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Wahlderein durch den Tod verloren hat, in der üblichen Weise. Der Vorsitzende Hoffmann nahm dann das Wort zum Vor- ftandsbericht. Er schilderte die Tätigkeit des Wahlvereins im ver­flossenen Jahre als eine tüchtige und lebhafte; wenn auch nicht zu verkennen sei, daß durch die furchtbare wirtschaftliche Krise das Parteilcben etwas gedrückt wurde. Aber mit Stolz könne gerade deswegen jeder Parteigenosse auf die Organisation blicken, die trotz der niederdrückenden Wirkung der Krise auf die Arbeiterweit sich aus ihrer Höhe zu halten wußte und große Kämpfe im poli- tischen Leben, wie bei der Landtagswahl, erfolgreich zu führen verstand. Der Tätigkeitsbericht für das Jahr 1808 lag den Mitgliedern gedruckt vor. In erster Linie wird der Agitation zur Landtags- wähl Erwähnung getan. Am g. Januar fanden für den vierten Kreis 6 Versammlungen statt, in denen das ReichLtagswahlrecht für den preußischen Landtag gefordert wurde. Am 10. Januar, bei der Eröffnung des Landtags, hörten die Arbeiter Bülows Antwort auf ihre Forderung und am 12. Januar zogen die Ar- beiter zu großen Demonstrationen aus. Der vierte Kreis hatte eine Volksversammlung nach Freyers Festsälcn einberufen, wo Genosse Borgmann sprach. Der Andrang der Arbeitermassen war außerordentlich stark. Tausende warteten auf der Straße und nach Schluß der Versammlung zogen wohl an 40 000 Personen in geschlossenen Reihen nach der inneren Stadt, wobei sie auf den Widerstand der Polizei stießen; ein Teil der Demonstranten wurde niedergeschlagen und den Niedergeschlagenen machte man später noch den Prozeß. Unter den Verurteilten befanden sich auch mehrere aus dem vierten Kreise. Drei der 12 Landtagswahlkreise Berlins   gehören mit zum vierten Reichstagswahlkreis und zwar der fünfte, sechste und siebente. Da gab es für die Genossen im Wahlverein des vierten Kreises viel zu tun und groß war der Jubel, als diese drei Kreise erobert wurden; die Genossen Borg. mann, Hermann und Hirsch zogen in den Landtag ein. Nach der Landtagswahl war es die Gewerbegerichtswahl, für die auch im vierten Kreise viel agitiert werden muhte, denn von den 48 Wahlstellen des Gewerbegerichtsbezirks Berlin   liegen 13 im vierten Kreise. Erfreulich war das Resultat der Wahl: Von den 70 Arbeitnehmerbeisitzern wurden 64 gewonnen und von den 70 Arbcitgeberbeisitzern wurden 16 gewonnen. Die Agitation für die elfteren leiteten die Gewerkschaften, die Agitation für die letzteren die Partei.   Der Mitgliederbestand ist von 19 217 im Jahre 1907 auf 20 967 im Jahre 1908 gestiegen, einschließlich 1712 toeibliche Mitglieder. Von einem Gewinn ist da allerdings kaum zu reden. Das Jahr 1907 zeigte im Vergleich zu 1906 einen Gewinn von 6000 Mitgliedern. Der Abonnentenstand des ..Vorwärts" ist um etwa 3000 im vierten Kreise zurückgegangen, die aber ein wirtschaftlicher Aufschwung sicherlich wiederbringen wird und bielleicht noch mit erheblichem Gewinn. Im Jahre 1907 hatten wir im vierten Kreise 26 713 und im Jahre 1908 nur 24 101Vorwärts"-Abonnenten. Die Agitation wurde lebhaft be- trieben, es haben aber nur 40 große Versammlungen stattge- funden, während 87 Versammlungen im Jahre 1907 veranstaltet wurden. 17 Versammlungen beschäftigten sich mit der Landtags- wähl. 41 Vorftandssitzungen und 11 Kreiskonfercnzen, einschließ- lich der Sitzungen mit den Abteiluugsführcrn, fanden statt. Zur Landtagswahl wurden insgesamt 945 000 Flugschriften verbreitet. Im Juli gelangten 53 000 Flugblätter an die roten Landtags. Wähler zur Ausgabe, um sie als Parteimitglieder undVorwärts"- leser zu gewinnen. Mit der gleichen Absicht wurden im Oktober 231 000 Flugblätter unter den Arbeitern verbreitet. Zur Gewerbe- gerichtswahl undGegen das persönliche Regiment" wurden eben- falls viele Flugblätter verteilt. Die Agitation brachte Anklagen gegen 29 unserer Mitglieder, zum größten Teil von der Landtags- wahlbewcgung her.Grober Unfug", so hieß eS meistens. Sieben Angeklagte lourden freigesprochen. 4 zu 6Va Monaten Gefängnis und die übrigen zu 320 M. Geldstrafen verurteilt. Die weiblichen Mitglieder im vierten Kreis hielten in 40 Lokalen Zusammenkünfte ab, in denen meistens das Parteiprogramm erläutert wurde. Eine Reihe von Festlichkeiten veranstaltete der Verein, zu denen insgesamt 36 796 Billetts umgesetzt wurden. Die Beschwerde- kommission hatte sich mit 154 Beschwerden bezw. Ausschluß- antragen zu beschäftigen, die 14 Sitzungen erforderlich machten. ,121 Fälle bezogen sich allein auf die Landtagswahl, indem der Borwurf erhoben wurde, daß die Betreffenden ihrer Wahlpflicht nicht genügt hätten. In 36 Fällen hielt die Kommission den Aus- schluß aus der Partei für notwendig, in 18 Fällen wurden Rügen  erteilt und 67 Fälle abgewiesen. Bon 33 Beschwerden in anderen Angelegenheiten wurden vier dahin erledigt, daß die Kommisston sich für den Ausschluß entschied, während 6 Rügen erteilt wurden; einige Mitglieder erklärten ihren Austritt und der Rest von Bc- schwerden und Anträgen wurde zurückgewiesen. Genosse Bareuthin erstattete den Kassenbericht. Die Einnahmen des JahreS 1908 beliefen sich auf 104 744,67 M. (einschließlich des Kassenbestandes von 1259,03 M. am 81. Dezember 1907); die Ausgaben betrugen 103 626,04 M. Somit bleibt ein Bestand von 1113,53 M. Die Einnahmen aus Bons und aus Ver» gnügungen sind gegen das Vorjahr stark zurückgegangen. In der Diskussion über die Berichte trat ein Redner für eine lebhaftere Agitation unter den Polen   ein. Ein anderer wünschte eine genauere Feststellung über die Zahl der weiblichen Mitglieder; er verlangte, die Genossen sollten auf ihre Frauen in unserem Sinne wirken. Genosse N e u m a n n brachte die Frei- liefcrung desVorwärts" an arbeitslose Mitglieder ßur Sprache; er bemängelte die jetzige Handhabung des Beschlusses über die Freilieferung. Genosse K l i ck s wünschte, daß bei Festen und Ver- gnügungen des WahlvereinS manches besser eingerichtet würde, damit besonders Familienvätern die Beteiligung nicht zu teuer komme. Ein Genosse hält es für vorteilhaft, wenn bei Ver- tcilung von Flugblättern zur Gewinnung vonVorwärts"- Abonnenten reichliche Exemplare desVorwärts" zur Verteilung bereit gehalten werden. Genosse Büchner erstattete dann den Bericht von de» P r c ß k o m m i s s i o n in einem längeren Vortrage über die hauptsächlichen Angelegenheiten, mit welchen sich die Prcßkommission zu beschäftigen hatte. Dabei kam er auch auf den Prozeß des Gc- nassen Fischer gegen diePost" zu sprechen und er tadelte das Verhalten von Angestellten imVorwärts", die in diesem Prozeß eine Rolle spielten. Zum Schluß seines Berichtes besprach er in ausführlicher Weise die Angelegenheit Ern st-Freyt Haler, mit der die Preßkommission in der letzten Zeit zu tun hatte. Genosse Ritt erstattete den Bericht von der Lokal- kommission und erörterte besonders die Schwierigkeiten außerhalb Berlins  . ES sei Sache der Berliner  , so betonte er, hier helfend einzugreifen und jetzt zum Frühjahr bei allen Ausflügen auf die Lokalliste zu achten. In den großen Kreisen Nieder- Barnim und Teltow  -BeeZkow trete die Lokalnot deutlich hervor. Vereine müßten eS sich zur strengen Pflicht machen, die Lokal- liste genau zu beachten. Alle Anfragen sollten direkt an die Lokal- kommission gerichtet werden und nicht an den«Vorwärts", wie es häufig geschieht. Den Bericht der Agitationskommission gab Genosse Hackelbusch. Er wies auf die Versammlungen und De- monstrationen für das freie Wahlrecht hin, die in der Provinz ver- anstaltet worden sind als Früchte einer sehr eifrigen Agitation. Die Erwartungen bei der Landtagswahl find durch die erzielten Resultate weit übertroffen worden. Natürlich muß die Provinz auf Berlins   Hilfe rechnen, wenn die Agitation i» fruchtbringender Weise entfaltet werden soll. Sehr gut bewähren sich die AuL- lunftsbureauS, von denen schon 14 errichtet worden sind. Nach der Entgegennahme dieser Berichte schritt die Versamm- lung zunächst zur Wahl des Vorstandes. Der Vorsitzende H o f f m a n n gab bekannt, daß als Vicrtels- führer die folgenden Genossen vorgeschlagen worden sind: Für das Landsberger Viertel Genosse Kupfer; für das Frankfurter Viertel Genosse Bader; für das Stralaucr Viertel Genosse Gries; für das Köpenicker Viertel Genosse Görke; für das Görlitzer Viertel Genosse Klamm. Die vorgeschlagenen Genossen Niirden vw de? Gcneraloersammlung bestätigt.- Bei der Eröffnung der allgemeinen Diskussion nahm als erster Redner Genosse M u s s i a l das Wort. Er fühlte sich durch den Bericht des Genossen Büchner von der Preßkonimission ge° kränkt. Die Erwähnung seines Namens in dem Fischer scheu Post"-Prozeb könne er in der Weise, wie Büchner es getan habe, nicht dulden. Ihm sei überhaupt bitteres Unrecht geschehen. DerVorwärts" habe ihn gehetzt, verfolgt und so schwer beleidigt, daß er vor Aufregung krank geworden sei. Seine Aussage in dem Prozeß, die dahin gelautet habe, daß er den Genossen Fischer nicht für fähig halte, Schmiergelder zu nehmen, habe derPor- wärt»" nicht gebracht; sein Artikel, in dem er sich rechtfertigen wollte, sei ebenfalls nicht erschienen. Er protestiere gegen ein solches Verfahren; er fühle sich unschuldig. Beim Wahlverein habe er beantragt, daß das Ausschlußverfahren gegen ihn eröffnet werde, aber man habe ihn abgewiesen. Bei der Preßkonunission hätte er sein Recht auch nicht suchen können, denn diese sei ein- verstanden mit dem Vorgehen der Redaktion. Es sei in un° verantwortlicher Weise mit ihm umgegangen worden und er appelliere an das objektive Urteil der Genossen. Genosse Langhammcr als nächster Redner antwortete auf M u s s i a l s Klagen gegen denVorwärts", daß M u s f i a I wahrlich keinen Grund habe, sich als gekränkten und schwer be- leidigten Genossen hinzustellen. Man habe sein Verhalten am Vorwärts" lange genug und ruhig geduldet, trotzdem es schädigend für denVorwärts" wirkte. Als er aber einen groben Ver- trauensbruch beging, als er sogar dem Rcichsverband gegen die Sozialdemokratie in die Hände arbeitete, da habe man ihn entlassen. Er habe geglaubt, in seiner Stellung eine Rolle nach eigenem Be- lieben spielen zu können, zum Schaden der Zeitung, die ihn an- gestellt habe; das konnte aber auf die Dauer nicht geduldet werden. In der Versammlung machte sich eine wachsende Unruhe be- merkbar und da die Zeit schon sehr vorgerückt war, wurde die Ver- tagung beschlossen. Die Diskussion, zu der sich noch 10 Redner gemeldet hatten, soll dann fortgesetzt werden. Die Wahl des Vorstandes ergab folgendes Resultat: Vorsitzende Paul Hoff   mann. Wilh. Mann, Kassierer Herrn. Baren- thin, Wilh. Jöchel, Schriftführer Max Menzel. Wilh. Schenk. Beisitzer Frau W e n g e l s; als Revisoren sind gewählt: Genossen Dietrich, Kupferschmidt, Burghardt, Foehland, Zeuner, Schneider. Mitglied der Preß- kommission Otto Büchner, der Lokalkommission Karl Rott, der Agitaticmskom Mission Rich. Hackelbusch, des AktionSaus- schusses Paul tz offmann. Revisor für Groß-Berlin Otto Klamm. Aspiranten die Genossen Barenthin, Mann, Bethge. Fünfter Wahlkreis. Die Generalversammlung des Wahlvereins für den fünften Berliner   Reichstagswahlkreis füllte den großen Saal desAlten Schützenhauses" bis auf den letzten Platz. Vor Eintritt in die Tagesordnung ehrte die Versammlung das Andenken des kürzlich verstorbenen Genossen Ferdinand Fischer. Im Vor ftandsbericht machte der Vorsitzende, Genosse Friedländer, zunächst einige Mitteilungen über den Mit- gliederbestand. Infolge der eigentümlichen Lage des fünften Wahlkreises, die viele Umzüge nach anderen Wahlkreisen mit sich bringt, ist die Fluktuation in diesem Wahlkreise stärker als in anderen. Der Kassierer sah sich im verflossenen Jahre auch ge- nötigt, eine große Anzahl Mitglieder zu streichen, womit jedoch keineswegs ein Rückgang der durchschnittlichen Mitgliederzahl eingetreten ist, sondern vielmehr eine Konsolidierung der Mitglied- schaft. Der Verein zählt jetzt 1550 männliche und 177 weibliche, zusammen 1727 Mitglieder. Daß die Organisation Fortschritte gemacht hat. zeigt sich auch darin, daß im verflossenen Jahre 16 692 Beitragsmarken gegenüber 13 647 im vorhergegangenen ab- gerechnet werden konnten, und daß der Verein diesmal drei Delegierte mehr zur Generalversammlung von Groß-Berlin ent- senden kann. Bei den Ausschlußanträgen, die wegen Verstöße gegen Parteigrundsätze gestellt werden mußten, ist der Vorstand so rücksichtsvoll wie möglich vorgegangen und hat die betreffenden Mitglieder, wenn nötig, wiederholt geladen. Der Redner teilte hierzu noch mit, daß die Adresse des loegen Streikbruchs aus- geschlossenen G. Elstmann imMitteilungsblatt" infolge eines Irrtums falsch angegeben war; er wohnt Christdurger Straße 24. Die Vcrwaltungsarbeiten hat der Vorstand wie bisher in seinen monatlichen engeren Sitzungen und erweiterten Vorstandssitzungen mit den Bezirksführcrn erledigt. Generalversammlungen fanden drei statt. In Mitgliederversammlungen, wo allgemeine politische Fragen behandelt wurden, referierten die Genossen Robert Schmidt, Stücklen, Eichhorn und S t r ö b e l. Dazu kamen zwei Sonntagsversammlungen sowie die großen öffentlichen politischen Versammlungen. DerVorwärts" ist, soweit der fünfte Wahlkreis in Frage kommt, bei den beiden Parteispediteuren Zucht und Hanisch in 2418 Exemplaren abonniert, was bei den über 15 009 sozialdemokratischen Wählern eine noch recht geringe Abonnentenzahl ist und eine Mahnung an die Parteigenossen, in ihrer Arbeit für die Ausbreitung unseres Organs nicht zu er- lahmen. DieGleichheit" wird innerhalb des Kreises in 80 Exemplaren gelesen, so daß also auch hier noch, namentlich für unsere Genossinnen, viel zu tun übrig bleibt. DerWahre Jakob" zählt im fünften Kreise 375 Abonnenten. Außerdem muß für die Arbeiterjugend" eine lebhafte Propaganda entfaltet werde». Die wichtigste politische Tätigkeit im verflossenen Jahre brachte die Landtagswahlbewcgung mit sich und die Wahlrcchtsbcwegung, womit sie eingeleitet wurde. Wir können sagen, daß von den Gc- nassen, die am 12. Januar 1908 unsere Wahlrechtsvcrsammlung in denSophiensälen" besuchten, keiner bei den Demonstrationen auf der Straße fehlte. Von mehreren Genossen ist dann der Wunsch geäußert, wir sollten mit den Demonstrationen nicht aufhören und keine Ruhepausen eintreten lassen. Diese Genossen übersehen aber wohl, daß WahlrechtSdenwnstrationen nicht gemacht werden können, sondern spontan aus dem Drange von unten hervor- wachsen müssen. Die herrschenden Klassen müssen eben damit rechnen, daß Demonstrationen nicht immer stattfinden, wohl aber dann, wenn eS notwendig erscheint und die Umstände es gebieten. Bei der Landtagöwahl ist der fünfte Reichstagswahlkreis infolge der schlauen Wahllreisgeometrie besonders schlecht gestellt, weil er teils zum 7.. 8. und 10. Landtagswahlbezirk gehört. Innerhalb des fünften ReichstagSwahlkrtiscs wurden bei der letzten Land- tagSwahl 7273 sozialdemokratische und 5805 freisinnige Stimmen abgegeben. Gegenüber der Wahl von 1903 wuchs unsere Stimmen- zahl in der dritten Wählerklasse von 5398 auf 6936, in der zweiten von 72 auf 331 und in der ersten von 1 auf 6; die Zahl der sozial- demokratischen Wahlmänner stieg in der dritten Klasse von 129 aus 138. in der zweiten von 2 auf 20 und in der ersten von 0 ans 1. Der Redner gibt sodann eine Ucbersicht über die Wahl- erfolge nach den verschiedenen Abteilungen des Wahlvereins, um zu zeigen, wo die Agitation am meisten notwendig ist, und spricht schlichlich die Erwartung aus, daß die Genossen und Genossinnen im laufenden Jahre mit ebensolchem oder noch größerem Eifer für die Organisation und ihre Ziele wirken und streben werden wie im verflossenen. Hierauf verlas der Kassierer Kirste die Abrechnung vom letzten Halbjahr. Die Einnahmen betrugen, samt dem alten Be- stand von 1248,45 M.. 6743,75 M., die Ausgaben 6284,15 M., so daß ein Bestand von 459,60 M. übrig blieb. An das Verbandsbureau wurden monatlich regelmäßig 200 M., zusammen also 1200 M. ab- geliefert. Die Versammlung erteilte dem Kassierer einstimmig Decharge. Sodann gab Genosse Wels den Bericht von der Preß- kommission. Er wieg darauf hin. daß die Genossen ja schon von den Bezirksführern über das wichtigste aufgeklärt worden sind, und gab dann zunächst eine Uebersicht über die verschiedenen An- klagen, Verurteilungen und Bestrafungen, die die Genossen Mermuth  , Hans Weber und Davidsohn trafen. Die Auflage desVorwärts" hatte nach dem beispiellosen Aufschwung bog ILO? im verflossenen Jahre nstürliK unter der Krise zu leiden. Sie beträgt jetzt rund 130000. Sobald der wirtschaftliche Druck nachläßt, wird jedenfalls wieder eine Steigerung eintreten. Ein großer Teil der Tätigkeit der Pretzkcmmission bezog sich auf die gewerkschaftlichen Streittgkeiten. Das immer stärkere Hinüber- neigen der noch vorhandenen Lokalorganisationen zur syndikalisti» scheu Richtung veranlaßte die Preßkommission zu ertvägcn, ob es nicht frevelhaft wäre, diesen Zersplittcrcrn der Gewerkschafts- bewegung denVorwärts" weiter zur Verfügung zu stellen. Dem- gemäß wurde dieVorwärtS"sperre beschlossen über die Ver- einigung der Fliesenleger, die der Zimmerer und die lokale Gruppe der Barbiere und Friseure. Ferner berichtete der Redner darüber,' daß derVorwärts" für den für Selbstabholer bestehenden Abonnementsprcis von 80 Pf. nur noch dann abgegeben wird, wenn der Abholer höchstens drei Exemplare verlangt. Dieser Beschluß ist notwendig geworden, weil, wenn das Blatt in größeren Mengen von einzelnen abgeholt wird, jede Kontrolle darüber fehlt, ob sich nicht in irgendeiner Form Privatexpeditionen zum Schaden der betreffenden Parteispeditionen daraus entwickeln. Die unentgelt- liche Abgabe desVorwärts" an die organisierten Genossen und Abonnenten nach zweimonatiger Arbeitslosigkeit hat eine ziemlich hohe Belastung mit sich gebracht; gleichwohl ist dies kein Grund. in der Zeit der Krise diese Einrichtung fallen zu lassen. Der Generalversammlung von Groß-Berlin schlagen wir deshalb vor, das Interregnum noch ein Halbjahr weiter bestehen zu lassen. Hinsichtlich der inneren Ausgestaltung desVorwärts" erwähnte der Redner die Einführung der besonderen Berichterstattung vom Gewerbegericht und vom Jnnungsschiedsgericht, und führte zum Schluß aus. daß, wenn auch einzelne Differenzen mit der Re- daktion vorkamen, doch prinzipielle Meinungsverschiedenheiten nicht entstanden sind, und daß das Blatt so redigiert wird, wie es sein muß und soll. In seinem Bericht von der Agitationskommission gedachte Genosse Zucht zunächst der Prodi nzialkonferenz am 30. August sowie des Ilmstandes, daß dort zwar jene be- kanntennützlichen Elemente" an die Luft gesetzt werden mußten. Die Agitation für die LandtagSwahlen wurde mit großem Eiser betrieben. In einer großen Anzahl kleiner Orte haben sich, trotz aller terroristischen Treibereien der Gegner, Genossen gefunden. die den Mut hatten, sich als Wahlmänner aufstellen zu lassen. Tie Gewerkschaften wie auch der Arbeiterradfahrerbuud leisteten bei der Wahlbewegung wertvolle Dienste. Auskunftsstellen für Landarbeiter wurden an 20 Orten errichtet: jetzt sind es schon mehr. Sie wurden von 940 Personen in Anspruch genommen. Daß der Reichslügenverband und die ganze bürgerliche Presse die Landarbeiter unausgesetzt vor denroten Arbeitersekretären" warnt, ist schon Beweis genug dafür, daß unsere Auskunftsstellen, ihrem Zweck entsprechend, eine nützliche Tätigkeit entfalten. Der «Märkische Landhote" ist in 320 000 Exemplaren verbreitet worden. Die Lokalabtreiberei wird in dem Maße gehandhabt, daß uns in ganzen Wahlkreisen nur ein oder zwei Lokale zur Verfügung stehen. Durch die Kommunalwahlen ist die Zahl unserer Gemeindevertretcr in der Provinz von 115 auf 190 erhöht worden. Gegen die Flug- blaitverbrcitungen suchten die Behörden mit den Bestimmungen über die Heilighaltung des Sonntags vorzugehen. Obwohl das Oberverwaltungsgericht inzwischen entschieden hat, daß, wenn durch die Flugblattvcrbreitung tcine Belästigung anderer eintritt, keine Verletzung jener Bestimmung vorliegt, waren in den anderen Fällen Geldstrafen zu zahlen, die zusammen 8141 M. ausmachten. Unsere beiden Provinzzeitungen haben gute Fortschritte gemacht und jetzt je eine Auflage von über 12000 Exemplaren. In den kleinen Orten und auf den Dörfern üben die Gegner einen schmäh- lichen Terrorismus gegen uns aus; oft geschieht eS, daß. wenn wir glauben, Genossen gefunden zu haben, die für die Partei tätig sind, sie von den Gegnern brotlos gemacht werden und aus dem Ort auswandern müssen. Die Organisation hat gleichwohl gute Fortschritte gemacht. Der Beitrag von 30 Pf. für männliche und 20 Pf. für weibliche Mitglieder ist in der Provinz allgemein durch- geführt. Der Redner bittet die Versammlung dringend, schon im Interesse der Provinzorganisation, dem Antrage der Genossinnen. auch iu Berlin   ihren Beitrag auf 20 Pf. festzusetzen, zuzustimmen. Den Bericht von der Lokalkommission gibt Genosse Hanisch. Im fünften Berliner   Wahlkreise stehen uns jetzt 25 Säle zur Verfügung. Hinsichtlich des vom Lchrerverein erbauten großen Saales am Alexandcrplatz hat die Lokalkommission auf ihre Anfrage die Anttvort vom Ockonomen erhalten, daß sein Kontrakt ihm nicht gestatte, den Saal zu sozialdemokratischen Versamm» lungen herzugeben. Das Lokal gilt also als gesperrt. Zur Diskussion über die Berichte wurde das Wort nicht ver- langt. Zur Vorstandswahl schlugen die Bezirksführer vor. den alten Vorstand wiederzutvählen niit Ausnahme des Genossen Weise, der auf die Wiederwahl verzichtete. An seiner Stelle wurde als Schriftführer der Genosse Hunschede vorgeschlagen. Die Vor- standswahlen hatten dementsprechend folgendes Ergebnis: 1. Vor- sitzender Friedländer, 2. Vorsitzender F r ö b e l. 1. Kassierer Kirste. 2. Kassierer Liepmann. 1. Schriftführer Hun- s ch e d e. 2. Schriftführer Roth, Beisitzer Fritz Böttcher. Alb recht und Frau Holzapfel. Als Revisoren wurden Robert Fischer. Schräge, und Rieger gewählt. In die Kommissionen wurden folgende Genossen wiedergewählt' Preßkommiffion Wels, Agitationskommission Zucht. Lokal- kommission H a n i s ch; in den Aktionsausschuß Friedländcr. Als Vertreterin der Genossinnen im Jentralvorstand wurde Frau Nürnberg   einstimmig vorgeschlagen. Die Wahlen der Abteilungsführer wurden von der Versamm- lung bestätigt, und zwar für die 1. Abteilung Genosse Wasser. 2. Abteilung Behle, 3. Abteilung Wolf. 4. Abteilung Holz. apfel. 5. Abteilung M ü n z e r, 6. Abteilung S t o b b c. 7. Ab. teilung Pasche. Hieraus wurde der Antrag der Genossinnen, die General- Versammlung von Groß-Berlin möge den Beitrag der weiblichen Mitglieder auf 20 Pf. festsetzen, zur Verhandlung gestellt und nach kurzer Begründung durch die Genossin Nürnberg   fast ein- stimmig angenommen. Weitere Anträge zur Verbandsgeneral­versammlung lagen nicht vor. Die 14 Delegierten des Kreises zur Verbandsgcneralversammlung wurden den Vorschlägen der Abteilungen entsprechend von der Versammlung gewählt. Sechster Wahlkreis. . Die Generalversammlung wurde imPrachisaal Nordwest" in der Wiclefftrave abgehalten. Sie war außerordentlich stark be. sucht. Nach Eröffnung der Versammlung erstattete der Vorsitzende �rey thaler den Geschäftsbericht des Vorstandes und der Kom- Missionen. Er gedachte der bemerkenswertesten politischen Er. eigniffe des vorigen JahreS und der Parteitätigkeit, welche aus An. laß dieser Ereignisse entfaltet wurde. Ueber die Parteiarbeiten im Kreise sagte der Redner unter anderem: Dem Wahlrcchtskampf Iii Preußen dienten 20 Pcrsammlungen, am 1. Mai fanden 1t Ver­sammlungen statt, die auch auf die WqhlrechtSbewegung bczua basten. Das Resultat der Erhebung über die Zugehörigkeit der Mitglieder zur Kirche konnte noch nicht festgestellt werden. Ein Antrag, den Funktionären für die vom Vorstande einberufenen Sitzungen eine kleine Entschädigung zu gewähren, ist in den Ab- teil, ingen beraten worden und liegt der Generalversammlung zur Entscheidung vor. Der Verein gewährte 50 Mitgliedern Rechts- schütz. Dafür wurden 1654 M. ausgegeben. Bei den Flugblatt. Verbreitungen wurden im Laufe des Jahres 2� Millionen Flug- Mütter im Kreise verteilt, außerdem 300000 Exemplare einer Broschüre über die Kaiserinterviewdebatte im Reichstage. Ab- gehalten wurden 87 Versammlungen, 15 Kreiskonferenzcn, 13 Vor- standSsitzungen. 22 Abteilungsversammlungen und 21 Sonn- tagabenoversammlungcn. Durchschnittlich waren im Kreise 403 Funktionäre tätig. Die Kreiskonferenzen waren durchschnittlich von 80 Proz. der Funktionäre besucht. Ein Wechsel der Funk- tionäre fand in 369 Bezirken statt. In 189 Bezirken blieben die Funktionäre während des ganzen Jahres die gleichen. Der Kreis ist jetzt nicht mehr in 11, sondern in 13 Abteilungen gegliedert. Die Schiedskommission hielt 10 Sitzungen ab und erledigte 30 Anträge, dabün warm 62 Ansschlilßanträge, Ate Kommission