wir wolle« den Staat umstürzen, sondern die Umsiurzgelüste.�dieGewalttaktik befinden sich aus der anderen Seite.(Sehrrichtig I bei den Sozialdemokraten. Laiben rechts.)Der Abg. Hager meinte, wir brauchten zu der WahlkreisgeometrieNiSt auch noch eine Wahlkreis a r i t h m e t i k. Wenn Sie das der-meiden wollen, wenn Sie festlegen wollen: Die Listen dürfen nurausgestellt werden aus der Basis eines Einheitsjahres, danndürfen Sie auch nicht die Praxis billigen, daß in dem einen Ortedes Wahlkreises, wie z. B. in Schöneberg, nach dein Jahre 1908und in Rixdors nach dem Jahre 1807 gewählt wird. Sonst sindeben alle erdenklichen Schiebungen möglich. Es ist dann auch dieRede davon gewesen, ob nicht das Plenum die Möglichkeit hat, dieanderen Berliner Wahlen zu beanstanden, nachdem sie für gültigerklärt find. Ich halte das nicht für geschäftSordnungsmästig un-möglich, selbst bei Gerichten ist. wenn neue Momentezur Beurteilung eineS Falles auftauchen, ein Wiederaufiwhme-verfahren möglich. Die Gültigkeitserklärung für die achtBerliner Wahlen ist zustande gekommen unter falschen Voraus-fetzungen, weil man von dem frist- und fornrgerecht eingegangenenProtest des Leutnants Pohl keine Ahnung hatte. Wenn jetzt neueTatsachen vorliegen, so wäre eS meiner Ansicht nach gar nicht un»möglich, daß das Plenum deS Hauses aus seiner Souveränitätheraus noch beschlietzt, auch die übrigen 8 Wahlen zu be-anstanden. Jedenfalls wäre eS die moralische Pflicht der 6 BerlinerFreifinnigen, für den Fall, dast die 4 sozialdemokratischenMandate kassiert werden, auch ihre Mandate niederzulegen.In dem Augenblick, wo Sie eine derartige Erklärungabgeben würden, würden sich selbstverständlich die beiden sozialdemo-kratischen Abgeordneten für Berlin, deren Wahl nicht beanstandet ist,sofort dieser Erklärung anschließen. Mit dieser Erklärung vorausgehen, wie uns Herr Malkeivitz zumutete, werden wir nicht.Denn wir sind nicht überzeugt davon, das; die politische Moral derfreisinnigeil Herren so feinfühlig ist. daß sie uns folgen würden.während Sie das von uns ohne weiteres annehmen können.(Sehrwahr! bei den Sozialdeinokraten.)Daß wir die Wähler bei der geheimen Wahl kontrollieren, wieHerr Malkewitz meinte, ist ausgeschlossen, denn wir können nichtdurch Bretter und Wände hindurchiehen. Aber die Herren von derRechten verwenden in ihren Wahlkreisen Zigarrenkisten zu Wahl-Urnen und kontrollieren auch durch Aufeinanderlegen der Kuvertsgenau die Reihenfolge. Solche Mogeleien können durch Einführung einer Wahlurne von vorgeschriebenem Typ beseitigtwerden,(Sehr richtig! links.) Wenn Herr Malkewitz sich überden kräftigen Ton. den ich gestern angeschlagen habe, ent-rüstet hat, so bemerke ich, daß der Vorwurf der schnödestenKlafienjustiz von mir bedingungsweise gemacht worden ist.nämlich für den Fall, daß man trotz der klar zutage liegenden Ver-hältnisse die vier Wahlen kassiert. Es liegt durchaus in der Handder Mehrheit deS Hauses, dafür zu sorgen, datz eine solche An-fchuldignng nicht erhoben werden kann. Handeln Sie so, daß Sie dieKritik herausfordern, dann müssen Sie sich diese Kritik auch gefallenlassen.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.)Abg. Strosser(k.): Herr Sträbel hat. wenn er auch heutesachlich gesprochen hat, doch nichts Neues vorgebracht. Die Aus-führungen der anderen Redner will er offenbar nicht verstehen. DerArtikel des„Vorwärts" konnte nur als ein Angrlsf auf die Wahl-Prüfungskommission aufgefaßt werden. Herr Ströbel hat beuteselbst gesagt, er habe es gegeißelt, daß die Wahlprüfungskommissionnur das Interesse der Wähler über övvv M. wahrgenommenhabe. Herr Ströbel behauptet, es wäre ein unerhörter Terror.den Beamten zu verbieten, sich zur Sozialdemokratie zu be-kennen. ES ist aber ein selbstoerständliches Recht des Staates,den Beamten die Zugehörigkeit zu einer Pariei zu verbieten,die außerhalb dieses HauseS trotz der Ableugnuna des Herrn Ströbeltatsächlich die Revolution predigt. Ich erinnere sie an den WydenerKongreß, wo es in einer Resolution heißt:„Will es nicht biegenvon oben herab, so mutz cS biegen von unten herauf."(Zuruf deSAbg. Hirsch: Das war unter dem Ausnahmegesetz!)Warum bringen Sie denn immer auf Ihren Parteitagen ein Hochauf die internationale„revolutionäre" Sozialdemokratie aus?(Abg.Hoffmann: D a s v e r st e h e n S i e n i ch t!) Ich erinnere auch andas Wort des Herrn Bebel, er hoffe noch, es selbst zu erleben, daßdiese Gesellschaft gestürzt werde.(Bravo! rechts.)Hierauf wird ein Antrag auf Schluß der Debatte an-genommen.Es folgenpersönliche Bemerkungen.Abg. Hirsch(Soz.): Herr Malkewitz hat mir den Vorwurf derPfliäNversäumniö gemacht, weil ich angeblich an der Sitzung der7. Abteilung nickt teilgenommen habe. Ich stelle fest, daß ich un-mittelbar nach Schluß der Plenarsitzung mich in den Saal begebenhabe, in welche», die Sitzung der 7. Abteilung stattfinden sollte.Als ich dort ankam, war die sogenannte Sitzung bereits beendigt.Ich konnte unmöglich wissen, daß die Abteilungen so fix arbeiten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Abg. Hoffmann(Soz.): Herr Malkeivitz sagte auf einen Zurufvon mir:„Schleien Sie nicht so, Sie sind noch nicht draußen!"Draußen habe ich nicht nötig, so zu schreien, da sitzen Leute, diehören wollen. Nur bei Ihne» ist eS notioendig,|o zu schreien.Zu dem Zweck bin ich hier hineingewählt, weil auf Ihrer SeiteSchwerhörigkeit chronisch ist.(Große Heiterkeit und Sehr gut! beiden Sozialdemokraten.)Abg. Borgmaun(Soz.): Auch ich kam in die Sitzung der Ab-teilung in dem Moment, als sie zu Ende war. Ich danke übrigensdem Herrn Malkewitz. daß er das Vertrauen zu mir hat, daß dieKommission besser gearbeitet hätte, wenn ich dabei gewesen wäre.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)Abg. Malkewitz(k.): Ich wundere mich, daß die Herren Hirschund Borgmann es damals fertig bekommen haben, in so langsamemTempo zu der Sitzung hinzugelangen. Die Abteilung ist damalsnicht einmal pünktlich eröffnet worden, sondern wir hohen eine Weilegewartet.(Hört I bört I rechts.) ES lag auch eine ganze Anzahl vanWahlen vor. und die Wahl Hoffmann war die letzte.(Hört I hört IrcchlS.) Was Herrn Hoffmann anlangt, so wundere ich mich, daß erso genau mit den körperlichen Eigensckasten meiner Freunde Besckeidweiß. Ich will ihm nur erwidern, daß er in diesem Hause über-Haupt nicht zu schreien hat.(Heiterkeit rechts.)Abg. Aronsohn(frs. Pp.) bestätigt die Ausführungen deS Ab-geordneten Malkewitz gegenüber den Abgg. Hirsch und Borgmann.(Hört I hörtl rechts.)Abg. Hoffmann(Soz.): Ich habe nicht von körperlichen Fehlerneinzelner Herren gesprochen, sondern von der chronischen Schwer«Hörigkeit jener Seite des Hauses gegen die Wünsche deSVolkes.(Große Unruhe rechts. Sehr gut I bei den Sozial-demokraten)Abg. Malkeivitz(k.): Dann war der Vorwurf des Herrn Hoff-mann unpersönlich, und ich kann auf ihn mit einer persönltchenBemerkung in»! erwidern.(Große Heiterkeit recktS.)Abg. Fischbeck(steif. Vp.)(Schlnßwortj: Gegenüber den Be-hauptunge» des Herrn Ströbel stelle ich fest, daß sowohl der Briefdes Herrn Borgmann wie der Brief deS Herrn Hoffmann, der be-fonders darauf aufmerksam macht, daß der Pohlsche Protest sichgegen alle 12 Berliner Wahlen wendet, nicht nur mündlich in derKommission vorgetragen ist, sondern auch im Wortlaut im Originalbei allen Mitgliedern derselben zirkuliert hat. Wenn heute behauptetwird, daß der Brief des Herrn Borgmann sich nur auf die Fragedes Terrors bezieht, so werden wir das für die Zukunft beachten.Das beweist aber nur. wie nottvendig eventuelle spätere Jnter-prelationen von Protesten sind, denn der Wortlaut dieses Briefesnahm auf die Listewmfstellung Bezug.Abg. Ströbel(Soz., persönlich): Daß die Kommission unzu«länglich informiert war, hat ja heute auch Herr Witziuann von denNattonalliberale», der selber Mitglied der Wahlprüfungskommissisnest, zugegeben.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.)Der Antrag der WahlprÜfungSkowmission auf Bcanstandung derv«s»' sozialdemokratischen Wahlen und Bornahme von Beweis-erhcbungen über die Listenaufstellung in Berlin wird einstimmig an-genommen.Einige lveitere Wahlen werden ohne Debatte für gültig erklärt.ES folgt dieWeiterveratung deS Justizetatsbeim Titel„Ministergehalt".Abg. Faltin(Z.): Die sozialdemokratische Preffe klagt immerüber zu harte Urteile, aber die Sozialdemokraten sollten Gott danken,daß sie unter der preußischen Strafrechtspflege leben. In Rußlandwürden sie ganz andere Dinge erleben.(Bravo I im Zentrum.)Abg. Lüdicke(fk.) protestiert gegen den Vorwurf der Klassenjustiz.Die preußiiche Rechtsprechung steht hoch über der, die die Sozial-demokralie einführen möchte.(Bravo I rechts.)Abg. Dr. Hauptinaml(Z.) spricht für eine Neuordnung bei derAnrechnung der ausländischen Studiensemester von Juristen.Abg. Witzmann(natl.) wünscht eine Aenderung der Gebühren-Ordnung für Zeugen und Sachverständige mit erhöhten Sätzen undeine bessere Ausbildung der Referendare.Geheimrat Fritze verweift darauf, daß die preußische Regierungmit dem Reichsjuslizamt über die Erhöhung der Gebührenordnungfür Zeugen und Sachverständige in Verbindung getreten ist. DieVorlegung eines Entwurfes mußte in Rücksicht auf die Mehrbelastungzunächst unterbleiben.Abg. Hanrmaun(natl.): Herr Leinert hat die Justiz inGrund und Boden geredet. Wenn er aber glaubt, daß seineAeußenmgen auf mich einen besonders erschütternden Eindruckgemacht haben, dann irrt er sich. Der Abgeordnete Leinert hatuns nichts NeueS gesagt. Es waren olle Kamellen, vermischt mitetwas neuem Wast'er. Wenn der Abgeordnete Leinert mir vorher einenAuftrag gegeben hätte, eine sozialdemokratische Rede für den Justiz-etat auszuarbeiten, so wäre sie genau so ausgefallen wie LeinertsRede.(Zuruf des Abg. Hoffmann: Vielleicht hätten Sie noch mehrFälle gehabt! Heiterkeit.) Ja, etwas interessanter wäre sie aller-dings geworden. Aber solche juristischen Verstöße, wie Herrn Leinert,wären bei mir auch nicht vorgekommen.(Lachen b. d. Soz.) Es istverständlich, weshalb Herr Abg. Leinert seine Angriffe erhoben hat.Die Justiz ist einer der Felsen, an dem auch die Herren Genossenzerschellen.(Schallende Heiterkeit bei den Sozialdemokraten. Rufe:Also Klassenjustiz!) Nein, die Justiz, die dem ruhigen Bürger Ruheund Sicherheit gibt. Sie(zu den Sozialdemokraten) können jaIhrem Gott danken, daß Sie unter dieser Justiz leben. Verdienthaben Sie es nicht.(Gelächter bei den Sozialdemokraten.) Sieivollen nur Wunden schlagen und keine heilen. Das Gewerbe,� dasSie jetzt treiben, könnten Sie dann nicht mehr betreiben.(Gelächterbei den Sozialdemokraten.)Abg. Dr. v. Liszt(frs. Bp.): Auf die nenlichen AusführungendeS Herrn Strosier über die Prügelstrafe brauche ich um so wenigereinzugehen, als fiir die Einführung der Prügelstrafe der Reichstagzuständig ist und die verbündeten Regierungen die Prügelstrafe ab-lehnen. Die Vorwürfe gegen die Jugendgerichte waren ganz un-berechtigt. Der preußische Justizmiiiister würde sich ein Verdiensterwerben, wenn er im Gegensatz zum Reichsjustizamt beim Bundesrat einen Antrag auf Schaffung emes besonderen Jugendstraf»rechts einbringen würde.(Bravo l links.)Damit sckließt die Debatte.*Persönlich bedauert Abg. Rosrnow(fts. Vp.), daß nur Juristenin der tagelangen Debatte zu Worte gekommen seien, von denenkeiner die Weltfremdheit vieler Richter kritisiert habe.Dieser Weltfremdheit könne man steuern dadurch, daß man dieRichter an den Handelshochschulen Kurse nehmen lasse.Der Titel„Ministergehalt" wird bewilligt.Bein, Kapitel„OberlandeLgericht" führtAbg. Marx(Z.) Beschwerde darüber, daß im ganzen Bezirk desKammergerichts �die stenographischen Kurse nur nach dem einenSystem Stolze-Schrey eingerichtet sind.Das Kapitel wird angenommen.Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Freitag 11 Uhr.(Außerdem kleinere Etats. Zweite Leimig der PfarrerbesoldungS-gesetze und dritte Lesung des LehrerbesoldnngsgesetzeS.)Schluß 4 Uhr._Parlamentanfched.Finanzkommission deS Reichstags.Zu§ IV deS Erbschaftssteuergesetzes stellten die sozial-demokratischen KommissionSmttglieder den Antrag, den§ 10zu fassen wie folgt:Die Erbschaftssteuer beträgt:I. zwei vom Hundert: 1. für Ehegatten, 2. für Kinder und Stiefkinder, S. für uneheliche Kinder und im unmündigen Alteradoptierte Kinder;EL vier vom Hundert: 1. fiir leibliche Eltern und Stiefeltern,2. für Schwiegerkinder, 3. für voll- und halbbürtige Ge-schwister;Ell. sechs vom Hundert: 1. für Großeltern und entferntere Vor-eitern, 2. für Schwiegereltern, 3. für Abkömmlinge erstenGrades von Geschwister»:EV. acht vom Hundert: für Geschwister der Eltern,V. zehn vom Hundert: für testamentarisch bedachte Personen, dienicht unter Nummer I bis IV fallen, sowie für Körperschaften;�VE. sechzehn vom Hundert: für nicht unter 1 bis EV aufgeführteIntestaterben.Uebersteigt der Wert deS Erwerbs den Betrag von 20 000 M.,so wird vom Ueberschußzwischen 20 000 M. und 40000 M. das 1'/� fache40000„. 80 000.. l'/a»80000„„ 100000„„ 1% n100 000„„ 240000„„ 2240000„„ 600000,„ 2»/,„600000..„ 1000000„„ 2Va„„ 1000000„„ 2 000 000„„ 2*/,„über 2000000........„3.der in Absatz 1 bestimmten Sätze erhoben.Genosse E ni in e l begründete den Antrag, der eins wesentlicheVerbesserung deS Gesetzes bedeute und den Ertrag der Steuer be-deutend erhohe, ohne starke Belastung des Besitzes. Abg. Müller-Meiningen begründete die freisinnigen Anträge. Der nationalliberaleAbg. Dr. Weber sagte, der sozialdemalratische Antrag laufe ausKonfiskation des Vermögens hinaus. während derkonservative Abg. Dietrich behauptete, der s r e i s i n n i g e Antragkonfisziere noch mehr als der sozialdemokratische!Schatzsekretär S y d o w erklarte: Wenn man die Nachlaßsteuernicht wünscht, dagegen die Steuer auf Erbanfälle erweitern wolle,habe er nicht» dagegen, aber er sei gegen die von sozialdemokratischerund freisinniger Selte gestellten Anträge.Genosse Geyer: Schon vor drei Jahren habe man dieselbenEinwände gegen unsere Anträge erhoben, aber die französische wiedie englische Erbschaftssteuer gehe viel weiter, und dock rede mandort nicht von„Konfiskation des Vermögens". TaS seienUebertreibungen ohne jeden Wert. Wenn die finanzielle NotdeS Reiches in einigen Jahren auis neue steige, werdeman auf unsere Anträge zurückgreifen müssen. Vorerst suche mannoch Unsummen aus indirekten Steuern zu ziehen.Abg. Spahn ist gegen die Anträge; er fragt an. was an derim„Berliner Tageblatt" gnnndjten Mitteilung über die geheimeSitzimg im Wrimnrschrn Landtage Wahres sei. Der S ck a tz-sekretär erwiderte, die Rackrickt deS„Berliner Tageblattes" müsse auf unrichtiger Ausfasjung beruhen.— GenosseUlrich verteidigte unsere Antrüge, die die Besitzende»ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend zur Steuer heranziehen wollen.Das Privatelgentum an den Produltionömitteln werde durch dieSteuer nicht beseitigt. Dagegen behaupten die AbgeordnetenDietrich. Räsicke und Schulz, der Grundbesitz werde durchdie Anträge mobilisiert; man wolle mit jahrhundertelanger Ent-tvickelung brechen und zur Aufhebung des Eigen-tu ms schreiten! Die Regierung habe ihre Stellunggeändert, sie st ehe jetzt auf sozialdemokratischemBaden! Abg. P i ch l e r(Zentrum) meinte, da» bayrische Königs-bans könne die Steuer„ach diesen Sätzen nicht zahlen, wenn dieLandesfürsten steuerpflichtig gemacht würden.Schatzsekretär Sydow erwiderte dem Abg. Rösicke, dieserhabe ihn mit einer Volksversammlung verwechselt. Die Behauptungvon einer Konfiskation des Vermögens sei Uebertreibung. InPreußen sei man ja mit dem Erbschaftssteuergesetz voran-gegangen.Bei derAbstimmungwurde der sozialdemokratische Antrag gegen die Stimmen derAntragsteller, der freisinnige Antrag gegen die Stimmen der Sozial-demokraten und Freisinnigen, der nationalliberale Antrag gegen12 Stimmen abgelehnt, darauf§ 10 nach der Regierungsvorlage mitStimmenniehrheit angenommen.Zu Z 11 beantragten die Sozialdemokraten zu Ziffer 1. daßstatt bOO M. 2000 M. Erwerb von der Steuer befreit bleiben.Der Antrag wurde abgelehnt. Eine heftige Debatte entstanddarüber, daß die Regierung die Absätze s, k, g aus dem Gesetz fort-lassen will, die eine Reihe von Vergünstigungen enthalten. DerAbg. Müller- Fulda meinte, es sei ein Skandal, das; man demReichstage eine solche Vorlage mache, nahm aber auf eine entschiedeneVerwahrung des Schatzsekretärs hin diesen Ausdruck zurück....Die Mehrheit lehnte die von der Regierung beantragte Aenderungab: ß 1l verbleibt danach in seiner alten Fassung bestehen.Der 8 12 enthält Begünstigungen für Erbschaften zugunstender„toteu Hand" usw. Die Sozialdemokraten beantragtenStreichung dieses Paragraphen, eventuell der Erhöhung desSteuersatzes von 5 auf IV Proz. Der Antrag wurde abgelehnt.—Der 6 12 bleibt bestehen.Räch Schluß der Sitzung gab der weimarische Bundesrats-bevollmächtigte Rebe aus Grund eines Telegeammö die Erklärung ab,die Nachricht des„Berliner Tageblatt" über dir geheime Landtags-sitzung in Weimar sei erfunden.Die Zivilprozeßkommission des Reichstags nahm am Donnerstagden Bericht der eingesetzten Unterkonumssion entgegen und stimmteihren Anträgen zu:Verschiedene Formalitäten sollen vereinfacht und vereinheitlichtwerden. Die Einlegung von Rechtsmitteln(Einspruch,Berufung. Revision, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) sollkünstig dahin abgeändert werden, daß die Frist schon durch die Ein-reichung bei Gericht gewahrt ist, während bisher in der Regel erstdurch die Zustellung an den Gegner diese Folge eintrat.Auch das Mahnverfahren(Zahlungsbefehl) wird einfacherund praktischer gestaltet. Allgemein wird ferner die Nachbeeidignugder Zeugen eingeführt, die bisher schon im Militär-Strafprozeßgilt.Von Jntereffe ist endlich, daß auch die alte Eidesformel etwasabgeändert wurde. Der Zeuge wird nach seiner Aussage be-schwören müssen, daß er.die reine Wahrheit gesagt und nichts per-schwiegen" habe. Die Worte.nichts hinzugesetzt" sind gestrichenworden._AuS bei' Bubgetkommission fcc3 Reichstags.(15. Sitzung vom 11. Februar.)Die Beratung deS Etats über Reu-Guinea tvurde zu Endegeführt, gleichzeitig wurden die Etats für die Karolinen-, Palau-,Marianen- und Marschallinseln sowie für Samoa erledigt. Unterden Einnahmen befinden sich für Reu-Guinea 18 000 M. Gebührenfür Anwerbung von Arbeitern. Von einem Mitgliede des Zentrums wurde angefragt, wie der Posten zu verstehen sei; ob etwadie Regierung Arbeiter für Privatunternehmer anwerbe und sichdafür eine Permittelungsgebühr zahlen lasse. Aus der Denkschriftüber die Kolonien scheine übrigens hervorzugehen, daß dort nochZwan'gSarbe'it bestehe!— Von der Regierungsbant wurdeentgegnet, daß die Einnahmen sich aus den Prüfungen der Arbeits-vertrage ergeben. Wenn Arbeiter sich weigerten, z. B. Neger-arbeiten zu verrichten, so müßten sie eben durch die Polizeitruppeherbeigeholt werden. Auch die Einfuhr von farbigen Arbeiternwerde sich notwendig machen, wenn der Plantagenbau gesteigertwerden solle. In erster Linie kämen Ma'ayen und erst in zweiterLinie Chinesen in Frage. Um dem Aussterben der eingeborenenMänner entgegenzuwirren, soll die Ausfuhr(!I) von Frauen ver-boten und die Inzucht bekämpft werden.— Ein ZentrumSabge-ordneter beklagt sich darüber, daß die Regierung gegenüber denVertretern der beödcn Konfessionen nicht paritätisch verfahre. BeimTitel.sachliche und vermischte Ausgaben" regt Abgeordneter Erz-bcrger an, die koloniale Postvcrwaltung, die jetzt mit in der Reichs-postVerwaltung verbucht wird, auch aus den Kolonialetat zu über-nehmen. Staatssekretär Ternburg erkennt an, daß der jetzige Zu-stand seine bedenklichen Seiten habe; er selbst habe recht unan-genehme Erfahrungen in Afrika damit gemacht. Er sei 6 Wochenlang in Ostafrila der Telegraphenleitung entlang gereist, ohneetwas aus der Welt zu erfahren. Der Telegraphen-direktor hätte ihm einen Te l c g ra p he nap pa r at,den er auf der Strecke hätte anbringen lassenkönnen, unter Hinweis auf das Postgeheimnisverweigert.(Große Heiterkeit.) Bon fozialdemokra-ti-scher Seite wurde angeregt, die Abnahme der hier bestelltenWaren nicht in den Kolonien, sondern wo die betreffendeFirma ihren Sitz habe, erfolgen zu lassen. Es sei bekannt, daßleistungsfähige Firmen wegen der Möglichkeit der Zurückweisungihrer Ware in den Kolonien durch einen nicht sachverständigen Bc-amten gar keine Offerte einreichten.Staatssekretär Dernburg erwidert, die Frage sei schwierig;denn es ließe sich keine allgemeine Regel aufstellen,: während dieeine Ware hier abgenommen werden könne, sei das z. B. beiMaschinen nicht möglich. Er wolle die Angelegenheit im Auge be-halten.Vom Abgeordneten Erzberger wurde angeregt, die alte Ein-richtung der Kilometergelder für Beamte, die in die Heimat reisen,aufzuheben; man solle ihnen einfach die F a h r k o st c n ruck-vergüten. Hiergegen wanMc sich sein Fraktionskollege Schwarz, derden Standpunkt vertrat, daß die den Beamten bei ihrem Eintrittin den Kolonialdienst bezüglich des Urlaubes und der Reisever-gütungen gemachten Zusicherungen auch gehalten werdenmüßten. Der Beamte besitze hier ein klagbares Recht. DerPosten lvurdc bewilligt.Eine längere Debatte entspann sich über die Anstellung einesweihen Maschinisten auf der Regierungödampfpiiiasse für dieStation Kieta. Auf Antrag des Zentrums wurde statt des ver-langten weißen ein fchwarze'r Maschinist bewilligt, wodurch600 M. erspart wurden.Einen AuSglcichSfonds für unvorhergesehene Ausgaben zuschaffen, regt der Abgeordnete Erzberger an. Von sozialdemokra-tischer Seite und auch von einem Mitgliede deS Zentrums wurdeder Gedanke scharf zurückgewiesen, weil seine Durchführung eineEinschränkung des Budgetrechts des Reichstags bedeute und geradezuzu Ueberschreitungen der bewilligten Mittel auffordere;- es müffemöglichst jede Ausgabe ctatifiert werden. Der Anregungwurde nicht weiter stattgegeben und der Etat für Neu-Guiuea bewilligt.BeimEtat der Karolineninselnwendet sich Schwarze- Lippstadt gegen die Kopfsteuer von 40 M.jährlich, welche dort sogar die armen Missionare bezahlen müßten;die Kirche habe viel Geld in das dortige MissionsweseU hinein-gesteckt, doch sei der Erfolg sehr gering. Staatssekretär Dern-bürg verspricht, sich mit dem Gouverneur zu verständigen: ob undeventuell inwieweit die Missionare von der Kopfsteuer befreitwerden könnten. Der Etat für die Karolinen wurde glatt be-willigt.Die Beratung über denEtat für das Schutzgebiet Samoa