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Nr. 20. 26. Ichrgang. 3. Knlm des Jütrairts" Kerlim UxllisdlÄ Smiitflg, 24. In««« 1909. Aus Süd'Italien  . Parts, 23. Jauuar. TerEclair" meltict aus Rom  , Gcaeral Lariiti, Staatskommissar in Palini, berichtet in einem Telegramm an den Ministerprästdentc», daß einer seiner Sekretäre in der Röhe von Patmi einen Vulkan entdeckt habe. Die Temperatur deS Bodens sei stark gestiegen und die Anwohner flüchteten. New D o r k, 23. Januar. Der Leiter der geologischen Ab- tcilung des technologischen Instituts in Boston  , Prof. Jaggar, kündigte a», daß, wie aus seinen Bcodachtungeu hervorgehe, infolge der jlingstcn Ereignisse in Süd-Jtalien ein großer Ausbruch des Aetna   zu erwarten sei. 9 Rom  , 23. Januar. General Mazza bat dem Miitisierprässdenten Giolitti nachfolgendes Telegramm aus Messina   vom gestrigen Tage übersandt: Die Ärbetten zur Bergung der Leichen schreiten rüstig fort: aber. da ma» immer mehr Leichname aus den Trümmern hervorholt, ersuchte ich die städtische Verwaltung, einen AuSgrabungs- dicnst in größerem Umfange zu organisieren. Das Wetter hat sich gebessert und gestattet, daß alle Arbeiten, auch der Barackenbau. energischer vorgenommen werden. Der Gesundheitszustand der Truppen und der Bevölkerung ist vortrefflich. Die Spenden für die Opfer der Erdbeben. Rom  , M. Januar 1903.(Eig. Bet.) Tie Banca d'Jtalia veröffentlicht unter dem Dalum des 20. Januar den ersten Ausweis über die bei ihr eingelaufenen Gelder für den Hilfsfonds. Wir ersehen daraus, dag schon zwei Tage nach dem Erdbeben onS Buenos Aires 100 000 Lire als erste Rate der öffentlichen Sammlungen eingetroffen waren. Am 1., 3.. 6. Januar kehren diese Raten von 100 000 Lire wieder, und bis zur Stunde hat Buenos Aires   durch öffentliche Sammlungen 700 000 Lire für die Opfer aufgebracht. Es handelt sich hier in erster Linie um Spenden ausgewanderter Italiener. Die erste Rate des Lord Mayor von London   ist am t. Januar eingezahlt und beträgt 251 700 Lire; die zweite Rate vom 5. Januar belauft sich ans 530 000 Lire. Es folgen weitere 125 800 und 25! 000 Lire als Gaben derselben Stadt. Auch die bei den italienische» Gesandtschaften und Kon­sulaten eingegangenen Summen sind zum Teil bei der Banca d'Jtalia eingezahlt; so 190 000 Lire von der Gesandischaft in Paris  , 7000 Lire vom Konsulat in Marseille  , 40 000 Lire von dem in Liverpool. 17 000 Lire vom Konsulat in Chicago  . 1000 Lire vom Konsulat in Mannheim  . 3000 von dem in Stettin  . 30 000 als Gabe derfrankfurter Zeitung", 10 000 vomPiccolo" aus Trieft, 29 572 als Rate der Sammlungen der- selben Zeitung. Die Bürgerschaft von Honolulu   schickt 14 400 Lire. die türtische Regierung 200000 Lire. Als persönliche Gabe des Kaisers von Oesterretch-Ungarn sind 50 000 Kronen eingezahlt worden, der Ingenieur Moleschott  , der einzige überlebende Sohn des Physiologen,' hat 10000 Lire gegeben. Maxim Gorki   1000 Lire. Aber auch die kleinen und kleinsten Gaben fehlen nicht; so hat die Landarbeitergewerlschaft von Beletri 65 Lire gespendet, der Arbeiter- verein von' Manziana 50 Lire, die Gefongcnwärter von Alexandria   97.25. die Gefangenen deS dortigen ZellengefängnisieS 17,99 Lire. Es handelt sich hier nur um einen kleinen Teil der auf- gebrachten Summen. Die 1200 000 Lire, die der König von Italien gegeben hat, sind hier nur zur Hälfte verrechnet; die 147 000 Lire. die der Kaiser von China telegraphilch gesandt hat, fehlen noch. Manche Spenden gehen direkt an den König oder die Kömgin. Auch der Bürgermeister von Kösen sandte 37t) Lire als Ertrag einer öffentlichen Sammlung direkt an den König. Nicht einbegnsfen sind ferner die Sammlungen der grösseren Städte, die in Mailand   schon zwei Millionen, in Neapel  . Genua  . Turin   schon eme Million über- schritten haben. DerCorriere della Sera  " ollein hat bis heute 1 659 593 Lire gesammelt: die höchste Summe, die wohl in so kurzer Zeit je von einer Zeitung gesammelt worden ist. Dem Papst sind bis jetzt für die Opfer über l'/a Millionen zur Verfügung gestellt worden. Und daS alles ungerechnet der ungeheuren Matemlsen- düngen, die aus Deutschland  , Oesterreich und den Bereinigten Staaten. Frankreich   und Norwegen   gekommen sind und noch koininen. Die Arbeiter der Tabaksabrik in Modena   haben 3000 Lire gegeben, die Angestellten der Trambahngesellschast in Rom   1450 Lire, alle Be- amren der Stadt Rom   die Einnahme eines Arbeitstages. Die Mann- schatten zweier Torpedoboote haben 1000 Lire, die man ihnen als Gratifikation überwiesen hatte, dem UmerstützungSfondS überlassen. ES ist ein Wettstreit des Erbarmens, an dem alle Notionen und alle Klassen teilnehmen und der vielleicht in der Geschichte der Mensch- heit ebensowenig seinesgleichen hat wie das masslose Unglück. daS »nan zu lindem bestrebt ist. Das föauunglücü auf derBarnag". Ein schwerer Unfall, welcher sich auf dem Grundstück der Berlin  -Anhaltinischen Maschinenfabrik in der Reuchlinftr. 1017 zugetragen hatte, lag einer umfangreichen Anklage wegen fahr- lässiger Körperverlevung zugrunde, mit welcher sich gestern die 2. Straftcmrmer des Landgerichts I   zu beschäftigen hatte. An- geklagt sind der Ob-ringenicur Franz Burlefinger aus Köln  , der Schachtmeister Johann Michua aus Gelfcnkirchen und der Werk- Deister Hermann Rothe aus Berlin.   Den Borsch im Gerichts- bof führt LandgcrichtSdirektor Westennann, die Anklage vertritt Staatsanwalt Muth, als Verteidiger fungieren die Rechtsanwälte Juftizrat Wronker, Dr. Davidsohn und Dr. Grvnspach. Da es sich in der Verhandlung um die Erörterung technischer Fragen bandelt, so ist von der Anklagebörde wie auch von der Verteidigung ein kleines Sachverständigenkollegium für Eisen- konstruktionen und die Baubranchcn geladen worden. Die Berlin- Anhaltinische Maschinenfabrik-Akticn-Gcsellschast oder kurzweg gc- nannt dieBamag". hatte End? 1907 und Ansang vorigen JahrcS auf ihren Grundstücken. Reuchlinstratze 1017,«n neues Fabrik­gebäude errichten lassen, welches von den übrigen Gebäuden bezw. nach dem Hofe zu durch eine schwere Doppel-Schiebetür aus starkem Wellblech abgeschlossen wird. Diese war von der Kölnischen Maschinenbau-Aktiengesellschast in Köln  -Baycnthal im Auftrage derTamag" errichtet worden. Die Tür bestand aus zwei auf grossen Rollen lausenden Flügeln aus Wellblech, die unten in esner Laufschiene liefen. Jeder Türflügel war etwa fünf Meter bech und fünf Meter breit, über den beiden Flügeln befand sich eine Klappe, die an den Türpfosten mit Scharnieren befestigt und etwa zwei Meter hoch war. An dieser Klappe befand sich an der unteren Seite wiederum eine Laufschiene für die Türflügel, die ebenso wie unten auch oben mit vier Rollen versehen war. Die Tür konnte also nur zugeschoben werden, wenn diese Klappe her- untergelassen war. War diese nicht heruntergelassen, so fehlte den Türflügeln oben jeder Salt, so dass sie naturgemäß um- stürzen mussien. Auf der genehmigten Zeichming für diese Schiebe- türeinrichtung mar eine Sicherheitsvorrichtung für den Fall vor- gesehen, dass die Klappe nicht heruntergelassen war. Diese Bor» richtnng war so getroffen, dass die Türflügel nicht verschoben werden konnten, bevor die Klappe heruntergelassen war. Diese Sicherheitevorrichtung war aber an dem Tage der Ge- braucksabnabnu.' durch die zuständigen Behörde« noch nicht«u- gebracht, ca erst noch eine Krqnanlage in der Nähe diese« Tür fertiggestellt werden mussto. Am 29. April, vormittags gegen 11 Uhr, sollte die GcbrauchSabnahme durch die Baukommiffion er- folgen. Zu diesem Zwecke hatten sich der RegrerungSrat Brauer als Vertreter des Charlottenburger Polizeipräsidenten, der Baurat Schneider vom Berliner   PcflfzBpräsOftlNl Lstd der Polizeilevftwnt Hcnz vom 12. Polizeirevier und der Baurat Lüdtke nach der Fabrik begeben, wo der Direktor Blum derBamag" die Führung über- nahm. Letzterer gab zwei Arbeitern den Auftrag, die Schiebetür zu schließen. Ohne die Klappe erst herunterzulassen, rückten die beiden Leute die Türflügel rar die Oesfnung, wodurch diese oben keinen Halt hatten und umstürzten. Unter den etwa 50 Zentner schweren Türflügeln wurden der Baurat Lüdtke, der Polizei- leuwant Henz und der Direktor Blum begraben. Die drei Vor- unglückten wurde sofort durch eine Anzahl Angestellte aus ihrer gefährlichen Situation befreit. Alle drei hatten schwere Per- letzunaen erlitten und wurden nach dem Krankenhaus? Westend  geschafft. Der Baurat Lüdtke hatte einen mehrfachen Bruch deL rechten Beines erlitten, der Polizeileuwant Heuz einen Schädel- hruch und eine Quetschung des Rückens. Der Direktor Blum hatte einen llntorschenkelbruch und innere Verletzungen davon- getragen. Für diesen Unfall machte die Anklagebehörde in erster Linie den Angeklagten Michna verantwortlich, der die Montage der Tür anögesührt und dann derBamag" mitgeteilt hatte, die Tür sei in Ordnung. Nach der Abreise des M. übernahm der ebenfalls bei der Kölnischen Mafchinenbau-Aktiengesellschast angestellte Ober- mgenieur Burlefinger die weitere Verantwortlichkeit. Auch er, ebenso wie Rothe, übersah das Fehlen der Sicherhensvorrichhing. Die Verhandlung, in der unter anderen als Sachverständige Eewerbcinspektor v. Gizyki, Gewerbcrat Schmidt, RegierungS- und Baurat Schueider, Obcrregierungsrat Brunesti, Ingenieur West- phal und Ingenieur Bellewsky vernommen wurden, erstreckte sich im wesentlichen aus eine Erörterung technischer Fragen au der Hand eines Modells. Die Beweisaufnahme zog sich bis in die späte Abendstunde hin. Das Gericht gelangte gegen 9 Uhr abends zllr Freisprechung der drei Angeklagten.___ Hus der Partei. Einen schweren Verlust beklagen unsere Liegnitzer Parteigenossen. Dort starb am 20. d. M. Genosse Paul H e i d e r, Lagerhalter des Konsumvereins, an den Folgen einer Blindarmoperation. Genosse Heider hat lange Jahre im Dienste der Liegnitzer Parteibcwegimg als Vorstandsmitglied gestanden, und auch die Holzarbeiter haben ihm als dem bewährten Führer ihrer Liegnitzer Mitgliedschaft viel zu danken. Erst in der Woche vor seinem Tode war er wieder in den Vorstand deS WahlvereiuS und zum Vorsitzenden seiner Gewerk- schaft gewählt ivorden. Redlich" verdieatt Rüge. Die Stuttgarter  Tagwacht" meldet: Der Schriftsetzer Wilhelm Müller  , Augustenftr. 29 IV, hat aus geschlossener Parteiversammlung an die bürger- liche Presse gegen Bezahlung berichtet. DaS Schiedsgericht hat dem Genannten eine ernste Rüge erteilt. Auf Beichluss des städt. Komitees wird daS den Parteigenossen hienmt bekanntgegeben. Der Lorstand." Soziales« Apotheker und Krankenkasse. Bon der Anklage des Betruges ist am 1. Oktober v. I. vom Landgerichte G l o g a u der frühers Besitzer der privittgierten Adlerapotheke tn Neusalz. Georg Seelenbinder. freigesprochen worden. Er hatte Verträge mit drei Fabrik- kranlenkaffen und rechnete teils halb-, teils vierteljährlich ab. Er schickte den Kassen die Rechnungen, die mit den Rezepten verglichen wurden. Preise für die Arzneien waren nicht vereinbart. Der Angeklagte hat jenen Krankenkassen in vielen Fällen höhere Preise berechnet, als die Arzneitaxe festsetzt. Er hat so den Kassen 91 M.. 212 M. und 252 M. mehr berechnet. Nach Ansicht des Ge- richts hatte niemand Anspruch daraus, dass der Sitgeklagte die Taxpreise anrechnete: er habe wie jeder Gewerbetreibende die Preise"bemessen köimen lvie er wollte. Er habe nicht den Glauben erweckt, dass er nur die Tarpreis« berechne. Allerding« habe er den Kassen mündlich 10 Proz. Rabatt versprochen, diese seien aber von den berechneten Preisen zu berechnen. Die Revision deS Staatsanwalts betonte, dass der Angeklagte die Taxpreis« ver- schwiegen habe. DaS Reichsgericht hob am Freitag das Urteil auf und verwies die Sache an das Lmidgericht zurück. Die Feststellungen, insbesondere über die Vorspiegelung falscher Tatsachen wurden nicht als ausreichend erachtet. Woher kommt die Leutenot aus dem Lande? Einen wertvollen Beitrag zur Beantwortung dieser� Frage lieferte eine Verhandlung vor dem Schöffengericht DinkelSoühl, die entsetzliche, gegen einen noch im Knabenalter stehenden Dienstboten verübte Roheiten enthüllte. Der Altsiyer Wilhelm sen. und dessen Soh», der Bauer und Gastwirt Wilhelm jun. von Tietvrstettrn, waren wegen fortgesetzter Mißhandlungen iu 13 Fällen, begangen au dem Ibjährigen Dienstbuben Schwarzbauer, Armenhäuslersohn von Mönchsroth  , angeklagt. Der Junge trat Anfang deS vorigen Jahres bei den Angeklagten in Dienst und hatte bald unter den Roheiten der beiden Wilhelm zu leiden. Aus dem Ergebnis der Beweisausnahme seien einige der krassesten Fälle hier angeführt. Die Arbeitszeit oauerte für den Knaben von früh 4 Nhr bis abends 9 Uhr. Beim Einjochen eines Ochsen, welcher Arbeit der schwächliche Junge nicht gewachsen war, wurde er von Wilhelm jun. mit dem Joche ind Geficht gestoßen, dass er rücklings über«inen Düngerkarren fiel. Beim Tränten des Viehes im Hosraum hatte er die Tiere, mit einem 80 Zentimeter langen Prügel bewaffnet, zu beaufsichtigen. Einige Stücke Kleinvieh rissen dabei aus und übcrranten Wilhelm, der darüber m Zorn geriet, dem Jungen den Prügel entriß und ihn damit zu Bode» schlug. Beim Mähen auf dem Acker lvurdc der Junge von Wilhelm sen. mit dem Peitschenstiel zu Boden geschlagen. daß er unter das Vieh zu liegen kam. Weil er beim Dreschen den Takt nicht enthalten konnte, wurde er von den beiden Wilhelm öfters mit dem Trelchflegelstiel traktiert. In Gemeinschaft mit Wilhelm sen. auf dem Acker beim Rübensommeln beschäftigt, mußte der Jung? austreten, zu welchem Zwecke er tn den anstoßenden Wald gmg. Weil er angeblich etwas lange ausblieb, warf der Bauer ihn zwischen die Furcdcn hinein und schlug ihn derart, daß das Blut zn den Ohren hinauslief. Wegen angeblich nicht genügender Arbeit beim Getreidesammeln nahm der alte Wilhelm den Buben an beiden Ohren, hob in die Höhe und warf ihn auf den Scheunenboden; zum Uebcrslutz gab er ihm noch Stöße in den Rücken. Diese Mißhgnd- lungen trieben den Fungen endlich dazn. aus dem Hause seiner Peiniger zu entssieften und seinen Vater im Armenhaus aufzu- suchen, ddm er erklärte, daß er lieber in den Tod gehe, als in diesen Dienst zurück. Für diese empörende« Roheiten erhielt Wilhelm seit. gonge 30 Ud, Wilhelm jun. 12 M. Geldstrafe! ES lebe die Vav?- rische Gerechtigkeit!__ 10 M. MeitttkSgehaN 3000 M. Konveiltionalstrasek Daß mit der KonkurrcnzNausel im HandrkSgewerbe seitens der Prinzipale ein förmlicher Unfug getrieben wrrd, dürfte all- gemein bekannt sein. Die Spitze der Unver srorenheit nach dieser Richtung dürste aber eine Münchener   Firma eine Stuhlfabrik erklommen haben. Ein Angestellter dieser Firma tlaglr beim Gewerbegericht wegen außerordentlicher Kündigung. Hierbei kam folgendes zur Sprache: Der Kläger   hat erst em anderes Geschäft erlernt, absolvierte dann einen dreimonatigen Handelökursus und trat dann bei der betreffenden Stuhlfabrik a!S Volontär ein. Sein Gehalt betrug nach drei Monaten bis dahin bekam er keinen roten Heller sage und schreibe zehn Mark pro Monat! Dabei intrßch der Kläger n?H eine Pewrogkbestwmimtg unterschreibe�� wonach er sich bei Vermeidung einer Konventionalstrafe von 3000 Mark verpflichten mußte, innerhalb zwei Jahren nach seinem Aus- tritt in Bayern  , Württemberg und Baden weder als Teilhaber noch als Angestellter in einem Konkurrenzgeschäft einzutreten. Wir unterstreichen nochmals, daß der Monatsgehalt 10 Alt. betrug. Der Beklagte will den Kläger nicht als Volontär, fondern als Lehrling betrachtet wissen derLehrling" ist aber bereits 26 Jahre alt. Der Vorsitzenoe GerichtSrat Dr. Prenn.er meinte, der Fall fei ein lehrreiches Material zur gegenwärtigen Beratung der Anträge im Reichstage bezüglich Beseitigung� der Kankurrenzklausel. Hub Induftrie und Handel Liebeßaaben. Die Krise macht viele taufende Menschen arbeitslos. Voll frühester Jugend auf haben die vom Mißgeschick Betroffenen gesell­schaftlich nützliche Arbeit geleistet. Arbeit, die der Gesamtheit Wohl bedingt, den Privilegierten sorgloses Genietzen gewährleistet. den raffiniertesten Luxus, das Höchstmatz der Daseinsfreude gc- stattet. Und die Schaffendon selbst? Während Faulenzer und Nichtstuer protzten und schlemmten, erwarben sie in harter Fron kaum daS zur Lebensexistenz unbedingt Erforderliche. Nun aber zuckt ihr arbeitsreicher Körper unter den Hammerschlägen male- rieller Not. Und aus gequältem Herzen lätzt die Sorge um die Angehörigen Seufzer um Seufzer auffteigen. Vergrämte Frauen, hungrige Kinder treiben die unfreiwillig Beschäftigungslosen zur Armenverwaltung. AuS der Reichtum Fülle, die sie schaffen halfen, fällt ihnen hier ein winziges Teilchen als Gnadeubröckchen zu. Armenunterstützungl Wer gebeugt von dem eisernen Zwange der Verhältnisse, wer getrieben von Hungers Ovalen sie annimmt, wird alS Staatsbürger bestraft. Er gilt als minderwertig! Hoch- geehrt, mit Würden und Aemtern beladen aber werden dieEdlen" undErlauchten", die mit keckem Griff in den Staatssäckel hinein- langen und Millionen erraffen. Liebesgaben sind Armenuntcr- stützungen für Wohlhabende. Ihre Quelle ist die Arbeit anderer, auch jener, die als arbeitslose Almenunterstützungsempfänger ge­ächtet, verspottet, verhöhnt werden. Und die Liebesgabenempfänger verstehen daS Schöpfen aus der StaatSquelle. Nach Milliarden zählen die Summen, die den Agrariern durch die Zollschrauöe, Zuckerprämien, Brcmntweinliebesgaben, Steuervergünstigungen usw. iu die Taschen praktiziert tvurden. Aber unstillbar ist die Liebes- gabengier dieser Stützen der Gesellschaft. Und ihre Raffsucht finde! iimner neue Gelegenh-sit, erfolgreich fti den Staatssäckel hineinzu- greifen. So hat sich für sie daö System der Getreideeinfuhrscheine als Mittel erwiesen, die RcichSlasse shstematisch zu plündern. Unserer Junker Vorfahren hatten ein hervorragendes Geschick in der Selbstbereicherung auf Kosten anderer. Gewerbsmäßig ver­tauschten siemein" unddein". Das hat sie berühmt gemacht für alle Zeiten. Stolz können ihre Nachfahren erklären: Der Väter Ruhm wird überstrahlt durch unsere Taten! Im Jahresbericht der Aeltesten der Berliner   Kaufmannschaft wird ihnen das also be- stätigt: Im Jahre 1908 hat Deutschland   in Roggen eine vorzügliche, in Weizen eine sehr gute Ernte gemacht. Wenn trotzdem die Preise beider Fruchtgattungen entsprechende Rückgänge nicht er-- fahren haben, so ist das die Folge unserer AusfuhrvergüttgungS- scheine und der billigen Tarife aus dem Innern nach den Hafen- Plätzen. Die Ausfuhr hat unter diesen Umständen einen so er- yeblichen Umfang angenommen, daß das Deutsche Reich in dar Zeit vom 1. August bis 30. November an Zöllen für Roggen und Rog�ernnehl zwar 4kh Millionen Mark vereinnahmt, dagegen in Ausftlhrscheinen 23 Millionen Mark ausgegeben hat zum bedcu- tendcn Schaden feiner Finanzen." Waö ists mit den erwähnten Scheinen? Durch die Zollast wurde die Existenz der inländischen Müller bedroht, die aus- kändisches Getreide importierten, um später als Mehl wieder über die deutsche Grenze zu bringen. VeredekungSvcrkchr! Um diesen nicht zu stören, sollte für eingeführtes Getreide, das alS Mehl wieder exportiert wird, der EingangSzoll erlassen werden. Zu diesem Zwecke wurde bei Ausfuhr dcS RehleS dcr Zoll zurückvergütet. Um Benachteiligungen der ReichLkasse zu per- hindern, mutzte bei der Ausfuhr nachgewiesen werden, daß das Mehl tatsächlich eingeführtem Getreide entstamme. Jdcntttäts- Nachweis! Die Grundlage zu einer großzügigen Plünderung der Reichskasse war gegeben. Dem Drängen der Junker nachgebend, ließ die Regierung vor und nach alle den junkerlichen Spitzbube- reien hinderlichen Bestimmungen fallen. Zunächst wurde da? Prinzip des Identitätsnachweises durchbrochen, dann der Grund- sah des Derrdelungsverkehrs preisgegeben, später der JdentitSts- Nachweis vollständig ausgehoben und das System der Einsuhrschclne angenommen. Bei Ausfuhr von Getreide erhält der Exporteur Scheine, die ihm das Recht geben, binnen einer Frist von 6 Monaten eine entsprechende Meng- Waren der gleichen Gattung zollfrei ein- zuführen. Um den Junkerwünschen noch mehr entgegenzukommen, werden die Emfuhrschcinc aber auch bei der Einfuhr anderer Artikel aks Zollsistung angenommen. So hat sich aus der Zollbefreiung für den VoreMungLverkehr eine GetrcideauSfuhrprämte ent­wickelt. Um den hohen Inlandspreis nicht abbröckeln gu lassen, ver- hindert der Junker die Steigerung des Angebots durch starke Aus- fuhr. Und an daö Ausland verkauft cr die Tonne Getreide, die sein deutscher   Volksgenosse mit vielleicht 150 Dt. bezahlen mutz, um 50 53 M. billiger, denn er bekommt diesen Betrag ja aus der Reichskasse vergütet. So kommt cS, daß das Reich viel mehr an Getreidezöllen zurückzahlt als es einnimmt. 41i Millionen Mark Einnahme, 23 Millionen Mark Ausgabe, das ist ein feines Geschäft für die Junker. Ja sie verstehenS besser als ihre gottselig entschlafenen Väter. Es ist jedoch auch noch ein anderer Unterschied gu konstatieren. Tie verflossenen Sttauchritker plünderten und brandschatzten nur gewerl�mätzig, die heutigen mache systematisch und geben dem Handwerk Gesetze"- formen. Dafür wurden die Edlen von ehemals aber auch auf» geknüpft, lietzen sie sich erwischen. Die Beuteschiuder von heute dagegen lassen die von ihnen Geplünderten mit PolrzeisSbelhieben und blauen Bohnen regalieren, wenn sie, von Hunger gepeinigt, nach Arbeit und Brot schreien. Das ist dcr Fortschritt unter Junkerherrschaft!_ Steigende Lchensmiiielpreist. In einer Denkschrift des Rat?« der Stadt Leipzig   zu den Be» saldungsvorlagen wird mitgeteilt, das statistisch? Amt für die Stadt Leipzig Hobe über die Brvlprcisc ermittelt: Vd Kilo volles Gewicht Schwarzbrot w Laiben Von 2 Kilo testetet, 1900... ,1.6« P'. 1.903... 10,07 KSK... 12, Ol 1907... lZ.44 flr 10 Pf. erhielt man ichwarzbro» rn Laibe» do» 2 Kilo 480,63 Gramni 433,46 «6.07 371,00