bald in seiner ganzen Ausdehnung in Brand, aus etwa 24 Fenstern loderten die Flammen mächtig empor, nur die Kellerräume sind verschont geblieben. Nach IV Uhr wurden die ersten Löschzüge ab- gelöst. Unter der Leitung des Oberbrandinspettors Dromsfeld begannen dann die Ablöschungs- und Aufräumungsarbeiten, die viel Zeit in Anspruch nahmen. Leider ist die Löschung nicht ohne Unfall abgelaufen. Der Feuerwehrmann W i e l a n d erkrankte unter der Einwirkung des Rauches und mutzte sich in ärztliche Behandlung begeben. Gleichzeitig kam in der Landsberger Stratze 13, einem Von 4V Parteien bewohnten Hause, aus unbekannter Ursache Feuer aus. Der 2. Zug mutzte längere Zeit kräftig Wasser geben und wegen der großen Verqualmung eine große mechanische Leiter zum Angriff beiluden. Trotzdem konnte es aber nicht mehr verhindert werden, daß ein großer Teil des Daches mit dem In- halt der Vodenverschläge ein Raub der Flammen wurden. Feuer- wehrmann Sawalla erlitt bei der Löschung Schnittwunden an den Händen, die ihm auf der nächsten Unfallstation verbunden wurden. Ferner hatte die Feuerwehr am Sonntag noch an mehreren anderen Stellen tüchtig zu tun. Fcncrwchrbcricht. Die Berliner Feuerwehr hatte am Sonntag mißt ♦»en schon gemeldeten Bränden noch eine größere Anzahl anderer zu loschen. U. a. einen großen Fabrikbrand nachmittags in der Köpenicker Stratze 32». Dort standen im Ouergebäude die Räume der Osnabrücker Papierwarenfabrik in großer Ausdehnung in Flammen. Diese waren unbekannterweise im dritten Stock aus- gekommen und hatten das vierte Stockwerk ergriffen. Die zweite Kompagnie griff unter Leitung des Branddirektors Reichel mit drei Schlauchleitungen an und benutzte wegen der enormen Ver- qualmung durch das brennende Papierlager eine große mechanische Leiter zum Vorgehen. Durch kräftiges Waffergeben von Dampf- spritzen gelang es. eine weitere Ausdehnung des Brandes zu ver- Hilten. Die 4. Kompagnie hatte einen WohnnngSbrand in der Garten- straße S4 zu löschen und wurde außerdem noch nach der Acker- stratze 132/33(NkeherS Hof, der von 1100 Personen bewohnt wird) gerufen. Fußböden und Balken usw. brannten dort. Kurz vorher war in der Triftstr. KS Feuer ausgekommen. Betten u. a. brannten dort. In der Köpenicker Str. 36 wurden Betten, Kleidungsstücke ll. a. ein Raub der Flanimen. Im linkeir Seitenfliigel Greifswalder Str. 14 stand eine Kellerwohnung in Flammen. Zweimal wurde die Feuerwehr nach der Alten Jalobstr. Ivv und 139 alarmiert. Es brannten dort Lumpen usw. im Keller, Putzlappen, Müll, Bretter- wände u. a. Ferner wurde ein Brand aus der AlvenSlebenstr. 7 (Bäckerei), Prenzlauer Allee 4ö, Lichterfelder Str. 32, Am Friedrichs- Hain 13, Bödickerstraße, vom Kottbuser Ufer 32. Lothringer Str. IS, Chauffeestr. 113, Anklamer Str. 24 usw. gemeldet. Vorort- JVacfmcbtcm Schöneberg . „Die schlechten Lohnvcrhältniffe der Fleischergesellen, der gewerb»- mäßige Stellenwucher und die Beseitigung dieser Zustände durch eine allgemeine Lohnbewegung� lautete daS Thema, über das Gcnoffe Bcrgemann in einer von den Schlächtergesellen Schönebergs stark besuchten Versammlung referierte. An der Hand eines reich- haltigen Materials wies Redner nach, wie sehr die Lohn- und ArbeitSverhaltuisse der Schlächtergesellen einer Besserung bedürfen. Scharf kritisierte Bergemanu den Stellenwucher, der namentlich in der gegenwärtigen Krise eine wahre Geißel für die Gesellen sei. Es wäre Sache der Regierung, diesen Menschenhandel der gewerbs- mätzigen Stcllenvernnttler sowohl wie auch der Innungen zu ver- biete». Da indes die Schlächtergesellen von der Regierung nichts zu erwarten haben, so sei es ihre Aufgabe, zur Selbsthilfe zu greifen. In der Diskussion wurden die Ausführungen des Referenten allgemein geteilt. Von einer Lohnbewegung wurde noch Abstand genommen, jedoch der Vorstand beauftragt, den Schöneberger Meistern die zu fordernden Lohn- und Arbeitsbedingungen zu unter- breiten. Eine spätere Versammlung soll sich mit der Antwort be- schästigen. Köpenick . Zur Stadtverordneten -Ersatzwahl. Auf die heute Dienstag von 3— 7 Ubr stattfindende Stadtverordneten -Ersatzwahl der ll. Ab- teilung, für die Genosse Otto Nickel aufgestellt ist, sei hiermit noch besonders hingewiesen. Unsere Gegner lassen es nicht an Anstrengungen fehlen, das Mandat für sich zu ergattern. Nachdem, wie bereits berichtet, die letzte Wählerversammlung, in welcher der Kandidat. Buchdruckereibesitzer Ernst Nubien, aufgestellt werdensollte, wie das Hornberger Schietzen auseinander ging, ist am Sonnabend früh einer Anzahl Wählern der II. Abteilung folgendes Zirkular zu- gestellt: Köpenick , v. Februar 1909. Sehr geehrter Herr I Auf Anregung von verschiedenen Seiten auS der Bürgerschaft ist beabsichliat. den nebenstehenden Aufruf für die Stadt- verordneten-Kandidatur des Herrn Nubien mit Unterschriften aus allen Bevölkerungskreisen an die Wählerschaft der ll. Abteilung zu richten. Wir erlauben uns daher die ergebene Anftage, ob Sie geneigt sind, den anliegenden Aufruf mit zu unterzeichne». Falls Sie bis morgen vormittag 10 Uhr an den Unteo zeichneten eine ablehnende Nachricht nicht gelangen laffen. nehmen wir an. daß der Aufruf mit Ihrer Unterschrift veröffentlicht werden darf. Der Wahlausschuß I. A.: Landrock, Grünauerstratze 33, Telephon 131. Mai, sieht hieraus wieder einmal, in welch unverfrorener Weise unsere Gegner vorgehen bei Ernennung ihrer Kandidaten. Es gilt deshalb doppelt auf dem Posten zu fern und deshalb wird jeder Parteigenosse, der in der zweiten Abteilung heute wahlberechtigt ist, aufgefordert, unter allen Umständen seine Schuldigkeit zu tun. Johannisthal . Die D soritötSpattei in der Gemeindevertretung verstärkt sich durch die Einführung des in der zweiten Klaffe gewählten Gemeinde- Vertreters Mette um eine weitere Stinmie. Nack einem Borschlag des Landrats ist eS wünschenswert, die jenigen Wohnungen zu desinfizieren, die von Tuberkulosekranken bewohnt waren. Die Gemeindevertreiung lehnte es aber ab. da» aus Gcmeindekosten zu tun. sondern will die Kosten den Hauswirten auferlegen. Unsere Genossen vertraten die Ansicht, daß die Hauswirte dann weniger Mitteilung machen würde», um sich vor den Kosten zu drücken, wodurch wiederum der furchtbaren Seuche nur Borschub geleistet würde. Zur Arbeitslosenzählung am 16. Februar lag ein Antrag des Gemeindevorstehers und des Schöffen Knaape vor, diese durch Haus- listen vorzunehmen, der Antrag wurde leider durch Majoritäts- beschlutz abgelehnt und wird somit wieder auf Grund des Melde- systenis im Rathaus gezählt werden, wozu zwei unserer arbeitslosen Genoffcn als Beisitzer fungieren werden. Für imteriionlnieiie Jnfolmationsreisen durch Gemeindevertreter wurden 100 Mark bewilligt. Reinickendorf Ost. Geineindcvertretersihung. Die am Freitag statt- gefundene Gemeindevertreterffhung beschäftigte sich zunächst mit dem Erlverb und Austausch verschiedener zum Ausbau einiger Straßen benötigten Grundstücke. Dem Lehrer Dasel werden 166 M. als Beihilfe zum Besuch der Turnlehrerbildungsanstalt unter der Bedingung gewährt, daß er diese wieder zurückzahlen niüffe, wenn er vor 3 Jahren seine Stellung bei der hiesigen Ge- mcinde aufgibt. Dem Verbände der geincinnützigen und unPartei- ischen Rechtsauskunftsstellen tritt die Gemeinde als korporatives Mitglied bei. Sodann wurde über den Erlaß einer neuen Frei- bankordnung verhandelt. Obgleich die zurzeit gültige erst vor IM Jahren in Kraft getreten ist, mußte dieselbe auf Grund eineS f Erlasses der verschiedensten Ministerien nach dem von diesen auA gearbeiteten Normalstatut abgeändert werden. Da die hiesige Fren dank im Jahre etwa 1666 M. Zuschuß erforderte, beantragte der Gemeindevorstand, die Gebühren auf das Doppelte zu erhöhen. Doch wurde dieser Antrag nach längerer Debatte abgelehnt. Die Ver- kaufsftelle soll aber wieder nach der früheren Stelle in der Kopew Hagener Straße, an der eine größere Absatzmöglichkeit vorliegt, zurückverlegt werden. Wie sich die Lage der Arbeiter in den Köpfen der Besitzenden ausmalt, zeigte ganz beiläufig in einer Bemerkung der Herr Bürgermeier Wille. Daß das Fleisch in der Freibank nicht nach Wunsch abgesetzt werden kann, führte er unter anderem auch darauf zurück, daß die Lage der Neinickendorfer Bevölkerung doch keine so schlechte sei, als stets behauptet werde. Auf die Ant wort unserer Genossen, daß die Lage für den in Betracht kommenden Teil der Bevölkerung so schlecht sei, daß sie sich zurzeit nicht einmal dieses Fleisch leisten können, erwiderte er erregt, daß es ja gar keinen Menschen gebe, der sich kein Fleisch kaufen könne. Ist es ein Wunder, daß, solange ein solcher Manw an der Spitze eines Gemeinwesens mit 28 666 Einwohnern steht, die Kommune ihren sozialen Verpflichtungen nur im ungenügendsten Maße nachkommt? Ganz in dieses System paßt es auch, wenn dieser selbe Bürger- meister in wehmütigem Tone klagte, daß sein und der Gemeinde- Vertreter Wunsch, die Kosten für die Straßenreinigung auf den Allgemeinetat zu übernehmen, der schlechten Zeit wegen im kam- wenden Jahre noch nicht in Erfüllung gehen könne, und die Hau» besitzer daher im komme, rden Jahre leider nochmals die Kosten hier für selbst trogen müßten. Entschiedenen Protest hiergegen erhob der in der ersten Klasse gewählte Herr Müller, einer der reichsten Leute und Großgrundbesitzer des OrteZ. der über die»hohen Kosten weimerte, die den armen Hausbesitzern fortgesetzt auferlegt würden. Daß sie sich hier eine sehr alte Verpflichtung abwälzen wollen, das kam ihm nicht in den Sinn, auch nicht, daß die Grundstücke in den letzten 26 Jahren eine Wertsteigerung von 866 bis 1666 Proz. er- fahren haben. Zwar gelang es diesmal noch, die Bereicherung der Grundbesitzer abzuschlagen, sicherlich aber auch wohl das letztemal. Lichtenrade . Der Bau eines FeuerwehrgebäudeS beschäftigte die letzte Sitzung der Gemeindevertretung. In einer früheren Sitzung war bereils ein bestimmter Platz für das Gebäude in Aussicht genommen, man hat sich die Sache aber wieder anders überlegt und will nunmehr im Dorfe ein Grundstück erwerben, und zwar das einem Landwirl gehörige Gelände, wofür der Verkäufer die für Lichtenrader Ver Hältnisse ungeheuere Summe von 166 Mark für die Ouadratrute *0tb Interessant ist für weitere Kreise die Mitteilung des Vorstehers. daß der Gemeindearbeiter in der letzten Zeit sogar des NachtS zur Beseitigung der Schnee- und Wassermaffen habe beschäftigt werden muffen, als ob es nicht auch am hiesigen Orte genug Leute gäbe. die hätten eingestellt werden können. Geldnot kann hierfür wohl nicht geltend gemacht werden, denn der Vorsteher teilte weiter mit. daß m,t einem Landwirt eu, Vertrag geschloffen sei, demzufolge diesem für den Verkauf eines 46 Morgen großen Geländes zu einer Parkanlage 136666 Mark gezahlt werden sollen. Bernau . Die Stadtverordnetenversammlung stimmte der Magistratsvorlage. betreffend die Lieferung von Kunststeintreppen für das Krankenhaus zu. Der Zuschlag hierzu wurde den Betonwerken in Biesenthal , welche den Preis von 2146,91 M. gefordert hatten, erteilt. Dem Tischlermeister Ströhmann wurde aus Los I mit 2636,36 M. und Los II mit 3139,74 M. und dem Tischlermeister Balzer auf Los III mit 3197.43 Mark der Zuschlag für die Tischlerarbeiten am Krankenhaus erteilt. Stadtverordneter Dohrmann erhob lebhafte Klage über die Lösch- verhällniffe bei dem letzten Brande der beiden Scheunen in der Chausseestratze, wovon eine derselben sein Eigentum war. Er memte. es sei ihm mitgeteilt worden, daß der Zubringer, mit dem man das Waffer a»s der Waschspüle ftir die Wosserwagen entnähme, zu- gefroren war und infolgedessen zu wenig Wasser beim Löschen ver- wendet worden wäre. Wenn man genügend Wasser zur stelle ge- habt hätte, könnte seine Scheune auf keinen Fall vollständig aus- gebrannt sein. DaS Einfrieren des Zubringers wurde auch zugegeben. doch wurde bestritten, daß dadurch zu wenig Waffer auf der Brand - statte gewesen wäre. Im übrigen wäre eine dahingehende Unter- suchung im Gange. Potsdam . AuS der Stadtverordnetenversammlung. In der am Freitag abgehaltenen Stadtverordnetensitzung wurde zunächst der zum un- besoldeten Stadtrat gewählte bisherige Stadtverordnete Sanitats- rat Dr. M a s i u s durch den Oberbürgermeister in sein neues Amt eingeführt. Sodann wurde eine Reihe Etats lAuguste Viktoria-Krankenhaus, Armenverivaltung. Kaiser-Wilhelm-Stiftung. Strahenreinigung und-Sprengung inkl. Feuerwehr, Friedhofsver- waltung. Franksches Stift, Schlachthausverivaltung usw.) für 1969 ohne Aenderung angenommen. Beim Etat Strahenreinigung und -Sprengung hatte man Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, u», zu sehen, wie die Potsdamer Unternehmer Sub- Missionen machen und kein Mittel scheuen, die Arbeit zu ergattern. Stadtv. PeterS, welcher Fuhrherr ist und einer hier bestehenden Pereinigung von Fuhrherren angehört, beschwerte sich darüber, daß man in diesem Jahre die Bespannung der Sprengwagen nicht auS- geschrieben sondern gleich den früheren beiden Fuhrherren b«- lasten habe. Es handelt sich um ein Objekt von 66 666 Mk. Hier- auf wurde ihm die Antwort, dies sei deshalb nicht geschehen, weil die dem Ring angehörenden Fuhrherren bei der früheren Aus- schreibung einen ganz bedeutend höheren Preis wie die beiden dem Äing nicht angehörenden Unternehmer, welche zurzeit die Arbeit ausführen, gefordert und nachdem sie das Angebot dieser beiden erfahren, sich zu einem noch niedrigeren Preise als diese angeboten hätten. DieS Verhalten fei unschön. Für die neuen Schulzimmer in der 3. Gemeindeschule macht sich die Anschaffung von Inventar notwendig und bewilligte man hierzu 366 Mk.— 3966 Mk. warf man für die Ausbesserung des UferbohlwerkeL am Schlachthof aus. — Für die Errichtung einer Rechtsauskunftsstelle für Unbemittelte bewilligte man 225 Mk. zur Anschaffung von Materialien. Diesen Posten soll ein Beamter, welcher im Vorjahre einen Kursus auf dem Gebiete der sozialen Gesetzgebung mitgemacht hat, nebenbei bekleiden. Man gedenkt vorläufig an zwei Tagen einige Stunden diese Einrichtung in Funktion treten zu lassen. Auskunft erfolgt unentgeltlich, für Schriftstücke ist pro Seite eine Schreibgebühr von 10 Pf. zu entrichten. Hierbei bemerkte der Stadtv. Fried» l ä n d e r, daß diese Errichtung der Auskunftsstelle zu begrüßen sei, zumal andere Parteien, und zwar die Sozialdemokraten, auf diesem Gebiete schon weit voraus seien.(Hier besteht bekanntlich in der Bäckerstr. 4 eine Arbeiterauskunftsstelle, welche täglich außer Mittwochs und Sonntags abends von 6 bis 8 Uhr geöffnet ist und wo jedermann ohne Rücksicht auf Partei- oder Organisations- angehöngkeit Auskunft sowohl wie die Ausfertigung von Schrift- stücken unentgeltlich erhält.)— Auf den Grundstücken Neue Luisen- stratze 26 und 27 soll ein städtischer Lade- und Lagerplatz errichtet werden. Die Summe hierzu in Höhe von 37 666 Mk. wurde be- willigt. Man will diese Arbeit gleich in Angriff nehmen und zum Teil als Notstandsarbeit �betrachten, da eine Anzahl Zlrdcitslofer vorhanden seien. So schön wie die Sache klingt, ist sie doch be- dauerlich, denn in Potsdam NotstandSarbciten ausführen heißt: sich auf Kosten der Arbeitslosen zu bereichern, und zwar deshalb, weil man für NotstanöSarbeiten nur einen Tagelohn von 1,73 Mk. zahlt. also einen wahren Hungerlohn.— Die Leipziger Straße soll ver- VreUert werden. Hierbei machte sich die Unterhandlung mit drei Grundstücksbesitzern zwecks Abgabe eines Streifen Landes not- wendig. Während mir zivei derselben die Verhandlungen hierüber abgeschlossen sind, hat die Firma Jacobi(Mühle) derart hohe Preise gestellt, daß gegen sie das EnteignungSvcrfahren eingeleitet werden soll.— Die, Sätze für den Transport Kranker nach den Kranken Sericdts- Leitung. Kricgerverine stehen unter Polizeiaufsichk. Dem Gardeverein in Münster , einem gemäß der Kabinetts- order von 1842 bestätigten Kriegerverein,»var aus irgendeinem Grunde die ministerielle Genehmigung zur Führung einer Fahne versagt worden. Bei der Beerdigung eine» Kameraden wollte nun der Verein eine Fahne mit sich führen. Tie Polizeiverwaltung verbot dies. Darauf erhob der Verein Klage. Der Bezirks- auSschuß wieS die 5ilage ab. Das Obcrverwaltungsgerickst bestätigte dieser Tage das Urteil mit folgender Begründung: Der Garde- verein habe sich auf Grund der Kabinettsorder von 1842 bestätigen laffen und habe die Vorteile daraus in Anspruch genommen. Solche Kriegervercine unterlägen auch in bczug auf ihre Handhabung und Vereinstätigkeit einer gewissen polizeilichen Ueberwachung und dazu gehöre auch die Beachtung der Vorschriften, die über ihr äußeres Auftreten gegeben seien. Danach wären sie unter gewissen Voraussetzungen zur Führung einer Fahne berechtigt. DaS sei dem Gardeverein generell nicht gestattet worden. Infolgedessen habe die Polizei einschreiten können und das Mitführen einer Fahne bei jener Beerd'gung verbieten dürfen. Dies polizeiliche Verbot sei aber nicht als eine polizeiliche Verfügung anzusehen, die im Verwaltungsstreitverfahren angreifbar wäre. Es handele sich viel- mehr nur um eine Ausübung i>er Befugnisse, die der Polizei mit Bczug auf Kriegervereine aus dem Bestätigungsrecht erwachsen. Folglich sei für das VerwaltungsstrciWerfahren überhaupt kein Raum gewesen und die Klage als unzulässig abzuweisen. Häusern sollen erhöht werden. Eine Anfteizung zum Klassenhaß durch— einen Phonograph« beschäftigte die zweite Strafkammer des Landgerichts HI. Wegen Vergehens gegen den§ 130 St.-G.-B. waren der Bäcker Franz Xaver JachowSki und dessen Ehefrau Juliane I. angeklagt. Die beiden Angeklagten wurden beschuldigt, mit Hilfe eines Phono- graphen in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise ver- ichiedene Klassen der Bevölkerung zur Begehung von Gewalttätig- keilen gegen einander öffentlich angereizt zu haben. Beide Air- geklagte sind Mitglieder eines hiesigen poliiisKen Vereins. Am 23. Mai v. I. fand in dem Lokal„Auguste Vikroria-Säle"' in der Lnthcrstratze in Charlottenburg ein öffentliches Konzert statt, welches in der polnischen Zeitung„Dziennik Berlinski' als»grotzes Konzert aus Edison- Rekordphonographen" angekündigt worden war. Veranstalter diese?.Konzerts", bei welchen, ein EintriitSgeld von 30 und 50 Pf. erhoben wurde, waren die beiden Angeklagten. Unter den zum Vortrage gebrachten polnischen Liedern und Operir- texten befanden sich auch zwei Lieder, die durch Urteil des Land- gerichts Posen als aushetzerisch im Sinne des§ 136 beanstandet worden waren. ES waren die«:„Nao? Cblopicki"(Chlopicki- Marsch) und„Bo�s Ojcze"(Gott Vater).— Vor Gericht behaupteten die Angeklagten, daß sie keine Kenntnis davon gehabt hätten, daß diese beiden Lieder verboten waren. DaS Gericht nahm an, daß die Angeklagten in gutem Glauben gehandelt hätten und er« kannte gegen beide auf F r e i s p r e ch u n g. Eine wunderliche Betrugsanklage. „Mutter Heinze" und»Vater Graebsch� gaben gestern eine unfreiwillige Gastrolle vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts 1 als Angeklagte. Beide Angeklagte sind den Be- suchern des Opernhauses nicht unbekannt, denn sie stehen vor dem Eingange des KunstlempelS und beten allabendlich ihr Sprüchlein her:„Textbuch gefällig?" Sie benutzen diese Gelegenheit, um aus ihre alten Tage ein paar Groschen zu verdienen. Auch zu den Vor- tellungen des„Sardanapal" boten sieTextbücher zu 25 Pf. aus, während das offizielle Textbuch, welches im Opernhause selbst verkauft wird, 86 Pf. kostet. Die Erklärung hierfür ist darin zu suchen, daß die Angeklagten das alte Texlbuchj zu dem�alten Taglionifchen Ballett .Sardanapal" und nicht das Textbuch zu dem neuerstandencn Delitzschschen.Sardanapal" verkauften. Irgend ein Mißvergnügter erstattete Anzeige und so wurde eine Anklage wegen Be« t r u g e S gegen die beiden alten Leute erhoben. Das Schöffen- gerrcht kam aber zu einer Freisprechung. Die Angeklagten hatten nämlich behauptet, datz sie bei Ver- kauf des Textbuches den Käufern gesagt hätten, es handle sich um daS alte Textbuch, welches aber auch eine ganz gute Orientierung über die Vorgänge auf der Bühne ermög« liche. Das Schöffengericht sah diese Behmiptimgen nicht für widerlegt an, vermißte außerdem den NawweiS einer Vermögensschädigung und sprach die Angeklagten frei. Hiergegen legte der Staatsanwalt Berufung ein. Die Strafkammer erkannte auf Verwerfung der Berufung des Staatsanwalts. Weg« Schulverfämmnis feines in Amerika weilmd« Kindes de straft. Herr MafsalSly aus Lipine hatte seinen 12jährigen Sohn Philipp nach Anierika gebracht, damit er dort in einer geistlichen ErziehungS- anstalt zum Misfionar herangebildet werde. Tme DisPension vom Unterricht in der Volksschule deS schlesischen Heimatortes lag nicht vor. Als Massalsky senior wieder in Lipine angelangt war, wurde er wegen unberechtigter Schulversäumnis seines Sohnes an einer Reihe von Tagen angeklagt. Er machte geltend, daß die Schulpflicht in Preußen aufgehört habe, settdem der Junge nach Amerika fei. Es wäre so ja genau dasselbe, als weim er gemeinsam mit den Kindern nach Amerika ausgewandert wäre. UedrigtnS sei sein ältester Sohn an jener amerikanischen Anstalt Kaplan und an diesen habe er die Er- ziehungspflicht dem Philipp gegenüber abgetreten.— DaS Land- gericht Beuthen O.-S. verurteilte jedoch den Angeklagten zu einer Geldstrafe, indem es davon ausging, daß die Schulpflicht rn Preußen fortgedauert habe und durch die Aufnahme des Jungen in eine amerikanische Erziehungsanstalt nicht erloschen sei. Was M/s Einwände angehe, so sei er erstens nicht selbst ausgewandert und zweitens hätte er nicht so. wie er daS glaube, die Erziehungspflicht an einen anderen abtreten können. Ihn treffe auch ein Ver- schulden, penn er habe sich sagen müffen. daß er den Pflichtigen Besuch de« Sohnes in der preußischen Schule unmöglich mache, wenn er ihn nach Amerika bringe. Das Kammergericht verwarf die vom Angeklagten gegen dieses Urteil eingelegte Revision. Es steht auf dem Stand- punkt, daß der für die Kinder preußischer Untertanen obligatorische Schulunterricht in einer preußischen Schule erteilt werden müsse. Es könnte u. a. sonst nicht vom Schulinspektor festgestellt werden. ob die Voraussetzungen für das Ende der Schulpflicht gemäß z 46 II 12 Allgemeinen LandrechlS vorlägen, das heißt, ob das Kind die einem vernünftigen Mensch« seines Standes notwendigen Kenntnisse erlangt habe. Wenn Angeklagter selber ausgewandert wäre, würde man ihn natürlich nicht anklagm können. Wie die Dinge lag«, wenn das Kind ausgewandert wäre, könne hier unerörtert bleiben. Denn es fei nicht auSgelvandert, sondern nach den Feststellungen zu seiner Erziehung nach Amerika gebracht worden. Damit falle nicht die preußische Schulpflichtig- keit. Angeklagter sei mit Recht verurteilt worden, weil das schul- Pflichtige Kind in Preußen unberechtigt die Schule Versäuntt und er d,es verschuldet habe. Vermischtes. Tie Ueberschwemmunge«. Heute lauten die Nachrichten über das Hochwasser wesentlich günstiger. In den meisten UeberschwemnumgSgebieten ist ein Fallen de» Wasser» zu verzeichnen. Die durch das Hochwasser eingetretenen Verkehrsstörung« sind zum Teil wieder behoben. ES liegen heute noch folgende Meldungen vor-
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