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Nr. 26. 26. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Wirtschaftlicher Wochenbericht.

Berlin , 30. Január 1909.

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Produktionseinschränkung.ohnreduktion im Bergbau. 2age des Eisenmarktes. Verschiebung im Außenhandel. Aussichten im Baugewerbe. Bülows Spartheorie.

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Der gestrenge Herr Winter ist ein guter Freund des Kohlen­bergbaues. Je unerbittlicher er herrscht, je schärfer er seine Macht fühlen läßt, um so besser für den Kohlenmarkt. Die niedrige Temperatur zwingt die Eisenindustrie und alle Dampfkesselbesitzer zu gesteigertem Brennmaterialienverbrauch. Wenn Eisblumen die Fensterscheiben zieren, dann opfert selbst der arme Teufel einen Teil seiner mageren Barschaft für Kohlen. Mit jedem Grade, den das Quecksilber im Thermometer unter Null rückt, steigen die Profitaussichten der Kohlenkapitalisten. Um so auffälliger daher die Erscheinung, daß nun, mitten im Winter, die Konjunktur im Kohlenbergbau als sehr schlecht bezeichnet werden muß. Während des letzten Sommers, bis in den Winter hinein, hielt sich die Kohlenförderung auf der Höhe der Hochkonjunktur. Allerdings, ein paar Hilfsmittel, deren man vorher nicht bedurfte, mußten helfen, ben Quantitätseffekt zu behaupten: verstärkte Ausfuhr und Stape­lungen. Aber schließlich war auch der Weltmarkt übersättigt und die Lagerungen nahmen beängstigende Dimensionen an. Un­verbesserliche Optimisten glaubten schon, diese Umstände würden das Rheinisch- Westfälische Kohlensyndikat veranlassen, dem ein­heimischen Verbraucher Preisermäßigungen zu gewähren, um da durch die Kauflust anzuregen. Wie das B. T." als Auslassung eines Großindustriellen zu berichten weiß, müssen solche Hoff nungen zu Grabe getragen werden. Nicht Preisermäßigung gibt es durch Lohndrud wollen die Kohlenbeherrscher die Folgen der Krise möglichst auf die Schultern der Arbeiter abwälzen. Nach der erwähnten Auslassung ist fürzlich wohl eine Sihung des Kohlensyndikats abgehalten worden, aber nicht, um die Preis­frage zu erörtern. Der Zwed sei gewesen, den Lagerungen Ein­halt zu tun. Man sei sich in dieser Sitzung darüber klar ge= worden, daß jeder in seinem Kreise seinen Bechen empfehle, unter feinen Umständen mehr Kohlen und Koks weiterhin zu lagern, sondern die Förderung dem Absatze entsprechend einzurichten. Gelsenkirchen und Harpen hätten bisher einen anderen Stand­punft eingenommen und vollauf produziert und gelagert. Diese Gesellschaften würden nunmehr auch die Förderung einschränken, und man müsse dann abwarten, was weiter geschehe. Die natür­liche Folge dieses Vorgehens werde eine allgemeine Reduktion der Löhne sein, denn nur dadurch sei es möglich, die Selbstkosten nicht zu start emporschnellen zu lassen. In den Materialbestellungen werde schon auf den Bechen so viel wie möglich gespart.

Also auf eine Schröpfung der Arbeiter läuft die Maßnahme hinaus. Diese hat aber auch eine allgemeine Bedeutung. Nimmt man an, daß die Produktionseinschränkung vielleicht nur einen Lohnausfall von 5 Broz. im Gefolge haben werde, dann würden monatlich zirka 2 Millionen Mart weniger ausgezahlt, das heißt, dem Konsum entzogen. Nun soll aber nach der Diktatur der Kohlenbarone zu der Produktionseinschränkung auch noch eine direkte Lohnkürzung treten. Das würde nicht nur die Bergarbeiter schwer treffen; das gesamte gewerbliche Leben müßte darunter leiden. Was fümmert's die Kohlenmonopolisten, wenn sie nur ihre hohen Preise einheimjen können.

Die Situation am Kohlenmarkt reflektiert die Verhältnisse in der Eiſenindustrie. Deren Minderverbrauch erzeugt dort die be­flagte Fülle. Der Koksversand des Kohlensyndikats ist im Durch schnitt. des Jahres 1908 gegen das Vorjahr um 17,7 Broz. zurück­

gegangen; für die beiden letzten Monate ergibt sich eine Versand­menge, die gegen die der Vergleichszeit des Vorjahres um fast 26 Proz. zurücksteht. Unter Einschluß der hier nicht verrechneten Mengen darf man wohl auf einen Minderverbrauch von 40 Proz. erportiert. Stieg doch der Ausfuhrüberschuß bei Eisen und Eisen­schließen. Dabei hat auch die Eisenindustrie in verstärktem Maße waren von 2 677 622 Tonnen im Jahre 1907 auf 3 173 488 Tonnen im letzten Jahre. Und besonders die Ausfuhr von Halbfabrikaten ist enorm gestiegen; bei gebrauchsfertigen Artikeln dagegen zeigt sich vielfach ein Rüdgang des Erportes. Es beträgt z. B. die Ausfuhr in Tonnen: Schienen, Laschen, Schivellen 625241 452 936

1907

1908

Eisen zum Halbzeug Umschmelzen

Träger

.

227 333 471 865

+108

212 568 378 531 +79

391 735 271 525 30

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Militärressorts

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Sonntag, 31. Januar 1909.

darin bin ich der Zustimmung und der Unter stützung der verdienstvollen Chefs der Heeres- wie der Marine berwaltung gewiß dreimal überlegt werden. Und auf allen Gebieten der Staats- wie der Reichswirtschaft gibt es Gelegenheit genug zu sparen, in den Bauten und Einrichtungen unserer Be­triebsverwaltungen wie in den Zuschußverwaltungen.

Meine Herren, Regierung und Parlamente müssen auf diesem Felde zusammenwirken, sie müssen Hand in Hand gehen. Die Parlamente tragen auch Schuld an der Finanzmifere, in die wir hineingeraten sind. Sie müssen aufhören immer auf neue Ausgaben zu drängen, um Wünsche ihrer Wähler zu erfüllen, um sich bei den Wählern lieb Kind zu machen. Solche captatio benevolentiae gegenüber den Wählern darf nicht zu weit gehen. Ich will es ja nicht tragisch nehmen, aber es ist doch ein Zeichen, wie die Parlamente aufgehört haben, sparsam zu wirtschaften, wenn in diesem hohen Hause bei der Beratung der Eisenbahn­vorlagen Wünsche geäußert werden, deren Erfüllung mein Herr Nachbar, der Finanzminister, und ich haben es zusammen gerechnet die Schuldenlast um Milliarden vermehren würde. Im Reiche ist es durchaus nicht besser, wenn es sich um sozial. politische Wünsche handelt oder um die Fürsorge um die Beamten."

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Zunahme+ Broz.+ 108 Abnahme Das ist eine für die deutsche Fertigindustrie durchaus unerfreu liche Entwickelung. Die Exportsteigerung bei den Halbfabrikaten hat jedenfalls eine starke Preisdifferenzierung zwischen In- und Ausland zuungunsten der einheimischen Verbraucher zur Grund­Wenn die Worte einen Sinn haben sollen, dann können sich lage. Daß die Eiſenindustrie auch noch zu weiteren Erzeugungs- die Auslaffungen in der Hauptsache doch nur gegen allgemeine einschränkungen gezwungen sein werde, ist nach den Stimmungs- fulturelle Projekte und soziale Anforderungen richten. Weil die berichten des Stahlverbandes ja nicht anzunehmen, aber es brauchte wahnsinnigen militärischen Rüstungen, die Milliarden verschlin­wirklich nicht zu überraschen, wenn es doch der Fall sein sollte. Auf dem Baumarkt sind in den letzten Wochen bemerkenswerte Liebesgabenspenden, die ebenfalls Tausende Millionen erheischen, genden überſtürzenden Neuanschaffungen, ferner die agrarischen Veränderungen nicht eingetreten. Etwas lebhafter, allerdings bei nicht eingeschränkt, sondern noch erweitert werden sollen, Reich gesunkenen Preisen, ist der Begehr nach Hintermauerungssteinen und Staat vor Schulden nicht ein noch aus wiffen, darum soll an geworden. Auch der Grundstücksmarkt erfreute sich eines regeren Kulturaufgaben, bei der sozialen Fürsorge, an Beamtengehälter Verkehrs und bleibt die Hoffnung lebendig, daß bei anhaltender usw. gespart werden. Solche Politit zeugt von Mißachtung des Geldflüssigkeit, wenn auch fein Baufieber sich entwideln werde, allgemeinen Wohls und unglaublicher Verständnislosigkeit gegen­doch die Baugewerbe für die nächste Saison auf eine ziemlich gute über den wirtschaftlichen Zusammenhängen. Wenn Fürst Bülow Beschäftigung rechnen dürften. Vorläufig spricht bei solchen Pro- von den Zinsen, die er als Aktionär der Deutschen Bank und gnostiken noch stark der Wunsch als Vater des Gedankens mit. anderer Unternehmen verdient", 100 000 m. erspart", dann hat Jedenfalls, das ist unbestreitbar: die Lage am Arbeitsmarkt fein Reichtum natürlich um den Betrag zugenommen. Wenn aber ist sehr unbefriedigend, wenig hoffnungsvolle Ausblicke gewährend. alle Boltsgenossen ihre Bedürfnisse, sagen wir, um 20 Broz. ein­Deshalb muß die erneute Sparkapuzinade des Reichskanzlers un- schränken wollten, dann müßte auch ungefähr in gleicher Höhe angenehm aufstoßen. Zurzeit ist die Frage der Notstandsarbeiten die Gütererzeugung eingeschränkt werden; in demselben Umfange das akuteste und wichtigste Problem. Die vorhandene Not hat ja würde sich die Arbeitsgelegenheit vermindern, die Lohnfumme zus auch die Minister der öffentlichen Arbeiten in den Bundesstaaten rückgehen und der Effekt des Sparens wäre gleich Null. Nicht veranlaßt, die Behörden aufzufordern, die Inangriffnahme der Ar- das Sparen, sondern die vernunftgemäße Steigerung der Bedürf beiten bereits genehmigter Projekte nach Möglichkeit zu beschleu- nisse und die Möglichkeit, Produktivität und Konsumkraft in Ein­nigen. Auch hat eine Reihe von Kommunen sich dazu verstanden, klang zu halten, sichern Kulturfortschritt. Notstandsarbeiten vorzubereiten. Was soll man da denken, wenn Fürst Bülow , obwohl seine Spartheorie, die er am 19. November im Reichstag zum besten gab, ziemlich allgemein als national­ökonomischer Unsinn abgetan worden ist, am 19. Januar im preu­Bischen Abgeordnetenhaus erneut die behördliche Sparsamkeit bes tonte? Er hat bei dieser Gelegenheit allerdings auch auf unnüße, unproduktive, durch das bureaukratische System geheiligte Arbeiten und Unkosten hingewiesen, aber hinter diesem Hinweis versteckt sich doch nur die landläufige Ansicht des Sparsegens, der erwachsen soll aus Einschränkung der Bedürfnisbefriedigung. Und der Reichs­Kanzler will sparen, um den Kriegsmateriallieferanten noch mehr opfern zu können. Er sagte nach dem stenographischen Bericht:

Aus der billigen

" Gewiß, meine Herren, für die Grundlagen unserer Wohl­fahrt und Größe, unserer Macht und Sicherheit, für Heer und Flotte ist das Beste gerade gut genug. Wir können und wir dürfen nicht sparen auf Kosten unserer Schlagfertigkeit und des Friedens des Landes. Dazu ist unsere geographische Lage eine zu ungünstige. Aber jede andere Ausgabe muß auch den

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D.

Witterungsübersicht vom 30. Januar 1909, morgens 8 Ihr.

Stationen

Swinembe. 751 Hamburg 749 S Berlin 754 S Franfi.a. M. 758 S München 7625 ten

Wetter

Stationen

4 bedeckt 5 bedeat 2Schnee

-5 Haparanda 7426 Petersburg 760

Wind

richtung

Windstärke

Wetter

Temp. n. G.

Wo Dog

2 wollig

-2

1 wolfen!-13

3 wolkig

765 NW

4 mollig

764 28

3 bedeckt

1

5 Scilly 768 Aberdeen

5 Schnee-3 4 woltig

-6 Baris 1 molten!-13

765 SD Wetterprognose für Sonntag, den 31. Januar 1909. Zunächst etwas wärmer, vorwiegend trübe mit Niederschlägen und starken nordwestlichen Winden; später langsam aufflarend und neue Abkühlung. Berliner Wetterbureau.

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