bleibt aber weit hinter dem Verlangen unserer Genossen, da er auher den gewerblichen Arbeitern nur die Fischer, Schiffer, Eisen- bahner und Bureauangestellte in die Vorlage einbeziehen will. Das Zentrum will auch die Arbeiter der Staatsbetriebe in den Kammern vertreten wissen und beantragt deswegen, die Eisen- bahner als Arbeitnehmer ausdrücklich mit zu benennen. Diesen Verbesserungsanträgen gegenüber standen die Anträge der Nationalliberalen und der Wirtschaftlichen Vereinigung. Die Nationalliberalen wünschen die Betriebs, beamten, Techniker und Werkmeister ausgenommen, und die Wirt- schaftliche Vereinigung will den Angestellten in Handelsgeschäften die Möglichkeit nehmen, sich in einer allgemeinen Arbeitskammer vertreten zu lassen. In der Diskussion spielte das Schlagwort von der Vertretung der Standesfragen der Handlungsgehilfen und Techniker, die in der allgemeinen Kammer nicht zutreffend gewürdigt werden könnten, eine große Rolle. Von Genossen S e v e r i n g wurde in Abrede gestellt, daß es besondere Standesinteressen der Handlungs- gehilfen zu wahren gäbe. In der Verfolgung ihrer wirtschaftlichen und gewerblichen Bestrebungen haben Handlungsgehilfen und Techniker mit den gewerblichen Arbeitern das gleiche Interesse. Unsere Partei werde sich mit aller Entschiedenheit gegen jeden Versuch einer weiteren Zersplitterung auf dem Gebiete des Ar- beiterrechts wenden. Es genüge vollkommen, für Handlungsgehilfen und Techniker besondere Abteilungen mit besonderen Wahlkörpern in der allgemeinen Kammer einzurichten. Auch die Abgeordneten Potthoff. Hitze und T r i m b o r n erklärten sich gegen die Verschlechterungs- und Zersplitterungsanträge der Nationallibe- ralen und Antisemiten, während die Regierungsvertreter durch- blicken ließen, daß ihnen die beabsichtigte Verschlechterung gar nicht unangenehm ist. Mit schwacher Majorität gelangten die Anträge der National- liberalen und der Wirtschaftlichen Vereinigung zur Annahme. Auch der Zentrumsantrag auf Einbeziehung der Eisenbahner wurde angenommen. Die Anträge unserer Genossen sowie die deS Abgeordneten Potthoff wurden gegen die Stimmen der Sozial- demokraten, der Polen und der Abgeordneten P ö t t h o f f, Wiedeberg und S ch i r m e r abgelehnt. In Anlehnung an den Wortlaut des§ 16 des Gewerbegerichts- gcsetzeS bestimmt die Regierungsvorlage, daß als Arbeitgeber zu gelten haben solche Unternehmer, die regelmäßig das ganze Jahr hindurch oder zu gewissen Zeiten des Jahres min- bestens einen Arbeitnehmer beschäftigen. Mit dieser Fassung hat man auch die Saisonindustrien berücksichtigt. Ein Antrag Dr. Goller (frs.) will diese Berücksichtigung beseitigen durch Streichung der Worte„oder zu gewissen Zeiten des JahreS". Auch dieser Antrag findet Annahme. In der Schlutzabstimmung wird mit dieser Ab. änderung und den Zusätzen aus den Anträgen der Nationallibe- ralen und Antisemiten t*r Z 7 im Wortlaut der Regierungsvorlage angenommen._ AuS der Budgetkommission des Reichstags. (18. Sitzung vom 17. Februar.) Die zahlreichen Beamten des AuSlvärtigen Amtes, die heute zur Unterstlltziing des Staatssekretärs von Schoen und zu ihrer eigenen Information in der Sitzung der Budgetkommission erschienen waren, haben sicherlich keine angenehmen Stunden verlebt, weil ein gut Teil der Debatte sich um die Weihnachtsgeschenke drehte, welche die Herren empfangen haben. Zuvor beschäftigte sich die Budget- kommisston mit einer anderen nicht minderwichligen Angelegenheit: Als Zuschuß an die Deutsche Kolonialgesellschaft zu den Unter. Haltungskosten der AuSkuuftS stelle für Auswanderer werden im Budget 415 000 M.(18 000 M. mehr als früher) angefordert. In der Debatte wurde behauptet, daß der Aus- druck„Zuschuß" falsch sei, denn diese 4ö000 M. seien die Haupt summe, weil die ganze Aufwendung der Kolonial- gesellschaft zu diesem Zwecke nur S000 M. betrage. Der Berichterstatter. Freiherr v. Hertling, befürwortete die Erhöhung. während der Abg. Erzberger die Ablehnung beantragt. Er be- gründet seinen Antrag mit dem Hinweis darauf, daß die Aus- Wanderung zurückgehe und daher auch die Zahl der verlangten AuS- künfte nicht steigen dürfte. Der Leiter des BureauS sei auch nicht vollbeschäftigt, denn er befinde sich viel auf Wahlreisen für die Partei der„Wirtichaftlichen Vereinigung".— Singer würde es gern sehen, wenn der Abstrich der Mehrforderung dazu führte. daß die Gesellschaft ihre Tätigkeit überhaupt einstellte. Das Reich solle die Erteilung der Auskunft selber übernehmen, denn das Reich zahle ja den Hauptanteil der Kosten, während die Gesellschaft in Wirklichkeit nur einen Zuschuß leiste. Der Posten wurde kotz der auch sonst noch vorgebrachten Einwendungen bewilligt, weil die Vertreter des Zentrums zum Teil dafür und zum Teil dagegen stimmten. Beim Titel„Sonstige Ausgaben' fragt Erzberger an. ob es wahr sei, daß die Beamten des Auswärtigen Amtes im Gegen- satz zn denen anderer Aemter Weihnachtsgeschenke erhielten. Eine Antwort erfolgte nicht. Doch Erzberger ließ nicht locker; er wieder- holte seine Frage mehrmals und rechnete den Herren von der Re- gierung vor, daß nach den ihm gewordenen Mitteilungen Beamte 600 M. erhalten hätten, was bei 40 Beamten 24 000 M, ausmache. Zugegeben wurde vom Staatssekretär Schoen, daß Weihnachts- geschenke gegeben würden, aber, so fügte er entschuldigend hinzu, nicht an all« Beamte. Es sei daS ein altes Herkommen und man wolle die Beamten durch Entziehung Meter Gratifikation in ihrem Einkommen nicht schädigen. In Zukunft solle das aber geändert werden, was sich bei Gelegenheit der Einführung deS Gehaltstarifs am leichtesten würde durchführen lassen. Singer beantragt, die Diskussion über die bereits früher be- willigten Tltel 8. 6 und 7 des Kapitels„Allgemeine Fonds'. au« welchen die Weihnachtsgratifikationen bestritten wurden, wieder auszunehmen und entsprechende Abstriche zu machen. Nach längerer Diskussion wurden von dem SO 000 M. betragenden Titel 30 000 M. ge- strichen. Abg. Erzberger hatte vorher auch mehrfach die Anfrage gestellt, ob und eventuell in welchem Maße auch höhere Beamte an diesen Gratifikationen beteiligt seien. Schließlich erhielt er die Antwort, es seien an Oberbeamte regelmäßig bis 700, an mittler« bis 480 und an untere Beamte ein ge- ringerer Betrag bis herunter zu 100 Mark jährlich bezahlt worden. Die dafür aufgewendete Summe habe jährlich etwa 30 000 M. betragen. Bei den einmaligen Ausgaben werden 178 000 M. als erste Rate zur Errichtung eine» Konsulaisgebäudes in T i e n t s i n bewilligt. die zu gleick-em Zweck für Tfchifu geforderte Summe von 78 000 M. jedoch abgelehnt, weil die Kon, Mission ein dringendes Bedürfnis nicht anzuerkennen vermochte. Zum Erwerb eines BotschoslSgebSudr» in Petersburg werden al» erste Rate 612 000 M. gefordert und nach längerer Debatte mit 14 gegen 9 Stimmen(daS Zentrum stimmte abermals gekennt) bewilligt. Der Etat für das Auswärtige Amt war damit erledigt. Nächste Sitzung Donnerstag. Die ReichStagSkommifsion zur Vorberatung eines Gesetzes gegen d« unlautere» Wettbewerb hielt am Mittwoch ihre vierte Sitzung ab. Die Beratung begann mit§ 6. Hierzu lagen folgende An- Käge vor: Findel, Dr. Junck, SieverS: Hinter§ 5 ernzufügen: § 8a:„Waren, die auS einer Konkursmasse herrühren und als solche nach§ ö angekündigt werden, dürfen nicht zusammen mit anderen Waren angekündigt und nicht in demselben Räume zum Verkauf gestellt werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geld- strafe bis zu 180 M. oder mit Haft bestraft.' Linz . Schlüter. Hanisch: Ii,§8deS Entwurfs den Satz einzufügen:„Beim Verkauf von Waren, die aus einer Konkursmasse stammen, ist jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren auS einer Konkursmasse oder jede Ankündigung, die den Anschein hervorruft. alS handle eS sich um den Verkauf von Waren, die den Bestandteil einer Konkursmasse bilden, unter« sagt, wenn der Verkauf nicht für Rechnung der Konkursmasse stattfindet.' Nach einstündiger Debatte, an der sich die Abg. Am Zehnhof. Gerstenberger, Sir(Zentr.), Junck, Findel(natl.), Linz lReichsp.) und Genosse B r ü h n e beteiligten, wurde der Antrag angenommen und beschlossen: den Absatz 1 des Z 8 der Regierungsvorlage zu streichen und den Antrag Linz als Abiatz 1 zu setzen. K 6 wird nach der Regierungsvorlage ange- nommen.— Zu Z 7, bei dem es sich um das Ausverkaufswesen handelt, wird u. a. folgender Zusatzanlrag angenomnien: Den Eingang des§ 7 wie folgt zu fassen:„Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 5000 M. oder mit einer dieser Slrafen' usw. § 8 wurde nach kurzer Debatte nach der Regierungsvorlage an- genommen._ Aus der Diehsenchenkommission. Nach monatelanger Pause hat am Dienstagvormittag die Vieh- sencheiikommifston des Reichstages zum ersten Male wieder getagt, um mit der zweiten Beratung zu beginnen. Die große Pause war die Folge von Differenzen zwischen der agrarischen Mehrheit und den verbündeten Regierungen. Die Agrarier sind einverstanden mit allen Maßnahmen, die ihnen nützlich erscheinen, verlangen hohe Ent- schädigungen.für getötetes oder gefallenes Vieh, wollen selbst aber — bescheiden wie immer— möglichst wenig Beiträge leisten. Für luberkulöseS Vieh, das auf behördliche Anordnung getötet worden ist. will die Regierung 28 Proz. gewähren, während die Agrarier— wie für Vieh, das wegen Maul- und Klanenseuche geiölet wird— 50 Proz. verlangen. In stundenlangen VerHand- lungen vertraten die sozialdemokratischen Mitglieder ihren Anttag, der folgendermaßen lautet: „§ 60. Die Bestimmung darüber: 1. von wem die Entschädigung zu gewähren und wie fie aufzu- bringen ist, 2. lvie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist, wird durch ein Reichsgesetz gekosten, das die obligatorische Viehversicherung einsührt und gleichzeittg mit diesem Gesetz in Kraft tritt.' Die Agrarier wollen die zu gewährende Prozenthöhe von Reichswegen festsetzen, aber die Frage„Woher nehmen?' den Einzelstaaten überlassen. Scheidemann verspottete, von Stolle kräftig unterstützt, die Kulissenkuhhändel zwischen Regierung und Agrariern. Weiter hätte nichts gefehlt als der neue von freisinniger Seite eingebrachte Kuhhandelsvorschlag: statt der von den Regierungen konzedierten 28 Proz. und der von den Agrariern verlangten 80 Proz. nunmehr SS'/a Proz. zu gewähren, alle Einwände gegen den sozial- demokratischen Antrag seien hinfällig, wolle man die Seuchen- bekämpfung reichsgesetzlich regeln, was als selbstverständlich erscheine, so müßte auch die Kostensroge von Reichs wegen geregelt werden. — Die Verhandlungen wurden abgebrochen, die nächste Sitzung soll am Freitag mit den Abssimmungen über die strittigen Paragraphen beginnen._ Hus Induftm und Handel Die Großindnstriellen kommandieren. DaS Gerücht von der Absicht, eventuell eine Kohlensteuer ein- zuführen, hat die Kohlenbarone auf den Plan gerufen mit der kategorischen Erklärung, eine solche Steuer würden sie ganz einfach auf die Konsumenten abwälzen. Dank der Monopolstellung, die ihnen der Staat einräumt, könnten die Herrschaften das ja auch. Mit einer ähnlichen Droherklärung nehmen die Stahlkönige Stellung zu einem Projekt, das die reinen Walzwerke von der Diktatur der gemischten Betriebe befteien soll. Angeblich will man aus dem Siegerlande der Regierung einen Antrag auf Bereitstellung von Mitteln zum Bau eines großen MortinwerkeS unter- breiten. Die„Köln . Ztg.' veröffentlicht dazu eine Zuschrift, die anscheinend aus den Kreisen deS Stahlwerksverbandes stammt und worin e« heißt:„Es muß dahingestellt bleiben, ob die Regierung diesen Weg beschreiten wird. Ein solches Werk dürste unter einigen 20 Millionen Mark nicht zu erbauen sein. Siemens Martin-Slahlwerke können aber in bezug auf die Billigkeit der Erzeugung überhaupt nicht gegen ein Thomas-Stahlwerk in Wett- bewerb treten. Hand in Hand mit einer Erhöhung der Selbstkosten würde eine Verbilligung der Verkaufspreise, insbesondere für Grob- und Feinbleche die wahrscheinliche Folge sein. Denn die reinen Walzwerke, denen dann nicht mehr die Unterstützung des StahlwerkSverbandes für die Ausfuhr mit etwa 18 M. pro Tonne Blech zur Seite stände, auf Grund deren sie und insbesondere die der Schwarzblechvereinigung angehörenden Werke heute ihren Hauptabiay im Auslande suchen würde, würden notwendigerweise den Versuch machen müssen, im Jnlande wieder für ihre ganze Produktion Absatz zu finden, bei welchem Beginnen sie dann neben dem Kampfe gegen die bisherigen Lieferanten den verstärkten Wett- bewerb der Stahlwerksverbandswerke auszuhalten haben würden. die ja für den ihnen entgehenden Absatz an Halbzeug in erster Linie Ersatz in den freien L-Produkten suchen würden. Zu welchen Zu- ständen dieser Kampf führen würde, kann man sich ausmalen.' Kapitalistische Moral. Seit längerer Zeit besteht zwischen dem „Tapotentrust'. der sogen.„Tiag", und dem„Berein deutscher Tapetenfabrikanten', dessen Mitglieder sich dem Trust nicht unter- werfen wollen, eine hescige Feindschaft. Mit um so größerem Er- staunen vernahmen es die Mitglieder des letztgenaimlen Vereins, daß der bisherige Vorsitzende, ein Fabrikbesitzer in Chemnitz . sein Unternehmen an de» Tapetentrust verkauft babe, obwohl gerade er einer der schärfsten Kämpfer in dem zwischen den beiden Interessen- gruppen geführten Streite war. Als besonders seltsam wird es be- zeichnet, daß der Genannte das Amt des Vorsitzenden noch nicht niedergelegt hatte, als er schon eine Agitationsreise für die von ihm noch kurz vorher so scharf bekämpfte.Tiag' unternahm. DeS Peters Ophirlaud! Am 22. Dezember vorigen JahreS teilte der.Vorwärts' mit, daß PeterZ unter die Gründer gegangen fei. Es handelte sich um die Deulsche Ophirgesillschaft, die das sagenhafte Goldlaud in klingenden Reichtum umwandeln wollte, indem sie die in englischem Besitze befindlichen Goldminen„modern' ausbeutete. Die „Ausbeutung" scheint wirklich„modern" gedacht zu sein. Die Herren PelerS. Dr. Schröder, Paggelow und Dr. Scharlach- Hamburg, die Mitnnterzeichner des Tründui�gsprospektes, sollen Verlreter größerer Posten von ShareS derselben South East Afriea Co. sein, die offenbar Vorbesitzecin oder Mitbesitzerin der Miuenrechte ist, die in die Ophir- gesellschaft eingebracht wurden. Die Aktien der Südweslosrika- Kompagnie sollen in London zeitweise zu einem Viertel des Wertes angeboten worden sein. Es soll also das Kapital der Ophirgesellschaft, deren Mitgründer Dr. Peters ist. der Südwestafrika-Kompagiiie, deren Teilhaber der Pastoreniohn Peters ist, wieder auf einigen hohen Kurswert helfen. Auch ein sagenhaftes Ophir. Der internationale Zinkhüttenverband. Mit der Ende Januar erfolgten Zustimmung der belgisch-sranzösffchen Zinlwerke zu den Kölner Abmachungen zwischen den deutschen Zinkhütten und der Vieille Montagne hat die Syndizierung eines Wichligen Rohprodukts ihren Abschluß gefunden. Der neue Verband schließt fast die gesamte europäische Zinksabrikation(l/a Million Tonnen) in sich. Sein stärkstes Glied ist die deulsche Wertsgruppe mit den ihr affiliierten belgischen Unternehmungen. Daneben besteht die Gruppe der alten belgiich-sranzösischen Werke, die mit der erstgenannten ein KontingentierungSabkommen getroffen bat. Die englilchen Werke (etwa 8) haben sich noch nicht' angeschlossen; man hofft aber auf ihren Anschluß. Die nordamerikanischen kommen hinsichtlich des Exports noch nicht in Betracht. Der Vertrag, welcher die Festlegung der Produktion bezweckt, kann schon bei Entstehen eines einzigen neuen Werkes mit irgendwie nennenswerter Produktion amulliee werden. Die Schuhindustrie in den Bereinigte» Staaten. Zu den bedeutendsten Industrien der Vereinigten Staaten gehör die Schuhfabrikation, welche nicht nur den zollgeschützten Bedarf vor 83 Millionen Menschen zu decken, sondern auch für einen großer. Export zu arbeiten hat. Das kolossale Wachstum dieser Industrie illustriert die Tatsache, daß im Jahre 1880 der ErzeuguilgSwert 160 Millionen Dollar, im letzten Jahre aber 400 Millionen betrug. Viele Unternehmungen widmen sich der Erzeugung einer einzigen Eckuihsorte, die sie billiger herstellen als jene Betriebe, die zugleich Frauen- und Männerschuhe erzeugen. Die Ausfuhr amerikamicher Schuhwaren hat sieb derart gesteigert, daß die Vereinigten Staaien heute— nach dem Wert der Ausfuhr bemessen— an der Spitze der Exportstaalen und nach dem Quantum der ausgeführten Waren an zweiter Stelle stehe». Im Jahre 1907 belies sich der Wert des Schuh- exports der Vereinigten Staaten auf 10 666 949 Dollar, wovon nach Kuba für 2,148, nach Großbritannien für 1,968, nach Mexiko für 1,869, nach Kanada für 1,192, nach Deutschland für 0,495 Millionen Dollar ausgeführt wurden. Außer den Vereinigten Staaten kommen als Schuhexportstaaten noch Großbritannien , Oesterreich, Deutschland , Franlreich und Spanien in Betracht. Allein die Vereinigten Staaten sind dem Werte nach der Ausfuhr jedes Staates überlegen und werden nur nach der Zahl der Paare von England übertroffen. Nach dem Werte berechnet, exportierten Großbrilaimion für 9,93, Oesterreich- Ungarn für 4,138, Deutschland für 3.898, Frankreich für 2,918 und Spanien für 2,286 Millionen Dollar' Schuhwaren. Deutschland führt auch bedeutende Mengen ein und zwar für 2'/� Millionen Dollar, die zumeist aus Oesterreich-Ungarn stammen, während die Beziige auS den Vereinigten Staaten an zweiter Stelle stehen. Von Interesse ist auch, daß die amerikanische Ware einen wert- volleren Arsikel darstellt als die englische. Es betrug nämlich in Deutschland der Durchschnittspreis für die erstere 3,03, für die letztere nur 1,64 Dollar. Sollte sich einmal die amerikanische Schuberzeugung auf die Fabrikation billigerer Sorten werfen, so wird sie zweifellos für die obenerwähnten Schuhexportstaaten eine gefährliche Konkurrenz bilden. Soziales. DaS Anrecht auf Borschuß. Das vertraglich festgesetzte Monatsgehalt ist immer erst am Ende eines jeden Monats fällig, und der Angestellte hat. wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil vereinbart ist, kein Anrecht auf ganze oder teilweise Vorausbezahlung. Anders liegt der Fall bei einem Provisionsvorfchuß, wie sich auS einem gestern seitens der fünften Kammer des Berliner KaufmannSgerichtS ergangenen Urteil ergibt. In dem zur Verhandlung gekommenen Rechtsstreit war der Reisende W. von der Fuhrrequisitensabrik von St. u. Co. mit der Maßgabe engagiert worden, daß er monatlich 160 M. als Vorschuß auf die zu verdienende Provision erhalten und daß vierteljährliche Abrechnung stattfinden sollte. W. verlangt Zahlung von je 160 M. für Januar und Februar. Die Firma weigert sich, die Summe zu zahlen, weil der Kläger im Dezember nur 40 M. Provision verdient habe und sie mithin noch eine Gegenforderung von 120 M. geltend machen könne. Der Vorschuß sei nach Ansicht der Beklagten nur dann als fällig angesehen, wenn der gegen Provision Angestellte ein entsprechendes Guthaben habe.— Das Kaufmannsgericht entschied dahin, daß die beklagte Firma kostenpflichtig zur Zahlung von 160 M. sofort und 160 M. Ende Februar per- urteilt wird. Nachdem unstreitig vereinbart worden war, daß W. 140 M. monatlichen Vorschuß erhalten solle, müsse Mese Summe auch pro Monat gezahlt werden, gleichviel ob die verdiente Pro- Vision bis dahin schön die Höhe des Vorschusses erreicht hat oder nicht. Theoretisch genommen, könnte der Kläger ja auch bis zum Tage der vierteljährlichen Abrechnung, dem 1. April, soviel der» dienen, daß sich noch ein Guthaben für ihn ergebe. Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegen Schmutzkonkurrenz. Am Dienstag fand vor dem Schöffengericht II in Hamburg eine allgemein interessierende Verhandlung statt: Ihr lag ein gemeinschaftlicher Kampf von Arbritgebern und Arbeitnehmern zur Aufrechterhaltung deS Lohntarifs zugrunde. Nach dem für Hamburg -Alwna und Umgegend abgeschlossenen Lohntarif beträgt im Malergewerbe der Stundenlohn 65 Pf. bei neunstündiger Ar- beitszeit. Im Herbst 1908 übernahmen zwei Hamburger Maler- meister und die Leipziger Firma Edlich Arbeiten auf der„Vulkan"- Werft in Hamburg . Der Leipziger Unternehmer hatte seine Ge- Hilfen aus Leipzig mitgebracht, die nach dem Leipziger Tarif nur 48 Pf. Stundenlohn erhielten und zehn Stunden arbeiteten. Als Verhandlungen mit der Finna Edlich in dieser Sache fruchtlos verliefen, wurde über sie die Sperre verhängt und ein an die „Arbeiter auf dem Bauplatz der„Vulkan'-Werft zu Hamburg " ge- richtetes Flugblatt veröffentlicht, das von der Organisation der Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichnet lvar. Der Ober- meister Hansen hatte noch hinzugefügt:„Die Verhängung der Sperre und die Herausgabe dieses Flugblattes erfolgt mit unserer ausdrücklichen Zustimmung.' Dieses Flugblatt wurde auch an dem Bauzaun der Werft befestigt, worüber es zwischen einem Leipziger und einem Hamburger Gehilfen zu Differenzen kam. weil der Leipziger das Flugblatt abriß, was ihm einen Schlag auf die Hand eingetragen haben soll. Der Hamburger wurde nun wegen Nötigung und Vergehsng gegen§ 183 der Gewerbeordnung angeklagt. Der als Zeuge vernommene Obermeister Hansen er- klärte, daß der Kampf zur Aufrechterhaltung des Tarifs von beiden Organisationen geführt worden sei. um die Schmutz- konkurrenz vom Hamburger Vertragsgebiet fernzuhalten. Sollte der Angeklagte sich strafbar gemacht haben, dann müßte auch er, Zeuge, bestraft werden. Ter Verteidiger, Dr. Herz, führte aus, daß der§ 153 hier gar nicht in Frage kommen könne. Der Lohn- tarif sei das Ergebnis eines Kampfes zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern; er sei ein Friedensschluß und kein Kampfes- mittel; es liege auch rem Vorgang aus einem Kampfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zugrunde, sondern ein Vorgang auS einem Kampfe zwischen Lohntaris und Lohntarif, zwischen einer Arbeitnehmer- und einer Arbeitgeberorganisation in Hain - bürg und einer Leipziger Vereinigung, um einen Kampf zwischen Tariftreue und Tarifuntreue. Das Gericht schloß sich dieser An- ficht an und sprach den Angeklagten von beiden Anklagepunkten frei, verurteilte ihn aber wegen des Schlages auf die Hand au» dem BeleidigungSparagraphrn zu 5 M. Geldstrafe. Hoffentlich findet das verständige Urteil über die Auslegung des§ 153 der Gewerbeordnung allgemeine Nachachtung. Em der Frauenbewegung Der Kampf der Fronen am die politische» Rechte. Eine öffentliche Frauenversammlung für den ersten Berliner ReichStngöwahlkreis tagte am DienS- tag in Dräiel« FestsSlen. Genossin Ottilie Baader referierte über den Kampf der Frauen um die politischen Rechte. Sie führte aus: Schon in früheren Zeiten sei vereinzelt der Ruf nach der Gleich- berechtigung der Frau erschollen und mit irgend einein ideologischen all- gemeinen Grundsatz der Gerechtigkeit begründet worden. Ehe die Forde- rnug nach polirischen Rechten auch der Frauen als Massenforderung her- vortreten konnte, mußte der Boden dazu vorbereitet fein. Das habe die EntWickelung der Warenerzeugung bewirkt. Die wirtfchafts- technische Entwickelung habe die ganzen sozialen Verhältnisse um- gestaltet. Sie habe der Frau manche häusliche Verrichtung ge- nommen, aber auch tief in da» Familienleben eingegriffen, indem
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