Proöokaieure in ihren Diensten dulden. Damit war Stolhpin glücklich bei derselben von sittlicher Entrüstung erfüllten Erklärung angelangt, welche sein Gehilfe Makarow vor zwei Monaten aus Anlast der Enthüllungen über die provokatorische Tätigkeit der Wilnaer Sicherheitspolizei in der Duma abgegeben hatte. Er konnte nun seine Rede mit dem befriedigenden Gefühl schließen, dast seine Erklärung ebenso wenig ernst genommen werden würde, wie die seines Vorgängers Makarow. Die Debatte über Azew. Petersburg, 2ö. Februar. Tie Reichsduma setzte in ihrer heutigen Sitzung die Debatte über die Azew-Affäre fort. Die Redner der Partei der Friedlichen Erneuerer, der Arbeits- gruppe und der Sozialisten erklärten sich unbefriedigt von den Ausführungen Stolhpins und hielten an der Behauptung fest, Azew habe Provokation mit Wissen der Re- gierung geübt. Namens der Kadettenpartei griff Maklakow die Regierung aufs heftigste an und behauptete, sie stütze sich auf V e r rä t e r und auf Bedrückung, aber nicht auf das Land und auf die Freiheit. Für den Minister- Präsidenten traten Graf Bobrinski und Purischkewitsch ein. Letzterer hielt jedoch die Verbindung des Grafen Witte mit politischen Mordtaten für erwiesen und bemerkte, die extreme Rechte lehne daher die Interpellation der Kadettenpartei und der Linken ab und verlange ein Vorgehen gegen den Grafen Witte, den Casanova des zwanzigsten Jahrhunderts. Weiterhin ver- teidigten Redner der Rechten und des Zentrums die Regierung gegen die Angriffe der Opposition. Der Kadett Roditschew be- Hauptete, Stolhpin sei zwar durchaus aufrichtig und ehrlich, aber mit Blindheit geschlagen. Abends brachten fünfzig Abgeordnete der Rechten eine Interpellation ein, in der die Regierung auf- gefordert wird, gegen den Kadettenführer M i l j u k o w gerichtlich einzuschreiten, weil dessen Zusammenhang mit den Revolutionären erwiesen sei. In der Abendsitzung nahm dann Miljukow zur Ab- wehr der gegen ihn erhobenen Angriffe das Wort. Nach längerer Debatte nahm die Duma eine von der Mehrheit der äußerten Rechten, der Nationalisten, der gemäßigten Rechten und den Oktobristen eingebrachte Tagesordnung an, in welcher es heißt, dast sie die Erklärungen der Regierung für g e- nügend und erschöpfend anerkenne und zugleich die llcberzeugung ausspreche, die Regierung werde alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung des Terrors anwenden. Gep?erKlcKaft1icbes. Hyäne» des Schlachtfeldes. Die Organisation der ehemaligen Lokalisten ist in Deutsch - land bis auf wenige Trümmer aufgeflogen, nicht zuletzt da- durch, daß man die sozialdemokratisch denkenden Mitglieder durch die anarcho syndikalistische Propaganda geradezu zwang, sich anderen Organisationen anzuschließen. Bekehrt hat das freilich die wenigen Macher dieser Bewegung nicht. Sie geben ihr Handwerk der Arbeiterzersplitterung nicht auf. Eine rein theoretische Darlegung ihrer Grundsätze vermag aller- dings, auch in den süßesten Locktönen vorgetragen, keine Katze hinter dem Ofen hervorzulocken. Niemand weiß das besser als Herr Katerl So wendet man sich dahin, wo ein häus- licher Streit in der Arbeiterbewegung erhoffen läßt, daß dort Unzufriedene oder sich zurückgesetzt Fühlende genügend vor- Händen seien, die in ihrer Verbitterung bereit seien, sich eben darum— nicht aus Ueberzeugung— der anarchosyndika- listischen Bewegung in die Arme zu werfen. Die„Einigkeit" des Herrn Kater bringt folgenden nach dieser Richtung hin aufklärenden Bericht: Freie Vereinigung aller Berufe. Berlin . Am 17. Februar hielt die Vereinigung ihre regel- mäßig jetzt nur allmonatlich einmal im Lokal von Schräder, Alte Schönhauser Str. 20 stattfindende Versammlung ab, da die erste halbmonatliche, laut Beschluß, eine Wanderversammlung ist. Genosse Cohn hielt einen sachlichen Vortrag über Klassenkampf. Anknüpfend daran entspann sich eine lebhafte Diskussion. Unter Verschiedenes betreffend Agitation wurde die Versammlung dahin einig, am Sonntag, den 28. Februar, eine Flugblattverireitung in Pankow morgens 8 Uhr zu arrangieren. Treffpunkt: Uhr in Pankow , Rozycki(Kleines GesellschaftShans), Kreuzstr. 3—4. Pflicht unserer sänrllicheit Mitglieder ist eS, zahlreich zu erscheinen, damit einmal energisch und tatkräftig für unsere Ideen Propaganda getrieben wird.... Mittwoch, den S. März, abends 8'/z Uhr, findet die Wander- Versammlung in Pankow bei Rozycki statt. Tagesordnung: 1. Vor- trag des Genossen Fritz Kater über:„Die jüngsten Ereignisse in der deutschen Arbeiterbewegung." 2. Diskussion. Genossen! Agitiert fleißig für den Besuch dieser Versammlung. Jeder einzelne von uns muß anwesend sein, um Beweis dafür zu haben, daß wir im Verein nicht bloß zahlende Mitglieder, sondern auch im Punkt Agitation und Propaganda ihren Mann stehende Mitglieder besitzen, die mit ihrer Persönlichkeit einstehen für die Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften . 9 ES ist nicht uninteressant, die Leute bei der Arbeit zu beobachten. Während sie immer behaupten, gerade auf die Reinheit der Grundsätze das höchste Gewicht zu legen und an- geblich von Anhängern nichts wissen mögen, die haltlos hin und her schwanken, bauen sie in Wirklichkeit ihre Hoffnung darauf auf, daß eine bloße Verärgerung sozialdemokratische Arbeiter urplötzlich zu einer Gesinnungsreviston in der Richtung des Anarchosyndikalismus veranlassen könnte. Wir wußten freilich schon lange, daß man in anarchistischen Kreisen dem leidigen Streit in Pankoto nicht nur zusieht. Aber die Leute, welche ihre Hoffnung darauf setzten, haben sich immer vorsichtig im Hintergrunde gehalten. Es ist ganz dankenswert, daß die„Einigkeit", allerdings wider Willen, die Situation durch ihre Notiz mit Blitzlicht beleuchtet. Die Pankower Genossen werden daraus ersehen, wie notwendig es ist. über einen Zwist, der doch wirklich gar nichts Prinzipielles an sich trägt, die Interessen der Gesamt- Partei nicht zu vergessen. Die anarcho syndikalistischen Hyänen des Schlachtfeldes aber werden sich— des sind wir sicher— bei der Paokower Arbeiterschaft nach wie vor der gewohnten und wohlverdienten Nichtachtung erfreuen! ßerlfn und dmgegend. Achtung, Metallarbeiter! Bei der Berliner Maschinenbauanstalt vormals L. Schwartz- k o p f f in Wiloau fanden in letzter Zeit wiederholt sogenannte Preisregulierungen statt. Wer aber nun etwa glaubt, daß eine Regulierung bei Schwartzkopff so zu verstehen ist, daß sogenannte gutbezahlte Arbeiten im Preise reduziert und minder bezahlte Arbeiten im Preise aufgebessert werden, der irrt sehr. Für die angebotenen Abzüge gibt die Direktion im Wildauer Werk eigentümliche Gründe an. Sie erklärte einer Kvmmission, welche vorstellig wurde, dast die preußische Regierung erhebliche Abzüge an oen be st eilten Lokomotiven gemacht habe, so daß die Firma nicht mehr konkurrenzfähig sei, wenn sie die bisherigen Preise weiterzahle. Aus diesem Grunde sei sie gezwungen, da sie Arbeiter nicht entlassen wolle. zu ausländischen Bestellungen zu greifen und da die ausländischen Regierungen nochwenigcr zahlen, könne die Firma nicht anders, als eine„Regulierung" der bisherigen Akkoropreise borzünehmeN. Aus diesen Gründen hatten kürzlich die Schlosser der Montage, da eine Einigung mit der Firma nicht zu erreichen war, einen fünf- tägigen Streik,'der jedoch nachträglich durch Verhandeln beigelegt wurde. Aus denselben Anlässen war den Kesselschmieden vor drei Wochen ein Abzug von ö Proz. auf alle Arbeiten angeboten, jedoch wurde dieser Abzug zurückgenommen. Nachdem die Kesselschmiede in einer Versammlung beschlossen hatten, den Abzug zurückzuweisen. Es sollte innerhalb zweier Monate eine Ausarbeitung oer neuen Preislisten vorgenommen werden. Um so mehr erstaunten die Kesselschmiede, als ihnen schon nach 14 Tagen wieder ein Abzug angeboten wurde. Auch jetzt wieder benutzten die Arbeiter den Weg der'Verhandlung. Jedoch wurde ihnen erklärt: wer mit dem jetzigen Abzug nicht einverstanden ist, für den tritt am nächsten Zahltag der erste Abzug in Kraft(5 Proz.). Nun beschlossen die Kesselschmiede am Sonnabend, dm 27. Februar, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen. Wir ersuchen, den Zuzug von Kesselschmieden, Nietern, Stemmern, Bohrern usw. von der Firma Schwartzkopff in Wildau fernzuhalten. Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck ersucht. Deutscher Metallarbeiterverband. Ortsverwaltung Berlin . Achtung, Schuhmacher! Bei der Firma Reh u. Prädel in Britz bei Berlin , Jahnstraste, befinden sich die Kollegen im Streik. Wir ersuchen, dieses zu beachten. Zentralverband der' Schuhmacher. Ortsverwaltung Berlin . Bei den Vertreterwahlcn zur Krankenkasse der Berliner Gast- wirteinnnng erhielt die Liste der Gelben 221, die der organi- sierten Gostwirtsgehilfen(Verband) 166 Stimmen. Da die Wahlen nach dem Verhältnisivahlsystem vorgenommen werden, er- halten die erstercn 21, die letzteren 13 Vertreter. Die Gegner des Verbandes setzten sich zusammen aus 15 verschiedenen Vereinen; die Vorbereitungen zur Wahl hatten sie gemeinsam mit den In- nungsmeistern der Gastivirteznnft hinter verschlossenen Türen-ge- troffen. Diese haben es sich etwas kosten lassen, ihre Schäflein hineinzubringen in der Hoffnung, dast die aufgewendeten Kosten da durch reichlich wieder eingebracht Iverden durch Verschlechterungen in der Kasse. Seit einigen Jahren waren Mitglieder des Äer bände s die alleinigen Vertreter in der Kasse geivesen und hatten manche Verbesserung durchgedrückt. Ueber tendenziöse Berichterstattung des„Vorwärts" beklagt sich die„Fachzeitung" der Tischlermeister, die unsere Schilderung der Vorgänge auf dem Nürnberger Bahn hos wiedergibt, welche sich aus Anlast des Arbeitswilligentransportes aus Berlin nach Zürich abspielten. Das Blatt meint: „Wir möchten doch unserer Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß ein Eisenbahntürgurt reißt in der Weise, daß ein Mann davon auf den Bahnsteig fliegt und er ihn anscheinend erheblich am Kopfe verletzt." Warum stellt denn die„Fachzeihing" den Vorgang nicht nach eigenen Informationen dar, statt sich mit verdächtigenden Redensarten zu begnügen? Bei den guten Beziehungen, die Herr Rahardt, der Chef des sogenannten Chefredakteurs Dr. Müffel- mann, zu dem von ihm mitbegründeten„Handwerker-Schutzver- band" hat, muß es der„Fachzeitung" doch ein leichtes sein, festzn stellen, wie den auf den.Kopf gefallenen Streikbrecheragenten sein Schicksal ereilte._ Oeutkches Reich. Und immer aufs neue„Schwarze Listen ". Wiederum sind wir in der Lage, folgende Verrufserklärungen des GesamtverbcmdeZ deutscher Metallindustrieller veröffentlichen zu können: J-No. 172.- 13 14- 0(12/09)(91, 113 n. 119/08.) Berlin , den 19. Februar 1909. Rundschreiben Nr. 13 pro 1909. Im Anschluß an unser Rundschreiben Nr. 12 vom 17. Februar 1909 überreichen wir Ihnen anbei eine Liste der Arbeiter, welche bei der Firma Perlmutterfabrik von Karl Voigt in Franken« hausen(Kyffhäuser ) am 1 6. d. M. in den Aus st and getreten sind. Wir bitten Sie nochmals, diese sowie alle Arbeiter von ge» nannter Firma bis ans weiteres nicht e i n z u st e l l e n. Diesem Schreiben liegt eine Liste, welche die Namen von 33 männlichen und 1 weiblichen Knopsmacher enthält, bei. » J.-Nr. 172/3. Berlin , den 19. Februar 1909. Rundschreiben Nr. 4 pro 1909. Der Ausstand bei den Mitgliedern de? SchutzverbandeS deutscher Blasin st rumenten- Fabrikanten- Berlin in G r a s l i tz(Böhmen ) ist beendet, desgleichen sind die Differenzen der Gicßereiarbeiter bei der Firma L. A. Riedinger. Maschine n« und Bronzewaren« Fabrik A.-G. Augsburg, sowie bei den übrigen Gießereifirmcn in Augsburg beigelegt, es erledigen sich somit unsere Rundschreiben Nr. 91, 113 und 119 vom 2., 19. und 21. Mai 1903. » 18 Journ.-Nr. 182. Berlin , den 23. Februar 1909. Rundschreiben Nr. IS pro 1909. Bei der Firma Boecker u. Co., Drahtwalzwerk in Gelsenkirchen » Schalke. sind die Drahtzieher in einen Streik getreten. Wir bitten, alle von genannter Firma kommenden Arbeiter bis auf weiteres nicht einzustellen. 16 und 17 Berlin , den 24. Februar 1909. Journ.-Nr. 134. Rundschreiben Nr. 16 pro 1909. Bei der Firma Berliner Maschinenbau-Akt.-Ges. vorm.L.Schwartz- kopff, Werk Wildau . befinden sich seit dem 20. Februar cr. die Schlosser und bei der Firma Richard Bosse u. Co.. Berlin SO.. Wiener Str. 43, seit dem 22. Februar cr. die Arbeiter im Streik. Wir bitte», alle von den genannten Firmen kommenden Schlosser bezw. Arbeiter bis auf weiteres nicht einzustellen. Berlin , den 24. Februar 1909. pro 1909. Journ.-Nr. 183. Rundschreiben Nr. 17 Bei der Firma Bernhard u. Philipp, Chemnitz , haben die auf anliegender Liste verzeichneten Arbeiter gemeinschaft- lich die Arbeit wegen Lohndifferenzen niedergelegt. Wir bitten Sie, diese sowie alle von der genannten Firma kommenden Arbeiter bis auf weiteres nicht einzustellen. Gesamtverband deutscher Metallindustrieller. Die beiliegende Liste enthält die Vor- und Zunamen, GeburtS- tage und Geburtsorte von 31 Arbeitern. IZusland. Ein österreichischer Zentcalvrrband der Glaser. Auf einer Konferenz, die am 14. d. M. in Haida, Nordböhmen , tagte, wurde die Verschmelzung des seit 19 Jahren im Haida-Stein- schönaucr Jnoustriegebiet bestehenden„Fachverbandes der Glas- arbeiter" mit dem derzeit etwa 10 000 Mitglieder zählenden Zen- kr alberband der Glasarbeiter Oesterreichs (Sitz Tannwald, Nordböhmen ) beschlossen. Die Verschmelzung soll mit dem 1. Mai durchgeführt sein._ Berliner Streikbrecher in Zürich . Zürich , 2S. Februar.(Eig. Ber.)'.' Die Möbelfabrik von Aschbacher ist seit Jahren die Wetterecke für die Bewegung der Holzarbeiter auf dem hiesigen Platze, indem dort ein Konflikt dem andern folgte. Vor Monatsfrist hat Asch- bacher 24 gewerkschaftlich organisierte Arbeiter gemastregelt, worauf die übrigen Arbeiter der Fabrik in den Streik traten. Aschbacher erklärte vor dem Einigungsamte ganz offen, dast er die Gemäß- regelten nicht wieder einstellen, sondern nur noch unorganisierte und christlich-soziale Arbeiter beschäftigen wolle. Schließlich brachte ihn das Einigungsamt dazu, die Wiedereinstellung von 8 Mann zuzugestehen, so daß 19 Eemaßregelte geopfert werden sollten. Ein auf dieser Grundlage vom Einigungsamte gemachter Einignngs- Vorschlag'fand zwar die Zustimmung der Meisterorganisation, nicht aber auch die der Holzarbeitergewerkschaft, die ihn verwarf. Nun begann seitens der für Aschbacher eintretenden Meisterorgani- sation der Streikbrecherfang, den der Berliner „Hand»' werkers chutzverband" zur Ausführung übernahm, was im „Vorwärts" bereits ausführlich berichtet wurde. Zwei Streik- brechertransporte hat derselbe bereits gesandt, aber nur mit teil- weisem Erfolg. Der erste zählte 29 Streikbrecher, wovon aber nur 18 in die Fabrik kamen; der zweite zählte 23, wovon 16 an ihrem Bestimmungsorte, in der Aschbacherschen Fabrik anlangten. Einer der Entwichenen gibt im„Volkswohl" eine Schilderung des Trans- Portes, auf dem die Leute nur mit Revolvern und Gummi- schläuchen zusammengehalten werden konnten. In Zürich be- schützte die Berliner Streikbrecher ein polizeiliches Massen- aufgebot, als ob für einen solchen Zweck die Arbeiter die Polizei mit ihren Steuergroschen bezahlten! Es kam mit den ange- sammelten Arbeitermassen zu Zusammenstößen mit der wieder wie 1906 entfesselten Polizeibcstie und zu zahlreichen Verwundungen und Verhaftungen. In der Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag hatte eine Bande„besserer" Bürger unter Anführung des Polizei» kommissars Sulger und des Sohnes des Advokaten Dr. Rosenberger, Präsident des Bürgerverbandes, die Streik- Posten überfallen und blutig geschlagen. Würden die Arbeiter einen solchen räuberischen Ueberfall auf Bürgerliche ausführen, so gäbe es gewiß Belagerungszustand und Militär- aufgebot. Nun hat sich auch der Züricher Stadtrat wieder zum Hand- langer des Ausbeutertums erniedrigt, indem er für die Zeit von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens das Streikpostenverbot erließ. Es ist wieder ein Stück Bürgerkrieg, ein Stück Revolution, das sich da abspielt und das offenbar planmäßig vom Bürgerverband provoziert worden ist. Die noch dichtere Zusammenschließung der Arbeiterschaft zur festen Phalanx wird die Folge davon sein! *»* Von anderer Seite wird noch gemeldet: Die„N. Z. Z. " veröffentlichte die wichtigeren Bestimmungen der mit den in Zürich eingetroffenen Berliner Streikbrechern ab- geschlossenen Verträge. Danach übernehmen die Arbeiter die Ver- pflichtung, während der ganzen Dauer des Streiks zu„arbeiten", und sie müssen sich bereit erklären, während ihrer Tätigkeit bei der „Genosscnsckaft schweizerischer Schreincrmeister und Möbelfabri« kanten, Sektion Zürich ", weder einem Verband noch einer Organi« sation außer dem Öandwerkcx-Schutzverband, der seinen Sitz iw Berlin hat, anzugehören. Der Vertrag stipuliert die neunstündige Arbeitszeit mit einem Stundenlohn von 66— 80 Rp. und 25 Proz. Zuschlag bei Ucberstunden. Akkordarbeit ist ebenfalls vorgesehen.( 1)1 Für gemeinsames Unterkommen und gemeinsame Verpflegung sorgt der Verband. Für die ersten 14 Tage sind Unterhalt und Unterkommen der Arbeiter frei. Dauert der Streik länger als 14 Tage, so wird für Kost und Logis ein bescheidener Betrag am Wochenlohn abgezogen. Für die großen Reisespesen werden pro Woche 3 Frank bis zur Höhe von 50 Frank in Abzug gebracht. Doch wird dem Arbeiter nach einjähriger Tätigkeit beim Verband dieser ganze Betrag nebst Zinsvergütung wieder zurückerstattet. Damit es den eingeschleppten Kulis nicht schwer falle, ein ganzes Jahr für den Verband, nicht für den Arbeitgeber, zu wirken, gibt man ihnen, solange sie in einer Werkstatt sind, nur Abschlags- Zahlungen. Den Rest, vielleicht auch nur einen Teil des Restes erhalten sie erst, wenn sie wieder nach einem anderen Orte hin„ver- setzt" werden, um neuerdings zur Einschüchterung Streikender zu dienen. So kauft sich der Kapitalismus die Verleidiger seiner Zwing- bürgen, spielt gegen die Arbeiter ihre eigenen Klassengenossen aus und predigt uns: Der Feind des Arbeiters ist der Arbeiter, der unaufgeklärte Arbeiter. Einheitliche Organisation der Landarbeiter und ber Milch» produktcnarbeiter Niederlands. � Der Milchproduktenarbeiterverband und der Laudarbeiterver- band Niederlands haben durch Urabstiminung beschlossen, sich mit- einander zu verschmelzen. Der konstituierende Kongreß des neuen Verbandes fand am 24. Februar zu Leenwarden statt. Von den beiden Verbänden, die sich nun zusammengeschlossen haben, zählte der der Milchproduktenarbeiter 656 Mitglieder in 61 Orts- abteilungen, der der Landarbeiter 312 in 12 Ortsabteilungen. Der neue Verband trägt den Namen„Nederlandsch Bond van Arbeiders in het Landbow- eil Zuivelbedrijf." Auf dem Kongreß wurde ein Kampfprogramm beschlossen, bei dem unter anderem verlangt wird: Ausdehnung des Unfallgesetzes auf alle Arbeiter und Arbeite- rinnen der Landwirtschaft; Schutz der Frauenarbeit; Maximal» arbeitstag von 10 Stunden für Erwachsene, Sonntagsruhe und, wo diese nicht durchführbar ist, mindestens einen freien Tag die Woche; Beseitigung der Bestimmung des Schulpflichtgesetzes, die den Kindern zur Verrichtung von Landarbeit bis zu 6 Wochen Schul- freiheit gewähren läßt; allgemeines Wahlrechts Staatspensioncn für oie, die derer bedürfen; Errichtung von Arbeitsbörsen und Arbeits- losenfonds durch die Gemeinden.— Als besoldeter Sekretär des Verbandes wurde P. Hiemstra in LeeMvarden gewählt. Die Organe der beiden alten Verbände werden zu einem verschmolzen, das den Titel„Vereenigt IT trägt. Letzte IMacbncbtcn und Dcpcfcben» An die Unrechten gekommen. Mainz , 27. Februar. (B. H. ) In der Kaserne der b. Kam- pagnie des hier garnisonierenden Artillerieregiments kam es dieser Tage zwischen alten Leuten und Rekruten zu einer Schlägerei. Die Rekruten griffen schließlich zu den Säbeln und schlugen er- barmungslos auf ihre Angreifer, die älteren Mannschafte», ein, Drei Personen wurden schwer verletzt. Beim Rodeln verunglückt. Darmstadt , 27. Februar. (W. T. B.) Auf der Rodelbahn der Ludwigshöhe stürzte nachmittags ein mit fünf Offizieren besetzter Bobsleigh um und wurde gegen einen Baum geschleudert. Leut- nant v. Trott zu Solz vom 25. Artillerieregiment war sofort tot; die Leutnants v. Reden, Freiherr von Biegeleben, v. Geldern- Crispendorf und von Reichenau von demselben Regiment sind schwer verletzt.________ Berantlv. Redakteur: HanS Weber, Berlin . Inseratenteil vergntw.; Zh. Glocke, Berlin . Druck U.Verlag: Vorwärts Buchdr.u. Verlagsanstalt Paul Singer ä- Co., Berlin LW. Hierzu 5 Beilagen.
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