf gebunden worden sei und einige weitere Mißhandlungen. Inzwischen ist die Hundckette des Angeklagten aus Glückstodt eingetroffen. Sie geht am Richiertisch von Hand zu Hand und wird auch dcn Zeuginnen gezeigt. Tie folgende Zeugin Streim ist ebenfalls noch im Asyl. Vors.: Na, wie ist es denn da?«>* Zeugin: Ich habe eine sehr gute Behandlung gehabt. Ich habe wohl einzelne Ohrfeigen und Arreststrafen bekommen, aber die hatte ich verdient durch Ungehorsam und Aufsässigkeit.(Bewegung und Heiterkeit.) Bors.: Früher haben Sie ausgesagt, Sie hätten auch manchmal Stockschläge bekommen. Zeugin: Ja, von Herrn Colander und der Schwiebe. Diese tat es, wenn Herr Colander zu tun hatte. Vors.: Wie ist es denn mit dem Trinken aus dem Nachtgeschirr? Zeugin: O, das hatte die Runge wohl ver- dient.(Heiterkeit.) Vors.: Dann hatte es wohl auch die Kruse verdient, daß sie den Nachttopf über den Kopf bekam und in der Kälte draußen stehen mußte, und daß die Behn den Kpt mit dem Munde aufheben mußte? Zeugin: Das war nur ein Scherz. Der Herr Vorsteher stand ja lachend dabei. Ich muß noch etwas sagen, denn ich fürchte mich nicht, vor aller Welt meine schweren Sünden zu bekennen. Ich war nämlich in dcn letzten Wochen patzig gegen den Herrn Vorsteher, so daß er mich prügeln und förmlich in die Arrestzelle schleppen mußte. Ich hatte dann lauter blaue Flecke, aber es ist nicht wahr, daß sie von Herrn Colander herrühren, sondern die habe ich mir alle selbst beigebracht.(Heiterkeit und Bewegung.)! Ich habe mich auch herunterfallen lassen, damit ich recht zerschundcn aussehe und habe mich auch gekratzt. Aber daran ist niemand schuld als ich allein.- Staatpanw.: Warum erklären Sie daS, das erst jetzt passiert ist und hier gar nicht zur Anklage steht? Zeugin: Tie Pauline Dunkel soll hier gesagt haben, sie sei so mißhandelt worden, haß sie Verletzungen davon gehabt habe. Vielleicht hat sie die auch aus diese Weise bekommen.(Heiterkeit und Bewegung.)) Die Zeugin schildert dann des längeren die letzten Stunden einer Schwindsüchtigen im Asyl, die allerdings mit einem Tau an einen Stuhl gebunden worden sei, aber nur, damit sie gerade sitze, und deren letzte Rufe den HauSeltern gegolten hätten, ein Zeichen, wie sehr sie an diesen gehangen habe. Ter Fürsorgezögling Marie Sande» weiß, daß eS Dezember tvar. als die Behn mit dem nassen Bett- laken über dem Kopf« sich vor die Tür stellen mußte. Sie ist von dem Angeklagten mehrfach am Zopf hin- und hergezogen worden« Das Mädchen Reinjes erklärt: Ja, Schläge habe ich wohl bekommen, aber eS waren kiird« liche Strafen, die ich wohl verdient hatte.(Heiterkeit.) Staats» anwalt: Es fällt mir auf. daß alle diese Mädchen sagen, sie hätten die Strafen verdient, aber nicht mehr wissen, weshalb sie eigentlich geprügelt wurden. Wie kommt diese Zeugin weiter zu dem Aus« druck..tindlick)e Strafen"?> Ein anderes Mädchen sagt hierauf aus, daß Colander nie mit einem Stock geschlagen habe. Die 17jährige .... Friha Kühr. g'bt au, der Angeklagte habe sie einmal eine ganze Woche hindurch auf Brettern schlafen lassen, weil sie das Bett genäßt hatte. Die Kette sei benutzt worden, wenn man sich beim Prügeln nicht ordent- lich bückte. Die Kotschmutzereien seien nur vorgekommen, weil man nicht zum Abort durste und in der Angst die dümmsten Sachen gemacht habe, um den Kot zu beseitigen. Ein Mädchen Ahlert will gut behandelt worden sein, obwohl sie in der Voruntersuchung daS Gegenteil ausgesagt hat, ebenso eine Rosa Greve. die als neues Moment anführt, daß es im Arrest keine Sitz- und Schlaf- gclcgcnhett gab. obwohl Arreststrafen bis zu drei Tagen verhängt wurden. Ein Mädchen Dettingcr bekundet dann, daß sie sich selbst Kot ins Gesicht schmieren mußte, ein Mädchen TalkowSki, daß sie ein* mal 0 Tage bei Wasser und Brot bekommen habe. Der Angc- klagte Colander lacht bei diesen Bekundungen und gibt zu, daß das richtig sein könne. Der Borsitzende wird hierüber sehr erregt. Die Zeugin bekundet weiter, daß der Mort morgens barst, ß und im Hemd aufgesucht werden mußte. Der Vorsitzende richtet dann an dcn Landeshauptmann Bachmann noch die Frage, ob auch Kinder dem Asyl überwiesen worden seien. Zeuge: ES hätte sich nur um unkonsirmierte Mädchen handeln können, die trotzdem schon Unzucht trieben. Aber meiner Erinnerung nach ist ein solches nicht in die Anstalt gekommen. Der arztliche Sachverständig« Geheimer SanitStSrat Dr. Hallinj» bekundet, daß er im Jahre 00- bis lOOnwl in das Asyl gekommen sei und immer alles in bester Ordnung gefunden habe. Bors.: Es sind aber auffällig viel Todesfälle infolge Tuberkulose borge» kommen. Sind Sic nicht der Meinung, daß solche Dinge, wie siq  ' hier zur Sprache gekommen sind, das Ucbergießen mit Wasser, das HinauSstellen in die Kälte, die Kostentziehung, das Einsperren in Arrest, das Waschen in der Winterkälte, das zwölfftündige Stehen aus cmem Fleck usw. nachteilig auf kranke Mädchen einwirken muß? Sachvrrft.: Auf Kranke gewiß, und bei Schwindsüchtigen Ware das, was hier erzählt worden ,st, eine geradezu das Lebe» gc- 'ährdrndc Behandlung.   Bors.: Die Tuberkulose würde doch durch ölche Dinge eine Beschleunigung erfahren haben? Sachverst.: Gewiß, gewiß! Aber ich habe ja von dem ganzen Kram, der hier zur Sprache gekommen ist. nicht das geringste gewußt. Die Mädchen haben mir auch nie etwas gesagt, lind die Malvine Kruse war doch 0 Monate bei mir im Krankenhausc. Auch die anderen Mädchen lagen bei mir im Krankenhausc. Am Essen hat es jedenfalls nicht gelegen, denn da habe ich genau nachgesehen, und weil die Tubcr- kulose nun einmal den Tuberkel zur Voraussetzung hat, das Fleisch usw. genau untersucht. Vors.: Haben Sie das Essen auch ein- mal probiert? Sachverst.(erstannt): Nein. Staatsanw.: Ist Ihnen der Haarverlust der Malbiue Kruse nicht aufgefallen? Sachverst.: Nein. Staatsanw.: Die fünf anderen Mädchen sind edenfalls cm Tuberkulose gestorben?-- Sachverst.: Ja. Damit ist die Beweisaufnahme beendet. Die Schwiebe und Colander sen. bleiben unvereidigt. Dia Verhandlungen werden auf heute mittag 12 Uhr vertagt. Amtlicher Marktbericht der ftädtssche« Tvarkthallen-DIreNion über den Grobbandel in den Zentral-Marttballcn. Marktlage- Fleisch: Zufndr genügend, Geschäft schleppend. Preise anverändert. Wild  : Zichifc genügend, Gcschüst rege, Preise sesl. Äeslügel: gusuhr reichlich, Geschäft nicht lebhaft genug. Preise schwankend. Fische: Znsnhr ge- nügend, E-schäst etwas reger, Karpsen wenig aesragt, Presse der Marktlage entsprechend. Butter und Käse: Geschäst ruhig. Preise unverändert G-müs«. Obst und Südsrüchte: Znsuhr anSreichend, Geschäft ruhig. Preise wenig verändert.