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9f.54. 26. Iahrgsüs. 3. ßeilGt Ks Lmsrls" Krlim «ZZS Partei- Angelegenheiten. Bierter Wahlkreis. Am Sonntag, den 14. März, findet in Kellers Festsälen, Koppenstr. 29, ein Kammermusikabend, verbunden mit Rezitationen, statt. Das Arrangement verspricht einen genusz- reichen Abend. Billetts a 60 Ps.. einschließlich Garderobe, sind zu haben bei den Bezirksführern sowie im Bureau des Wahlvereins Stralauer Platz 1/2. Der Borstand. Schöncderg. Der Diskussionsabend über das Kommu- nistis che Manifest findet heute. Freitag, abendS 8'/z Uhr bei I. Wieloch in der Grunewaldstraße 119 statt. Erkner . Sonnabend, den 6. März Volksversammlung in Dege- brodtS Gesellschaftshaus. Thema: Deutschland nach außen hui,»ach innen? Referent ist Rcichstagsabgeordneter Genosse Artur Stadthagen. Zu dieser Versammlung Freitagabend Handzettel- Verbreitung. Zernsdorf . Am Sonntag, den 7. März, nachmittags 3 Uhr findet im Saale von Knorr eine öffentliche Versammlung statt, in der Genosse Fritz Zubeil referieren wird. Hierzu wollen sich die Genossen am Sonnabendabend L Uhr in demselben Lokal zu einer Flugblattverbreitung einfinden. Oranienburg . Am Sonntag, den 7. März, früh 8 Uhr, findet von den Bezirkslokalen aus eine Handzettelverteilung statt. Die Mitglieder werden ersucht, die Mitgliedsbücher mitzubringen. Am Mittwoch, den 19. März findet im LokalWaldhaus"- Sandhausen eine Volksversammlung statt, in welcher Genofie Adolf Hoff- mann überPfarrerbesoldung und preußischer Landtag" sprechen wird._ Der Borstand. Berliner jNacbricbten. Der«tadthaushaltetat für IWS Beschäftigte gestern die Stadtverordnetenver­sammlung. Diejenigen Kapitel des Etats, die aus dem Ausschuß zurückgekommen waren, wurden vom Plenum in gweiter Lesung beraten und dann festgesetzt. Es waren das besonders das Gesundheitswesen, das Schul- Wesen, das A r m e n w e s e tl. An dem Etatentwurf, den der Magistrat vorgelegt hatte, ist durch den Ausschuß wenig oder nichts geändert worden. Wegnehmen ließ sich da in der Tat nichts mehr dazu war er zu mager und andererseits hatte die freisinnige Mehrheit des Ausschusses selbstverständ- lich keine große Neigung, etwas hinzuzufügen. Beim Etat der Krankenhäuser forderte die sozial- demokratische Fraktion, die Versammlung solle sich gegen die vom Magistrat kurzer Hand verfügte Erhöhung des Pflegesatzes für auswärtswohnende Mit- glieder der Krankenkassen Berlins erklären. Die Engherzigkeit dieser Verfügung, durch die den jetzt ohne- dies schwer genug belasteten Krankenkassen eine neue Last auf- gepackt wird, wurde von unserem Genossen Koblenzer gebührend gegeißelt und in all ihrer Bedenklichkeit dargetan. Ter Magistrat verteidigte sich durch zwei Vertreter, den Stadtrat Weigert und den Kämmerer S t e i- niger. und die freisinnige Mehrheit stellte sich auf seine Seite, indem sie den Antrag unserer Genossen einmütig nieder- stimmte. Beachtung verdient die Ankündigung des Herrn Weigert, daß der Magistrat möglicherweise sogar mit einer allgemeinen Erhöhung des Pflege satzes der Krankenhäuser kommen werde. Eine schöne Aussicht für alle, die auf Krankenhäuser angewiesen sind! Der einzige Trost hierbei ist der, daß der Berliner Stadtfreisinn es sich nicht nehmen lassen will, die Seel sorge in den Krankenhäusern durch seine liberalen Pastoren zu betreiben. Der Stadtv. M o d l e r, eine Leuchte des Kirchcnliberalismus, brachte zur Sprache, daß beim Kon- sistorium sich das Begehren gezeigt habe, in das Virchow- Krankenhaus einen Pastor von der anderen Couleur hinein- zuschieben. Die gesamte freisinnige Mehrheit war mit den Rednern des Magistrats darin einig, daß es dazu nicht kommen dürfe. Ebenso einig war man darin, daß der An- trag der sozialdemokratischen Fraktion, den Pastor ganz wegzustreichen, unannehmbar sei. Genosse Borg- mann bezeichnete diese Forderung als im Interesse der Kranken liegend, aber der Freisinn von heute stellt nun mal das leibliche Wohl der Kranken hinter ihr Seelenheil und so wurde der Antrag abgelehnt. Dem Schulwesen tut nach der Ansicht des Stadt- verordneten Cassel eine Neuerung not, die Einführung des Unterrichts inB ü r g er k u n de". Er forderte sie für höhere Lehranstalten und auch für Fortbildungsschulen(wo man diesen Unterrichtsgegenstand zum Teil schon hat). Stadtschulrat Michaelis versprach, die Anregung zu beachten. Genosse H o f f m a n n benutzte diese Gelegen- heit, einmal zu zeigen, wie in Fortbildungsschulen Parteipolitik getrieben wird. Aus der Fort- bildrmgsschule in der Friedcnstraße teilte er mit, daß dort ein Lehrer Holz sich als Sozialistentöter versuche. Solange Hoffmann nur diese Seite des Holzschen Wirkens schilderte, schmunzelten die Freisinnigen. Mit Behagen hörten sie, daß der Jugendbildner dieV o r w ä r t s"- R e d a k- teuregrüne Junge n" genannt habe, dienoch nicht trocken hinter den Dhren" seien. Tie von Herrn Holz be- triebene Gründung einesDeutschen Jugendbundes" wurde durch Zuruf alssehr Nett" bezeichnet, doch verlängerten sich sofort die Gesichter der Freisinnigen, als unser Redner hinzufügte:Juden werden nicht cuifgenommen." Aber es kam noch viel schöner. Hofsmann verlas aus dem Aufsatzheft eines Schülers des Herrn Holz ein paar Sätze über das ThemaDie Verwaltung der Stadt Berlin ". Diese wurde in dem Aufsatzdie denkbar schlechteste" genannt; der Grund sei darin zu suchen, daß in der Stadtverordnetenversammlung m e i st Vater- landsverräter" sitzen und Antisemiten dort nichts zu sagen haben. Sicherlich sind diese Blüten nicht auf dem eigenen Beet des Schülers gewachsen, sondern entstammen dem Dung, den der Herr Lehrer ihm gelieferte hat. Das Jammerbild, das die freisinnige Mehrheit darbot, als Genosse Hoffmann diese Proben des mitFast gut" zensierten Auf- satzes zum Besten gab, war für das Tribünenpublikum ein Hochgenuß. Stadtschulrat RH ch a e l i s versprach Untersuchung. Er bat sich das Heft aus; hoffentlich überweist er es dem Märkischen Museum. Beim Etat des Armenwesens erklärte die Vor- sammlung sich für bessere Bezahlung der Ar- menärzte. Von schlecht bezahlten Aerzten könnten die Armen, so meinte Stadtv. Roscnow, vielleicht als Dutzendware behandelt werden. Auch Genosse Borgmann unterstützte den Antrag, dem man im Interesse der Armen zustimmen müsse. Zu einer sehr lebhaften Debatte kam es über die Frage der Hinzuziehung von mehr Frauen, die vom Stadtv. Ullstein angeschnitten worden war. Stadtrat Münsterberg schalt über Rückständigkeit" der Armcnkommissionen. Wenn nur die Herren, die darin sitzen, ihm das nicht übelnehmen werden; sie sind bekanntermaßen sehr empfindlich gegen jede Kritik. Die sozialdemokratische Fraktion, deren Standpunkt durch die Genossen Borgmann und Hoffmann dargelegt wurde, konnte diesmal dem Herrn Stadtrat Müusterberg rück- haltlos zustimmen._ Ein Denkmal für Bnlow. Da steht er, wie er leibt und lebt, Bülow, unser grrroßer Staatsmann, im Hofe des Gewerkschaftshauscs. Die Arbeiter haben ihm ein Denkmal errichtet von mehr als zwei Metern Höhe und so wohlgelungen, daß es eine gerechte Bewunderung auslöst bei der Menge, die es dichtgedrängt umsteht, aber zugleich eine unbändige Heiterkeit, denn so witzig ist Bülow nicht oft imSimplicissimus" oder in den Lustigen" gezeichnet worden. Hier waren Künstlerhände am Werke. Wie aus weißem Marmor gemeißelt ist er dargestellt, zugleich aber ist die Figur modern abgetönt. Ein leichtes Blond zeigt das wohlfrisierte Haar, die fetten glänzenden Backen sind etwas gerötet und wie in seliger Erwartung legt er die Hand an die bunte Weste. Eine knallrote Demokraten- krawatte hat er angelegt und im Knopfloch seines Rockes steckt eine große rote Blume. Natürlich ist er auch mit einem schönen Orden versehen. Das kleine, dunkele Schnurrbärtchcn ist keck emporgezwirbclt, hinter dem Ohr steckt eine dicke, schwarze Bleifeder. Lustig sehen die kurzen Beine mit den großen Füßen aus. An der linken Hand hält er am bunten Bande einen ebenfalls sehr nett geratenen Pudel, der vergnügt den Schwanz hebt. Vier arbeitslose Bildhauer haben sich den hübschen Scherz gemacht und zum großen Gaudium aller Besucher des Gcwerk- fchaftshanscs und der Nachbarschaft von 1 Uhr mittags bis 5 Uhr abends mit großer Emsigkeit an diesem Schneemann gearbeitet. Bülows Traum ist erfüllt, er hat ein Denkmal; leider aber kann es über Nacht schon zu Wasser werden. Eiue Erhöhung der KanalisattonZgebühr verlangt eine Resolution, die in der letzten Sitzung des städtischen Etatsausschusscs von sozialdemokratischer Seite vor- gelegt wurde und die auch mit 8 gegen 5 Stinunen zur An­nahme gelangte. Der Kanallsationsetat erfordert einen jähr- lichen Zuschuß von 2 900(XX) M. Würde die Kanalisations- gebühr, die heute l'/z Proz. beträgt, auf 2 Proz. erhöht werden, würden dadurch 2 300 000 M. Mehreinnahmen ent­stehen. Der Antrag führte zu einer längeren Debatte, in der die Interessen der Hausbesitzer in den Vordergrund gerückt wurden. Durch die Erhöhung würden die Hausbesitzer be­lastet, die heute schon große Lasten zu tragen hätten, mehr Miete wolle niemand zahlen, und so müßten die armen Haus- besitzer in ihre Tasche greifen. Bis in der Stadtverordneten - Versammlung dieser Antrag zur Verhandlung kommt, werden die interessierten Hausbesitzer noch Sturm laufen gegen das Attentat auf ihr Portemonnaie". Gelingt es, dem obigen Anttag auch in der Stadtverordnetenversammlung eine Mehr- heit zu verschaffen, dürfte niemand vergnügter sein als der Stadtkämmcrer, der notwendig Geld gebrauchen kann. Unter dem Verdacht, an den Messerstechereien beteiligt zu sein, wurde, wie wir mitteilten, der Versicherungsagent Friedrich Schröder in Steglitz , Schützenstr. 38 wohnhaft, verhastet; derselbe bittet»nS mitzuteilen, daß er kurz nach seiner Jichaftierung wieder entlassen worden ist. Noch mehr Trinkgelder für die Kriminalpolizei. Wie wir mit der gebührenden Hockiachtung bekamrt gemacht haben, sind kürzlich an 22 Beamte der Berliner Kriminalpolizei, unter ihnen die be- kannten Pscudo-Sozialdcmokraten Kasiube und Draber, russische und österreichische OrdenSauSzeichnungen verliehen worden. Konnten ganz harmlose Gemüter bisher noch der Meinung sein, daß diese Auszeichnungen lediglich erfolgt seien für die jahrzehntelange Er- füllung verdammter Pflicht und Schuldigkeit oder aber für die Be- hütung des kostbaren Lebens russischer Großfürsten und österreichischer Erzhcrzöge, so ist man durch die Scharfmacherrede des Ministers von Mottle im Abgeordnctenhause eines anderen belehrt worden. Der preußische Polizeiminister hat die Stirn besessen, das selbst von bürgerlicher Seite als unanständig und ehrlos gegeißelte gewohnheits- und gewerbsmäßige Polizeispitzeltum zu verteidigen und sogar noch zu rühmen. Es muß also fortan jeder Zweifel schwinden, wofür die Ordensverleihungen erfolgt sind, nämlich für die Dienste des SpitzeltumS und aller derjenigen Kreise, die damit hinter den Polizeikulissen hervorragend in Berührung kommen. Daö ist die logische Folgerung aus Ihrer Spitzelrede, Herr Ministerl Kurz darauf wurden mehr als ein Dutzend preußische Ordens- auSzeichnungen veröffentlicht für Berliner Polizeibeamte, die bei der Ermittelung der Brandstifter tätig waren, aber bekanntlich nicht einen einzigen der Täter gefaßt haben, sind in den neuesten amt- lichen Nachrichten finden wir die Mitteilung, daß der Chef der Berliner Kriminalpolizei OberregierungSrat Hoppe, ferner der RegierungSrat Dr. Lindenau bei derselben Behörde. die Kriminalkommiffare Heßler und Vorberg sowie sieben Kriminal- schlitzmänner mit preußischen Orden dekoriert worden sind. Das kann doch nur für die anstrengenden Leistungen bei der Nicht- ermittelung der Messerstecher gewesen sein, ein neuer Beweis, wie schnell und sicher unser Staatsapparat arbeiten kann, wenn er will! Ungefähr ein halbes Hundert Berliner Polizeibeamte erhält alljährlich die Rettungsmedaille, zum Teil für Rettungstaten, die in gleichem Falle bei Zivilpersonen anders bewertet werden. Wenn daS also bloß noch ein paar Jahre so weiter geht mit dem Ordensregen, wird demjenigen Polizeibeamten, der noch keinen Orden besitzt, ein Denkmal errichtet werden müssen. Die BerkchrSzustLnde haben sich im Laufe deS gestrigen Vor- mittags gebessert. So konnte der Omnibusbetrieb wieder auf- genommen werden. Auch im Straßenbahnverlchr haben die Störungen nachgelassen. Dagegen sah es für den übrigen Fuhr- verkehr noch recht trübe aus. Wohl sind in den meisten Straßen- zügen die Aahrdämme in den mittleren Teilen von den Schnee- masscn gereinigt, doch an den Seiten sind nun förmliche Schnee- wälle entstanden. Ueber einen Meter hoch liegen die zusammen- gefegten Schncemcngcn und nur ein schmaler Streifen bleibt den Fuhrwerken zum Befahren. Infolgedessen sind die Kutscher viel- fall) gezwungen, die Straßenbahnglcise zu benutzen. Auf den Chausseen in der Umgebung Berlins sieht es mit den Verkehrs- Verhältnissen noch traurig aus. Zu den Vororten verläßt man sich JßülölWt.»5,5*1909. zum großen Teil auf das zu erwartende Tauwetter und man macht infolgedessen keine Anstalten zur Beseitigung der Schnee- Massen. Um Schnee zu beseitigen, wurde gestern mittag mit einem vier- zylindrigen Lastautomobil ein Versuch gemacht. Zu diesem Zwecke hatte die Neue Autonwbilgesellschaft der städtischen Straßcnreinigung ein Lastautomobil zur Verstigung gestellt, da» ans Nieder-Schöne- weide nach dem Schloßplatz beordert wurde. Das Auto war vorn mir einem hölzernen Schneepflug ausgerüstet, auf dem etwa sechs Zentner schwere Eisenstücke als Ballast ruhten. Im Beisein deS Stadtrats Böhm und des Direktors der Berliner Straßenreinigung Baurat Szalla begannen dann die Versuche an der Schlotzbrücke. Das neue, allerwärtS aufsehenerregende Fahrzeug, fuhr den Schnee nach beiden Seiten schiebend über die Schloßbrücke, den Opernplatz und dann in der Mittelpromenade die Linden entlang. Da es an genügenden Fuhrwerken mangelt, sind gestern 179 Gc° spanne der Riefelgüter zur Beseitigung des Schnees in Berlin eingetroffen._ Große Opfcrfrendigkcit. Wir lesen imBerliner Tageblatt" vom Mittwoch, den 3. Mär»: Die Opferfreudigkeit, die das deutsche Volk gezeigt hat, als Italien durch die elementare Katastrophe von Messina »n tiefe Trauer versetzt wurde, hat jetzt einen Widerhall ge- fanden. König Viktor Emanuel von Italien hat ans Anlaß der Hochwafferkatastrophe in Deutschland an Kaiser Wilhelm ein Telegramm mit dem Ausdruck seiner warmen Teilnahme gerichtet. Der Kaiser hat seinen Dank für diese Kundgebung, ebenfalls auf telegraphischem Wege aus- gesprochen." Daß ein Telegrammwechsel schon eine besondere Opferfreudigkeit sein soll, können wir beim besten Willen nicht einsehen. Arbeitslose als Schnceschipper! Ein Arbeitsloser schreibt unS: Am Mittivoch, den 3. 3. 99, mittag» 12 Uhr, kam auf dem Zentral- Arbeitsnachweis(Gormannstraße) folgendes Stellenangebot heraus: Hundert Arbeiter als Schneeschipper nach Stettiner Bahnhof und Gesundbrunnen verlangt. Tag 3 Mark. Nachmittags'/z2 Uhr an­fangen. Auch ich meldete mich und ging zum Stettiner Bahnhof. Dort angekommen, wurden die ersten sechzig Mann nach Pankow -Schön- hausen befördert. Hier wurde uns gesagt, daß wir einen Tagelohn von 3,29 Mark erhielten. Wir wurden nun verteilt; verschiedene auf der Strecke, um diese vom Schnee reinzuhatten, andere, um Fahrwege herzustellen. Um 4 Uhr war Vesper, wo uns, die wir nicht darauf eingerichtet waren, eine Blechtasse mit Kaffee und eine Stulle spendiert wurde. Endlich war Feierabend, allerdings erst um Ve? Uhr, damit die Viertelstunde Vesper tvieder herauskam. Es wurde uns mitgeteilt, daß die Arbeitszeit von morgens 6 bis abends 6 Uhr dauere, waS bei diesem Schneefall gewiß recht auf- reibend ist. Natürlich war eS für mich ein Ding der Unmöglichkeit, um diese Zeit von Berlin aus an Ort und Stelle zu sein, wenn ich nicht die halbe Nacht opfern wollte, da Fahrgelegenheit nicht vor- handen war. Bei der Lohnzahlung wurden uns von den 1,69 M., die wir verdient hatten, 23 Pf. für die Jnvalidenmarke abgezogen. Ich bat darum, mir dieselbe gleich einzukleben, da ich die Absicht habe, am andern Tage nicht wieder zu erscheinen, wegen der Un» Möglichkeit, rechtzeitig da sein zu können. Es wurde mir darauf gesagt, daß ich dieselbe zugeschickt erhalte. Ich verlangte darauf meinen Arbcitsschein zurück, der wurde mir aber verweigert. DaS tollste kam aber noch. Die arbeitslosen Schneeschipper waren der Meinung, daß sie doch wieder zurückbcfördert werden müßten; aber da kannten sie die königl. Staatsbahn schlecht. Ich hielt mit dem Gütcrvorstcher eine Rücksprache, da e» doch Pflicht wäre, unS an unseren Bestimmungsort zurückzubringen, aber alles Reden war nutzlos. So mußten wir Arbeitslosen noch unfernschwer verdienten Draht" für Zurückbeförderung verwenden. Und diese Leute werden nun sagen:Ach, die Arbeitslosigkeit ist ja gar nicht so groß, sonst hätten wir Schneeschipper I" Der Umsatz im Februar betrug in der Konsnmgenoffenschaft Berlin und Uingegend 247239,34 M. gegen 196 911,68 M. im Vorjahre, das sind 00 328,16 M. mehr. Der Gesamtumsatz in den acht Monaten des laufenden Geschäftsjahres war 1635 612,17 M. Mitte März kommen zu den 49 Verkaufsstellen noch zwei weitere, und zwar wird die 41. an der Göben- und Kulmstraßen-Ecke und die 42. in der Torsitr. 28a eröffnet. Von den HauSanteilen zur Errichtung einer Bäckerei usw. sind bereits für etwas über 35 999 M. abgesetzt. Schutz gegen gemeingefährliche Geisteskranke. Die zur Unter- bringung gemeingefährlicher Kranker berufenen Organe gehen endlich etwa» energischer gegen die Plage der sogenanntengeisteskranken Verbrecher" vor. Wie der kürzlich erschienene Jahresbericht der Deputation für das Berliner städtische Jrrenwesen ausführt, wird diesen Verhältnissen die regste Aufnierksomkeit gewidmet. Von dem Vorschlage, für solche gemeingefährliche Krank?» besondere Anstalten, etwa in Angliedcrung an Gefängnisse, zu errichten, hat man absehen zu sollen geglaubt. Dem sogenannten gemischten System, das heißt der Verteilung der Kranken nach Maßgabe des schwankenden Zu- standeS wie auch insbesondere des Vorlebens auf verschieden gesicherte Häuser der einzelnen Anstalten wird auch fernerhin der Vorzug gegeben. Da aber die Zahl der gemeingefährlichen Geistes- kranken'standig zunimmt, haben sich für die Berliner Verhältnisse selbst die neuesten Schutzbautcn der dritten städtischen Irrenanstalt in Buch nicht als ausreichend erwiesen. Die genannte Deputation hat deshalb beim Magistrat die sofortige Errichtung eines zweiten ganz besonders festen Hauies für 75 gemeingefährliche Geisteskranke auf der Gemarkung Buch beantragt. Aus der bisherigen dortigen Ueberwachimgsstation für Gemeingefährliche, der abgesondert von der Hauptstalion auf freiem Felde belegenen sogenanntenBurg ", sind noch keine Insassen ausgebrochen. Die feste Bauart allein macht's freilich auch nicht. Bei dem herrschenden Jnncnsystcm soll es sehr wohl möglich sein, mit Hilfe guter Freunde, die ja meist un- gehindert Zutritt erhalten, auch von hier zu entweichen. Dem jetzt ins ZucktbauS gestecktenEinbrecherkönig" Franz Kirsch, der wieder- holt aus Herzbcrge ausbrach und jahrelang die städttschen Irrenärzte an der Nase herumführte, hätte wohl auch dieBurg " nicht sonder- liche Schwierigkeiten gemacht. Als beste Illustration der herrschenden Mißstände kommt die Nachricht, daß seit Sonntag anS der städtischen Irrenanstalt Herz- berg nicht weniger als nenn gemeingefährliche Kranke, darunter sieben schwere Verbrecher, ausgebrochen sind. Solche Massenflucht ist nur da möglich, wo das UebenvachnngSsystem außerordentliche Mängel aufweist. In dieser Beziehung hält gerade die Anstalt Herz- berge schon seit Jahren den Rekord. Eiue schwere Arbeit ist dieser Tage durch den großen Schneefall den Hausverwaltern, Hausreinigern und Portiers erwachsen, die die Aufgabe hatten, die Bürgersteige vor den Häusern von Schnee frei- zuhatten. Da eS fortgesetzt s chncite, hatte die Arbeit nur einen be- dingten Wert, immer wieder niußte von vorn angefangen werden. Obwohl in erster Linie für die Säuberung der Biirgersteige die Hausbesitzer von der Polizei verantwortlich gemacht werden. so halten sich diese wieder schadlos an den Verwaltern oder HauS- reinigern. Ein Silbersihatz im Treppcnwiukcl. Reiche Beute machten Ein- brccher in einem Haufe am Alcxandcrufer, indem sie in eine Woh- nung drangen, während Herrschaft und Dienerschast in tiefem Schlafe lagen. Sie durchsuchten im Speisezimmer sämtliche Behälter, rafften kostbares Silberzeug zusammen und trugen eS in einer Tischdecke davon. Am nächsten Morgen wurde der über 1999 M. bettagende Verlust bemertt. Während die Polizei nach dem Silberzeug suchte, wurde gestem in der Prinzenallee unter einer Treppe versteckt ein