den Borwurf zu machen, datz fi« die Politik in die Volksschule hineintragen, solange die Regierung geflissentlich die Volksschulen als Einrichtungen zur Bekämpfung der Sozialdemokratie betrachtet, Mit dieser Rede schloß die Generaldebatte. Die ßZ 1— S des Gesetzes gelangten unter Ablehnung eines polnischen Antrages auf Streichung der Ostmarkenzulagen zur Annahme. Für den Antrag stimmten Polen , Freisinnige und Sozialdemokraten. Das Zentrum schlug sich auf die Seite der Hakatisten. Am Dienstag sollen zunächst die PfarrerbesoldungS« g e s e tz e beraten werden. Als Fraktionsredner ist Adolf Hoff» mann bestimmt. Erst nach Erledigung dieser Gesetze soll die Be- ratung des Lehrerbesoldungsgesetzes fortgeführt worden. Der Fischbeckbericht des Mandatrau�blocks. Die Sophistereien, mit denen das freisinnig-konservative Kar- tell den beabsichtigten Ataub an der Vertretung zu beschönigen sucht, die sich das Proletariat trotz der Klassenschmach im Abgeord- netenhause errungen hat, liegen jetzt dokumentarisch vor. Sie stammen aus der allerberufcnsten Feder, der des Abgeordneten. Ordensritters, Blockbruders und Magistratsoffiziosus Fischbeck, des Polizcischützlings am Demonstrationssonntage. Wie bekannt, hatte die Mandatraubkommission mit tiefem Verständnis gerade Herrn Fischbeck zum Berichterstatter über den geplanten Mandat- raub erkoren. Der Berichterstatter ist der Kommission und der Bericht des Berichterstatters würdig. Uebcr den viel beschrieenen„TerroriLmus" ergeht sich der Be- richt nur in ganz allgemeinen Redensarten, um sich alsdann mit liebevoller Ausführlia'eit über die sogenannten„Unbilligkeiten" bei der Listenaufstellun� zu verbreiten. Die interessante Tatsache, daß Herr Fischbeck dem Berliner Magistrat angehört, welchem falsche Listenaufstellung zum Borwurf gemacht wird, ist leider im Bericht nicht verzeichnet. Start nun aber wenigstens der Logik gerecht zu werden und die sänitlichcn Berliner Mandate zu beanstanden, verschanzt sich die Kommission, wie bekannt, hinter dem kläglichen Vorwand, daß nur gegen die Mandate von Borgmann(S.), Heimqpn(6.), Hirsch (7.) und Hrfsmann(12. Wahlkreis) Protest erhoben sei. Nun hat aber, wie die dem Bericht beigcgebene Anlage schtrarz aus weist bekundet, der Leutnant a. D. Konstantin Pohl ausdrücklich er- sucht,„die Wahl im 12. Berliner LandtagStvahlkreise, eventuell nach dem ersten angegebenen Grunde(d. h. eben wegen der Listcnaufstellung) auch in sämtlichen Berliner Wahlkreisen für ungültig zu erklären". Wenn der genannte Herr Crleutnant am 23. Januar IVOS den eben zitierten Schlußsatz seines Protestes vom 3. Juli 1008 unter ausdrücklicher Aufrccht- erhaktung seines Protestes gegen die Wahl Hoffmanns widerruft, wie ebenfalls aus der Anlage hervorgeht, so beweist das die Innigkeit des konfervativ-freisinnigen Block» Verhältnisses. Der Rückzieher des cmcrierten konservativen Leutnants soll die formale Handhabe zur Rechtsbeugung bieten und soll die Tatsache verhüllen, daß zwei Drittel der Mandate, darunter sechs freisinnige, als angeblich unbeanstandet nicht kassiert werden, obwohl sie mit denselben Mängeln behaftet sind, die b,e Protesterheber in sittlicher Entrüstung den Mandaten der Ge- Nossen Borgmann, Heimann. Hirsch und Hoffmann nachreden. Das Plnralwahlrecht im Oldenburger Landtag. AIS zu Beginn der heutigen Plenarsitzung deS Landtags von den Liberalen und Sozialdemokraren auf Grund des§ 76 der Ge» schäftSirdnung ein Antrag«ingebracht wurde, die Abstimmung über die PluralivahlrechtSanträge zu wiederholen und dieser Antrag An- nähme fand, trieben die agrarisch-ultramontanen Wahlrechtsräuber Obstruktion, indem sie die Sitzung demonstrativ verließen. Da der Landtag darauf bestand, die Abstimmung sofort zu wiederholen, sah sich der Präsident gezwungen die Sitzung nach einer stürmischen Debatte wegen andauernder Beschlußunfähigkeit aufzuheben und sie auf Dienstag morgen 10 Uhr zu vertagen. ES bemächtigte sich aller Anwesenden große Erregung, da— solange der Oldenburgische Landtag besteht— noch niemals Ob- struktion getrieben worden ist. Bcanntweinsteuer-Schacher. Nach einer Mitteilung der„Aational-Ztg." wird zwischen Ver- tranenSmännern der Blockparteien und der Regierung über ein Brannt- Wemsteuee-Kompromist auf folgender Grundlage geschachert: Die Regierung verzichtet auf die Forderung deS Monopols. Die bisherige Verbrauchsabgabe von 70 M. auf das Hektoliter und die Maiichraumsteuer von 12 M. auf da« Hektoliter werden abgeschastt, dagegen eine Fabrikatsteuer von 100 M. aus daS Hekto- liter eingeführt Diese Fabrikatsteuer wird gleichmäßig von ollem Tnnkbranntwein erhoben, so dost allo die sogenannte Liebesgabe in Wegfall kommt. Neben der Fabrikatsteuer bleibt die bisherige Brcnnsteuer nicht nur bestehen, sondern wird progressiv weiter aus- gestaltet. Sämtlichen Brennereien wird eine besondere Zahlung von 3 M. Brennsteuer für jedes Hektoliter auferlegt, das sie über den bisherigen Bedarf brennen. Nur neu errichtete landwirtschaft- ltche Brennereien sollen für die ersten 500 Liter, die sie fabrizieren. von dieser Zuschlagabgabe befreit sein.— Die Schützer des Grafen Strachwitz. Die„Westdeutsche A r b e i t e r. Z e i t ung"(M.-Glad. kach) hatte sich, wie wir berichtet haben, jüngst den Grafen Strach- witz, Mitglied der ultramontcmen Landtagsfraktion, vorgenommen wegen seiner Rede über die Arbeitöiofenfrage. Das Blatt ver- suchte den schlesischen Grafen, der aus seinen volks. und arbeiter- feindlichen Anschauungen kein Hehl macht, als„Einspänner" hinzu- stellen und die Zentrumsfraktion vor der Verantwortung für der- artige Offenbarungen ihres Mitgliedes zu fchütz-n. Dcmgegen. über warfen sich nun in der„Rheinischen Volksstimme" die Zeutrumsbaucrn als Schützer deS Grafen Strachtrntz auf. Eine Zuschrift auS landwirtschaftlichen Kreisen wirft der„Westdeutschen Arbeiter-Zeitung" gehässige Kritik und beleidigende Schreibweise vor und bemerkt dann: „Graf Strachtntz hat zweifellos seiner ehrlicher Ucber- eugung Ausdruck gegeben und dies ist nicht nur sein gu:es Recht, ondern sogar seine Pflicht. Seine Ausführungen enthalten manche Wahrheiten, die von den ZentrumSabzeordneten, die wenigstens ähnlich d e n k en. wie er, leider nicht mit der- selben Offcnbcit ausgesprochen werden. Ein„Einspänne r", wie die„Dtestd. Arbeiter-Ztg," ihn nennt, ist zum Beispiel Graf Strachwitz nicht mit seinen Ansichten, die darin gipfeln, daß für den Arbeiter sehr, sehr viel in den letzten Jahren getan wurde, und es jetzt dem Arbeiter zur Pflicht gemacht werden müßte, selbst für die Existenz der Seinigen zu sorgen." Man versteht, daß den Zentrumsführern vom Schlage Trim- Korn, GieSbcrtS usw. ein Kollege wie Graf Strachwitz, der aus seiner arbeiterfeindlichen Gesinnung kein Hehl macht, nicht gerade angenehm ist. Aber man weiß, daß Graf Strachwitz mit seinen Anschauungen in der Zentrumsfraktion nicht allein steht, denn die ultramontanen Junker sind um keinen Deut besser, als ihre konservativen Genossen, und wie die Zentrumsbauern denken, steht man an der Beflissenheit, mit der sie sich für den schlesischen Junker ins Zeug legen._ Neichsvcrbäudlerische Braudschatzung. Seit einigen Monaten hat der Reichsverband gegen die Sozial- dcmokratie seine sonst so lärmende Agitation etwas eingestellt. Er scheint an chronischem Geldmangel zu leiden. Noch sind die Wahl- 1 schulden aus Anlaß der NeichStagSwahl von IM nicht sämtlich! beglichen und schon hat die LandtagSwahl wieder neue Schulden zur Folge gehabt. Ganz besonders die Ortsgruppe Hannover scheint in arger Geldklemme zu sein. Die ständige Tätigkeit des Bureaus dieser Ortsgruppe bestand darin, vor allem kapital- kräftige Leute anzuschnorren, und es ist nur mit Mühe gelungen, sich mit diesem Bettel schlecht und recht durchzuschlagen. Wie knapp es mit den Geldmitteln stehen muß, zeigt ein Brief, der an einen Großindustriellen im Oktober gerichtet ist und in dem es heißt: Provinzialausschuß deS Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie. 1. Vorsitzender: Generalleutnant z. D. Baron von Lüdinghausen- Wolfs» Exzellenz, Hannover , Allccstraße 22. Hannover , den 10. Oktober 1008. ... Es erübrigt sich wohl, darauf hinzuweisen, daß unserer- seits alles aufgeboten wurde, um dem gemeinsamen bürger- lichen Kandidaten zum Siege zu verhelfen. Ganz erheb- .liche S u m m e n kostete uns der Wahlkampf; ein Heer von Hilfskräften war in unserem Bureau und draußen im Wahlkreis tätig, Sonntag für Sonntag besorgten Radfahrer aus den uns treugesinnten Arbeiterkreisen die Flugblattverbreitung, die Presse wurde Tag für Tag mit Material versehen, Versamm- lungen wurden abgehalten— kurz, wir haben unsere Pflicht getan.... Um diese Arbeit durchführen zu können, bitten wir noch- m a I s um Ihre gütige Unterstützung. Mit Stolz können wir dabei zugleich hinweisen auf die segensreichen und gemein- samen Einrichtungen, die wir im Laufe der Zeit geschaffen; Arbeitersekretariate entfalten an verschiedenen Stellen in der Provinz ihre Tätigkeit; Volksbibliotheken haben wir in unseren Ortsgruppen auf dem Lande errichtet; Volks- a b e n d e, die dem Gedanken einer Versöhnung der sozialen Gegensätze Bahn schaffen sollen, in den Städten und selbst den kleinsten Landgemeinden abgehalten, und in Verbindung damit eine Weihnachtsboscherung größten Stils hier unternommen, die den Aermsten der Armen eine unerwartete Freude schaffte. Vor allem haben wir aber durch unsere Rednerschule eine ständige, äußerst wertvolle Fühlung mit den Kreisen der treu vaterländisch gesinnten Arbeiterschaft, der wir weiterhin auch durch die Errichtung von Arbeits- nachweisen bei den verschiedensten Gelegenheiten helfend zur Seite stehen.... Um alle von uns geschaffenen segensreichen sozialen Ein- richtungen erhalten, fortsetzen und weiter ausbauen zu können, lassen wir an alle diejenigen unserer Mitglieder und Freunde, von denen wir annehmen dürfen, daß wir ihnen kein zu großes Opfer zumuten, nochmals die Bitte um eine größere finanzielle Unterstützung unserer Sache ergehen. Bei dem Ernst unserer Aufgabe und den hohen Kosten, welche die Landtagswahl uns verursacht hat, hoffen wir keine Fehlbitte zu tun.... Mit vorzüglicher Hochachtung! ©. v. Lüdinghausen -Wolfs , Generalleutnant z. D. Im Reichstag hatte der Finanzminister v. Rheinbaben mit einem gewissen Neid die Finanzen der Gewerkschaften und der Partei erwähnt und uns den Rat gegeben, diese Summen für die Finanzreform zu opfern. ES wäre besser gewesen, er hätte diese Aufforderung an die„nationalgesinnten" Kapitalisten ge« richtet. ES scheint aber, daß er wegen der Brandschatzungen. die der N e i ch S v e r b a n d gegen die Kapitalisten ausübt, glaubt, von einer Besteuerung der Reichen zugunsten der Finanzreform Abstand nehmen zu müssen. Die„aufruhrerische" Wahlrcchtsdemonstratio«. Genosse Redakteur D ü v e l l von der.Dresdener VolkSzeitnng" hat am Montag die Anklageschrift wegen Aufruhrs, angeblich begangen bei der letzten Wahlrechtsdemonstration der Dresdener Arbeiterschaft, zugestellt erhalten. Antisozialistische Kriegervereinspolitik. Der„Deutsche Kriegerbund" will die Sozialdemokratie ver- nichten. In der Sitzung deS Gesamtvorstandes wurden schärfere Maßnahmen gegen die Sozialdemokratie beschlossen, die den: dies- jährigen Abgeordnetentage vom Bundesvorstände unterbreitet werden sollen. Die Anträge verlangen, daß die Kriegervereinsinitglieder in den Verband«» und Vereinsversammlungen über die Sozialdemo- kratie aufzuklären und an ihre Pflicht zur Bekämpfung der Sozial» deinokratie bei geeigneter Gelegenheit zu erinnern find. Weiter ist es den Mitgliedern der Kriegervereine nicht gestattet, freien Ge werk schafren anzugehören, so lange diese sozial- demokratische Organisationen bilden oder die sozialdemokratische Partei direkt unterstützen. Diese Hauptsätze sollen von dem Abgeordnetentage als verbind- lich für alle LandeSkriegervereine erklärt werden. Ein Zuwider- handeln ist unvereinbar mit der Zugehörigkeit zum Deutschen Kriegerbunde und hat die Ausschließung zur Folge. Der badische Block gescheitert. Zwischen den Nationalliberalen und den Freifinnigen in Baden ist die angebahnte Einigung endgültig gescheitert: Die Freisinnigen waren zwar bereit, die Vorschläge der Nationalliberalen zu akzeptieren, sie lehiuen eS aber ab. in Lörrach -Land für den Führer der National- liberalen Dr. Obkirchcr zu stimmen. Die Demokraten allein wollen mit den Nationalliberalen nicht gehen, machen aber den Vorschlag, in einzelnen Wahlkreisen ein Zusammengehen aller liberalen Richtungen herbeizuführen. Nur in den Kreisen, in denen das unmöglich sein wird, soll jede Partei den Kamps auf eigene Faust führen._ Ncichstags-Ersaywahl in Schrimm -Schroda . Bei der am Sonnabend stattgfundenen ReichStagSersatzwahl für den Wahlkreis Schrimm-Sänoda wurden im ganzen 17036 Stimmen abgegeben. Hiervon erbielt v. Nicgolewski(Pole) 13010, w Günther (Rcicvspartei) 4009 Stimmen, zersplittert waren acht Stimmen. Ersterer ist somit gewählt._ Eine sonderbare Art der Arbeitslofenfürsorge betreibt der Stadlmagistrat Nürnberg Zuerst sträubte er sich mit Händen und Füßen dagegen, andere Maßregeln als Notstands- arbeiten zu ergreifen. Noch vor wenigen Tagen lehnte er einen sozialdemokratische» Antrag ab, wonach ein Betrag von 80 000 M. bewilligt werden sollte, um an diejenigen Arbeitslosen, die aus körperlichen oder beruflichen Gründen NotstandSarbeiten nicht leisten können, Barunterstützungen gewähren zu können. Die Ablehnung wurde damit begründet, daß eine Gelduntcrstützung ohne Gegen- lcistung für die betr. Arbeiter, wenn nicht etwas Entehrendes, so doch „nichlS Ehrenvolles" an sich habe. In dem kurzen Zeitraum von drei Togen hat man sich von dieser zarten Rücksichtnahme auf das Ehrgefühl der ArbeiiSlosen befreit. In der Sitzung vom Freilag wurde ein Antrag des Ausschusses beraten und angenommen. 15 000 Mark für Banmterstützimgen auszuwerfen. Die Unterstützung wird nur an solche Arbeitslosen gegeben, die in Nürnberg beheimatet sind und seit mindestens einem Jahre dort wohnen und arbeiten. Sie beträgt für Ledige 2 Marh für Verheiratete 3 Mark pro Woche und wird nur an diejenigen Arbeitslosen gegeben, die durch ein Zeugnis de? AmtSarzleS nachwei'en, daß sie die ihnen zugewiesene Notstandsarbeit nicht leisten können. Für jeden Tag. den der Betreffende in einer Woche nicht arbeitslos ist, werden 30 rcsp. 50 Pf. in Abzug gebracht. Weibliche Arbeitslose werden nur dann unterstützt, wenn sie nicht im Familienverband leben und wenn sie Angehörige zu erhalten haben. Ein sozial- demokratischer Antrag, auch die nicht Heimatsberechtigten nach einer gewissen AufenthaUsdauer zu unterstützen, wurde abgelehnt, ebenso> der Antrag, die Unterstützung auf 3 und 5 M. zu erhöhen. Nach obigem ist eS also eine äußerst schwierige Sache, in den Genuß der Nmerslützmig zu kommen; der Glücklichen, die sich ihrer erfreuen dürfen, werden nicht allzu viele sein.— Die Balkankrise. Die türkische Antwort. Petersburg, 8. Februar. Die Petersburger Telegraphen« Agentur erfährt aus zuverlässiger Quelle, daß in der Antwort der Türkei auf den russischen Vermittel ungsvorschlag, die gestern von dem türkischen Botschafter dem Minister des Aeußern übergeben wurde, die Pforte die Forderung der Regulierung der türkisch -bulgarischcn Grenze nicht mehr erhebt. Im übrigen führt die Antwort aus, daß das, waS Bulgarien ihr zu zahlen hätte und was die Türkei an kapitalisierter Kriegs« entschädigung Rußland schulde, sich beinahe ausgleiche. Oeftermeb. Die Antwort der Sozialdemokraten. Zum Protest gegen die Schließung des Paria» ments ruft der Verband der sozialdemokratischen Abgeordneten das arbeitende Volk aller Nationen Oesterreichs auf. Es heißt in dem Aufruf:„Eine schwere Wirtschaftskrise lastet aus unserer Voltswirtschaft, Zehntausende sind arbeitslos. Hundert- tausende müssen in einer Zeit furchtbarster Teuerung mit ver- ringertem Einkommen Weib und Kind ernähren— aber die deut schen und die tschechischen Chauvinisten haben im Parlament tage« lang darüber gestritten, ob auf einer böhmischen Lokalbahn nur deutsche oder auch tschechische Inschriften angebracht werden sollen. Unsere Greise hungern, unsere Krüppel gehen betteln, Tausende bleicher Kinder erllegen den mörderischen Wirkungen kapitalistischer Ausbeutung— aber die bürgerlichen Parteien interessieren sich vor allem für die Frage, ob die Studenten in Prag das Recht haben sollen, mit bunten Kappen auf dem Graben spazieren zu gehen oder nicht. Keine Sozialversicherung, keinen Arbeiterschutz, keine Wirt- schaftlichen Reformen, überhaupt kein arbeitendes Parka- ni e n t—, sondern die Herrschaft einer bankerotten Rcgierungl Das ist das Ergebnis des nationalen Streiks. Wir rufen euch zum Kampfe für das Recht deS Parlaments gegen die Alleinherrschaft der Bureaukratiel Für den nationalen Frieden gegen die nat.onalistische Hetze! Für die Sozialversicherung und soziale Reform gkgen die Zerstörer des Parlaments! Für Montag und Dienstag haben unsere Genossen in Wien fünfzehn Versammlungen einberufen. Der Vroteststurm in der Provinz wird folgen._ Immer wieder der Bummel. Wien , 8. Februar. Wie der„Neuen Freien Presse" aus Prag gemeldet wird, sind bei dem gestrigen Bummel auf dem Graben einzelne Zusammen stoße vorgekommen, bei denen die Wache gegen die Tschechen einzuschreiten ge- nötigt war. Als der Andrang auf dem Graben zu stark geworden ivar, wurde der Graben von der Wache geräumt und abgesperrt. frankmcd. Eine Nachwahl. PariS , 8. Februar. Im Departement Seine et Marne wurde an Stelle des verstorbenen Radikalen Delbet der sozialistische Radikale Lorimy mit 7152 Stimmen zum Deputierten gewählt. Der gemäßigte Republikaner Bion erhielt 3284 St. Italien . Auflösung der Kammer. Rom , 8. Februar. Der König hat das Dekret über die Auflösung der Kammer heute unterzeichnet. Die Neuwahlen werden am 7., die Stichwahlen am 14. März stattfinden. Das neue Parlament wird am 24. März zu- sammentreten.— Die Negierung sucht die Auflösung mit einigen nichtssagenden Redensarten zu rechtfertigen, die der„Avant i", wie uns ein Privattelegramm aus N o m meldet, heftig kritisiert. Die Minister haben, sagt unser Bruderblatt, alle Probleme vertuscht. Die Aus- landspolitik sei überhaupt nicht erwähnt. Die Haltung der Regierung sei unwürdig und aus den Wahlurnen werde sie die gebührende Antwort empfangen.— Portugal . Eine naive Forderung. Lissabon , V.Februar. Achtzig Infanteristen, die zur Aufrechlerhaltung der Ordnung von Madeira nach den von der Pest bettoffenen Azoreninseln entsandt worden waren und nach Madeira zurückzukehren wünscvten, drangen in das bakteriologische Labora- wrium drr Insel Terceira ein und verlangten von den Äerzten, sie sollten die Pestepidemie binnen vierzehn Tagen zum Erlöschen bringen. Die Vermittelung eines Militärarztes verhinderte größere Ausschreitungen. Sechzig Meuterer wurden verhaftet.— 6ngland. Das Marmeprogramm. London , 8. Februar.„Daily Chronicle' erfährt, daß die im Kabinett zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten wegen der Erfordernisse für die Marine befriedigend beigelegt worden sind. Die Admiralität habe ein neues Bauprogramm aufgestellt, das dem Kabinett bereits unterbreitet worden sei. Man sei sich jedoch einig darüber, daß keine Notwendigkeit bestehe, den Bau neuer DreadnoughtS mit besonderer Eile zu betreiben. Man nehme an, daß unter diesen Umständen die reine Mehrausgabe im Flottenvoranschlag über L'/z Millionen Pfund Sterling nicht hinausgehen werde._ Gewerkschaften und politische Geldbeiträge. London , 6. Februar.(Eig. Ber.) Es wurde neulich an dieser Stelle berichtet, daß der Verband der Londoner Buch- drucker beschlossen habe, trotz des Urteils des Appellhofes die Beiträge für die Zwecke der Arbeiterpartei zu erheben. Ein Buchdrucker verweigerte den Beitrag, wurde aber vom Vorstand zur Zahlung gezwungen. Er wandte sich ans Ge- richt, um einen Einhaltsbefehl, und zwar auf Grund des Appellhofurteils. Gestern fand die Verhandlung statt, die mit der Gewährung des Einhaltsbefehls endigte. Selbst- redend berührt das nicht den Rekurs, den die Eisenbahner gegen das Appellhofurteil bei den Oberhausrichtern ein- gelegt haben.— Dänemark . Eine Ehrenerklärung für de» Reichstag . Um über die 30 000 Kronensammlung deS konservativen Journalisten ASger Karstensen und die damit verbundene Be» Ichuldigung, daß sie zur Bestechung dänischer RcichStagSabgeordneter dienen sollten oder gedient haben, Klarheit zu schaffen, halten unsere Genossen im Folkething vorgeschlagen, eine parlamentarische Unter- suchungskommisston zu wählen. Die Regierungspartei war dafür > nicht zu haben, erklärte sich jedoch damit einverstanden, daß die Vor»
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