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Velten Bulgariens. gWetftfnSt Von dieser SunM'e wird vor allem die Orient bahn für die ostrumelische Strecke entschädigt auf der zwischen Liaptschew und der Pforte vereinbarten Basis. Drittens: Ruhland streicht so viele Annuitäten der türlischen Kriegsschuld als nötig sind, um mit 5 Proz. kapitalisiert, die Summe von 123 Millionen zu erhalten. Bulgarien wird nur mit dem Betrage von 82 Millionen Rußland gegenüber verpflichtet sein. Weitere Details sind noch ausständig. Die Haltung Montenegros . Cetinje » 13. März. Die Nachrichten italienischer Blätter von großen Truppenlandungen in Spizza entsprechen nicht den Tat- fachen; eine derartige Aktion ist schon aus dem Grunde unmöglich, weil die österreichische Flotte vor Spizza liegt. Oesterreichische Stimmen. Budapest , 13. März. Das ungarische Telegraphen-Korresp.- Bureau äußert sich über die serbische Note folgendermaßen: Die Note ist in ihrem politischen Teile befriedigend. Die serbische Berufung auf die Zirkularnote wird unsererseits nicht angenommen, weil deren Inhalt unzureichend ist. Die serbische Note beweist, daß man sich in Belgrad alle erdenNiche Mühe gibt, unsere Bestrebungen zu v e r e i t e l n, die darauf ge- richtet sind, zwischen der Monarchie und Serbien eine klare Situation zu schaffen und den fortgesetzten Rüstungen ein Ende zu bereiten. Wien , 15. März. Da der authentische Text der serbischen Antwortnote erst in den Mittagsstunden bekannt wurde, bringen die Nachmittagsblätter noch keinerlei Kommentare. Nur die Neue Freie Presse" schreibt: Die Antwort der serbischen Regierung ist trotz der Winkelzüge und des Mangels an Geradheit so gefaßt, daßweitereVerhandlungenmöglichsind. poUtifcbc Qebcrlicbt. Berlin , den 15. März 1909. Aenderung des Strafgesetzbuches. DerEntwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderung des Strafgesetzbuches" ist dem Reichstage zugegangen. Die No- belle erstreckt sich auf folgende Materien: Hausfriedens- b r u ch. Arrestbruch, Sicgelbruch, Vereitelung der Zwangs- Vollstreckung, Tierquälerei, Beleidigung, Kinder- Mißhandlung, geringfügige Diebstähle und Unterschlagungen, Erpressung. Der Hausfriedensbruch mit bewaffneter Hand mußte bisher mit Gefängnis bestraft werden; desgl. Sicgelbruch, Arrcstbruch und Vereitelung der Zwangsvollstreckung. Die Novelle sieh! für diese Delikte auch Geldstrafe vor. Ein neuer Paragraph(145b) will boshafts Oualerci oder rohe Mißhandlung von Tieren mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 600 M. ahnden. Bisher wurde nach§ 360 Ziffer 13 öffentliche oder ärgerniserregende boshafte Lluälerei oder rohe Miß- Handlung mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft be- straft. Diese Strafen sollen laut Novelle nunmehr den- jenigen treffen, der die zur Verhütung von Tierquälerei erlassenen Vorschriften übertritt. Im§ 186, dem berüchtigten Beleid, gungsparagraphen, sollen die Geldstrafmaxima von 600 auf 1000 bezw.(bei öffentlicher Beleidigung) von 1500 auf 10 000(Zehn­tausend!!) Mark erhöht werden, ja es soll neben der Freiheits - auf Geldstrafe erkannt werden dürfen. Sodann ist folgender Zusatz geplant:... ..Bei einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darftellungen begangenen Beleidigung tritt die Bestrafung ohne Rücksicht ans die Erloeislichkeit der Tatsache ein. wenn diese lediglich Verhältnisse des Privatlebens betrifft, die das öffentliche Jntercste nicht berühren. Eine BeweiSauf- nähme über die bebauptete.oder verbreitete Tatsache ist nur mit Zustimmung des Beleidigten zulässig."__. Beleidigung wider besseres Wissen, die bisher bei An- nähme mildernder Umstände mit Geldstrafe bis zu 300 M. geahndet werden durfte, soll fortan(neben Ge- fängnis(bis mit 3000 M. gebüßt werden. D,e Buße an den Beleidigten soll von jetzt 6000 M. im Maximum b,s auf 20 000 M.(!) erhöht werden. Zu§ 223a wird folgender Zusatz geplant: Gleiche Strafe(G-fangiiis nickt unter 2 Monaten) tritt ein, wenn gegen eine noch nicht 14 �nhre alte oder wegen Ge- brechlichleit oder Krankheit wehrlose Person, die der Für,orge oder Obhut des Täters untersteht, eine Körperverletzung mittels grausamer Behandlung begangen wird." Aus N o t erfolgte Diebstähle oder Unterschlagungen g e- ringwertiger Gegenstände sollen mit Geldstrafe bis zu 300 M. oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft werden. Die Verfolgung darf nur auf Antrag eintreten. Wird die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen den Ehegatten begangen, so bleibt sie straflos. Im Erpressungsparaqraphen(253) soll nach dem neu- vorgeschlagenen Text der Nachdruck auf die beabsichtigte Ver- mögenöschädigung verlegt werden.,. ,,,. Wir werden die Novelle, die uns bc, Ncdaktwnsschluß zuging, noch einer genaueren Prüfung und Würdigung unterziehen._ Die Steuerschen der Agrarier. Finanzminister v. Rheinbaben ist im preußischen Landtage der Behauptunz entgegengetreten, daß die Großgrundbesitzer sich unter dem Schutz der Landräte der Stcuerpflicht unterziehen. Der Deutschen Zeitung" sind darauf aus ländlichen Kreisen eine Menge Zuschriften zugegangen, aus denen hervorgeht, daß speziell in Ost» elbien von den Grundbesitzern eine ganz merkwürdige Ein- schätzungSmethode angewendet wird. Die Gutsbesitzer Pflegen die Kosten ihre» Unterhalts mit unter die WirtschaftSunkosten zu buchen; so kommt es. daß sie oft weniger Einkommensteuer cnt- richten als wie der Lehrer. Ein höherer Beamter schreibt dem ge- nannten Blatte: Während die Lebenshaltung der meisten Grundbesitzer meiner Nachbarschaft über die meintge erheblich hinausgeht, machte ich bei der letzten LandtagSwahl durch einen Blick in die S t e u e r l i st e die Wahrnehmung, daß einer dieser Herren (Haushalt: 2 Inspektoren. 1 Mamsell. 1 Diener, 2 Mädchen, 1 Kutscher, 1 Stallbursche, 4 Kutsch-, 2 Reitpferde, das übrige dementsprechend) weniger als den fünften Teil meiner Einkommensteuer bezahlte. Die Mitglieder der ländlichen Steuercinschätzunaskommisston meinten, daS fei anderwärts auch so. und man zuckt die Achseln, um nicht mit allen in Krieg zu geraten. Wird einer einmal gestellt, indem man ihm nachweist, daß er als großer Herr lebt und als Kossät steuert, so erklärt er, vom Kapital zu leben." Erinnerlich dürfte noch sein, daß vor ein paar Jahren fest- gestellt wurde, daß einer der Führer des Bundes der Landwirte, Freiherr v. Wangenheim, keine Einkommensteuer bezahlte, well er angeblich ein steuerlich faßbares Einkommen nicht hatte. Samoa . Die Lage auf den Samoa - oder Schifferinseln scheint diel ernster zu sein, als die am Sonntag von uns mitgeteilte offizielle Darstellung sie schildert. Schon die Heranziehung mehrerer großer Kriegsschiffe läßt erkennen, daß eS sich um sehr ernste, ausgebreitete Unruhen handelt. DieRhein.-Westf. Zeitung" mißt die Schuld daran, daß es soweit gekommen ist, der Eingeborenenpolitik des Gouverneurs Dr. Solf bei, der die Samoaner auf Kosten der Weißen verhätschelt habe. Die wirkliche Ursache scheint aber ganz wo ander» zu liegen. Vor einiger Zeit ist nämlich mitgeteilt worden, daß Land an Weiße nicht mehr abgegeben werden könne, weil der noch vorhandene Grund und Boden kaum noch für die Samoaner ausreichend sei. Es liegt sonach die Vermutung nahe, daß die Samoaner vornehmlich zum Kampf deshalb ihre Zuflucht nehmen, weil der ihnen belassene Boden nicht mehr ausreicht. Das Kolonialamt ist über die Zustände in Samoa schon seit längerer Zeit informiert, hat es aber für gut befunden, die Methode des VertuschcnS anzuivenden. ES muß verlangt werden, daß unver- züglich eine amtliche Darstellung erfolgt. Nach einer Meldung derNationalzeitung' wird voraussichtlich, wenn nicht besonders dringliche Verhältnisse ein früheres Eingreifen erforderlich machen, mit der Einleitung der Aktion gegen die Ein- geborenen so lange gewartet werden, bis alle auf der Fahrt nach Apia befindlichen Schiffe dort eingetroffen sein werden. Man hofft an amtlicher Stelle, daß die Demonstration des Geschwaders, die in einer Rundfahrt um die Insel bestehen wird, ohne Blut- vergießen zur Beruhigung des Jnfelgebietes führen wird. Der Rebellensprecher Nauab wird dann voraussichtlich nach einem bereits früher gegen aufständische Haupt- linge angewandten Verfahren nach Neu-Guinea deportiert werden. Als günstig fällt ins Gewicht, daß die samomnschcn Inselbewohner unter sich uneinig sind; namentlich auf Upulo, der Hauptinsel SamoaS , auf der auch Apia liegt, sitzen starke Stämme, auf deren Treue die Regierung mit Sicherheit rechnen können soll. Die Arbeitslosendemonstration als Landfriedensbruch. Am 19. März wird im Gerichtssaal zu Moabit ein gerichtliches Nachspiel der Arbeitslosendemonstrationen des 9. Februar stattfinden. Vier Arbeiter, Echtrop, Tiedemann, Boecker und Schelle, werden vor den Geschworenen er« scheinen, des LandfriedenSbrucheS angeklagt. Wenn die Geschworenen ihnen miloernde Umstände versagen sollten, so droht ihnen Zuchthausstrafe, da sie nicht nur der Teilnahme an der Zusammenrottung, sondern auch der Zer- störung von Sachen bezichtigt werden und Tiedemann überdies als Rädelsführer und Vcrüber von Gewalttätigkeiten gegen Personen angeklagt wird. Werden die Geschworenen die Schuldfragen bejahen? Die bürgerliche Presse ohne Unterschied hat ihr Möglichstes dazu getan. Von derKreuzzeitung " bis zumBerliner Tageblatt" haben die Organe der Satten gehetzt gegen die Hungernden, die es gewagt haben, am Tage des Einzugs des König» von England ihr Elend zur Schau zu stellen, die versucht haben sollten, die Einzugsfeier- lichkeitcn zu stören, und die sich gar dazu hinreißen ließen, etliche Fähnchen von Omnibussen und Läden abzureißen. Keine Ueber« treibung erschien den Ordnungsblättern zu kratz, alles geschah, um das Treiben der Arbeitslosen als höchst staatsgefährliches Ver- brechen hinzustellen. Wir haben diese bedauerlichen, aber im Grunde doch nur zu sehr begreiflichen Ausschreitungen mißbilligt. Wir fordern vom Proletarier Disziplin im Kampfe und unsere Arbeit und die der Arbeiterorganisationen ist darauf gerichtet, disziplinierte Kämpfer zu schulen. Aber wir wissen nur zu gut, daß die Not und das Elend, daS die Krise über die Arbeiter bringt, Verzweiflung ge- bicrt, die gar leicht die Schranken der Selbstzucht durchbrechen kann, und wir verkennen nicht, daß für den darbenden Arbeitslosen der Gedanke, daß die Stadt Berlin 60 009 M. für einen Königs- enipfang gab, etwas furchtbar Aufreizendes hat, daß ihm der An- blick des Festschmucks als eine blutige Verhöhnung seines Jammers erscheinen muß. So werden die Geschworenen, die aus den Reihen der Bour- geoisie genommen werden, die Sache freilich nicht sehen. Ader wir hoffen und fordern, daß sie den Hintergrund der AuS- schrcitrmgen, die die vier Arbeiter auf die Anklagebank brachten, wenigstens als mildernden Umstand, und nicht, wie die OrdnungS- Presse eS tat, als verschärfendes Moment würdigen. Und wenn sie die Taten der Angeklagten Revue passieren lassen, so möchten die Herren Geschworenen einmal annehmen, seien nichtarb eitS- lose Proletarier, dir sie verübt haben, sondern über- mutige Söhnchen wohlhabender Eltern. Studen. ten mit guten Wechseln! Und dann sollten sie sich die Frage vor- legen, ob diese Sprößlinge der besitzenden Klassen auch wegen LandfriedenSbrucheS vor die Geschworenen gekommen wären? Die Frage stellen, heißt sie beantworten! Die Erfahrung lehrt unS, daß Studenten, die ähnliches begangen haben wie diese vier Arbeiter, wegen groben Unfugs und Sachbeschädigung angellagt wurden und mit Geldstrafen davonkamen, die ihnen die Karriere nicht verdarben! Nichts Schlimmeres als randalierende Musensöhne haben die vier Arbeiter begangen, die unter eine An- klage gestellt sind, auf die Zuchthausstrafe steht! Arbeitslose Proletarier und Studenten sollen nach deutschem Grundgesetz unter einem Recht stehen! Möchte es der Spruch der Geschworenen am 19. März erweisen! Die Matrikularbeiträge pro IVOS. Eine Ausstellung des RcichSsckatzamteS veranschlagt die von den Bundesstaaten für daS Etatsjahr 1900 zu zahlenden Summen an das Reich wie folgt: Preußen 268 004 743 M.(gegen 1008 mehr 40 838 241 M.). Bayern 44 318 874 M.(mehr 8 541 575 M.), Sachsen 31 887 808 M. (mehr 6 016 558 M.l. Württemberg 15 902 790 M.(mehr 3 036 823 Mark). Baden 14 227 907 M.(mehr 2 687 318 M.), Hessen 8 562 193 Mark(mehr 1622 085 M.). Mecklenburg -Schwcrin 4 428 176 M. (mehr 840 706 M.). Sachsen-Weimar 2 746 806 M.(mehr 519 319 Mark), Mecklenburg-Strelitz 732 500 M.(mehr 138 830 M.), Olden- bürg 3 102 704 M.(mehr 583 872 M.). Braunschweig 3 440 855 M. (mehr 651 680 M.), Sachs en«Meimngen 1903 498 M.(mehr 360 039 Mark). Gachsen-Altenburg 1 462 255 M.(mehr 276 994 M.), Sachsen-Coburg-Gotha 1716 261 M.(mehr 324 813 M.). Anhalt 2 823 725 M.(mehr 440 990 M.), Schwarzburg-SonderShausen 603137 M.(mehr 114 404 M.), Schwarzburg-Rudolstadt 685 934 Mark(mehr 130146 M.). Waldeck 419 044 M.(mehr 79 684 M.), Reuß ä. L. 506 171 M.(mehr 04 042 M.). Reutz j. L. 1 024 184 M. (mehr 104 333 M.), Schaumburg-Lippe 818 604 M.(mehr 60 461 Mark). Lippe 1031 199 M.(mehr 195 655 M.). Lübeck 749 074 M. (mehr 171 604 M.). Bremen 1 861 581 M.(mehr 849 666 M.). Ham- bürg 6 186 650 M.(mehr 1 166 254 M.), Elsaß-Lothringen 12 848 803 Mark(mehr 2 435 297 M.). Insgesamt sind 426889133 M. Matrikularbei» träge, also 80861081 M. mehr gegen das Voriahr aufzubringen._ Eisenbahndefizit in Bayern . Wie dieFränkische Tagespost" zuverlässig erfährt, beziffert sich der Fehlbetrag der bayerischen Eisenbahnen für doS Jahr 1908 Mf rtmd 8 Millionen Mark. Bessern sich die Einnahmen der Eisenbahnen nicht, so ist auch für das Jahr 1009 mit einer Minder« einnähme von 8 Millionen Mark zu rechnen. Dazu kommt noch ein Mehraufwand für Beamtengehälter von rund 4 Millionen Mark. Das ergibt also für die laufende Finanzpcriode ein Defizit von 20 Millionen Mark._ In den Tod getrieben! Der Selbstmord eines Soldaten war dieser Tage Gegenstand einer Verhandlung vor dem Dresdener Kriegsgericht. Wegen Un- gehorsam?, eigenmächtiger Abänderung eines ihn erteilten Befehles und wegen vorschrifiswidriger Behandlung eines Untergebenen hatte sich der Unteroffizier L a p p t o von der 12. Kompagnie des Schützenregiments Nr. 103 zu veranilvorten. Am Abend des 11. Januar d. I. beging der Rekrut Schubert II Selbst« m o r b lieber die Ursache zum Selbstmord wurde sofort ein« Untersuchung eingeleitet, die folgendes ergab: Schubert wurde eines Tageö bei einer Besichtigung mit einem nicht passenden Tschako an- getroffen. Es wurde festgestellt, daß eS nicht der feinige war, und chrn daher aufgegeben, sich den richtigen Tschako wieder zu ver- schaffen. Schubert gab sich die redlichste Mühe, sich den ihm ge- hörigen Tschako wieder zu verschaffen; indessen vergeblich. Nach einiger Zeit entdeckte der Feldwebel, daß Schubert immer«och den falschen Tschako trug und befahl ihm nun, sich den richtigen oder eine» anderen p a> s e n d e n Tschako zu besorgen. Der Rekrut ging zum Angeflagten, der Kammerunteroffizier war und bat um einen anderen Tschako, was aber abgelehnt wurde. Eines Tages brachte der Feldwebel den Rekruten Schubert zur Meldung. Der Rekrutenoffizier, der mit dem Angeklagten über die Angelegenheit sprach, befahl diesem, am 11. Januar bis abends 7 Uhr die Sache zu ordnen und, falls sich bis dahin der richtige Tschako Schuberts nicht gefunden haben sollte, ihm(dem Offizier) die Sache am anderen Tage zwecks Weiterversolgimg zu melde». Der Angeklaate ließ gleich darauf den Rekrut Schubert zu sich kommen und befahl ihm:Bis heute abend 7 Uhr melden Sie sich mit dem richtigen Tschako bei mir!" Schubert lief nun verzweifelt hin und her. um den richtigen Tjchako zu finden; es gelang ihm nicht. Noch einige Stunden hielt er sich angsterfüllt in der Kaserne auf, bis er schließlich abendSgegen7Uhr, um welche Zeit er sich mit dem richtigen Tschako melden sollte, Selbstmord beging und zwar aus Furcht vor etwaiger Strafe. Gegen den Kammerunteroffizier wurde ein Verfahren eingeleitet und Anklage erhoben. DaS Standgericht erkannte aber auf Freisprechung, wogegen aber der Gerichtsherr Berufung einlegte und Be- strafung erstrebte. Vor dem Kriegsgericht, das sich nun als VerufungS- gericht mit der Angelegenheit beschäftigte, gab der Angeklagte an, er habe den Befehl des Offiziers falsch verstanden; er habe sich nach keiner Richtung hin strafbar gemacht. Der Offizier dagegen bekundete, wenn er sich auch des genauen Wortlautes seines Befehls nicht mehr erinnern könne, so sei es aber auSgeschloffeu, daß er ihn in dem vom Angeklagten aufgefaßten Sinne gemeint habe. Schubert sei Rekrut und deshalb sei eS für ihn auch äußerst schwierig, den richtigen Tschako zu finden. Der Anklagevertreter plädierte auf Bestrafung des Angeklagten in allen drei Punkten. ES sei, so meinte er, nur noch zu erwägen, ob durch den Ungehorsam ein erheblicher Nach- teil entstanden sei. DieS sei zu bejahen, denn der Angeklagte habe durch den Befehl den äußeren Anlaß zum Selbst« mord gegeben. DaS Kriegsgericht hob nach längerer Beratung das freisprechende Urteil des Standgerichts a u s und verurteilte den Angeklagten wegen vorschriftswidriger Behandlung eines Untergebenen zu drei Tagen mittleren Arrest!! franhrcicb. Eine beigelegte Krise. Paris , 14. März.(Eig. Bcr.) DaS Ministerium Clemenceau , Briand , Simhan usw. hat einen Schönheitsfehler. DaS ist Herr C a i l l a u x, der Finanzminister. Man denke: da ist ein Mann, der so wenig Stilgefühl hat, daß er ohne Rücksicht auf die harmonische Physiognomie der Regierung die Grundsätze, die er mitgebracht hat, nicht verabschiedet, der mit Hartnäckigkeit seine Einkommen- steuervorlage den Beginn einer gerechten Besteuerung in Frankreich - in der Deputiertenkammer trotz aller Schliche und Tücken offener und heimlicher Gegner durchsetzt, vor der Schluß- abstimmung sie noch in einer Rede begründet, in der die guten Geister der klassischen bürgerlichen Demokratie lebendig werden und der sich sogar weigert, dem Mokvch MariniSmuS den ge- forderten ungemessenen Fraß zu verabfolgen. Welcher Triumph wäre eS für die großen Ausbeuter gewesen, Eatllaux unmittelbar nach seinem Erfolg in der Kammer abgesägt zu sehen! Das bloße Gerücht davon bewirkte auf der Börse eine Haussesttmmung. Ver« mutlich hätte sich auch Clemenceau des lästigen Doktrinärs gar nicht ungern entledigt. Er hätte so die Sympathien, die er bei den Gemäßigten genießt, noch verstärkt. Nur hatte die Sache einen Haken. Gerade weil Caillaux ' Abgang die öffentliche Preisgebung der Einkommensteuer bedeutet hätte, wäre er vielen Radikalen un- angenehm gewesen, die dieser Steuer insgeheim ja auf ihrem Weg durch den Senat alles Böse wünschen, aber sich vor den Wählern nicht als Helfershelfer dieses Verrats präsentieren können. Nun bot ja Caillaux auch eine andere Angriffsfläche dar. Der neue Marineminister Picard hatte herausgerechnet, daß, um die Marine instand zu setzen, 800 Millionen notwendig seien. DaS war nun auch den zu den größten Gefälligkeiten an die Marinelieferanten geneigten Patrioten zuviel und bei genauerem Nachrechnen fand Herr Picard, daß es schließlich mit 223 Millionen auch gehe. Herr Caillaux , der kein Geld in den Kassen, im letzten Jahre infolge der Krise große Mindererträge zu verzeichnen und überdies die sichere Aussicht auf ein riesiges Defizit im nächsten Jahre hat, der überdies in Betracht zieht, daß die noch so reduzierte Altersversicherung der Arbeiter und die der Eisenbahner im be- sonderen Geld tosten wird, widerstanid noch immer, sogar als Herr Picard bis auf 100 Millionen heruntergegangen war. Darüber brach nun ein Konflikt auS, der den Charakter einer partiellen oder gar allgemeinen Ministerkrise anzunehmen schien. Ueberraschendcrweise aber hat er mit einem Ausgleich geendet. Herr Caillaux ist bereit, diese Summe von 190 Millionen in sechs Jahresraten abzugeben. Je 30 Millionen sollen für daS laufende und für daS nächste Jahr flüssig gemacht werden und vor allem der anscheinend sehr dringenden Munitionsergänzung dienen. Jährlich 80 Millionen daS ist wirklich bei Molochs Appetit noch bescheiden. Herr Caillaux hätte dieses Zugeständnis nicht erhalten, wenn ihm nicht die Feststellungen des Rechnungshofes und der Bericht des Abg. B r o u s s e über die Mißbräuche in der Marine- Verwaltung zu Hilfe gekommen wären. Angesichts dieser Eni- hüllungen der ungeheuerlichen Diebereien der Lieferanten wäre es unmöglich, vom Parlament größere Summen zu erlangen, und so entging Clemenceau der Vorwand, Caillaux auszuschiffen. Weil dies nicht im Zeichen des anrüchig gewordenen Marinepatriotismus geschehen konnte, hat sich Clemenceau bemüht, den Konflikt bei« zulegen, der leicht eine ihm sehr unerwünschte Tragweite bekommen hätte. Italien . Der Wahlsieg der Sozialdemokratie. Rom , 13. März.(Privatdcpesche desVorwärts".) Die gestrigen Stichwahlen haben unserer Partei einen grotzeni Erfolg gebracht. Wir haben zwölf Mandate erobert, und das italienische Proletariat besitzt heute 42