daß er und seine Freunde nicht auf dem Standpunkt ihres Partei- genossen Schmidt- Altenburg stehen und am letzten Ende auch wohl für die Banderolesteuer zu haben seien. Aus dem Tabak müsse mehr Geld herausgeholt werden; dafür haben sich auch weite Volkskreise erklärt. Wen» die Banderolesteuer falle, bleibe nur noch ein Wert- Zuschlag auf die Gewichtssteuer. Die Kommission müsse unter allen Umständen die Finanzreform lösen, dazu sei sie berufen. Der ein- zusetzenden Subkommission sei der Auftrag zu erteilen, 70 bis 80 Millionen aus dem Tabak zu beschaffen! Zenoffe Molkenbuhr hält den Appell des Dr. Arendt an den Patriotismus für sehr wenig am Platze; dazu wäre Zeit und Gelegenheit gewesen bei der Nachlaß- und Erbschaftssteuer. Da hätte der Patriotismus Arendt und dessen Freunde veranlassen sollen, in die eigenen Taschen zu greifen. Jetzt, wo diese Gefahr beseitigt ist und indirekte Steuern in Frage kommen, erinnere man sich erst wieder seiner„patriotischen" Pflicht. Es sei be- zeichnend, daß die Herren von der Negierung der Tabakindustrie stete Fehde ansagen, was sie anderen, namentlich der Groß- industrie oder gar den Großgrundbesitzern gegenüber nicht wagen.— Molkenbuhr rechnet alsdann gründlich mit dem Dr. Lißner ab. Er weist eingehend nach, daß der Herr sowohl bei der Darstellung der amerikanischen Tabaksteuerverhältnisse, wie auch der deutschen vor und nach der Einführung der Tabaksteuer von 1879 überall von falschen Voraussetzungen ausgehend, auch zu unrichtigen Schluß- solgerungen gelangen mußte. Das gerade Gegenteil von dem, was Lißner beweisen wollte, sei richtig, was Molkenbuhr zahlenmäßig be- wies, wobei er sich namentlich in bezug auf die deutschen Vorgänge auf den Mündener Handelskammerbericht und auf Buchauszüge aus den Büchern Hamburger Zigarrenfabrikanten aus den Jahren vor und nach Einführung der Tabaksteuer stützt. Aus den zahlreichen Unterschriften, welche die Petitionen gegen jede Mehrbelastung des Tabaks gefunden, gehe das Gegenteil von dem hervor, was Dr. Arendt be- hauptet, daß nämlich die weitesten Kreise des Volkes der Mehr- belastung zustimmen. Der Widerstand gegen jede Erhöhung der Tabaksteuer werde mit jedem neuen Angriff wachsen. Die Finanz- not sei doch nur eine von uns immer vorausgesagte Folge der immer mehr anschwellenden Ausgaben für das Heer und und die Marine. Hierzu komme die künstliche Verteuerung der Lebensmittel, worunter gerade die schlechtentlohnten Tabakarbeiter am schwersten mit zu leiden haben. Die dadurch dem Volke ab- geknöpften Millionen fließen aber zum größten Teil in die Taschen der besitzenden Großgrundbesitzer, und dabei wehren diese sich mit den schofelsten Mitteln gegen das Steuerzahlen. Nicht einmal nach dem Tode soll ein Teil des ihnen erwachsenen Reichtums als Nachlaßsteuer in die NeichSkasse fließen. An die Großen wagt man sich mit Steuer- Vorschlägen nicht heran, die ohnehin schon ärmsten und schlechtest- gestellten Arbeiter der Tabakiudustrie aber sollen die Zeche bezahlen. sollen die verderbliche Wirkung einer di» ganze Industrie schwer treffenden Steuer auf sich nehmen. Um das zu verhindern, müßte die ganze Vorlage abgelehnt werden. Dr. Lißner ist der Ansicht, daß er nur mißverstanden sei; er wiederholt deshalb seine gestrige Verteidigung des BanderolesteuerstistemS. Ihm tritt Schmidt- Altenburg nochmals entgegen und widerlegt das von jenem benutzte Zahlenmaterial, zum Schlüsse die Ablehnung der Banderolesteuer befürwortend. Auch Everling ist Gegner der Banderole, trotz der ihm sehr interessanten„historisch-dialektischen" Darlegungen LißnerS; er hofft, daß die Banderole ziemlich einstimmig abgelehnt werde und daß der Subkommission dann die Aufgabe zufalle, einen Weg zu suchen, etwas mehr als bisher aus dem Tabak heraus- zuholen. Da Everling u. a. bedauert hatte, daß die Regierung bei Ausarbeitung der Vorlage nicht genügend Fühlung mit den Tabakinteressenten genommen habe, erklärt der Schatzsekretär S y d o w, daß man das wohl versucht habe, jedoch hätten sich jene sehr zugeknöpft verhalten und jede Mehrbelastung abgelehnt. Werde eine Subkommission beschlossen, so bitte er dieser die ganze Vorlage zu überweisen und nicht zuvor über die Banderole abzustimmen. Dem widerspricht Hormann, der es für richtiger hält, damit erst aufzuräumen. Speck führt einen kleinen Eiertanz auf: Nach verschiedenen „einerseits" und„andererseits" kommt er zu dem Schluß: Der Subkommission die ganze Vorlage zu überweisen und heute nicht über die Banderole abzustimmen. Genosse Molkenbuhr tritt energisch für die Abstimmung ein. um die dreitägige Debatte nicht ganz ergebnislos verlaufen zu lasten. Das fei um so dringender geboten, als die ganze Industrie auf die Entscheidung warte. Wozu solle die Subkommission sich noch mit der Frage beschäftigen, wenn sie leine Mehrheit finde? Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Zentrums auf Ueberw eisung der ganze» Bor - läge, ohne vorherige Abstimmung über die Banderole, mit IS gegen 13 Stimmen angenommen. Dafür stimmten außer Zentrum, Konservativen, Reichspartei Schmidt- Altenburg und ein Pole, dagegen Ratio nalliberale, Freisinnige und Sozialdemokraten. parlamentarisches. Die Arbeitskammerkommission des Reichstages führte in der Mittwochsitzung die Beratung über die ZZ 14—22 zu Ende. Der ß 14 bestimmt, daß für die in den Kammern errichteten Abteilungen nur diejenigen Personen wahlberechtigt und wählbar siird,� die den in den Abteilungen vertretenen Gewerbezweigen angehören. In Konsequenz des in der letzten Sitzung gefaßten Beschlusses über die Wählbarkeit der Angestellten der beruflichen Organisationen fand ein Antrag Annahme, der verlangte, daß auch für die Abteilungen die Angestellten wahlberechtigt sein sollen. Eine neue Bestimmung wurde auf Antrag Manz tsr>.) aufgenommen: daß die Wahl nur unter den Bedingungen abgelehnt werden kann» unter denen das Amt eines Schöffen abgelehnt werden darf. Die§§ 15—19 handeln von dein Wahlverfahren und von der Dauer der Wahlperiode. Zu ß 15 lagen Anträge der Sozialdemokraten und des Abg. Naumann vor. Der sozialdemo- kratische Antrag verlangt die Einfügung, daß die Wahlen an einem S o n n t a g'stattfinden und die Wahlzeit so festzusetzen ist, daß auch die am Wahltag beschäftigten Personen sich an der Wahl beteiligen können. Der Antrag wurde nach längerer Debatte gegen eine starke Minderheit abgelehnt. DaS gleiche Schicksal hatte der erste Teil des Anttages Raumann: bei Verhältniswahlen die Stimmabgabe nicht auf gebundene Vorschlagslisten, sondern auf die Namen zu beschränken, die in den Vorschlagslisten enthalten sind. Dagegen fand der zweite Absatz des Antrages Naumann An- nähme; er bestimmt, daß, wenn nur eine Vorschlagsliste ein- gereicht wird, auf Vornahme einer besonderen Wahlhandlung zu ver- zichten ist. DurH einen besonderen Antrag zum§ 16 verlangten unsere Genossen, auch den Arbeitgebern die Verpflichtung aufzuerlegen, den � Gemeindebehörden auf Verlangen Auskunft über die Art ihres Ge- . werbebetriebeö und über die Namen und die Beschäftigungsart der "�Arbeitnehmer zu erteilen, da, wie die Genossen Bömelburg und zu>Gevering zur Begründung anführten, die Polizeibehörden und �Krankenkassen nicht immer in der Lage seien, die er- verc forderlichen Auskünfte zu geben. Obgleich einer der RegierungS- Vertreter, Regierungsrat Neumann vom preußischen Handels- Ministerium, den Antrag als überflüssig bezeichnete und diese seine Auffassung mit besonderem Eifer zu begründen versuchte, sttmmte die Mehrheit der Kommission dem Antrage zu. Ueber die Rechtsgültigkeit der Wahl soll nach den Bestimmungen des 8 17 der Regierungsvorlage in erster Instanz der Borsitzende der Arbeitskammer entscheiden. Ein sozialdemokratischer Autrag verlangt dieses Recht für die Arbeitskammer, nm der Kammer dadurch die Möglichkeit zu verschaffen, ein Stück Selbstverwaltung auszuüben. Die Mehrheit der Kommission trat dieser Auffassung nicht bei, eS blieb also beim Wortlaut der Regierungsvorlage. Auch der Z 18, der die sechsjährige Wahlperiode bestimmt, wurde in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen, der Antrag der Sozialdemokraten, eine dreijährige Amtsdauer der Mitglieder festzusetzen, dagegen abgelehnt. Der§ 19 verlangt, daß Mitglieder, bei denen Umstände ein- treten, die ihre Wählbarkeit ausschließen, auszuscheiden haben. Ein sozialdemokratischer Autrag will in jedem einzelnen Falle die Arbeits- kanimer entscheiden lassen, ob das betreffende Mitglied der Kammer weiter angehören soll. Auch dieser Antrag fand keine Gnade vor den Augen der Kommission. Der folgende Abschnitt der Vorlage(KZ 29—25) trifft Fest- setzungen über die Aufbringung und Verteilung der Kosten. Zum § 23, der den Gemeindebehörden die Ermächtigung erteilt, die Kosten von den Inhabern der beteiligten Betriebsstätten und den Arbeit- nehmern zu erheben, liegen Anträge der Nationalliberalen und des Zentrums vor, die eine Regelung der Beitragserhebung herbeiführen wollen. Die Beratung darüber wurde in der heutigen Sitzung noch nicht zu Ende geführt._ AuS der Budgetkommission beS Reichstags, (32. Sitzung vom 10. März, vormittags.) Die Beratung begann mit dem Titel BeklcidungSämtcr. Abg. E r z b e'r g e r beklagt die Folgen, welche die Errichtung militärischer Bekleidungsämter für die Kleinhandwerker gehabt haben. Als diese Kreise die Beseitigung des Systems der Oekonomiehand- werker forderten, hätten sie die für sie nachteiligen Wirkungen nicht voraussehen können, namentlich nicht, daß die Bekleidungsämter ihnen die Gesellen wegnehmen würden. Außerdem stelle sich die jetzige Einrichtung erheblich teurer als die frühere, was zum Teil auf die zu starke Besetzung der Aemter mit Beamten zurückzuführen sei. So sei das Bekleidungsamt des GardedukorpS mit elf aktiven Offizieren besetzt, während andere Aemter mit sechs Stellen auskämen. Die Abgg. D r ö s ch e r und Lieber! vertreten den entgegen- gesetzten Standpunkt und halten die neue Einrichtung im Juteresse der Schlagferiigkeit der Armee für geboten. Genosse N o s k e be- zeichnet die Einrichtung der Bekleidungsämter als einen technischen Fortschritt; denn die Vergebung der Arbeiten an Hanwerker würde die Heimarbeit noch weiter fördern. General v. L o ch o w bestreitet gegen Erzberger, daß die Bekleidungsämter teurer arbeiten als private Betriebe; die Vergebung der Arbeiten an Handwerker- genossenschaften stellte sich direkt teurer als jetzt im eigenen Be- triebe! Der Titel wird schließlich ohne weiteren Widerspruch be- willigt. Für Beschaffung des Bedarfs an Tuch werden 9 295 009 M. (736000 M. weniger als im Vorjahre) gefordert. Abg. Erzberger schlägt vor, mit Rücksicht auf den Rückgang der Wollpreise auch von dieser Minderfordcrung noch einen Abstrich zu machen. Bei dieser Gelegenheit kam zur Sprache, daß die Militärverwaltung im Gegen- satz zu der Praxis anderer Reichsämter bei Vergebung ihrer Arbeiten das Mittelpreisverfahren anwendet. Erzberger bezeichnet dieses System wiederholt als das allerrückständigste und verlangt, daß damit gebrochen und der Zuschlag dem Mindest- fordernden erteilt werde. Wenn danach verfahren worden wäre, dann hätten wir für jeden Tornister anstatt 19,99 M. nur 17,86 M. zu zahlen brauchen.— Nach längerer Debatte werden von den hier in Bettacht kommenden Titeln insgesamt 480 000 M. abgestrichen. Weiter wird eine Reso- lution Gothein. wonach bei Lieferungsausschreibungen das Kriegs- Ministerium sich nach dem allgemein geltenden Gebrauch richten soll, angenommen. Für Feuerung, Beleuchtung sind 9 928 600 M. eingesetzt; mit Rücksicht auf den gefallenen Äöhlenpreis streicht die Kommission die gegen das Borjahr mehr geforderten 435 000 M. *«* 33. Sitzung vom 10. März nachmittags. Bei den Ausgaben an, Mieten für Gebäude* fetzt die Kommission die Mehrforderungen von 91600 M. auf 51000 M. herunter. Eine längere Debatte entspann sich über die angeforderte Summe von 2 200 900 M. für Unterhaltung und Pachtung von Uebungsplätzen. Erzberger fragt an, wie groß die Wald- fläche auf den Uebungsplätzen ist und wo die Emnahmen aus den Erträgnissen, namentlich auch aus der Jagdverpachtung hinfließen. Es wird mitgeteilt, daß die Waldfläche ungefähr 80 000 Morgen beträgt; die Erträge seien gering, weil eine forstwirtschaftliche Aus- Nutzung nicht statlsindet. Singer wendet sich gegen die Darlegung eines VertteterS der Finanzverwaltung, der ausgeführt hatte, daß es im Effekt gleich sei. ob die Einnahmen besonders aufgeführt oder die Ausgaben entsprechend gekürzt würden.— Für Manöverkosten werden 2 239500 Mark gefordert. Erzberger wundert sich darüber, daß gerade jetzt, in der Zeit der Finanznot, ein so großes Manöver abgehalten werden soll; damit hätte man doch wohl noch warten können: außerdem würden sich auch die Vergütungen für Flurschäden seht erhöhen, weil eS sich vielfach um die Beschädigung von Weinl bergSanlagen und Tabakpflanzungen handeln werde. Kriegsminister v. Einem entgegnet, daß wir mit den großen Manövern einen gewissen Turnus innegehalten hätten. DaS letzte große Manöver liege bereits ein Dutzend Jahre zurück, so daß eine weitere HinauSschiebung um so weniger zu empfehlen sei, als die übrigen großen Militärstaaten öfter größere Manöver abhielten. Auch die Flurschäden würden nicht außergewöhnlich hohe sein, weil nur Getreidefelder in Frage kommen, Weinberge und Tabakpflanzen nach Möglichkeit umgangen würden. Der Posten wurde bewilligt. Beim Kapitel „Militärlanwesen" werden eine Anzahl Abstriche gemacht, desgl. beim Militärwedizlnal- Wesen und beim Titel„Reisegebührnisse, Umzugskosten und Transportkosten". Nächste Sitzung Donnerstagvormittag: Weiterberatung der heuttgen Tagesordnung. Die ReichstaaSkommission zur Vorberatung eines Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb beendigte in der zehnten Sitzung(am Mittwoch) die erste Lesung.— Zur Beratung standen noch die zurückgestellten Anträge zum Warenverzeichnis. ES lagen die folgenden vor: Sir: hinter 8 10 einen weiteren 8 Ista einzufügen:„Im gewerbsmäßigen Verkehr mit Bier dürfen Ortsbezeichnungen nur zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden. Wer dieser Vorschrift zuwider bei der Benennung von Bier eine der Herkunft nicht entsprechende Ortsbezeichnung vorsätzlich oder fahrlässig ver- wendet, wird mit Geldsttafe bis zu sechshundert Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen bestraft." H a n i s ch: in§ 10 des Entwurfs am Schlüsse des Absatz 1 einzufügen:„Waren, die durch Versand aus gewissen Orten eine Qualitätsbezeichnung erhalten(Meißner Porzellan, Glashütter Uhren, Solinger Stahlwaren usw.), müssen sowohl in ihren meisten Einzelteilen wie als Ganzes in diesen Orten hergestellt werden. Bei solchen Plätzen muß bei Vertrieb nicht dort her- gestellter, aber für de» Ort eigentümlicher Waren deren Herkunst deutlich aus Firmiening, Lnpreffung und Warenbezeichnung hervorgehen." Sir(Z.) begründet seinen Antrag: Heute würden in allen Städten— auch in bayerischen— Biere als„Münch euer" an- gepriesen, die gar nicht aus München kommen. Wenn man Münchencr Bier trinke, dann müsse es auch in München gebraut sein. Man habe in das Weingesetz Bestimmungen aufgenommeu zum Schutze der Konsumenten, man müsse dasselbe auch mit dem Bier tun. Der bayerische Regierungsvertreter erklärt sich im Auftrage der bayerischen Regierung für den Antrag Sir: der gute Ruf des bayerischen Bieres werde geschädigt. Die Bestimmungen des Waren- schutzes reichen strafrechtlich nicht aus. Hanisch spricht für seinen Antrag. Wer Meißener Porzellan kaufe, müsse vor Betrug geschützt werden; unter der Bezeichnung „Glashüttcr Uhren " kämen ganze Ladungen an, obwohl die Be- zeichnung falsch sei. Der preußische Regierungsvertreter bedauert, sich gegen seinen bayerischen Kollegen wenden zu müssen: Man könue Wein und Bier nicht vergleichen; Wein sei ein Naturprodukt, was beim Bier nicht zutreffe. In Berlin gebe es ein Münchener und ein Böhmisches Brauhaus; man könne diese Brauereien nicht einfach verbieten! Wenn man Warenerzeugnisse mit Ortsbezeichnung einführen wolle. dann müsse man weitergehen: er erinnere nur an die Be- zeichnung„Frankfurter Würstchen " und„Schweizerkäse"! Er bittet die Kommission, die Anträge abzulehnen. v. Brockbausen hält die Anträge für sehr bedenklich, behält sich seine Stellungnahme aber zur zweiten Lesung bor.— C h a r st e n s(frs.) wendet sich gegen die Anträge: Wenn er sich in Berlin drei bayerische Knödel bestelle, dann wisse er ganz genau, daß diese Knödel nicht aus Bayern stammen.— Junck(natl.) wendete sich gleichfalls gegen den Antrag. Genosse B r ü h n e spricht sich gegen die Anträge auS: Man könne das Gesetz nicht mit diesem Ballast beschweren; wenn mau den Anträgen entspreche, dann müsse man alle Arten Waren in das Verzeichnis aufnehmen. Bei der Abstimmung werden die Anträge Hanisch-Sir mit allen gegen vier Stimmen abgelehnt. Zum Berichterstatter wird der Abg. Junck bestimmt.— Vorsitzender Roeren gibt noch bekannt, daß zur zweiten Lesung nur Anträge zur Beratung kommen solle», die gedruckt vorliegen. Sozialee* Abschwächung der Haftpflicht des Unternehmers. Bekanntlich ist durch die Unfallgesetzgcbung die Haftpflicht des Unternehmers gegenüber dem Arbeiter oder dessen Hinterbliebenen für alle Fälle mit Ausnahme der vorsätzlichen Herbeiführung des Unfalls ausgeschlossen. Im 8 136 des Gewerbeunfallversicherunge- gesetzes ist aber der Berufsgenossenschaft ein Prozeßanspruch gegen den Unternehmer für die von ihr gemachten Aufwendungen für den Fall gegeben, daß durch strafgerichtliches Urteil festgestellt ist, das; der Unternehmer den Unfall vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführr habe. Diesen Paragraphen hat das Reichsgericht dieser Tage in folgendem Falle erheblich einengend ausgelegt. Der Mauerer T. war am 27. Dezember 1904 beim Abputzen der Innenwände eines ncugebauten Kesselhauses beschäftigt gc- Wesen, während in diesem Keffelhause zwei brennende Kokskörve aufgestellt waren. Als T. die Arbeitsstelle am Abend verlassru hatte, wurde er von Unwohlsein befallen und verstarb kurz darauf zu Hause an den Folgen einer Vergiftung durch Kohlenoxydgas. Die Schlesisch-Posensche BaugewerksberufSgenossenschaft zu Breslau . welche an die Hinterbliebenen des T. Sterbegeld und Renten- betrage zu zahlen hatte, machte daraufhin Schadensersatzansprüchc gegen den Maurermeister W. und dessen Polier L. geltend. Das Landgericht und Oberlandesgericht Breslau erkannten je- doch auf Abweisung der Klage. Im selben Sinne entschied auch das Reichsgericht auf die von der Klägerin eingelegte Revision. Der erkennende VI. Zivilsenat führt hierzu aus, daß die Bc- klagten von der Strafkammer des Landgerichts Glatz nur wegen fahrlässiger Körperverletzung zu Geldstrafe verurteilt worden seien und daß deshalb dem Oberlandesgericht beizutreten sei, wenn es ausführe, daß der Klageanspruch nicht auf§ 136 Satz 1 des Ge- werbeunfallversicherungsgesetzes gestützt werden könne. Denn der Unfall, auf Grund dessen die Klägerin die Aufwendungen für die Hinterbliebenen des Verunglückten T. gemacht habe, sei der Tod des T., aber nicht eine bloße Körperverletzung. Von diesem Unfall — dem Tode— sei aber nicht durch strafrichtcrliches Urteil fest- gestellt, daß ihn die Beklagten vorsätzlich oder fahrlässig herbei- geführt haben, wie dies 8 136 Satz 1 a, a. O. als Voraussetzung der zivilrechtlichen Haftung verlange. )Siis Induftnc und Handel* Schädlichkeit der Produzentenorganisatione«. Das Wirtschaftsleben, das ja unstreitig einen Stich inS große an sich hat, wird, leider mit mehr oder weniger Erfolg, von einigen Geld- und Trustmagnaten beherrscht. Was sich auch im Wirtschafts- leben ereignen mag, eS tritt sprunghaft auf und man bat stets daS Gefühl, daß irgend eine dieser allmächtigen Persönlichkeiten dahinter steckt und irgend einen spekulativen Zweck damit verfolgt. Diese Geldsürsten beherrschen die Börse, sie beherrschen das Verkehrswesen, sie beherrschen daS Geldwesen und sie beherrschen vielfach die Waren- Produktion, und macheu sie ihren Zwecken dienstbar. Selbst die Presse scheint davon keine Ausnahme zu machen, denn wer diese schroff wechselnde Berichterstattung über de» Markt verfolgt, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß die Wirklichkeit mit diesen spekulativen Stimmungsberichten nicht immer in Einklang gebracht werden kann. Daraus erklärt es sich auch, daß die Em- Wickelung keine gesunde und natürliche, sondern eine sprunghafte ist, und daß Ueberraschungen an der Tagesordnung) sind. Als im Jahre 1907 die bekannte Geldkrifis sich einstellte, war es auffallend, daß die Preise am Eisenmarkte sich im großen und ganzen auf ihrer Höhe hielten. Heute erfährt man nun, daß diese Preis- hochhaltung nicht der natürlichen EntWickelung oder der starken Ein- schränkung, sondern einem direkten Beschlutz zu verdanken war. Es glückte bis vor einigen Tagen diese Politik festzuhalten und sich damals nur widerwillig zu einigen kleineren Preisnachlässe» bc- stimmen zu lassen. Daß eine derartige Preispolittk die natürliche EntWickelung aufhalten muß, liegt auf der Hand. So schrieb die„Rh.-Wests. Ztg." kürzliw vom— amerikanischen Wirtschaftsleben. Aber die Charakteristik gilt auch für die Preis- Politik unserer Rohmaterial-Verbände. Von einem Anpassen der Brennmaterialienpreise an die veränderten Verhältnisse hat man noch nichts gehört. Erst kürzlich noch hat der Arbeitgeberschutzverband deutscher Glasfabriken eine Resolutton beschlossen, in der eS heißt: „Die Absatzbeschränknng in Verbindung mit den neuerdings gewaltig gesunkenen Verkaufspreisen für alle GlaSwaren macht die zuzeiten hochgehender Konjunkturen festgesetzten Kohlenpreise bei dem heutigen Tiefftand der Wirtschaftslage zu einer drückenden Last, dereii Milderung zur Aufrechterhaltung der Bettiebe dringend notwendig ist." Bekannt ist auch, daß mit dem Nachgeben der Preise für Fertig- erzcugnisse der Eisenindustrie, die Roheisensyndikate und der Stahl- Werksverband die Preise für Rohmaterial nicht in entsprechender Weise herabgesetzt haben. Um dem Mißverhältnis zwischen den Preisen zu entgehen, verlangten die reinen Werke ja sogar Aufhebung der Zölle auf Rohmaterial und Halbzeug. Gewährt wurde ihnen eine von Ministervertretern besuchte Konferenz, die nichts schadet und nichts mitzt. Mehr zu tun gegen die Jndnstriemagnaten er- laubt sich keine Regierung in Deutschland . Daß die obige Kritik wenigstens zum Teil die Verhältnisse in unserem Vaterlaude trifft, weiß auch dag zitterte Blatt. ES schreibt in: Anschluß an die wieder- gegebenen Auslassungen: „In kleinerem Maßstabe haben eS ja auch bei uns die Ver- bände versucht, die Preise hochzuhalten, sich aber schließlich dem allgemeinen Drängen und der wirtschaftlichen Entwickelung gefügt, und nach und nach Ermäßigungen(?) eintteten lassen."..»
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