dah die auf Grund gleicher Listen gewählten freisinnigen Abgeordneten Berlins daS Dreiklastenparlament weiter zieren. für uns ein Agitationsmittel Hilden , für das wir Herrn Fischbeck und seinen Eideshelfern gar nicht dankbar genug sein können. Das Auftreten des Zentrumsredners Dr. Hager und des Nationalliberalen W i tz m a n n unterschied sich wesentlich von dem der konservativen und freisinnigen Heißsporne. Beide Redner be- mühten sich, ruhig und sachlich die Frage zu erörtern, deren Schwierig« keit sie ausdrücklich anerkannten; beide gaben den freifinnigen Ver- tretem Berlins deutlich zu verstehen, daß es, falls die sozial- demokratischen Mandate auf Grund der falschen Listen kassiert würden, Pflicht des politischen Anstandes sei, auf ihre Mandate freiwillig zu verzichten. Aber damit kamen sie bei Herrn Pachnicke, der für seine Parteifreunde eine Lanze brach, schön an. Politischer Anstand ist ein Begriff, den der Blockfreisinn nicht kennt; mit aller Energie protestierte Herr Pachnicke dagegen, daß mau seinen Gesinnungsgenossen so etwaS zutrauen könnte. Da er aber selbst einsieht, wie unangenehm den Freisinnigen die Suppe bekommen mag, die ihnen Fischbeck eingebrockt hat, suchte er sich dadurch aus der Affäre zu ziehen, daß er dem Hause den Rat gab, die sozialdemokratischen Mandate nicht auf Grund der Wähler« listen, sondern auf Grund des angeblichen T e r r o S zu kassieren! Wenn irgend etwas, so beweist die Rede Pachnickes, wie faul die Situation für den Freisinn ist. Dabei mußten es sich die Freisinnigen noch gefallen lassen, daß ihnen außer Herrn S t r o s s e r. der an seiner gestrigen Blamage noch nicht genug hat, auch Herr M a l k e w i tz, der Witzbold der Konservativen, zu Hilfe kam und sie immer tiefer hineinredete. Für unseren Genossen S t r ö b e l war es nicht allzuschwer, die sogenannten Gründe der konservativ-freisinnigen Bundesdrüder zu widerlegen und nochmals das Spiel aufzudecken, das sich hinter den Kulissen abgespielt hatte. Wie die um Fischbeck operieren, das lehrt die eine Tatsache, daß ein Mitglied der Wahlprüfungskommisfion, der Abg. W i tz m a n n, offen erklärte, er sei verblüfft gewesen, als er neulich die Mitteilung unseres Genossen Heimann hörte, daß gegen alle Berlmer Wahlen Protest eingelegt sei! Trotzdem bekam eS Fischbeck fertig, als Referent in seinem Schlußwort dem Hause zu erzählen, der Brief unseres Genossen Hoffmann, der die Wahlprüfungskommission auf den Protest des Leutnants Pohl aufmerksam machte, habe bei allen Mitgliedern zirkuliert. Wer hat nun recht: Herr Fischbeck oder Herr Witzmann? Solcher Unstiimnigkeiten gibt eS noch mehr.... Nach Erledigung der Wahlprüfungen beriet da? HauS den Justizetat, dessen Beratung am Freitag fortgesetzt werden soll. Außerdem stehen die Pfarrerbesoldungsgesetze in zweiter und das Lehrerbesoldungsgesetz in dritter Lesung auf der Tagesordnung. _ Reichstagsauflösung oder Kompromiß? Die„Kölnische Zeitung " beschäftigt sich in einem aus Berlin stammenden, anscheinend halboffiösen Artikel mit der gegenwärtigen„innerpolitischen Lag e". Ter Artikel verdient deshalb besondere Beachtung, weil er erstens die um- laufenden Gerüchte über eine bevorstehende � Reichstagsauflösung schroff zurückweist, und zweitens als ziemlich sicher annimmt, daß es zwischen den Konservativen und der Re- gierung zu einer Verständigung über die Pachlaßsteuer kommen wird. Wörtlich sagt das Kölner Blatt: „Das Gerede über eine Reichstagsauflösung ist u n s i n n ig. Sie würde der so dringenden Finanzreform nicht vom Flecke helfen, sie würde der Regierung vermutlich eine iür eine verständige Reichsfinanzrcform noch ungünstigere Mehrheit bringen, und sie würde dem sogenannten Block und seinen Schöpfern den Stempel der politischen Unfähigkeit auf- drücken, weil sie es nicht verstanden, in einer Lebensfrage des Vaterlandes den richtigen Weg zu finden. Ehe glauben wir, daß die Konservativen bei sich Einkehr halten werden. Sie sind es, die die jetzige schwierige Lage der inneren Politik herbei- geführt haben, weil sie sich sperren gegen eine Vermögens- belastung, die der Reichs- und den Bundesregierungen und den liberalen Parteien annehmbar erscheinen könnte. Das Verhalten der.Kreuz-Zeitung ", die mahnenden Artikel und Reden einzelner hervorragender Konservativen, die �Beschlüsse einzelner konser« vativer Vereine weisen auch deutlich darauf hin, daß hier der Kern zu einer Verständigung vorhanden ist, den selbst die Versammlung im Zirkus Busch, wenn sie eine reife Beurteilung unserer innerpolitischen Lage und der finanziellen Bedürfnisse des Reichs vermissen ließe, nicht wird zerstören können." Daß das Blatt nicht von einer„Ei n k e h r" der Re- gierung, sondern von einer„E i n k e h r" der Konservativen spricht, verstärkt nur den Eindruck, daß der Artikel halb- offiziösen Ursprungs ist; denn das Reichskanzleramt hat felstverständlich ein Interesse daran, so zu tun, als sei nicht die Regierung, sondern die konservative Reichstagsfraktion eigentlich die Nachgebende._ Kleber. Wir haben eS schon gestern als höchst wahrscheinlich bezeichnet, baß wenn die Nachlaßsteuer in der von der Regierung vorge- schlagenen Form fallen sollte, weder der Kanzler, noch der Reichs- schatzsekretär daraus die Folgerung ziehen werden, ihren Abschied zu fordern, da für Preußen-Demschlaud die subtileren politische» Ehr- begriffe anderer Staaten nicht gelten. Derselben Ansicht ist die klerikale.Köln . Bolksztg.", die sich folgende Verhöhnung Bülows und SydotoS leistet: „Aber Bülow müßte gehen, zum mindesten Shdow und Rheinbaben? Für den erstcren liegt kein Grund dazu vor. Von Shdow wünschten es vielleicht die Nationalliberalen, von Rhein- baben sind die Konservativen nicht mehr entzückt. Es hieß schon im Sommer, Bülow werde diesem bei der Reichsfinanzreform ein Bein stellen. Wenn Bülow das wollte, so hat er eS mit der Bekehrung RheinbabenS zur Nachlahsteuer geschickt gemacht. Die Konservativen wünschen heute Rheinbaben herzlich eine gut be- zahlte Direktorstelle. Im übrigen können die Herren einfach rasch wieder retour lernen. Das schadet doch in der Aera Bülow nichts mehr. Früher mußten mit den Ansichten in der Negierung auch die Männer wechseln. Heute gehen die Ansichten, ' und die Männer bleiben kalt lächelnd. Wie Revolutionen gemacht werden! Herr Major a. D. und Landtagsabgeordneter Strosser hat tn der Sitzung vom 11. d. M. wieder einmal die alte, tausendmal zerzauste Vogelscheuche aus der Rumpelkammer des Arsenals der , geistigen" Waffen gegen die Sozialdemokratie, die„gewaltsame Revolution" hervorgeholt, um politischen Kindern graulich zu machen und den Terror, den Konservative und Regierung den Beamten gegenüber üben, zu entschuldigen. Herr S t r o s s e r wird uns daher Dank wissen, wenn wir ihm authentisches Material zur Frage zur Verfügung stellen, wie Revolutionen zustande kommen. Wenn wir dabei die größte Re- volution von 1789 in Frankreich zur Unterlage nehmen, die am meisten von unseren Gegnern a la Strosser gegen uns ausgespielt wird, so beweist das jedenfalls ebensoviel Entgegenkommen, wie der Umstand, daß wir das authentische Material aus einem Urteilstenor eines König!. Preußischen Landgerichts nehmen. das zum Ueberfluß auch noch von einem königl. Oberlandes- g e r i ch t bestätigt wurde. Das Urteil ist ergangen gegen den jetzigen soziald. Landtagsabgeordneten Adolf Hoffmann vom Raum- burger Land- und Obec-Landgericht wegen der Broschüre„Die Sozialdemokraten kommen", durch welche Hoffmann die Kleinbauern und Landarbeiter zur gewaltsamen Revolution aufgereizt haben sollte. Beide Gerichte wiesen die Strafverfolgung ab und in der Begründung dieses im Namen des Königs von beiden Gerichten erlassenen Beschlusses heißt eS wörtlich: „Dieser durchgehends sich gleichbleibenden, unzweideutigen Ausdrncksweise kann der einzige Passus, der Schrift, welcher die Möglichkeit einer blutigen Revolution streift(S. 13), deshalb nicht ins Gewicht fallen, weil damit lediglich auf einen fixierten Ein- Wurf der Gegner der Sozialdemokralie hin die historische Tatsache konstatiert wird, daß die französische Rcvolnckou von 1789 durch de» Ucdcrmut und die Sittenverderbnis der Großen n»d die ge- wisscnlose Rechtsverletzung seitens des Adels«ranlaßt worden ist, daraus gefolgert wird, daß die Schuldigen das geerntet, was sie gesäet hätten, und endlich behauptet wird, daß die Vermeidung einer blutigen Revolution auch heutigen Tages nicht in den Händen der Sozialdemokratie, sondern in denjenigen der herrschenden Klasse liege. Aus diesem Passus der inkriminierten Druckschrift läßt sich um so weniger die Anreizmig zu Gewalttätigkeiten herauslesen, als gerade an dieser Stelle und im logischen Zusammenhange mit jenen Be- merkungen hervorgehoben wird, die Sozialdemokratie wünsche keine andere Revolution als die der Geister, nicht die blutige." Vielleicht liest Herr Strosser diese Erkenntnis königlich preußischer Gerichtshöfe einmal seinen FraktionSkollegen vor, und wenn er laut genug schreien kann, auib dem schwerhörigen Herrn M a l k e w i tz, der ja eigentlich aus seiner Jugendzeit noch einiges behalten haben sollte! Gelingt es HerrnS trosser, seinen Parteigenossen die Beachtung der oben angeführten Gründe ans Herz zu legen, so wird er sich von seinem Alpdrücken durch die„gewaltsame Revolution" selbst befreien. Tie unzufriedene Taute Voß. DaS ehemalige Revolutionsorgan in der Breiten Straße, daS jetzt nervös zusammenzuckt, wenn sich Arbeiter einmal in größeren Massen auf der Straße zeigen, will eS nicht wahr haben, daß die Nachkontrolle der Arbeitslosenzählung durch den Magistrat an den von Partei und Gewerkschaften gewählten«« seit Wochen st) ge- wählten— Termin gebunden sei. DaS Blatt schreibt: „In Wirklichkeit liegen die Dinge wesentlich anders. Der Magistrat hat die Arbeitslosenzählung auf den IS. Februar anberaumt. Sie erfolgt wie im November nach dem Meldesystem. Der Termin war lange vorher bestimmt. Er konnte mit dem Einzüge König Eduards am 9. Februar in keinerlei Zusammenhang gebracht werden. Die Sozialdemokratie aber hat das Bedürfnis empfunden, die von ihr für zweckmäßiger ge- haltene hausierende Zählung, die sie selbständig vornimmt, un- mittelbar vor der amtlichen Zählung zu veranstalten, obwohl doch, wenn die Zählung des Magistrats„kontrolliert" werden sollte, daS Natürliche gewesen wäre, die Kontrollzählung erst nach der amtlichen Zählung vorzunehmen. Somit kann nicht die Rede davon sein, daß zur Vorbereitung der Zählung die Arbeiter- Massenversammlungen just auf den Vormittag des Einzugstages angesetzt werden mußten. Was die alte Tante Voß doch schlau ist!— Eine genaue Kontrolle der Magistratszählung hätte sich nur am 16. Februar selbst vornehmen lassen. Da aber die Einsammlung der ausgefüllten Zähl- karten, die ohne Entgelt geschieht, von den Arbeitern nur in ihrer freien Zeit, d. h. an einem Sonntag, vorgenommen werden kann, stand die Arbeiterschaft vor der Wahl, den Zähltag entweder auf Sonnabend, den 13. oder Sonnabend, den 26. Februar, zu ver- legen. Man zog den 13. vor, weil nach alter Gewohnheit jeden Miltlvoch vor dem 15. der Zahlabend der Partei stattfindet und dieser sich so der beabsichtigten Arbeit gut einfügte. Die„Vossische Zeitnng" verschiebt aber die Sachlage, wenn sie fortfährt: „ES soll der Sozialdemokratie nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie die Ausschreitungen gewünscht habe. Aber wenn sie sie in der Tat nicht wünschen könnte, so ist zu bedauern, daß sie nicht verstanden hat, die Aufzuge, für die eine polizeiliche Ge- nehmigung nicht nachgesucht war, zu verhindern und den wüsten Exzessen vorzubeugen." Für die Mehrzahl der Blätter, die in diesen Tagen Entrüstung geheuchelt haben, hatte die? gar keinen Sinn, wenn sie nicht die Sozialdemokratie der Veranstaltung dieser Demonstrationen beschuldigen konnten. Selbst die Vossin hält jg noch für notwendig, zu betonen, daß für die Aufzüge eine polizeiliche Genehmigung nicht nachgesucht war. Warum das? Für etwas, was man nicht ver- anstaltet, nicht einmal wünscht, kann man doch'eine Genehmigung einholen I Was unsere Herrschaft über die Massen anbelangt, so haben sich alle aus Parteikreisen wirklich inszenierten Demonstrationen stets ohne Ausschreitungen abgespielt. Wo die Partei aber ihre Hand überhaupt nicht im Spiele hat. kann sie doch nicht die Zügel halten I_ Der Köhlbrandvertrag. In der gestrigen Sitzung der Bürgerschaft wurde über den Köhlbrandvertrag verhandelt. Bürgermeister OSwald als Vertreter des Senats gab einen Rückblick über die bisherigen Verhandlungen zwischen Hamburg und Preußen in dieser Frage. Er sagte, es befremde, daß man trotz großen Entgegenkommens Hamburgs im preußischen Ab- geordnetenhause mit neuen Forderungen hervorgetreten sei. die geeignet seien, das Zustandekommen des Vertrages zu gefährden. Hamburg , übernehme bei Annahme des Vertrages eine Verhältnis- mäßig größere finanzielle Last. Nachdem der Redner, der sich für den Vertrag aussprach, auf den Nutzen hingewiesen hatte, der mehr noch als für Hamburg für. den. gesamten deutschen Handel aus der vorgesehenen Regelung der Frage sich ergeben werde, empfahl er die Ueberweisung des Vertrages zur Prüfung an einen Ausschuß von 16 Mitgliddern. Ein dahingehender Antrag wurde einstimmig ange- n o m m e n._ Ein Reichsverbands- und Riiuberhauptmann. Der„Volkswille" zu Hannover berichtet: Im Hildesheimer Ge- fängniS in Untersuckmugshaft sitzt bekanntlich schon seit Mai v. I. daS schätzenswerte Mitglied des ReichsverbandeS Herr Papenberg, der als Obmann deS Reichsverbandes für die Nordstadt Hannover noch während der letzten Landtagswahl in Hannover und Linden förmlich aufging im Kampfe gegen die Sozialdemokratie, soweit ihm seine um- fangreiche Räuber- und Einbrechertättgkeit, die sich so ziemlich über halb Europa erstteckte. Zeit dazu ließ. Da sein Gewerbe sehr einträglich war, konnte er sich den Kampf für die„Heiligkeit der Ehe und des Eigen- tlims". auf die er selbst höhnisch pfiff, unter dankbarer Anerkennung der Oberleitung des ReichöverbandeS auch einen schönen Batzen Geld kosten lassen. War der Postmarkendiebstahl in Burgdorf just vor der Wahlagitation doch besonders ergiebig gewesen. Leider hat die Staatsgewalt mit rauher Hand den ehrenwerten Herrn Papenberg mitten aus seiner patriotischen Arbeit heraus- gerissen, indem sie ihm wegen seines sozusagen kleptomanischen Sammeleifers einen festen Wohnsitz im Gefängnis anwies mit der Aussicht, ihn dauernd an sich zu fesseln. Gegenwärtig genießt Hildesheim die Ehre der Anwesenbeit des Jdealpatrioten. Inzwischen hat sich ergeben, daß zahlreicbs Einbrüche in allen möglichen Gegenden aus das Konto Papenbcrgs und seiner Mit- arbeiler kommen, außer dem Einbruch ins Postgebäude zu Burgdorf die Diebstähle der Platinkessel in den Hüttenwerken zu Oker und Freibcrg i. S. Wegen des letzteren Diebstahls ist ein Mit- angeklagter namens Liegkfeldt vor kurzem zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden und hat jetzt ein um- fassendes Geständnis abgelegt. Danach hat die Diebesbande nicht weniger als 25 schwere Einbruchsdiebstäble ausgeführt, wobei ihnen Beute im Betrage von über 166660 M. in die Hände ge- fallen sein soll. Nach dem Geständnis Liegkfeldts ist auch der Diebstahl der Orden im Welfenmuseum zu Herrenhausen, der seinerzeit berechtigtes Aufsehen erregte, das Werk dieses Reichs- verbändlers. Immer neue Fälle ergeben sich, und noch ist die Unter- suchung nicht abgeschlossen. Die einzelnen Straftaten werden die ver- schiedensten Gerichte in Deutschland beschäftigen, und die Ver- Handlungen dürften noch manche interessante Dinge über die viel- seitige Tätigkeit des sympathischen Herrn ergeben, dessen Zurück- ziehung vom politischen Leben für den Reichsverband neben dem Verlust der Mitarbeit des kongenialen Herrn Pepel einen schwer be- klagten Verlust bedeutete.� � liebet einen anderen Reichsverbands- Ehrenmann wird aus Dresden vom II. Februar gemeldet: Von der Strafkammer des hiesigen Landgerichts wurde der Werbeagent des Reichsverbands, der frühere Landwirt und Schriftsteller Joachim Kurts, wegen Urkundenfälschung und wiederholten RückfallsbetrugeS zu 3 Jahre ir Gefängnis und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. — Der Mann ist schon wiederholt wegen Betruges vorbestraft. Er trat in der Rolle von Offizieren a. D. auf und legte sich verschiedene adlige Namen bei. Die letzte Strafe batte er im April 1967 der- büßt. Durch Vermittelung des Schriftstellers W i e m a n n wurde er als Werbeagent des Reichsverbandes in Berlin und Magdeburg verwandt. In Magdeburg hat er zahlreiche Betrugsversuche ausgeführt. Er trug falsche Namen in die Zeichnungsliste des ReichsverbandeS ein, beschwindelte den bürgerlichen Presseverein in Leipzig und einen Hotelbesitzer in Dessan, ferner einen Beamten in Leipzig und einen Geistlichen in Leutsch bei Leipzig , auch einen Hotelbesitzer in Dresden. — Kurts beschwerte sich darüber, daß er von seinem Borgesetzten, dem Reichs- Verbandsgeneralsekretär L e u s s e n, sehr kurz gehalten wurde, so daß er in Not geraten sei._ Die Balkankrife. An die serbische Adresse. Wien , 11. Februar. Wie die„N. Fr. Pr." erfährt, wird in der serbischen Sache eine Entscheidung erst gegen das Frühjahr hin erfolgen. Alles hänge von Serbien selbst ab. Oesterreich-Ungarn werde alle rednerischen und ähnlichen Heraus- forderungen auch weiterhin ignorieren und werde erst dann zur Tat schreiten, wenn Serbien von Worten zur Tat schreiten wird. Der christlichsozialen„Rcichspost" zufolge steht ein diplomatischer Schritt Oesterreich-Ungarns bei den Mächten be- vor, welcher mit Rücksicht auf die fortschreitenden Kriegsrüstungcn Serbiens eine gemeinsame Vorstellung der Mächte in Belgrad bezweckt. Würden auch die Bemühungen der Mächte versagen, so bliebe nichts als die ultima ratio des Krieges, Oeftemich. Die Einberufung des RcichsratS. Wie», 11. Februar. Wie die„Neue Freie Presse" meldet, soll der N e i ch s r a t zwischen dem 2. und?. März wieder einberufen werden. Der tschechische Landsmannminister Dr. Zacek hat seine Demission gegeben mit Rücksicht auf die Kritik, die vom Tschechenklub an dem Ministerium geübt wurde. DaS Demrssions- gesuch wird aber vorläufig nicht erledigt werden. Wahlrechtskampf in Kroatien . Agram , 16. Februar. Die oppositionellen Parteien in Kroatien veröffentlichen ein Manifest, in dem sie die Eiu- führung des allgemernen Stimmrechts und die Ein- b e r u f u n g des seit einem Jahr sistiertcn Landtages fordern. Zum Schluß wird in dem Manifest erklärt, daß die Oppositions- Parteien den Kampf gegen das gegenwärtige Regime, das sie als verfassungswidrig bezeichnen, fortsetzen werden. 'Magyarische Freiheit. Budapest , lt. Februar. Handeismmister Kossuth hat den Verkauf des sozialdemokratischen Parteiorgans „Nepszava " auf allen Bahnhöfen Ungarns verboten. fVnnKreich. Eine Amnesticdebatte. Paris , 11. Februar. Deputiertenkammer. Bei der VerHand- lung über die Amnestie für die wegen Ausschreitungen bei den Ausständen in Vigneux und Villeneuve bestraften Personen ver- langte Sembat(Sozialist) Ausdehnung der Amnestie auf Vergehen, die in Aeußerungen der Presse und in Reden gefunden wurden, das heißt auf Vergehen, des Antimilitarismus und des Antipatriotis- mus. Ministerpräsident Clcmenceau sprach darauf die Hoffnung auS, daß die Ausständigen schließlich einsehen würden, daß sie zu den Gesetzen und nicht zu Gewalt ihre Zuflucht nehmen müßten. Keine Regierung könne aber AntiMilitaristen begnadigen. Ebenso werde die Regierung die Wiedereinsetzung abgesetzter Beamten be- kämpfen und jedesmal die Vertrauensfrage stellen.(Bewegung.) Der Antrag SembatS wurde schließlich mit 373 gegen 66 Stimmen abgelehnt und sodann Artikel 1 der Vorlage angenommen� wonach für die bei den Vorgängen in Vigneux und bei allen Aus- ständen Beteiligten Amnestie eintreten soll. Lelglen. .Eine Bombcnaffäre. Brüssel, 16. Februar 1969.(Eig. Ber.) Vorige Woche haben Arbeiter— allerdings ohne vorher die Qualität ihres Fundes zu erkennen— in dem Brüsseler Vorort St. Josse eine Bombe aufgefunden, die mit gefährlichen Explosiv- stoffen gefüllt tvar. Nur einem wunderbaren Zufall ist es, nach Ausspruch der Jachleute, zu danken, daß die Arbeiter am Leben blieben und noch weiteres, schreckliches Unglück ungeschehen blieb. Die Polizei hat— einige Leute behaupten: natürlicher- weise— die Bombenleger noch nicht entdeckt, dagegen eine höchst eifrige Razzia gegen die hiesige russische Kolonie in- szeniert, an die sich übrigens hier wie überall verdächtiges Gesindel, Lockspitzel u. dcrgl. heranmacht, um unter der Maske irgendeines Revolutionarismus— sozialistisch oder anarchistisch gefärbt— Schwindeleien und noch Schlimmeres auszuführen. Die Bomben- verfertiget sind allerdings, wie die Vorgeschichte beweist, russischer Natioimlität— was im gegenwärtigen Zeitlauf zu allerlei Mut- maßungcn in den hiesigen revolutionären Kreisen Anlaß gibt. Die Vorgeschichte ist folgende: Am Mittwoch, dem Tag vor dem Bombsiifund, erschienen bei einem hiesigen Kaufmann zwei In-
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