$0 aber bleibt der dritte Teil, nämlich die Bevölkerung, die hier doch wohl die Hauptsache ist? Das Uebermah von— sagen wir— Selbstbewußtsein, mit dem in den Unfallstationen manche Aerzte verunglückten Arbeitern oder ihren Begleitern entgegen- getreten sind, gehört in dasselbe Kapitel, wie die stramme„ D i S- z i p l i n die gelegentlich in einer Heilstätte des Roten Kreuzes gegen einen sich über Mängel der Heilstätte beschwerenden Arbeiter ausgeübt worden ist._____ Zur Neugestaltung deS RcttungSwesenS. In unseren Be- krachtungen über das Gesundheitswesen im Stadthaus- haltöetat(Nr. 46 vom 2. Februar) hat in dem letzten Satz der „Drudsehlerteufel*— wohl in Gönnerlaune zugunsten der Unfallstationen— die Privattätigkeit aus dem Gebiete des Rettungswesens als eine leistungsfähige hingestellt, während wir sie als eine leistungs u n fähige zu kennzeichnen wünschten. Ein ReichSpostversand aus dem Jahre 1585. DaS Reichspost- museum hat eine ganz ungewöhnlich wertvolle Bereicherung erfahren — eine große Anzahl verschlossener Briefe aus dem Jahre 1585. Im Jahre 1889 wurden beim Umzüge des Amtsgerichts II in Frank- furt am Main in das neue Gericktsgebäude 175 verschlossene Briefe an Adressaten in Köln , Aachen , Lütttch, Antwerpen usw. aufgefunden, die sämtlich aus dem Jahre 1585 herrührten und mit wenigen Aus- nahmen aus Italien stammten. Außerdem lag den Briefen ein Paket kaufmännischer Rechnungsauszüge in italienischer Sprache aus den Jahren 1582, 1583 und 1584 bei. Der Fund wurde den Staats- archiven übergeben, vom Kaiser aber später dem Reichspostmuseum überwiesen. Da oft viele Briefe, bis zu 11, ein einem Umschlag ent- halten sind, handelt eS sich um nicht weniger als 272 Briefsendungen. Bon diesen sind 237 aus italienischen Orten, 72 aus Rom , 57 aus Mai- land, 82 aus Venedig . 13 aus Genua . 10 aus Piacenza , ferner aus Bologna . Chivasso, Comö, Cremona , Ferrara, Florenz, Foligno , Lodi, Mantua , Neapel , Novara , Pavia . Pratolino, Vercalli und Verona usw. Von den 272 Briefen waren gerichtet nach Köln 34, Antwerpen 53. Lüttich 40. Sonst kommen noch viele Orte in den Niederlanden vor. Der Ober- und Geheime Postrai a. D. Sautter in Charlottenburg hat den wertvollen Fund einer gründlichen wissen- schaftlichen Untersuchung unterzogen, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Nach diesen handelt es sich um eine vollständige Postsendung, die wohl, von Kriegsknechten geraubt worden ist und dann versteckt wurde, bis man sie vergaß. Es handelt sich offenbar um einen Versand der damaligen kaiserlichen ReichSpost unter der Familie Taxis oder TaffiS, wie sie sich damals nannte. Dies beweist u. a. auch ein beigefügtes Postaviso vom 16. Mai 1585 von Mailand nach Köln . Dieser bildet nunmehr die älteste derartige Urkunde, die wir besitzen, da eS bisher nur eine solche vom Jahre 1593 gab. Der ganze Fund bietet ein lebhaftes Bild des damaligen Handels und der EntWickelung der Post. Es ist anzunehmen, daß die jetzt wieder aufgefundene Post auf der uralten Poslstraße Mantua— Trient— Bozen— Brenner— Innsbruck— Fernpaß— Reurte— Füssen— Augsburg und dann über daS heutige Württemberg nach dem Rhein ging. Die Post von Mailand nach Köln beanspruchte damals zehn Tage. Mehreren Briefen liegen auch Wechsel bei. Sie bestanden aus einem schmalen, etwa sechs Zentimeter breiten. unbedruckten. eng beschriebenen Papierstreifen von ungefähr 20 bis 22 Zentimeter Länge. Der Worrlaut war an« nähernd derselbe wie heutzutage; die einzelnen Worte sind meist stark abgekürzt. In der Uebersetzung lautet z. V. einer der Wechsel: „JesuS . Am 28. Mai 1585 in Mailand Taler 201. 12. 10. zu 107'/� Groschen den Taler. Nach Brauch zahlen Sie gegen diesen Primawechsel an die hochehrenwerten Hieronymo Cassina u. Comp. 201 Taler 12 Groschen 10 Pfennige zu 107'/� Groschen den Taler gerechnet, Wert hier erhalten von dem hochehrenwerten Giovanni Battista Falzone, und stellen sich die Summe in Forderung. Mit Gott . Filippo Moresino e fratelli." Auf der Rückseite steht:«An den hochehrenwerten Giov. Francesco Capello in Cöln . Prima- Wechsel." Mit de» 2000 Mark, die der König von England anläßlich seine» Besuches gestiftet hat, weiß man im Rathnuse nicht? recht an- zufangen. An die Armen können die Gelder nicht verteilt werden, da die 2000 Mark für die„WohltätigkeitSanstalten Berlins" bestimmt sind. Wir haben nun in Berlin eine ganze Reihe WohltätigkeitS- anstalten. Jeder dieser Anstalten etwas zuzuwenden, würde zur Folge haben, daß der auf eine Anstalt entfallende Betrag denn doch zir winzig wäre und so hat der Magistrat den Geldbetrag nicht zur Verteilung bringen können, wie dies bei einer Zuwendung„für die Armen Berlins " hätte geschehen müssen, sondern er hat beschlossen, die Zweitausendmark-Spende der„Kaiser Wilhelm- und Au gusta- Stiftung" überweisen zulassen, welche bekanntlich hiesigen würdigen und hilfsbedürftigen Einwohnern beiderlei Ge- schlechts, obne Unterschied des Standes und Glaubens. Wohnung und Verpflegung gewährt und gegenwärtig für diesen Zweck jährlich zirka 80 000 Mark aufwendet. Der Magistrat ersucht nun die Stadtverordnetenversannnlung. jenem Antrage zuzustimmen. Ueber die Erhebung von Baupolizeigebühren ließ sich da» Ober- berwaltungsgsricht so auS: Wenn§ 6 des preußischen Kommunal- abgabengesetzes den Gemeinden das Recht zugestehe, für die„Gc- nehmigung und Beaufsichtigung von Neubauten, Umbauten und andere bauliche Herstellungen" eine Gebühr zu erheben, so wäre dafür bestimmend, daß die der Genehniigung vorausgehende Prüfung und Beaufsichtigung wesentlich auch im Interesse der Bauenden erfolge. indem sie einen Schutz gegen technische Fehler biete._ Die Befugnis zur Gebührenerhebung dürfe daher nicht auf diejenigen Fälle einer baupolizeilichen Tätigkeit ausgedehnt werden, in denen weder eine Prüfung der gedachten Art, noch eine Genehmigung und Be- aufsichtigung stattfinde. In bezug auf solche Fälle sei die Erhebung einer Baupolizeigebühr auSgescklosien. Das Oberverwaltungsgericht billigte die erstinstanzliche Freistellung des FiSkuS von der Bau- polizeigebühr, zu der er wegen des Neubaues deS RegierungS- gebäudes in Düsseldorf herangezogen worden war. indem es berück- sichtigte, daß nach der Düsseldorfer Baupolizeiverordnung deren Be- stimmungen über die Bauerlaubnis, sowie über Prüfung und Ab- nähme der Bauten auf von Staatsbehörden auszuführende Bauten nicht anzuwenden sind. Auf ein Verbrechen läßt ein Leichenfund schließen, der gestern nachmittag in dem Hause Jnvalidenstraße 1a gemacht wurde. Es handelt sich um einen Knaben, der angekohlt war, also bald nach der Geburt in einen Ofen oder in eine Kochmaschine gesteckt sein dürste. Dann wurde die Leiche in rotkarierten Jnlettstoff gewickelt und endlich in ein Exeniplar der„Morgenpost" gehüllt. Die be- hördlichen Nachforschungen nach der Mutler sind im Gange. Aus dem Zuchthause in der Lehrter Straße ist gestern ein Ge- fangener entkommen. Obwohl Beamte sofort die ganze Umgegend absuchten, fanden sie von dem Verbrecher keine Spur. Geistliche Intoleranz. Die Beerdigung der unglücklichen Familie Mnßlick in Johannisthal fand aus dem Friedhofe in Rudow unter auffallend großer Beteiligung der Einwohner Johannisthals und Uingegend ftatr. Der Klempnermeister Mußlick hatte bekanntlich unter dem Einfluß sozialer Verhältnisse und zudem schwerer Er- krankung seine gesamte Familie und sich selbst getötet. Die lebhafte Teilnahme war von Mitleid diktiert, aber auch eine De- monstration gegen die Kirche. Der zuständige Orts- geistliche hatte seine Mitwirkung an der Beerdigungsfeier von einem ärztlichen Attest abhängig gemacht, daß Mußlick bei Begehung der Tat geistesumnachtct gewesen sei. DaS konnte natürlich der be- handelnde Arzt nicht bescheinigen, obwohl eS mit ziemlicher Sicher- heit anzunehmen ist. Der Geistliche blieb daher in echt christlicher Nächstenliebe, die alles verzeihlich findet, dem Kirchhofe fern. Loyaler dachte die Behörde, welche durch den Gemeindevorsteher persönlich vertreten war. Die freiwillige Feuerwehr konnte zwar lediglich aus Mangel an Kassenbestand nicht, wie eS sonst üblich ist, die Musik stellen, gab aber trotzdem vollzählig und in pietätvoller Form dem verstorbenen Kollegen die letzte Ehre. Also alles, was ein Herz und Verständnis für unglückliche Verhältnisie hat, war da. Nur die Kirchs mit ihrem rückständigen Denkvermögen hielt sich zurück. Die Verstorbenen werden sich deshalb nicht im Grabe umdrehen. Zwei gemeingefährliche Geisteskrauke sind gestem aus der Irren- anstatt Dalldorf entwichen. Not und Arbeitslosigkeit haben den 45 Jahre alten Arbeiter Heinrich Jacob aus der Egellsstr. 10 in den Tod getrieben. I. war seit mehreren Wochen beschäftigungslos und schließlich wurde die Notlage bei ihm so groß, daß er in der Verzweiflung Selbstmord verübte. Gestern nachmittag vergiftete sich der Lebensmüde mit Lysol. Auf dem Transport nach dem städtischen Krankenhause erlag er den Wirkungen des Giftes. Kopfläuse sind ein Hebel, das unter Kindern weiter verbreite� ist, als mancher annimmt. In Gemeindeschulen Berlins ist vor einigen Jahre» von Schulärzten festgestellt worden, daß in einzelnen der untersten Klassen über die Hälfte der sechsjährigen Schul- relruten mit Kopfläusen behaftet waren. Bekannt ist, daß auch tu Erziehungsanstalten ein ständiger Kampf gegen dieses Ungeziefer geführt werden muß. um einer Uebertragung auf andere Kmder vorzubeugen. Aus der„Berlin- Brau den burgische n Krüppel-Heil- und Erziehungsanstalt", die sich im Hause A m Urban 10 und 11 befindet, hat kürzlich ein Vater sein dort untergebrachtes Kind herausgeholt, weil es ihm zu sehr„verlaust" schien. ES handelt sich um das Kind eines Schneiders G.. einen Knaben im zweiten Lebensjahre, der seit An- fang November 1908 in der Anstalt verpflegt wurde. Als der Vater auf dem Kopfe seines Kindes das Gewimmel entdeckte und sofort Lärm schlug, wurde vom Anstaltspersonal zunächst der Versuch ge- macht, ihn zu beschwichtigen. Herr G. kam aber am anderen Tage wieder, um in aller Form eine Beschwerde vorzutragen. Jetzt be- merkte er, daß man dem Kinde inzwischen die Haare ge- kürzt hatte, um dem Ungeziefer beikommen zu können. Man wollte ihm erzählen, die Läuse seien durch Besuche eingeschleppt worden. Demgegenüber versichert der Vater, etwa fett Weih. nachte» sei die Besuchsmöglichkeit durch die Anstaltsleitung so weit eingeschiänkt worden, daß im Monat nur noch zwei Besuche gemacht werden können. Sollte es da nicht möglich sein, in dem halben Monat zwischen zwei Besuchstagen die angeblich ein- geschleppten Läuse zu bemerken und zu beseitigen? Die Eltern setzten durch, daß zwei Tage nach jener Beschwerde ihnen das Kind zurückgegeben wurde. Als sie nun den Kleinen auS dem Bett aufnahmen, entdeckten sie zu ihrem Schrecken, daß er auf dem Rücken und dem Gesäß durchczelegen zu sein schien. Man wollte ihnen die Wundheit des Kindes als die Wirkung irgend einer Krankheit erklären, die Eltern beruhigten sich aber nicht hierbei. sondern ließen das Kind zu Hause von einem Arzt untersuchen. Dieser soll ihnen gesagt haben, das Kind habe eben einen scharfen Urin. Ja, gibt es denn kein Mittel, auch in solchem Falle daS Wundliegen zu verhindern? Das Kind des Herrn G. war durch Vermittelung der Stadt Berlin in die„Bcrlin-Brandenburgische Krüppel-Heil- und Erziehungsanstalt" gebracht worden. Die Armenverwaltung sollte nicht versäumen, aus Anlaß der von dem Ehepaar G. gemachten Erfahrungen die nötigen Schritte zu tun. Mit Milch tödlich verbrüht wurde die l'/z Jahre alte Tochter Berta der Behnkeschcn Eheleute aus der Kesselstr. 7. Sic hatte beim Spielen ein Gefäß mit Milch umgestoßen, so daß der siedende In» halt sich über den Körper ergoß. DaS Kind wurde gleich nach dem Kaiser-Fricdrich-Kiuderkrankenhause gebracht, ist dort aber gestem den Brandwunden erlegen. Als Heiratsschwindler festgenommen ist auf Grund der Anzeige eines jungen Mädchens der 23 Jahre alte, wohnungSlose Arbeiter Franz ZolawSky. Er gibt sich für einen Afrikakrieger auS. versprach dem jungen Mädchen die Ehe und nahm ihm zur Beschaffung der Ein- richtung die Ersparnisse ab. Dann wurde die„Brautr hingehalten durch die Angaben, daß die Anstellung noch auf sich warten lasse, daß noch eine ärztliche Untersuchung bevorstehe, ob der Dienst in Afrika keinen körperlichen Schaden verursacht habe u. dergl. m. End- lich kam die betrogene Braut dahinter, daß sie noch Leidens- aefährtinnen habe und wurde, als sie den„Zukünftigen" zar Rede stellte, gemißhandelt.— Die Kriminalpolizei ermittelte, daß Z. überhaupt nicht in Afrika gewesen ist. Eine besondere Rolle spielte bei mehreren Mädchen eine kleine Browning-Pistole Nr. 68610, die ZolawSky mit einer gewissen Ehrfurcht und Zärtlichkeit behandelte, weil er ihr bei den Kämpfen in Afrika sein Leben zu verdanken hätte. Tatsache ist. daß die betörte Braut, die die Anzeige erstattete, die Pistole im Juli v. I. mit einem schwarzen Lederfiitteral zusammen in der Pnnz-Louis-Ferdinand-Straße gefunden hatte, aber an ZolawSky abgeben mußte. Arbcitcr-Bildungsschule Berlin . Die Redcübung heute abend beginnt ausnahmsweise um 8 Uhr. Zcugengcsuch. Der Herr, welcher am Freitag, den 19. Februar 1909, morgens kurz vor 3 Uhr gesehen, wie eine Frau in der Jägerstraße vor der Reichsbank gefallen ist, und auch derjenige Herr, der der Frau beim Aufstehen behilflich mar, wird gebeten Namen und Adresse an die KonsektionSfirma Adolf Buchwald, Oberwall- straße 41, einzusenden._> Vorort- JVaefmebtem Lichtenberg. Dir Stadtverordneten wählten in ihrer Sitzung vom 23, Februar den Zigarrenhändlcr Gromandecki, Niederbarnimstr. 2, zum Annen- kommissar für den 31. Bezirk, und den Zahntechniker Gust. Anders zum Waisenrat desselben Bezirks. Dem Antrage deS Rechnungs - ausl'chusieS entsprechend bewilligte die Versammlung nachträglich die Kosten für die im Sommer 1908 zur Aufftellung gelangte Cholera- barocke mit 4759,57 M. Von Interesse war die Mitteilung des Stadtv. Dr. Wolff, daß auch bei der Frage der drohenden Cboleragefahr. wo innerhalb weniger Tage die Vorbereitungen vom Magistrat getroffen. die Gcsundheilsdepntatton nicht gehört wurde, ja daß die Deputatton überhaupt noch nicht zusammen- getreten sei! I(Der Borgang ist nicht neu. Die früher» Gesund- heitSkommission ist auch vom März 1903 bis zu ihrer Ablösung 1903 nicht zusammengetreten. D. B.) Einem weiteren Antrage deS RechnungSausschusteS entsprechend werden die Ueberschreitimge» beim Bau der Gemeindeschule in der Scharnweberstraße mit 45 933,91 M. nachbewilligt und die Kosten des Baues mit 390 933,91 M. festgesetzt. Nachdem noch die Kosten für die Pflasterung des Weißenseer- WegS gemäß dem Antrage desselben Ausichusses festgesetzt wurden, überwies die Versammlung die Rechnungen der Stadthaupt- lasse aus dem Jahre 1907, ebenso die Rechnungen der Kanalisation aus dem gleichen Jahre dem RcchnungSauSschutz. Auch die Vorlage über die Beschaffung von Subsellien für die Klassen des Gym- nafiumS in Höhe von 3200 M. ging den gleichen Weg. In der Debatte wurde dem berechtigten Wunsche Ausdruck gegeben, daß die Vorlagen entsprechend der Geschäftsordnung Behandlung und Vor- bereituna finden möchten. Interessant war die Episode. wo der Siadtver ordneten- Vorsteher an den Stadtverordneten Meldner, der Anträge auf Ueberweisung„namens seiner Frennde" stellte, in Ausübung seines Amtes die teilnehmende Frage richtete: Herr Stadtverordneter Meldner. wer find denn Ihre Freunde? II Dem Herrn Vorsteher schien es ganz und gar un- möglich, daß innerhalb des bürgerlichen Blocks sich einige Herren nicht länger der Fürsorge„derer um die Vorschußbank' anvertrauen und ihre eigenen Wege gehen wollen I Und das ohne vorher die „altbewährten Führer" zu befragen l Ja, ja, Kochs Welt-Kitt kittet eben nicht alles! Der Vorlage über die aufzunehmende Anleihe in Höhe von 15 Mihionen Mark stimmt die Versammlung im Prinzip zu und ver- weist im übrigen die Angelegenheit einer gentischten Kommission. der auch unsere Genoffen Rösler, Heckett und Düwell angehören. Die Frage der Zuteilung der Stadt in die Servisflaffe B im Gegensatz zu Stralau, das in die Klasse A versetzt ist. obwohl zum gleichen Polizeibczirk gehörig, machte eine Interpellation und ein Autrag, dessen Dringlichkeit anerkannt wurde, zum Gegenstand der Ver- Handlung. In dem Antrage, der die Zustimmung der Versammlung fand, wird der Magistrat ersucht, alles aufzubieten, um die drohende Schädigung der Beamten und— Hanswirte zu verhindern. Der Bürgermeister sagte seitens deS Magistrats bereitwilligste Unterstützung zu. Wir veröffentlichten kürzlich einen Notschrei aus der Gemeinde- schule(Dorfstraße an der Kirche) über die dortigen, die Gesundheit schädigenden Zustände und bemerkten dabei, daß eine vom Bauamt und von unseren Genossen kurz vor Weihnachten geforderte sofortige Reparatur von den bürgerlichen Herren in der Baukommission ver- tagt worden sei. Das bekannte hiesige Blättchen nannte unsere Feststellung eine„stinkende Lüge". Wir reagierten auf diese Frech- heit mit der Konstatierung, daß in der letzten Baukommissionssitzuiig die Angelegenheit zur Erörterung gekonimen sei und dabei unserer Sachdarstellung nicht widersprochen werden konnte. Trotzdem be- hauptet daS Blatt mit kecker Stirn in seiner Nummer vom 20. Februar: Tatsache ist nun aber, daß die Angelegenheit deS baulichen Zu» standeS der Schule in der Dorfstraße in der letzten Sitzung der Baudeputation überhaupt nicht zur Sprache gekommen ist. Ter „Vorwärts" schwindelt hier seinen Lesern zum höheren Ruhme der sozialdemokratischen Mitglieder unseres Stadtverordnerenkollegiums einfach etwas vor. Aus dieser skrupellosen Kampfesweise kann man am besten ersehen, was auf die Angriffe deS„Vorwärts" gegen unsere städtischen Verwaltungskörperscbaften zu geben ist.„Der Zweck heiligt die Mittel" ist der Grundsatz deS sozialdemokratischen ZentralorgauS: wo eS gilt zu Hetzen, darf man auch vor faustdicken Lügen nicht zurückschrecken. Und solche Leute glauben dem Bürgertum Moral predigen zu können. In der BaukommissionSsitzung am 23. d. M. wurde von unseren Genossen die Sache erneut zur Sprache gebracht, unter Hinweis darauf, daß in der vorigen Sitzung ein Stadtrat mit Bezug auf Preßstimmen Aufklärung über die beregten Schultverhältniffe ver- langte und der Herr Vorsitzende bemerkt habe, daS Bauamt sei an- gewiesen die Zustände zu umersuchen, er werde über daS Ergebnis der Kommission Bericht ersiailen. Zwei Stadträte be- stätigten das. Der stellvertretende Vorsitzende erklärte, er könne leider keine Auskunft geben, er habe an der vorigen Sitzung nicht teilgenommen, weshalb ihm die Sache nicht bekannt fei. Von unseren Genossen wurde nun aus die Behauptung im genannten Blatte Verlviesen und bemerkt, wenn an dieser Irreführung ein Mitglied der Baudeputation schuld sei, dann müsie dus als bedauerlicher Mißstand politischer Moral bezeichnet werden. Hoffentlich werde der Herr den Mut haben, sich hier als Verantwortlicher zu bekennen. Das tat der Herr allerdings nicht, er versuchte nur— ohne zu erröten— sich herauszureden mit der Erklärung, die Verhandlungen seien nach Schluß der eigentlichen Sitzung durch Anfrag« des erwähnten Stadtrats erfolgt. Es genügt wohl einfach, diese Tatsache zu konstattcren. Mit solchem— Herrn müssen unsere Leute sich herumschlagen. Charlottenburg . Ein schwerer Unsall hat sich gestern vormittag auf dem Bau de? Reichsmilitärgerichts zugetragen. Dort stürzte der Arbeiter Adalbert Piofek von einer Stufe einer Kunstsaudsteintreppe ab und fiel acht Meter ttef. Bewußtlos mußte der schwer Verletzte mittels Kranken- wagen von der Unfallstelle geschafft werden. Anscheinend ist der Arbeiter von einem Schwindelanfall betroffen worden. Schöneberg . DaS alte Schuljahr endet mit dem 31. März, das neue veginm. da der 1. April schulfrei ist, mit dem 2. April. Die eigentlichen Osterfericn folgen erst später. Die Anmeldungen der schulpflichtigen Kinder finden für die hiesigen Gemeindeschulen Mitte März statt. Die Eltern erhalten von der städtischen Schnldeputation eine Auf- forderung. in der mitgeteilt wird, daß die Einschulung in der Schule zu bewirken ist, in deren Bezirk die Wohnung liegt. Sollt« eS nun vorkommen, daß Eltern durch irgend einen Umstand keine Ans- forderung erhalten haben, so sind sie trotzdem verpflichtet, die Einschulung anzumelden. Bei der Anmeldung ist entweder der Tauf- oder GeburtS« und Impfschein des Kindes mitzubringen; für außer- halb deS Ortes geborene Kinder genügt eS, wenn deren GeburtS - schein zur Stelle ist. Der Tag der Anmeldung wird noch bekannt gegeben. Rixdorf. Ein Sttasienbahnunfall ereignete sich Dienstag früh am Her- mannplatz. Dort wollte da« 20jährige Frl. Birinami aus Rixdorf einen noch in der Fahrt befindlichen Anhängewagen der Linie 53 besteigen; hierbei glitt sie auS und kam mit beiden Beinen in daS Getriebe des Wagens. Mit vieler Mühe gelang eS, die Verunglückte auS ibrcr qualvollen Lage zu befreien. Frl. B. wurde mit scbweren Verletzungen an beiden Füßen in einer Droschke nach der Unfall- station in der Steinmetzstraße befördert, wo ihr die erste Hilfe zuteil wurde. Steglitz . Vom Gewerbe- und KaufmannSgericht. Der soeben erschienene Bericht über die Tätigkeit deS GcwerbegerichtS im Jahre 1908 weist mit 198 Klagen gegen 132 des Vorjahres abermals eine stärkere Inanspruchnahme auf. DaS Baugewerbe marschiert wie stets mit III Klagen an der Spitze, von denen der Hauptameil wiederum aus Maurer . Töpfer, Banarbeiter und Putzer entfällt. Die meisten Klagen(124) richteten sich auf Zahlung rückständiger Löhne. Vor dem Vorsitzenden allein fanden an 81 Tagen 201 Termine, mit den Beisitzern an 19 Tagen 81 Termine statt. Dabei war die Höchstzahl der an einem Tage verhandelten Sachen vor dem Vorsitzenden allein 9. vor dem Spruchgericht 11. Zu 41 Beweiserhebungen wurden 52 Zeugen und 4 Sachverständige vernommen sowie 8 Eide geleistet. Die Gesamtzahl der Kläger bettug 262, davon 6 weibliche. Berufung gegen Endurteile wurde nicht ein- gelegt. Wenn auch bei 79 Klagen, die durch Vergleich erledigt wurden, ldavon 63 vor dem Vorsitzenden allein), mancher Kläger nicht alles erreicht bat, was er zu fordern berechtigt zu sein glaubte, so ist doch andererseits die Schnelligkeit des Verfahrens(107 Klagen wurden innerhalb einer Woche, 41 in 2 Wochen erledigt) ein Vorteil, der gerade für den klagenden Arbeiter sehr ins Gewicht fällt. Mit der Schnelligkeit paarte sich die Billigkeit: Gerichtskosten wurden nicht vereinnahmt. Der Klageanspruch schwankte zwischen 1,50 M. und 410 M. Als EinigungSamt wurde das Gelverbegericht nicht ange- rufen.— Da« KaufmannSgericht hatte einen Rückgang der Klagen von 27 im Vorjahre auf 24 in, Berichtsjahre zu verzeichnen, in denen 19 männliche und 6 weibliche Kläger in der Hauptsache rückständiges Gehalt einforderten. Das Spruchgericht trat nur an vier Tagen de« Jahres zusammen, während der Vorsitzende allein an 24 Tagen 27 Termine abhielt. DaS GcwerkschastSkartrll beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit der bevorstehenden Gewerbegerichlswahl am Orte. Da dieselbe unter einem neuen System. Verhältniswahl, stattfinden soll, die neuen Statuten dazu aber noch nicht herausgegeben sind, so wurde beschlossen, diesen Punkt der Tagesordnung bis zur amtlichen Be- kaimtmachung zu vertagen. Einer Anregung, in der Steglitzer Ortskrankenkasse durch Wahl von Beisitzern usw. Einfluß zu gewinne», soll in Zukunft Folge geleistet werden. Die Verlesung des Geschäfts- berichts von 1908 wurde ohne Diskussion angenommen. Zu Vertretern der Gewerkschaften im BildungSausschuß werden die Genoffe» Schmidt, Marksteinstr. v. und Fenske, Zimmennannstr. 28, bestimmt. Die ge- plante außerordentliche Sitzung, welche am Montaa durch Verbinde»
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