Einzelbild herunterladen
 
beitern ver Heeres- und Marineverwaltung eine Interessen- Vertretung in den Kammern zu ermöglichen. Auch dieser Antrag wurde nach längerer Debatte abgelehnt, nachdem die Regierungs- Vertreter erklärt hatten, daß die Annahme des sozialdemokratischen Antrages das ganze Gesetz gefährde. Auf eine Anfrage des Genossen Severins, ob die Kammern berechtigt sein sollten, zur Beratung gemeinsamer Fragen zusammenzutreten, erklärte Ministerialdirektor Caspar, daß die fachliche Gliederung nur ein Zu- fammentreten gleichartiger Gewerbszwieige zulasse, eine gemein sanre Beratung der Kam- mern verschiedener Gewerbezweige aber ver- biete. Die zweite Lesung soll am Mittwoch, den 24. März, beginnen. Die Finanzkommission des Reichstags kam am Mittwoch nicht einmal mit der Gencraldiskussion der Weinsteuervorlage zu Ende. Genosse Dr. David als Korreferent bezeichnete die Weinsteuer als ein Glied in der Kette der in- direkten Steuern, das aber dadurch für die Sozialdemokraten nicht annehmbarer werde, daß man die Weinsteuer als Besteuerung eines Luxusgetränks bezeichne. Luxussteuern sind unrationell. Wolle man dem LuxuS wirklich an den Kragen, so sei eS einfacher und rationeller, direkt den Geldbeutel zu besteuern. National- ökonomisch unrationell sei es auch, immer mehr menschliche Arbeitskraft auf die Kontrolle und Erhebung indirekter Steuern zu verwenden, wodurch sie der Produktion entzogen werden. Das widerspricht den allgemeinen nationalen volkswirtschaftlichen Interessen. Auf die einzelnen Bestimmungen der Vorlage eingehend, weist David eine Reihe von Widersprüchen und Unstimmigkeiten nach, so namentlich, daß der Zweck, die reichen Weintrinker, die die feinsten Weine in Fässern im Keller lagern haben, zu treffen, gor nicht erreicht werde, während der kleine Weinkonsument aus dem Mittelstande, der sich den Wein flaschenweise kauft, von der Flaschensteuer wie auch von der Zuschlagsteucr, also zwiefach, getroffen wird. Wo bleibt bei solcher Gesetzgebung die Vernunft uno die Gerechtigkeit? Der wirklich Reiche wird durch das Gesetz nicht erreicht, sondern der Mittel st and wird wieder ganz be- sonders hart getroffen. Dazu sind auch die kleinen und mittleren Weinbauern zu rechnen. Dem kapitalkräftigen Händler wird es cin leichtes sein, die Hauptlast der Steuer auf den wirtschaftlich schwachen Produzenten abzuwälzen; die Vorlage bietet diesem nicht die geringsten Garantien. Daß die Steuer einen Rückgang des Konsums zur Folge haben wird, gibt die Regierung selbst zu; sie nimmt jedoch an, daß sich dieser Rückgang nur auf die ersten Jahre beschränken werde. Dieser Rückgang wird aber den Winzern schwere Wunden schlagen und einen Preisrückgang zur Folge haben. Daher auch der Sturm der Entrüstung unter den Weinbauern, was um so erklärlicher ist, als deren Existenz schon seit Jahren eine schwer bedrückte ist. DaZ geht auch aus dem Rückgang der Weiubergspreise hervor, die in den letzten Jahren um 20 bis SO Proz. gefallen sind, wie David aus einwandsfreiem Material nachweist. Diese Situs- tion durch daS Steuergesctz zu verschärfen, sei ein an den kleinen Weinbauern verübtes sthreicnoes Unrecht, und wenn die ton- angebenden Kreise der Agrarier dabei mitmachen, so ist das um so schlimmer, als diese sich stets ihres Wohlwollens für die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe rühmen. Jedenfalls werde die Sozial. demokratie bei ihrer ablehnenden Haltung verharren. Ministerialdirektor Kühn steht auf dem Standpunkt, daß sich gegen die Vorlage im Prinzip nichts einwenden lasse, wenn auch Einzelheiten verbesserungsfähig sein mögen. Graf Könitz hat die Weinstcuervorlage mit Freuden begrüßt und wundert sich nur, daß dies bei den Sozialdemokraten nicht auch der Fall sei, wie die Rede Davids erkennen lasse. Richtig sei, was David behauptet habe, daß ein Rückgang im Weinbau und ein Preisrückgang für Weinberge eingetreten sei, aber dafür seien die kolossalen Weinpantschereien in jüngster Zeit verantwortlich zu machen; da werde aber das neue Wcingesetz bessernd wirken. Da- durch, daß die Regierung sich auf die Besteuerung der Flaschen- weine beschränkt habe, bleiben allerdings die..feine» Familien", wie sie David bezeichnet habe, ungeschoren. So auch er, der sich seinen Wein in Fässern schicken lasse. Aber er empfinde es als nicht gerecht und das um so weniger, als er doch gern bereit sei, auch seinen Teil zur Weinsteuer beizutragen! Ministerialdirektor Kühn erklärt, daß der Bundesrat die Frage der allgemeinen Wemstcuer reiflich erivogcn. aber der unge- Heuren Schwierigkeiten halber von diesem Vorschlag Abstand ge- nommen habe. Die Kontrolle sei nicht so schwierig und kostspielig wie angenommen werde. Raab von der Wirtsch. Ver. ist mit dem Grafen Kanitz völlig einverstanden, auch bezüglich der Verwunderung über die Stellung der Sozialdemokraten zu der Vorlage, und tritt ebenfalls für eine allgemeine Weinsteuer an. Daraufhin erklärt der Bundes. ratSvertreter für Württemberg, daß feine Siegicrung dem vor- liegenden Entwurf nur zugestimmt habe unter der Garantie der Beschränkung auf die neue Flaschensteuer, aber jedem Versuche einer allgemeinen Weinsteuer sich ganz entschieden widersetzen und auf ihren Schein bestehen werden. Ho r m a n n von den Freisinnigen und Dr. Weber von den Nationalliberalen sind Gegner der Vorlage, müssen aber beide bekennen, daß sie nicht ihre ganze Fraktion hinter sich haben. Der Schatzsekretär S tz d o w bezeichnet als Ausgangspunkt der Vorlage die Erwägung, daß man, da Bier und Branntwein besteuert werden, am Wein, dem Getränk der Wohlhabenden, nicht vorüber- gehen könne. Wäre daS geschehen, so würde die Negierung gerade von den Gegnern der Vorlage, den Sozialdemokraten, als Be- schützerin de? Besitzes gebcandmarkt worden sein. Der ReichSparteilcr Schulz entrüstet sich sittlich über die ab- lohnende Haltung der Sozialdemokraten, die er als Ungerechtigkeit empfindet. Das Volk würde es einfach nicht begreifen, wenn man den Wein steuerfrei lajse. Dr. P? ch l e r vom Zentrum erklärt, daß daS Zentrum freudig für eine Weinsteuer stimmen würde, wenn eS möglich wäre, die Konsumenten besserer Weinsorten so für 68 M. und mehr die Flasche ordentlich zu treffen. Dazu sei aber die Vorlage nicht geeignet. Anläßlich der Erfahrungen der letzten Wocken habe daS Zentrum sich cntschlosien, um einer Förderung der Arbeiten der Finanzkommission nicht hindernd im Wege zu stehen, sich ab- wartend zu verhalten und bei der Abstimmung über§ 1 in erster Lesung sich der Stimme zu enthalten. Genosse Dr. David wendet sich zunächst gegen den mehrfach laut gewordenen Vorwurf der Inkonsequenz, weil wir nicht für die Weinsteuer zu haben seien, trotzdem Vier, Branntwein und Tabak so hohe Steuern aufbringen müßten! Wir sind als Gegner aller indirekten Steuern auf Genußmittel nur konsequent, wenn wir auch diese als Rechtfertigungssteuer anzusprechende Weinsteuer ablehnen. Wir sind für jede direkte Steuer, die den Besitz tr fft  : die Nachlahsteuer, die progressive Einkommens- und Vermögenssteuer, und deshalb versage der Einwurf, daß wir die reichen Weintrinker unbestcuert lassen wollen. Dietrich ist gegenüber der württembergischen Regierung der Meinung, daß die gegebene Zusicherung so gut wie gar keinen Wert habe. Der württembcrgische BundeSratSvertreter bemerkt, daß seine Regierung mit ihrer Zustimmung ein schweres Opfer gebracht habe, aber auf ihrmoralisches Refcrvatrecht" iverde und müsse sie be- stehen, und sei er überzeugt, daß der Bundesrat nicht verlangen Iverde. daß sie auf ihrenSchein" verzichte. Nachdem Raab seiner Verwunderung über die Haltung der freisinnigen Blockbrüder Ausdruck verliehen, die Sozialdemokraten angerempelt und Paaschs und Schweickhardt sich für ihre Person gegen, Graf Kanitz nochmals für die Vorlage aus« gesprochen, letzterer den notleidenden Winzern die notleidenden SchnapSbrenner gegenübergestellt, die sich oftmals das Geld zur Entrichtung der Brennsteuer pumpen müßten, auch sein Bedauern über den geringen Zoll auf ausländische Weine geäußert, wird die Debatte abgebrochen, um morgen fortgesetzt zu werden, Die Kommission für daS Gesetz zur Sicherung der Bauforderungen hat die zweite Lesung beendet und den Bericht fertiggestellt. Vor- aussichtlich ivird sich aber das Plenum erst nach den Osterferien da- mit beschäftigen. Für die Bauarbeiter hat die Kommission eine Verbesserung beschlossen. Es soll der rückständige Lohn bis zur Höhe von zwei Wochen(auch bei Akkordarbeiten) ein u n- bedingtes Vorrecht vor allen übrigen Forde- r u n g e n haben. Natürlich nur dmm, wenn der Bauarbetter seine Forderung rechtzeitig angemeldet hat. Im übrigen ist das Gesetz recht unbefriedigend ausgefallen. Für das ganze Reich soll für V a u g e l d e m p f ä» g e r die BuchführungSpflicht eingeführt werden, damit festgestellt werden kann, ob und inwieweit die Baugelder bestimmungsgemäß verwendet werden. Die übrigen Vorschriften deS GeietzeS gelten nur in denjenigen LandcSteilen,'wo sie durch landesherrliche Verordnung eingeführt werden voraus- sichtlich also nur in den paar Großstädten, sowie daß der Bau- schwindel von Amtswegen in die B o r o r t e und die mittleren Städte getrieben wird! I Zur Durchführung des Gesetzes ist eine neue Behörde vor- gesehen: DaS Bauschöffcnamt. Die Einrichtung und Zusammensetzung ist aber wieder den Einzel st aaten und den O r t s st a l u t e n überlassen, so daß zur Bekämpfung deS überall gleichen Bauschwindels ein sehr bunt- scheckiges Gesetz herauskommt. Die Kommission für daS NeichSbauIgesetz kielt am 16. d. M. eine Nachtsitzung. Es lagen zwei AbänderungSanträge vor. Der Silber» Arendt will der Reichskasse dadurch billiges Gold beschaffen, daß er aus dem Reservefonds der Neichsbank die Hälfte(etwa 32 Millionen Mark) herausnimmt und dem Reiche überweist. Er möchte gleich- zeitig das Grundkapital durch Ausgabe neuer Anteile um 30 Millionen erhöhen. Der Antrag, für den nicht einmal die Konservativen ein- traren, wurde gegen drei Stimmen abgelehnt. Ein Antrag Raab wollte den Reingewinn der Bank in folgender Weise verteilen: Zunächst 3>/g Proz. Dividende an die Anteileigncr, von dem Rest 75 ProzI an das Reich, 16 Proz. an den Reservefonds und die übrigen 15 Proz. wieder an die Aktionäre. Der Antrag wurde von den"Sozialdemokraten lebhaft unterstützt. Gcnoffe Singer erklärte, wir wollten ein Bankgcsetz schaffen, kein Gesetz für die BansierS. Der Antrag wurde schließlich mit 16 gegen v Stimmen abgelehnt. Dafür stimmten Sozialdemokralen, Antisemiten, Konservative und der Pole, dagegen mit den Liberalen auch die Herren vom Zentrum, die eine überraschende Rücksicht auf das Groß- kapital bewiesen. Ein weiterer Amrag, für die Dividende der Anteilseigner eine Höchstgrenze von 6 Proz. festzusetzen, fand nur die Unterstützung der Sozialdemokraten und Antisemiten. Die Osterferien des Reichstags. Der Seniorenkonvent des Reichstags beschloß am Mitt- wach, die Osterferien am 1. April beginnen zu lassen und die erste Sitzung nach Ostern auf den 20. April festzusetzen. 6ewcrkrcbaftUche� Arbeitslosigkeit und Gewerkschaften. In allen Industrien beginnt sich trotz entgegengesetzter Prophezeiungen der wirtschaftliche Rückschlag immer deut­licher auszuprägen. Und es sind nicht nur d i e Gewerbe, die durch ihre Herstellung der wichtigsten Lebensbedürfnisse am innigsten mit der schnell wechselnden Konsumfähigkeit des Volkes verbunden sind, die unter dem allgenieinen Wirtschaft- lichen Daniederliegen zu leiden haben. In allen Branchen macht sich das gleiche bemerkbar. So zeigt zum Beispiel auch das polygraphische Gewerbe von 1907 zu 1008 eine deutliche Verschlechterung der allgemeinen Lage. In den folgenden Ziffern sind die Arbeitsverhältnisfe deS Deutschen Buchbindcrverbandes, des Getvenfvercins der graphischen Berufe, weiterhin des Buchdruckerverbandes, des Verbandes der Buch- und Steindrnckereihilfsarbeiter, des Ver- bandes der Lithographen ilnd Steindrucker, Photographen- und Lithographenbimdes(beide sind jetzt mit den Litho- graphen und Steindruckern verschmolzen). deS Gutenbcrg- bundes und der Formstecher» und Tylograpßenorganisation nach ihren eigenen Angaben an das Reichsstatistische Amt zu- sainmengestellt. Als Wichtigstes ergibt sich, daß die Mitgliederzahl dieser Organisationen 1907 im Jahresmittel 107 888 betrug, im Jahre 1908 dagegen 1114191 Also hat die schlechte Zeit bis jetzt noch keine Verluste an Mitgliedern gebracht. Die Ar- beitslosigkeit ist seit dem ersten Quartal 1907 fort- gesetzt gestiegen. Fälle von Arbeitslosigkeit gab eS im ersten Quartal 1907 rund 0900. damr 10 800, 14 800 und 13 000. Das erste Vierteljahr 1908 begann mit 11 900, dann stieg die Zahl auf 13 200. 16 900 und 15 800. Die Zahl der Fälle von Arbeitslosigkeit ist demnach fortgesetzt gestiegen. Im Jahres- mittel ergibt sich für 1907 auf 100 Mitglieder 47,2 Fälle von Arbeitslosigkeit, 1908 dagegen 00,61 Die Gesamtzahl der Ar- bcitslosontage stieg von 731 020 auf 1 053 239. Wird ein durchschnittlicher Lohn von 25 M. angenommen, so ergibt sich fiir 1908 ein Lohnverlust von rund 4� Millionen Mark! Ein Drittel davon wurde gedeckt durch die von den Organisationen ausgezahlten Arbeitslosenunter- st ü tz n n g e u, die in dem Jahre die runde Summe von IV2 Millionen Mark erreichten. 1907 war eS nur rund eine Million, die zu diesem Zwecke verbraucht wurde. Gegenüber diesen Leistungen der Arbeiterorganisationen erscheint die Lust der Regierung, der Arbeitslosigkeit zu steuern, bedenklich gering. Und, waS überdies selbstverständlich ist, auch die Länge der einzelnen Fälle von Arbeitslosigkeit hat von 1907 auf 1908 stark zugenommen. Im erstgenannten Jahre kamen auf einen Fall 15 Tage, 1003 waren es 18.2 Tage im Durcki- schnitt. Unter 100 Mitgliedern waren 60,6 im Durchschnitt 18,2 Tage arbeitslos; dies ist das wirtschaftliche Resultat deS Jahres 1908 für das polygraphische Gewerbe. Zu beachten bleibt dabei besonders, daß die in Frage kommenden Arbeiter sehr gut organisiert sind. Es bleiben aber immek noch genug Unorganisierte übrig, denen kein Schutz und keine Hilfe zur Seite steht. WaS ist aus all diesen Uglücklichen aewordeir? Ob die Regierung cS wagen wird, darauf eine Antwort zu geben, erscheint sehr fraglich, Oentfebes Reich. Kiel   im Dunkeln? Infolge der Halsstarrigkeit der KohlenyandelSgesellschaft ist der Kohleiimangel bereits so weit gestiegen, baß die städtischen Elektrizitätswerke ihre Abnehmer darauf aufmerksam machen, daß sie wahrscheinlich in de» nächsten Tagen gezwungen sein werden, die Lieferung von elektrischem Strom' einzustellen. Die Folge würde sein, daß Hunderte von Betrieben die notwendige Kraft nicht mehr erhalte» würden, daß in Hunderten von Wohnungen und Läden da? elektrische Licht erlöschen und selbst die städtischen Theater und viele Lokale den Betrieb einstellen müßten, weil es der Firma Diedcrichsen gefällt, den Hafenarbeitern den Lohn zu verweigern, worauf sie mit Recht Anspruch haben. Daß die Kalamität in der Stadt Kiel durch daZ vorgehen der habgierigen Kohlemmporteure einen hohen Grad erreicht hat» deweift folgender Borgang: Im Gesängnisgebäude hangt seit einigen Tagen em Plakat auS mit der Aufschnft: Arbeiswillige werden angenommen im Kohlenkontor Ring« straße gegen günstige Entlohnung.' Außerdem wurden Handzettel mit der gleichen Aufschnft in jeder Zelle herumgereicht. Jedoch auch dieser Versuch zeitigte nur ein negatives Resultat._ Achtung, Herren- und Damenschneider! Da sich unsere Kollegen in Badcn-Baden gegenwärtig in einer Lohnbewegung befinden und die Unterhandlungen mit dem Arbeitgeberverband zu keinem annehmbaren Resultat führten, auch kein Entgegenkommen von denselben zu erwarten ist, ist es Ehren- Pflicht eineS jeden Kollegen, Badcn-Dadcn so lange zu meiden, bis wir an dieser Stelle den Abschluß cmcs günstigen Resultats melden können. I. A. der Tarifkommission Albert Rätter, Stcfanienstr. 33 III, Baden-Baku. Auch die Damenschneider und Schneiderinnen Hamburgs   stehen vor einer Lohnbewegung. Der im Jahre 1366 abgeschlossene Tarif- vertrag, der am 81. Marz d. I. abläuft, ist von beiden Seiten ge- kündigt bezw. bereits aufgehoben worden, da die Arbeitgeber den Vertrag nicht innehielten, statt Zeitlöhne teilweise Stücklöhne ein- führten und statt Werkstattarbeit die Heimarbeit bevorzugten. In Scktionsversammlungen sind sich die Damenschneioer und Schneiderinnen darüber bereits einig geworden, daß ver neu ab- zuschließende Tarif sowohl hinsichtlich der Löhne als auch in Ver- kürzung der Arbeitszeit Verbessernngen enilyrlten und den Zeit- Verhältnissen angepaßt werden müsse, zumal die gezahlten Löhne in Hamburg   bedeutend niedriger als in anderen Großstädten sind, wie an einigen drastischen Beispielen gezeigt wurde. Die Verleumder des Bergarveiterverbanbes vor Gericht. Der Bcrgarbciterverband hat eine Anzahl Prozesse anstrengen müssen, um dem Verleumdungsfeldzuge die Spitze abzubrechen, der seit Jahresfrist gegen den Verband geführt wird. Am Dienstag sollten einige dieser Klagen vor dem Schöffengericht verhandelt werden. In zwei Fällen kam es zu einer Äussetzuna, weil die An­geklagten nicht erschienen waren; im dritten Fall handelte es sich um daZ ehemalige Vcrbandömitglicd Spaniol, der dem Unter­suchungsausschuß Protokollfälschung vorgeworfen �Hatte. Es kam zu einem Vergleich, wonach der Angeklagte erklärt, daß er den Vorwurf, die Privatkläger hätten im betreffenden Ausschluß- urteil den Sachverhalt ahsschilich falsch dargestellt, nicht aufrecht er- halten könne, die beleidigenden Aeutzerungen nehme er unter dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Der Vergleich wird in derBerg- arbciterzcitung" und imBergknappen" veröffentlicht. Trotz der bisherigen Feststellungen wird der Bergarbeiter» verband noch weitere Klagen durchfechten müssen, da die Zentrums- hlätter nach dem Muster desBergknappen" nach immer ihren ffeldzug gegen den Verband mit dem Spaniolschen-Material" ortsctzcn. Hustanck. Auf dem Weg« Sur Einheit. In Frankreich   bestehe» zurzeit drei Nationalverbände von Arbeitern der Metallindustrie, die der Former, Mechaniker und Metallarbeiter. Außerdem gibt es noch eine große Anzahl lokaler Vereinigungen, die einem Nationalverbaude noch nicht angeschlossen sind. Aus dem letztjährigcn Metallarbeiterkongrcß in Marseille  wurde nun ein Komitee eingesetzt mit dem Auftrage, innerhalb sechs Monaten einen gemeinsamen Kongreß einzuberufen. Als einziger Punkt der Tagesordnung wurde bestimmt, die Einigungsfrage zu behandeln. Das Komitee beruft jetzt denE i n i g u n g s» k 0 n g r e h" für den 12 13. und 14. April nach Paris   ein. Hoffentlich gelingt cS, eine Verständigung»miswen den drei Kon- kurrenzverbanden herbeizuführen. Tarifvertrag schwedischer Staaisbahnarbeiter. Wie wir Anfang diese» JahreS berichteten, waren die im schwedischen Staatsdienst tätigen Arbeiter verschiedener im Bau befindlicher Eisenbahnlinien längere Zeit ausgesperrt. Verhandlungen zlvischen ihrer Organisation und der StaatSbahnverwaltung hatten schon seit Oktober vorigen JahreS stattgeftinden, konnten aber zu keiner Einigtmg ftihren, weil man den Arbeitern allgemein die zehn- stündige ArveilSzeit aufzwingen wollte sowie einen Stundenlohn von nur 28 Oere. Die Arbeiter setzten den ihnen aufgezwungenen Kamps mit aller Energie fort und sorgten auch mit Erfolg dafür, daß die StaatSbahnverwaltung trotz der im Lande herrschenden Arbeitslosigkeit keinen Ersatz für die Ausgesperrten und Streikenden finden konnte. Im Februar wurden die Verhandlungen wieder angeknüpft, und es ist dann auch endlich Anfang März zum Abschluß eineSTarifvertrageS zwischen der könig­lichen Eisenbahnverwaltung und dem Schwedt  - schen Eisenbahnbauarbeiter-Verbande gekommen, der auf drei Jahre Geltung bat, bei dreimonatiger Kündigimgssrist. Die regelrechte Arbeitszeit ist für da» Soinmerhalbjahr auf 10 Stunden täglich, an den Sonnabenden jedoch auf 7 Stunden, also die Woche auf 57 Stunden festgesetzt, und im übrigen den Lichtverhältnissen entsprechend für drei Monate auf 52, für die übrigen drei Monate auf 46 Stunden die Woche. Der niedrigste Lohn für die ungelernten Bahnbauarbeiter beträgt 38 Oere die Stunde, also IV Oere mehr als zuerst geboten wurde,»nd ist für die LandeSteile mit teurerer Lebenshaltung auf Vis zu 43 Oere bemessen. Für die tolzarbeiter und Schmiede im Bahnbau sind die Stundenlöhne den euerunasverhälttnffen entsprechend auf 43 bis 55 Oere festgesetzt. Bei Akkordarbeit wird der Stundenlohn gar an- ti e rt. womit eine besonders wichtige Fordening der Arveiter erfüllt ist. Für lleberzeit- und Sonntagsnrvcit sind Zuschläge von 50 und 10V Prozent festgesetzt. Außerdem bietet der Vertrag noch eineReiho anderer nützlicher Bestimmungen, wie die. daß der Staat gute Wohnstäiten für die Arbeiter errichten muß in Gegenden, wo eS daran fehlt, für deren Heizung und Reinigung zu sorgen hat, und daß dieMietS- preise dieser Wohnungen nicht von der Bah 11 bau» Verwaltung allein sondern durch Vereinbarung mit den Aroeitern festgesetzt werden. Bei größeren Arbeitsplätzen müssen auch Untcrkunfts- und Tammelräume für die Arbeiter errichtet lorrden. wo, ebenso wie in den Wohnstätten, aus Staatskosten Zeitungen gehalten werden; tvelche darüber hat aller- ding» die betreffende Verivaliung zn bestimmen, jedoch nach An- hörung der Wünsche der Arbeiter. Die StaatSbahnverwaltung hatte viel Wert darauf gelegt, ein allgemeines dauerndes Streikverbot durchzusetzen:«in derartiges Verbot ist nun allerdings in die Vertragsbestimmungen auf» genommen, beschränkt sich jedoch ans die Daner de« Tarifvertrages. Im übrigen find für die Erledigung von Streitigkeiten Regeln(est- gefetzt, die geeignet find, eine unparteiische Entscheidmig so viel wie möglich zu sicher»._ Soziales« Für die Einführung der»erumittelsteihekt erklärt« sich das Stadtparlament in Frankfurt   a. M. W nachm infolge deS dauernden Drängens unserer Genoffen auf Ginführung der Lernmittelfreiheit am Dienstag mit großer Mehrheit zum Etat einen Antrag deS SchulauSschusscS em, in dem gesagt wird: Die Stadtverordnetenversammlung erklärt, daß im gegenwärtigen Augenblick« die Einführung der Lernmittelfreiheit mit Rücksicht auf die finanziell« Lage Schwierigkeiten verursacht, daß aber die prinzipielle Einführung der Lernmittelfreiheit auf die Dauer nicht zu umgehen sein wird, und ersucht den Magistrat, baldmöglichst Bedacht darauf zu nehmen, wann die erforderlichen Mtttel dafüv Vereitzustellen sein werden.