Personal diel stärker als Beim männlichen. Die übrigen gewerblich Beschäftigten Personen, nämlich Gehilfen und Arbeiier sowie mit- helfende Fannlienangehörige weisen 1907 ein Mehr auf gegen 1895 um 2 965 915— 51,98 Proz., die männlichen um 1 499 989 gleich 47,45 Proz. und die weiblichen um 565 956= 69,58 Proz. Wie bei den vorher besprochenen Schichten ist auch hier die gewerbliche Tätigkeit deS weiblichen Geschlechts viel stärker gestiegen als die des männlichen. Zum Teil geschah daS durch die Heranziehung der weiblichen Familienangehörigen znr Mithilfe, z. B. in Kunst- und HaudelSgärtnereien, im NahrungSmittelgewerbe(Bäcker, Fleischer usw.), Bekleidungsgewerbe, Handelsgewerbe sowie Gast- und Schankwirt- schaft, Gewerbe, die das eigentliche Gebiet der Mitarbeit der Weib- lichen Familienangehörigen ausmacht. Der Arbeitsmarkt. Ueber die Lage am Arbeitsmarkt im Februar dieses JabreS Be- richtet„Der Arbeitsmarkt": Die ganz ungewöhnliche Witterung deS Monats Februar hat einen abermaligen Rückschlag am ArbeilSmarkt bewirkt. Der starke Frost, die bedeutenden Schneefälle, endlich die Ueberschweinmungen in einzelnen Gegenden Deutschlands — alles kam zusammen, um die Arbeitsgelegenheit wesentlich zu Beeinträchtigen. Die Arbeiten im Freien, vornehmlich die Bautätigkeit litten unter dem Witterungs- eiiiflufj, und die durch Eishacken, Schneeschippen usw. veranlahte Mehrarbeit vermochte einen Ausgleich nicht entfernt zu schaffen. Der Andrang am Arbeitsmarkte nahm daher von Januar auf Februar ganz erheblich zu, während die Regel ein Rückgang des An- dranges zu sein pflegt. Im Vorjahre war allerdings auch'schon eine AuSnnhme eingetreten, der Andrang war etwas gestiegen; doch war im laufenden Jahre die Steigerung erheblich stärker. Der An- drang, der im Januar erst um 36,4 größer gewesen war als im Borjahr, ging im Februar um 45,5 über den vorjährigen hinaus. ES meldeten sich nämlich bei den an die Berichterstattung des „NrbeitsmarkteS" angeschlossenen Arbeitsnachweisen auf je 100 offene Stellen im Februar 198,9 Arbeitsuchende gegen 153,4 im Februar 1908. Von Januar auf Februar ist in diesem Jahre eine Steigerung um 14,0 eingetreten, während der Andrang in der VerglcichSzeit des Vorjahres nur um 4,8 hinaufgegangen war. Von den 110 Arbeitsnachweisen mit vergleichbaren Daten, deren Berichte rechtzeitig bei der Redaktion eingingen, weisen im Vergleich zum Februar vorigen Jahres 84(darunter 4 ausländische) eine Zu- nähme und 26(darunter 5 ausländische) eine Abnahme des An- drangcS auf. Nach Weglaffung der ausländischen bleiben zur Ver- gleichung der Summenzahlen 101 Orte des Deutschen Reiches übrig, aus denen vergleichbare Daten gemeldet wurden, und zwar ins- gesamt: Im Vergleich zum unmittelbar vorangegangenen Monat Januar zeigt der Februar eine Zunahme des Arbeitslosenandranges. Der- selbe hat an 55 Orten(darunter vier ausländische) abgenommen. und an 50(darunter vier ausländische) Orten zugenommen. Nach unserer Prozentrechnung kamen auf 100 offene Stellen Arbeit- suchende: im Januar 1909. , Februar 1909 männl. 250,3 239,4 wcibl. 92,8 89,8 zusammen 184,9 193,9 Die Verschlechterung des Arbeitsmarktes im Februar kommt auch darin deutlich zum Ausdruck, daß die Zahl der männlichen Veschäf- tigten im Februar eine Abnahme erfahren hat, während sie in den drei letzten Jahren von Januar auf Februar regelmäßig gestiegen war. Die Zunahme, die die Gesamtzahl der Beschäftigten aufwies, ist ansschließlich durch die Neueinstellung weiblicher Arbeitskräfte veranlaßt. Bei 1426 Krankenkassen, die an den„Arbeitsmarkt" berichtet haben, stellte sich die Mitgliederziffer wie folgt: Termin I. Februar 1. März Versicherungspflichtige Mitglieder Darunter erwerbs- unfähige Kranke männl. weibl. insgesamt männl. weibl. inSges. 1 486 336 1 485 357 623 365 625 026 2 109 751 2110 383 67 356 64 325 28 229 27 962 95 585 92 287 Die Abnahme, die die Zahl der männlichen Beschäftigten erfuhr. war auch absolut geringer als die Zunahme der weiblichen Be- schäftigten. Die Bewegung der versicherungspflichtigen Mitglieder von Januar und Februar stellte sich absolut und in Prozent des Bestandes vom 1. Febrar wie folgt: männlich weiblich zusammen absolut— 1029 4- 1661 4- 632 in Prozent—0,08-j-0.27+0,03 Zum Teil ist die Zunahme der weiblichen Beschäftigten als eine Reaklion gegenüber dem ungelvöhnlich starken Rückgang im Januar aufzufassen: eine Anzahl Arbeiterinne», die im Januar unter dem Eindruck des ungünstigen Weihnachtsgeschäfts entlassen worden waren, konnten wieder eingestellt werden. Eine merkliche Verschlechterung erlitt, wie schon erwähnt, die ohnehin schon sehr unbefriedigende Arbeitsgelegenheit im Baugewerbe. Der starke Frost hemmte die Arbeiten überall: die Stockung der Bautätigkeit erreichte im BcrichtSmonat einen seit Jahren nicht ge« kannten Grad._ Die Ludwig Löwe-A.-G. weist für daS letzte Geschäftsjahr einen Bruttogewinn von 2 992 296 M. aus, gegen 3 124 923 M. für 1907. Der verbleibende Reingewinn stellt sich aus 1 342427 M.— 1 349 844 Mark—. Der Aussichlsrat erhält 56 922 M. Tantieme, für die Aktionäre werden 16 Proz. Dividende ausgeschüttet. Einen Generalstreik sämtlicher Detaillisten schlägt daS Händler- Blatt„Der Detaillist" in Düsseldorf vor. Wir lesen in der Nr. 11 des BlatteS: So geht es Schlag auf Schlag gegen den Handel! Ein großer Detaillist meint, man müsse jetzt ernsthast erwägen, ob nicht ein allgemeiner Protest angebracht sei, vielleicht in der Form, daß sämtliche Detailgeschäfte eine Zeitlang ihre Läden schließen. Nur durch solchen„Massenstreik" könne den Regierungen und ihren Mitläufern gezeigt werden, daß das Maß nicht nur voll, sondern bereits zum Ueberlaufen gebracht ist. Und welcher«Schlag gegen den Handel" ist es, der das Händlerorgan und seinen Gewährsmann in so rabiate Stimmung versetzt hat? Der Beschluß einer ReichStagSkommission, Aufsichtsbeamte für das Handelsgewerbe einzuführen. Demnach haben die Detaillisten Ursache, sich vor den Handelsinspektoren zu fürchten. Mögen sie also streiken, die Konsumvereine werden in diesem Falle„Streik- Brecher" spielen, da sie dem Handelsinspektor mit Gleichmut entgegensehen können.__ Die Lage am amerikanischen Eisenmarkt . Der Stahltrust gedenkt, wie dem„B. T." aus New Dork gemeldet wird, die Hauptstahlwerke der Tennesiee Coal Company in EnSley, die aus sechzehn Hochöfen mit 850 000 Tonnen jährlicher Kapazität bestehen, zu schließen, wenn sich nicht bald daS Geschäft bessert. Die Stahlwerke in Bessemer sind bereits geschloffen. Schutzzollsegen. Auf dem Londoner Freihandelskongreß illustrierte der holländische Nationalökonom Herringer in anschaulicher Weise die Folgen der Zoll- Politik in Deutschland , indem er in einer Gegenüberstellung die Preise, die für eine Reihe Artikel in Deutschland and Holland im Kleinhandel gezahlt werden müssen, bekanntgab. Dabei stellten sich für die beiden Grenzstädte Enschede in Holland und Gronau in Deutschland folgende Unterschiede heraus (Deutsche Roggenbrot Weizenbrot Hafermehl. Weizenmehl Reis... Kaffee.. Butter.. Käse... Rindfleisch. Schweinefleisch 42Vz Schinken.. 50 Dicke Würste. 42-/z (Holland ) per V+S Cts. ; . 7 . 8 . 8 . 50 . 05 . 40 43 land) per Ve ig Cts. 6V3 9 10 9> 06/lO 54 81 48 48 48 60 45 (Holland ) per Vakg Cts. 82 Vg Speck:.. PetroleumtLit.) 9 Riiböl(Liter) 30 Milch(Liter) 7 Waschseife.. 10 BrauneBohnen 10 Grüne Erbsen 8>/a Salz.... 4 Grütze... 8 Tabak... 16 Zigarren.. 2 Eier.... 3 (Deutsch . land) per Vz kg Cts. 42 10710 45 /10 9 107,0 107,0 87,0 5 87.0 24 3 3 Eine aus sechs Personen bestehende Familie kann für 21 M. in Gelderland , einer der östlichsten Provinzen Hollands , ebensoviel kaufen wie im Ruhrgebiete Deutschlands für 23 M. Vielfach fahren Holländer täglich nach den nahe der Grenze helegenen Jndustrieorten in Deutschland . Hier verdienen sie kaum weniger als die einheimischen Arbeiter, deren Lohn sie in manchen Fällen herunterdrücken. Natürlich können die Holländer bei den billigen Nahrungsmitteln in der Heimat und gleichen Löhnen mit den Einheimischen eine bessere Lebens- sührung sich erlauben alS die deutschen Arbeiter. Das nennen unsere Agrarier: Schutz der nationalen Arbeit I Soziales. Tiefstand des Reichsversicherungsamts. Wie seit dem Weggang Dr. Boedikers die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts immer mehr gegen die Arbeiter- rechte sich antisozial entwickelt, illustriert nachstehender vom Reichsversicherungsamt entschiedener Fall. Nach dem Unfallversicherungsgesetz erhalten die Eltern einer durch Unfall Verstorbenen eine Rente, wenn ange- nommen wird, daß der Sohn überwiegend der Ernährer der Eltern war und die Eltern sich in hilfsbedürftigem Zustande befanden. Die Rente wird wieder entzogen, wenn die Hilfs- bedürftigkeit beseitigt ist. Wie diese Hilssbedürftigkeit einer Arbeiterfamilie eingeschätzt wird, dafür möge als Beweis folgender Vorfall dienen: Der Invalide nrcntcnempfänger B. zu Bittermark im Westfälischen erhielt seit dem 30. Juni 1905 eine Aszendentenrentc, da sein Sohn bei einem Unfall zu Tode gekommen war. Die Knappschaftsberufs- genossenschaft st eilte am 15. Dezember 19 0 7 die Rentenzahlung ein, weil für den Empfänger die Hilfsbedürftigkeit nicht mehr vorliege, da mittlerweile zwei Söhne zu dem Lebensunterhalt der Familie beitragen. Der Verdienst dieser beiden Söhne betrug bei dem einen pro Tag 1,50 M.. bei dem anderen 3,50 M. Da der Rentenempfänger selbst keinen Verdienst hatte, so blieb für die Bestreitung des Unterhalts der Familie nur der Verdienst dieser beiden Söhne und eine Knappschaftsrente von monatlich 3 7 ,40 M. übrig. Während des Verfahrens im Streit um die jämmer- liche Rente starb der Rentenempfänger. Die Witwe, die nunmehr die Rente beanspruchte, gab als ihr Ein» kommen an: 40 M. Kostgeld von dem einen Sohn und 30 M. monatlich von dem anderen. Dazu die Knappschaftsrente von monatlich 20 M., ergab für drei Personen ein Einkommen von 90 M. monatlich zur Bestreitung des Lebensunterhaltes, Miete usw. Auch hier lehnte die Be- rufsgenossenschaft das Vorliegen einer Hilfsbedürftigkeit ab. Die Frau wandte mit Recht ein, es sei ihr nahezu unmöglich, von diesem Einkommen den Haushalt zu bestreiten, besonders schwer bei den jetzigen Teuerungsverhältnissen. � Sie wisse nicht, wie sie von diesem Gelde für sich und ihre Kinder Kleidungsgegenstände herbeischaffen solle, denn die 1, 5 0 M. für den jüngsten Sohn langen kaum zum Unterhalt dieses Sohnes, für andere Aufwendungen sei nichts übrig. Indes das Schiedsgericht für Arbeiterver- sicherung des Allgemeinen Knappschafts- Vereins in Bochum stellte sich auf den Standpunkt, daß jedenfalls die Witwe eine solche Einnahme habe, daß sie nicht als hilfsbedürftig zu erachten ist. Von dem Bochumer Schiedsgericht war nach der bis- herigen Rechtsprechung, die sich gerade nicht durch Wohlwollen für die Versicherten auszeichnet, nichts anderes zu erwarten. Man konnte aber wohl annehmen, daß das Reichsver» sicher» ngsamt, dem nunmehr die Entscheidung über die Frage zugewiesen wurde, mehr soziales Empfinden zum Ausdruck bringen würde. Indes auch hier ein Fehl- schlag! Das Reichsversicherungsamt sagt in seinem Urteil: Nach den Feststellungen des Schiedsgerichts beträgt die Ge- samteinnahme der Witwe B. monatlich 90,06 M Die Entscheidung der Frage, ob bei diesen Einnahmen von einer Hilfsbedürftigkeit die Rede fein kann, hänge wesent- lich von der Kenntnis der örtlichen Verhältnisse ab, in denen die Familie lebt. Man müsse aber annehmen, daß die Bei- sitzer des Schiedsgerichts diese Kenntnis hatten. Es liegt nahe, bei einer solchen Entscheidung, die sozial- politischem Empfinden geradezu inS Gesicht schlägt, die Frage aufzuwerfen, ob den Herren, die die Entscheidung gefällt haben, auch nur die Möglichkeit vorgeschwebt hat, selbst einmal den Versuch zu wagen, mit 90 M. monatlichdrei erwachsene Personen vollkommen zu er- halten, und ob einer von diesen Herren, nachdem er den Versuch unternommen hat, noch die Frage, ob eine Hilfs» bedürftigkeit vorliegt, mit„nein" beantworten würde. Die Entscheidung widerspricht aber auch dem ganzen Sinne des Gesetzes. Es hat dem Gesetzgeber nie die Absicht innegewohnt, nur solchen Personen die Unterstützung zu ge- währen, die in einer Notlage sich befanden, vielleicht schon der Armenhilfe überwiesen waren. Man wollte nur solchen Personen die Unterstützung nicht gewähren, die selbst in aus- kömmlicher Weise ihren Unterhalt bestreiten können. Eigenartig sind auch die Konsequenzen dieser Cnt- scheidung. Man könnte der Witwe den naheliegenden Rat geben, ihren beiden Söhnen zu empfehlen, aus dem Familien- Haushalt auszuscheiden. In dem Augenblick, wo dies ge- schieht, mutz natürlich die Hilfsbedürftigkeit der Witwe an- erkannt werden. Denn kein Gericht wäre auf Grund des 8 1603 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Lage, die beiden Söhne bei ihrem geringen Verdienst zu einem Unterhalt für die Mutter verpflichten zu können. Haben doch die Gerichte einem Bürgermeister gegenüber, der 5000 M. Gehalt hat, mit Recht angenommen, daß eine Rechtspflicht zur Unter- stützung der über den Kreis seiner Frau und Kinder hinaus- gehenden Familienmitglieder nicht besteht. Was die Söhne der Witwe verdienen, ist zu ihrem eigenen Unterhalt ins- besonders dSlm erforderlich. Kenn sie einen eigenen Haus- stand gründen. So drängt diese Entscheidung die Kinder aus der Familie, damit die Mutter die Rente erhält. Auf ein tieferes Niveau kann die Nechtsprechuno im Reichs- versicherungsamt nicht sinken. Ein Mustcr-Artieitgeber. Was mancher Arbeitgeber für recht hält, zeigte eine Wer- Handlung, die gestern das Jnnungsschiedsgericht beschäftigte. Der Tischler Wendt' war im Alkordlohn bei der Möbelfabrik Sommer u. Co. beschäftigt. Da er, wie er sagt, wegen Holzmangel seine Arbeit nicht fortsetzen konnte, ihm ferner die wöchentliche At>- fchlagSzahlung von 35 M. auf 30 M. gekürzt worden war und er obendrein vom Tischlermeister Sommer mit einem drei Meter langen Holzslück geschlagen ist, hat er die Arbeit verlassen. Nichts- destoweniger lief der schlagfertige Arbeitgeber munter zum JnnungsschiebSgcricht und verklagte dort den Arbeiter wegen „Kontraktbruchs" auf Grund des§ 124k der Gewerbeordnung. Selbstredend konnte auch das Jnnungssckffedsgericht nicht anders, als die klagende Firma mit ihrer Klage kostenpflichtig abzuweisen. War schon der Arbeiter recht bescheiden, wenn er von einer Klage wegen der tätlichen Beleidigung absah, so hätte er doch schon au-Z Anlaß dieser Kontraktbruchsklage den Spieß umdrehen und gegen die Firma auf Schadenersatz llagbar werden sollen. Arbeiterinnenschub. Für die Luxuspapierfabril von Priester in Berlin war gemäß Z 139 Abs. 2 der Gewerbeordnung die Arbeitszeit für Arbeiterinnen anderweitig geregelt worden, als es§ 137 vorschreibt. Sie sollte abends 6 Uhr enden. Die entsprechende Verfügung des Polizei» Präsidenten in Verbindung mit den§§ 137 und 139 der Gewerbe- ordnung sollte Herr Priester durch Veschäftiouna einer Arbeiterin in der Fabrik nach 6 Uhr abends übertreten gaben. Der An- geklagte bestritt, strafbar zu sein, und machte geltend, es handele sich nicht um eine Arbeiterin im Betriebe der Fabrik. Das Land- geeicht stellte fest, daß das junge Mädchen in einem Nebenraum die in der Fabrik hergestellten Gratulationskarten auf Fehler hin zu prüfen und mit Schleifen oder in anderer Weise zu dekorieren hatte. Sie wurden so für den Versand fertig gemacht. Auf Grund dieser Feststellungen verurteilte dos Landgericht den Angeklagten zu einer Geldstrafe. Es käme nicht auf den Ort, sondern vielmehr auf die Art der Beschästigung an. Wenn diese nun auch nicht die Fabrikation der Karten selbst betraf, so sei doch dies Kontrollieren und Fertigmachen der Karten zum Versand eine mechanische, sich stets gleichbleibende Tätigkeit, die dem Fabrikbetriebe zuzurechnen sei. Das betreffende Mädchen sei als eine Arbeiterin im Betriebe einer Fabrik anzusehen. Das Kammergericht verwarf dieser Tagg 8'« hiergegen ein« gelegte Revision. _ Gerichts-Zeitung. Biermal Nachtdienst! Von einem eigenartigen Konflikt zwischen Pflichtgefühl und körperlicher Uebermüdung erfuhr man bemerkenswerte Einzelheiten aus einer Verhandlung vor dem Reichsgericht. Das Landgericht F l e n s b u r g hat am 21. September v. I. den Weichensteller Peter Harmsen wegen Gefährdung eines Eisenbahntransports zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt, den Eiscnbahnassistenten Friedrich Förste dagegen von der gleichen Anklage freigesprochen. Eine Lokomotive sollte von Neumünster aus die Station passieren, auf welcher die Angeklagten angestellt sind. Die telegraphische Mcl- dung der Nachbarstation, daß die Lokomotive komme, wurde von Harmsen aufgenommen. Er fragte Förste , ob die Maschine durch» fähren könne. Förste antwortete„ia!", worauf Harmsen das Durchfahrtssignal gab. Auf dem Gleise standen aber noch zwei Viehwagen, welche Harmsen selbst abgekoppelt hatte. Es erfolgte ein Zusammenstoß, wobei nicht nur erheblicher Materialschaden ent- stand, sondern auch zwei Personen Rippenbrüche erlitten. Harm- scn war gar nicht berechtigt, das Signal zu geben, er mußte wissen, daß die Viehwagen noch auf dem Gleise standen, und er hätte sich, bevor er das Signal gab, davon überzeugen müssen, ob das Gleise frei war. Von der Schuld Förstes konnte sich das Gericht nicht überzeugen. Er gab an, er habe bei Eingang des Telegramms im Dienstzimmer geschlafen und sei erst nach dem Unfall wieder auf- gewacht. Wenn er auf die Frage HarmsenS„ja!" gesagt habe. so könne er dies nur im Schlaf getan haben. Er habe vier Nächte hintereinander Nachtdienst gehabt, am Tage aber nicht schlafen können, weil vor seiner am Bahnhofe gelegenen Wohnung stets großer Lärm gewesen sei. Er habe aber trotz seiner großen Schwäche geglaubt, Dienst tun zu können, und sich nicht kranl ge- meldet. Ohne eS zu merken, sei er dann eingeschlafen. Das Gericht hatte keinen Grund, diese Angaben zu bezweifeln und sprach wie erwähnt Förste frei.— Die Revision des Staatsanwalts gegen Förstes Freisprechung wurde am Donnerstag auf Antrag deS Reichsanwalts vom Reichsgericht als unbegründet verworfen. Gleichfalls verworfen wurde die von Harmsen gegen seine Verurteilung eingelegte Revision. Die Beamten des Eisenbahnministeriums aber, deren Vorschriften eine solche Ueber- bürdung der unteren Beamten und damit eine Gefährdung des Publikums ermöglichen, sind überhaupt nicht unter Anklage gestellt._ Hus der frauenbewegung. Versammlungen— Veranstaltungen. RIxdors. Heute abend 8 Uhr in Hoppes FestsSlen: Oeffentllche Frauenversammlung. Vortrag der Genossin Regina Friedländer: .Die Frau im politischen Kampfe". Leseabende. Tempelhof . Heute, abends S'/z Uhr. im.Wilhelmsgarten', Berliner Straße 9._ Vermischtes. Das neue Hochwasser. Abermals scheinen die von Eis befreiten Flüsse Unheil anrichten zu wollen. Kaum find die ersten Hochwassergefahren vorüber, so laufen wieder neue Meldungen über Hochwasser ein. Aus Breslau wird uns vom gestrigen Tage berichtet: Von der oberen Oder wird Hochwasser gemeldet. In Ratibor beträgt der Wasserstand 3.94 Meter, das Waffer steigt noch weiter. In Treschen erreichte der Wasserstand infolge von Eisstauung mit 4,20 Meter Höhe schon 4 Zentimeter mehr als bei der Hochwafferkatastrophe von 1903. Bei Breslau ist das Eis auf der Oder noch nicht in Beivegung. Das Schwarzwasiertal ist vollständig überschwemmt. In Wilhelmsruhs bei Breslau mußten die Wohnungen geräumt werden. Am Hobrechtufer sind mehrere Löcher in die Ufermauer geriffen worden, die gestem mit Sandsäcken ausgefüllt wurden. Aus Hannoversch -Miinden liegt folgende Meldung vor: Infolge der Schneeschmelze sind die Fulda , Werra und Weser inner« halb 48 Stunden drei Meter gestiegen. Der Wesertorpegel zeigt + 2,65 Meter. Die Niederungen sind stellenweise überschwemmt und die Schiffahrt ist gestört. Gefahr ist bis jetzt nicht verhanden. Altenburg , 22. März. Die rasche Schneeschmelze hat abermals Hochwasser verursacht. Der Ort Wiesenmühle und mehrere einzelne Häuser sind vom Verkehr abgeschnitten. In Meuselwitz ist die Schnauder aus den Ufern getreten. DaS Wasser drang auch dies« mal in den von dem vorigen Hochwasser her kaum wieder in Stand gesetzten Tagebau der Grube Heureka ein und setzte sie vollständig unter Waffer.
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