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Der freisiMige Redner Sill im Jnkeresse der Gleichberechtigung der beiden Kontrahenten den Sicherheitsmann von den Arbeitern besoldet wissen. Der Vertreter der Polnischen   Fraktion verlangt größere Sicher- heit für die Kontrolleure gegen Entlassung und gegen Maßregelung. Voll auf dem Boden der Forderungen der Arbeiter stellte sich nur der Redner der Sozialdemokraten. Die Forderung eines Reichsberggesetzcs scheine ihm begraben. Man werde sich aber doch schon daran gewöhnen müssen, im Interesse der Arbeiter Anord- nungen zu treffen, die den Konservativen als Eingriff in das Privateigentum erscheinen. Die Kontrolleure müßten frei sein von Abhängigkeit gegenüber dem Bergherrn. Politische Gründe hätten die Arbeiter nicht. Nichts weiter darf entscheidend sein, als das Interesse für Leben und Gesundheit der Arbeiter. Die Institution müsse vom Vertrauen der Arbeiter getragen sein. Das würde nicht erreicht, wenn man alle möglichen Sicherheitsbestimmungen gegen die Sicherheitsmänner schafft. Völlige Freiheit sei erforderlich auch bezüglich der Befahrung der Grube. Die Begleitung durch Werks- und Staatsbeamte dürfe nicht obligatorisch sein. Der Zweck, ein Vertrauen zwischen Arbeiter und Bergherren herbeizuführen, könne niemals erreicht werden. Dem stehen die Klassengegensätze ent- gegen, die in der heutigen Gesellschaftsordnung nicht zu über- brücken seien. Die Frage sei eine reine Zweckmätzigkeitsfrage; als solche darf sie auch nur behandelt werden. Der Handelsminister legt die Gründe dar, die ihn veranlaßten, Sie Vorlage nach den zum Ausdruck gebrachten Grundsätzen zu ge- stalten. Die Gewerkschaften seien politische Einrichtungen und dürften nicht Träger der Einrichtung werden. Man beabsichtige mit den Sicherheitsmännern, auch die Veröffentlichung der ver- meintlichen Mißstände in der Presse zu verhindern. Bringe ein Sicherheitsmann falsche Nachrichten in die Presse,dann nehmen wir ihn bei den Ohren". Zum Schluß verteidigt noch ein Bergarbeitermitglie'o des Zentrums die Stellung seiner Partei; namentlich hebt er nach- drücklich hervor, daß auch der christliche Gewerkverein der Berg- arbeiter die volle Aufrechterhaltung der Autorität der Bergherrn verteidige. Nächste Sitzung: Dienstag. politifcbe Gcberlicbt Berlin, den 8, März 1909, Die Christlichkeit Dernburgs und Bruder Schuckmauns. AusdemReichstage.(3, März.) In Fortsetzung der Beratung über«üdwestafrika erörterte Ledebour eingehend die Eingeborenenpolitik. Er knüpfte wieder an eine im vorigen Jahre auf den sozialdemokratischen Antrag hin vom Reichstag angenommene Resolution an. In dieser wurde gefordert, daß den Eingeborenen so viel Land zurück- gegeben werde, wie sie zu selbständigen Wirtschaftsbetrieben brauchten. Ledebour   fragte nun an, in welcher Weise die Verwaltung dieser Forderung nachgekommen sei. Herr Dernburg   trug möglichste Gleichgültigkeit zur Schau und zog es vor, die Frage überhaupt nicht zu beantworten. Ledebour wies eingehend nach, daß ohne die Gewinnung und Zufriedenstellung der Eingeborenen an die wirtschaftliche Entwickclung des Landes gar nicht gedacht werden könne. Die Dernburgsche Politik aber treibe die Eingeborenen über die Grenze. Derselbe Herr Dernburg   jedoch, der einen Reichs- tagsbeschlnß geflissentlich mißachte, habe sich in der Budget- koinmission und im Reichstag eine Rückendeckung für das gefährliche Erperiment einer Rcsidentur im Ovambolande zu schaffen gesucht. Mit aller Entschiedenheit müsse die Sozialdemokratie dagegen protestieren, daß dieses Experiment gemacht werde, da es sicher im Laufe der Zeit zu Konflikten mit den Ovambos führen müsse. Habe doch früher die Kolonialverwaltung aus dem nämlichen Grunde ein solches Abenteuer rundweg abgelehnt. Unser Redner kam dann auf die sogenannte Selbst- Verwaltung in Südwestafrika zu sprechen. Er erläuterte an der Hand einzelner Bestimmungen, was es mit der C h r i st- lichkeit der Kolonialpolitik auf sich habe. Als er dabei seiner Verwunderung darüber Ausdruck gab. daß der Abg. Erzbcrger sich in so überschwänglichen Lobes- crhebungen Dernburgs erginge, und als er fragte, ob Herr Roeren etwa auch in den Honigtopf greifen werde, um Dernburg die andere Backe zu salben, lehnte Roeren das ent- schieden ab! Herr Dernburg   geriet ganz aus dem Häuschen, als Ledebour sagte, daß der Staatssekretär seit feiner Ver- brüderung mit Erzberger von Christlichkeit förmlich triefe. Er appellierte an den Präsidenten P a a s ch e, der indes nach Einsicht in das Stenogramm die Zumutung zurückwies, einen Ordnungsruf zu erteilen. Ledebour   fragte dann den Gouverneur v. Schuck- mann, der bekanntlich früher in Deutschland   ein eifriges Mitglied der Inneren Mission gewesen ist. wie er es niit seiner Christlichkeit und Moral vereinbaren könne, die standesamtliche und christliche Eheschließung der Weißen mit Eingeborenenfrauen zu hintertreiben und so das sogenannte Konkubinat zu fördern. Die Mitglieder der Inneren Mission müßten doch zu dem Glauben kommen, daß in Bruder Schuckmann ein böser Geist hineingefahren sei, seitdem er in Afrika   hause. Bruder Schuckmann zog es gleichfalls vor, sich einer Auseinandersetzung über diesen klaffenden Widerspruch zwischen seinem christlichen Gerede und unchristlichen Getue vorsichtig zu entziehen. Nach einigen weiteren Bemerkungen wurden schließlich die sämtlichen Kolonialetats zu Ende gebracht. Der P o st e t a t führte zunächst eine längere Rede des Abg. Pichl er(Z.) herbei. Morgen kommt Genosse Singer zum Wort. Der eingeseifte Wasserkopf. Im Dreillassenparlament kam am Mittwoch der systematische Widerstand zur Sprache, den die Provinzial- und Staatsbehörden dem Streben Berlins   entgegensetzen, eine Ein- verleib un g der benachbarten Vororte durchzuführen. Herr Cassel legte in breiter Rede die bekannten Gründe dar, die eine solche Angliederung der Vorortgemcinden an das ringsum ein- geschnürte, in seiner Bewegungsfreiheit behinderte Berlin   zur zwingenden Notwendigkeit machen, und beschwerte sich über die Widerstände der Regierung. So berechtigt die von dem Freisinns- mann vertretene Beschwerde war. deren unser Genosse Borgmann sich ja kürzlich ebenfalls angenommen hatte, so peinlich weil leider nur zu verdient war andererseits der blutige Hohn, mit dem der konservative Redner der liberalen Stadtvcrordnetenmajorität ihr kommunales Manchestertmn vorhielt, das eine großziigige kommunale Verkehrspolitik verhindert und unlängst noch die Wcrtzuwachssteuer zu Fall gebracht habe. Auf diesen Gebieten seien sogar die Vorortgemeinden Berlin   mn einige Nasenlängen voraus. Freilich war Herr Hammer nachher so dumm, die wahren Gründe des Widerstandes der Gemeinden und der Behörden zu ver- I raten: sie wollen nicht einem Gemeinwesen angegliedert werden, in dem die Sozialdemokratie eine Nolle spielt! Dabei ist die sozialdemokratische Stadtverordnetenfraktion doch gerade die Triebfeder zur Inangriffnahme all der kommunalen Aufgaben gewesen, die Herr Hammer bei dem manchesterlichen Liberalismus vermißte. Ja, Herr Hammer ging in seiner Inkonsequenz gar so weit, Herrn Cassel und seine liberalen Mannen als eventuelle Bundesgenossen und Mitarbeiter zu bewillkommnen, während er seinem Abscheu vor der Sozialdemokratie in der ihm eigenen über- naiven Weise den kindlichsten Ausdruck gab. Der Minister des Innern vertrat ganz den konservativen Forderunge» gemäß I durchaus den reaktionären Standpunkt. Kein Groß-Berlin durch Eingemeindung der Vororte, sondern nur ein Zweckverband", einfreundnachbarliches" Zusammenarbeiten der Gemeinden. Herr v. Moltke   beantwortete also das elegische Liebes- werben mit einem glattenNein", mit dem sich übrigens Herr R o s e n o w, der nach Hammer sprach, schon von vornherein resigniert abfand. So zeigt sich der Freisinn auf allen Gebieten durch seine schlappe Haltung unfähig, selbst die geringfügigste, selbst- verständlichste Forderung durchzusetzen!-- Die Rechte der Landarbeiter und des Gesindes beschäftigten gestern die Rcichstagskommission, der der sozial- demokratische und der Zentrumsantrag über diese Materie zur Vorberatung überwiesen war. Der Kommission gehören die Genossen Brey und S t a d t h a g e n an. Von mehreren Mitgliedern der Kommission wurde es als wünschenswert be- zeichnet, die für die verschiedenen Gebiete Deutschlands   in Betracht kommenden landesgesetzlichen Vorschriften, welche für ländliche Arbeiter und das Gesinde gelten, kennen zu lernen. Stadthagen   erklärte sich bereit, in ähnlicher Weise, wie er bei Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches die damalige Rechtslage des Gesindes in einem gedruckten Exposö geschildert, auch die in Betracht kommenden strafrechtlichen, polizeilichen und Gesindegesetze in etwa 34 Wochen schriftlich darzustellen. Es erscheine aber an- gebrachter, daß die Regierungsvertreter diese Arbeit übernehmen. Schließlich nahm die Kommission einstimmig einen Antrag des Abg. Herold an, der die Regierung er- sucht, eine Zusammenstellung des für die ländlichen Arbeiter und das Gesinde in Deutschland   bestehenden Rechts. ferner eine Zusammenstellung der wichtigsten ausländischen Gesetzgebungen auf diesem Gebiete und endlich eine Statistik darüber der Kommission zugehen zu lassen, wie oft Bestrafungen lvegen Verabredungen ländlicher Arbeiter und Dienstboten zur Einstellung oder Ver- Hinderung der Arbeit eingetreten sind. Die Regierungs- Vertreter erklärten sich bereit, ihrem Chef Vortrag über den Wunsch zu halten, nahmen aber an, daß die Aus- führung des Beschlusses eine weit längere Zeit als 4 Wochen in Anspruch nehmen würde. Die Kommission vertagte sich darauf auf unbestimmte Zeit. Hoffentlich wird das Material der Kommission in nicht gar zu langer Frist zugehen, damit endlich die bestehenden Ausnahmegesetze gegen die ländlichen Arbeiter und das Ge- finde beseitigt werden._ Das neue Branntweinsteuergesetz. Das Reichsschatzamt hat auf Verlangen der zur Vorveratung deS geplanten Branntweinzwischenhandels-MonoPoles eingesetzten Kommission eine neue Branntweinstenervorlage ausgearbeitet. lieber den Inhalt dieser neuen Vorlage weiß daSBerliner Tageblatt" aus bestinformierter" Quelle zu berichten: Die bisherige Maischraumsteuer und die auS derselben ent- springende Vergütung für denaturierten und exportierten Brannt- wein wird gänzlich beseitigt. Die Verbraucbsadgabe betrug bisher für den ungefähren Trinkkonsum SS M. Jeder Brennerei war das Quantum zu- geteilt, welches sie zu diesem niedrigen Verbrauchsabgabensatze versteuern durfte. Darüber hinaus mußten 70 M. Abgabe be­zahlt werden, und in dieser Differenz der BerbrauchSabgabensätze bestand die sogenannte Liebesgabe. Die Verbranchsabgabe wird nunmehr in dem höheren Satze auf 140 M. erhöht. Jeder Brennerei wird jedoch gestattet, das bisherige Quantum zu 130 M., in den ersten fünf Jahren sogar zu 12ö M. zu versteuern. Die Liebesgabe wird damit aus die Hälfte, in den ersten fünf Jahren auf drei Viertel ihres bisherigen UmfangeS reduziert. Bei einer Verringerung des TrinlkonsumS verringern sich die Mengen entsprechend. Eine einschneidende Veränderung erfährt die bisherige Brenn- steuer. Sie wird um etwa 3 M. auf den Hektoliter erhöht. Den gewerblichen und Hefebrennereien werden entsprechende Zuschläge auferlegt. Der Ertrag dieser Brennsteuer soll so groß sein, daß daraus Vergütungen für den mit allgemeinen Mitteln dena- turiertem Branntwein in Höhe von 18 M.. für den mit anderen Mitteln denaturiertem in Höhe von 0 M. pro Hektoliter gezahlt werden können.... Eine weitere, tiefgreifende Aenderung der Brennsteuer erfolgt durch die Einführung eines Brennrechtes, dessen Höhe ungefähr so gestellt ist wie in der Monopolvorlage, also nach der Durch- schnittSerzeugung jeder Brennerei. Sobald dieses Brennrecht über- schritten wird. erhöht sich die Brennsteuer für landwirt­schaftliche Brennereien auf 13 M., für gewerbliche auf 22 M." DasBerliner Tageblatt" kommt auf Grund seiner Mitteilungen zu dem Schluß, daß das Syndikat, wenn der Entwurf Gesetz werde, eine bedeutende Stärkung erfahre, daß die Verringerung der bisherigen Liebesgabe durch die neue Einrichtung des Brenn- rechtes ausgeglichen, unter Umständen mehr als ausgeglichen, und der Preis für die Konsumenten so hoch unter Um- ständen höher ausfallen dürste als im Falle des MonoPoles. Ans der Geschäftsordnungskommission. In der Sitzung vom 2. März wurde die Debatte über den § 33 und den dazu eingebrachten sozialdemokratischen Antrag fort- gesetzt. Es hantelt sich darum, ob für den Fall der Verschleppung einer Jntcrpellationsbesprcchung durch den Reichskanzler die Be» sprechung dennoch durch Mehrheitsbeschluß oder, wie die Sozial- demokraten es wollen, schon ans Antrag von 30 Mitgliedern, er- zwungen werden kann. Die freikonservativen Herren Schulz und v. D i r k s e n hatten sich ein neucsArgumcnt zurBckämpfung des sozialdemokratischen An- trageS ausgeklügelt. Sie meinten, die Sozialdemokratie sei im- stände, landcsverrätcrische Pläne in die Form einer Interpellation zu kleiden, um dann deren Besprechung zum Verderben des Deutschen Reiches im Reichstage zu erzwingen! Um diese grausige Gefahr zu verhüten, dürfe unter keinen Umständen einer Minderheit das Recht gegeben werten, die Besprechung zu erzwingen. Singer wies in kräftigen Worten diese gegen unsere Partei geschleuderte alberne Insinuation zurück, die doch nur dazu aufgestellt sei. um den Angriff auf das Recht der Minderheit zu verschleiern. Nach einigen weiteren Bemerkungen wurde der sozialdemokratische An- trag gegen 8 Stimmen(Sozialdemokraten und Zentrum) ab- gelehnt und dann der Z 33 mit einer geringfügigen Aenderung in der Fassung der ersten Lesung angenommen. Doe§ S5a handelt vöft Sem steu einzuführenden Recht, an eine Interpellation A n t r ä g e zu knüpfen. Nach der Kommissions- fassung sollen 30 Unterschriften der Anträge genügen; diese An- träge sollen sich aber innerhalb der Grenzen der Interpellation halten und keine Gesetzentwürfe enthalten. Dann heißt es weiter: Falls gegen die Zulassung eines Antrages Widerspruch von mindestens 30 Mitgliedern erhoben wird, beschließt darüber der Reichstag   sofort ohne vorherige Diskussion." Die Sozialdemokraten beantragen, diesen Satz zu streichen, da er es von der Gnade der Mehrheit abhängig macht, ob die Minderheit Anträge einbringen darf oder nicht. In der Debatte wurde von Singer und Ledebour darauf hingewiesen, daß es den Sinn des ganzen Antragsrechtcs zunichte mache, wenn man die Minderheit auf solche Weise unter die Vormundschaft der Mehrheit stellen wolle. Würde die jetzt vorliegende Kommissions- fassung angenommen, so komme das auf eine Verfälschung der Ab- ficht hinaus, die der Reichstag bei Einsetzung der Kommission offenbar im Auge gehabt habe. Die Konservativen brachten einen Antrag ein, der ver- hindern will, daß Anträge bei Interpellationen überhaupt gestellt werden können. Die Nationalliberalen und Frei» sinnigen hielten an der Fassung erster Lesung fest und malten die Gefahren aus, die aus dem Mißbrauch des Antragsrechts er- wachsen könnten. Roeren(Z.) war zwar wegen solchen Miß- bvauchs nicht ohne Bedenken, erklärte aber doch schließlich, sich auf den Standpunkt des sozialdemokratischen Antrages stellen zu wollen, weil sonst das Antragsrecht überhaupt illusorisch gemacht werde. Der Abg. M ü l l e r- Meiningen(frs. Vp.). der sich an- fangs gegen den sozialdemokratischen Antrag völlig ablehnend ver- halten hatte, kam im Laufe der Debatte doch zu der Ansicht, daß sich die Kommissionsfassung nicht aufrecht erhalten lasse. Er meinte, es sei ratsam, sich im Fraktionskreise zu überlegen, ob sich nicht ein Vermittelungsweg finden lasse, etwa durch Erhöhung der Zahl der Antragsteller. Ledebour beantragte darauf Ver- tagung, da es ja weiter keinen Zweck habe, zu debattieren, solange nicht ein Resultat der Ueberlegung vorläge. Die Vertagung wurde beschlossen.(Fortsetzung: Freitag, den 5. März.) Bettelpfennige für Arbeiterwitwen und-Waisen. Die Scherlblätter berichten, daß dem Bundesrat binnen kurzem ein Gesetzentwurf zugehen soll, der die A u f h e b u n g des § 15 des Zolltarifgesetzes vorsieht, wonach die Mehr» einnahmen aus gewissen landwirtschaftlichen Zöllen als Fonds für die zu gründende Witwen- und Waisenver- s i ch e r u n g aufgesammelt werden sollten. Anstatt dieser schwan- kenden Beträge sollen nach dem neuen Entwurf feste Reichs- Zuschüsse zur Durchführung dieser Versicherung gewährt werden. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, da die Mehreinnahmen aus den bewußten Zöllen sich als eine sehr schwan- kende Grundlage eriviesen haben in einem Jahre fehlten sie gänzlich, so daß überhaupt nichts in die Kasse der Witwen und Waisen floß und in dem mit März ablaufenden Etatjahr wird der Ertrag so gering sein, daß schon vor einiger Zeit der Staatssekretär des Innern die Hoffnung, die Versicherung auf diese Einnahmen aufbauen zu können, als einenschönen Traum" bezeichnete. Das Zentrum, das diesen§ 15 brauchte, um den ihm anhängenden Arbeitern den Schein eines Ausgleichs für die Mehrbelastung durch die Wucherzölle des Wuchertarifs vorspiegeln zu können, hat damit eine höchst liederliche gesetzgeberische Arbeit geleistet, die ihre wahre Bestimmung, als Wählerköder zu dienen, nur zu sehr verrät. DieMagdeburgische Zeitung" behauptet, einiges nähere über die Vorlage zu wissen; so, daß die Versicherung fundiert werden solle durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und durch Fondszuschüsse des Reiches, die im Bcharrungszustande auf 40 bis 45 Millionen festgelegt werden sollen.-" lieber Pen wichtigstem Punkt aber, über die Höhe der Renten macht das nationalliberale Blatt die schier unglaubliche Mitteilung, daßman hoffe", den Arbeiterwitwen Renten b i s 50 Mark(sage und schreibe bis fünfzig Mark!) und den Arbeiter- Waisen Renten bis zu 30 Mark zahlen zu können! Wir bezweifeln vorläufig, daß das Magdeburger   Blatt richtig informiert ist. Denn träfe seine Angabe zu, so müßte man fragen ob die Reichsregierung durch das Einbringen einer Vorlage, die den Witwen der Arbeiter den Bettelpfennig eines Jahres- almosens bis zu 50 Mark verheißt, den Reichstag und die Arbeiter- schaft verhöhnen will?!_ Wahlreform in Hessen  . In der Dienstagsitzung der Zweiten hessischen Kammer kündigte Staatsminister Ewald die baldige Einbringung einer Vorlage über Einführung des direkten Wahlrechts in Hessen   an. Konservierung des Altenbnrger Vierklassennnrechts. Der Landtag des Herzogtums Sachsen-Altenburg hat am Dienstag das neue Wahlgesetz angenommen. Vorher hatte ein Antrag des Präsidenten Oßwald Annahme gefunden, nach welchem auf das platte Land 12 Abgeordnete, auf die Städte 11 und auf die Höchslbesteuerten 9 Abgeordnete entfallen. Die Zahl der Abgeordneten erhöht sich damit um zwei. Erzberger als Gemütsmensch. Daß Herr Erzberger nicht immer zu seinem eigenen Ver» gnügcn redet, sondern auch, um seine Mitmenschen vor Schaden u bewahren, das hat er, wie jetzt bekannt geworden ist, kürzlich ewiesen. Es war Aschermittwoch und die erste Sitzung nach zwei freien Tagen; das Haus war schwach besetzt. Auf der Tagesordnung staitden Rechtiungsübersichten, die Schutzgebiete betreffend, und der Etat dcS Rechnungshofes. Die Rcdelust stand auf dem Gefrier- Punkt und die Sitzung, die erst um 2 Uhr begonnen hatte, wäre wahrscheinlich um 3 Uhr zu Ende gewesen, wenn nicht Herr Erz- berger eingesprungen wäre und nicht weniger als vier Reden vor dem leeren Hause gehalten hätte. Jetzt kommt sein edler Fraktionsgenosse Liborius Gersten» berger und berichtet imWürzburger Vokksblatt" folgendes: .. Erzberger   mußte sich übrigens heute an seinem Namenstage recht plagen, um durch öfteres Reden die Sitzung so lange hinauszuziehen, bis die süd- deutschen   Kollegen mit den nachmittags ankommenden Zügen eingetroffen waren. Sonst wäre die Sitzung schon nach l'ch Stunden zu Ende gewesen, und die Nachkommenden hätten 20 M.ans Bein schmieren könne n"." Kein Wunder, daß der Einfluß Erzbergcrs sehr zu in Acrger derer um Hertlina und Spahn in der Zentrums- 'raktian steigt. Für solche Beweise von Solidarität müssen die lüddeutschen Zcntrumsabgcordnetcn, denen Herr Erzberger die Diäten rettet, sich doch dankbar erweisen. Die Reichstagsstichwahl in Verden  -Hoya  ist auf den 8. März angesetzt worden. Das amtliche Resultat der Hauptwahl lautet: Es wurden 22 714 gültige Stimmen abgegeben. Davon ent- ielen auf v. Dannenberg  (Welse) 6317, auf Dr. Heiligcustadt(natl.) 5833, auf Henke(Soz.) 3398, auf Harnes  (freilons.) 8453, auf Dr. Lewin(Freis. Vv.) 3103.-...