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Seilen bedeuien, indem oer Freisinn oeziigUch des Kaffeezous, die Konservativen bezüglich der Erschaftssteuer und Zuckcrsteuer nach- geben müsztcn. Selbstverständlich würden sich noch mannigfache Schwierigkeiten in der Ausführung ergeben, allein wenn man sich erst über die Grundlagen geeinigt hat, werden diese Schwierig- leiten auch nicht unüberwindlich sein. Elektrizitäts- und Gassteuer, Inserat- und Plakatsteuer, Weinsteuer und die Kohlensteuer würden dann endlich fallen gelassen werden. Ist die Meldung des klerikalen Blattes richtig, dann ist von dem Block das Finanzrefornlprojckt der Regierung nicht verbessert, sondern verhunzt worden. Alle jene Steuern, die vorwiegend die Wohlhabenden getroffen hätten, sind beseitigt; dagegen hat man den Verbrauchssteuern, die die Regierung vorgeschlagen hat, der Brau-, Branntwein- und Tabaksteuer obendrein noch eine Kaffeezollerhöhung und eine Zündholz- steuer hinzugefügt: Auflagen, die hauptsächlich von den ärmeren Volksschichten aufgebracht werden müssen. Die Tabaksteuer. Die Sitzungen der Subkoininission zur Beratung der Tabak­steuer sind zwar streng vertraulich, trotzdem ist ein Fachblatt in der Lage, über einen in der Subkommission gestellten Antrag nähere Mitteilungen zu machen. Hiernach soll als EingangSzoll pro Doppelzentner Tabak ein Zollsatz von M. festgesetzt werden. Beim Uebergang an den Verarbeiter soll ferner für ausländischen Tabak ein Zollzuschlag von 80 Proz. des Werte? erfolgen. Wenn der Wert niedriger angegeben wird, als die Zollbehörde ihn einschätzt, dann soll der Zollverwaltung das Vorkaufsrecht zu dem angegebenen Preise zustehen. Falls Tabak im Ausland gekauft wird und die Faktura ist nicht von der dortigen deutschen Konsulatsbehörde beglaubigt, dann soll ein Zoll-Sonderzuschlag von 100 Proz. des Wertes eintreten. Man will auf diese Weise Tabakindustrielle, die im Ausland direkt kaufen, dazu zwingen, dem Konsul die Möglichkeit zu geben, den auf der Faktura verzeichneten Einkaufspreis mit den Büchern des Verkäufers zu vergleichen. Von fachmännischer Seite wird berechnet, das? die Mehrbelastung der Zigarrenfabrikation schon allein etwa 70 Millionen Mark aus- machen würde. Mittlerweile hat sich auch der Deutsche Tabakverein mit diesem Vorschlage befaßt und seine Stellung in einer Resolution nieder- gelegt. In derselben wendet sich der Tabakverein gegen die Per» zollung nach dem Fakturenwert und empfiehlt einen Ausbau des bestehenden Gewichtszoll- und Steuersystems. Erfüllte agrarische Wünsche. Die Viehseuchenkommission des Reichstages hat am Mittwoch ihre Arbeiten beendet. Der Gesetzentwurf, der ihr vom Reichstage nach der ersten Lesung im Plenum zur eingehenden Beratung über­geben worden war, ist von unseren Parteirednern in allen Stadien der bisherigen Verhandlungen als geradezu gemeingefährlich für die Bevölkerung bezeichnet worden; sie haben niemals bestritten, daß das Gesetz wertvolle Bestinimungen über die Bekämpfung der Viehseuchen enthält, aber mehr als einmal ist deutlich genug in die Erscheinung getreten, daß es ganz andere Paragraphen des Gesetzes sind, auf die die Herren Agrarier den größten Wert legen. ES find das die Bestinimungen, die Maßnahmen gegenüber dem Auslande treffen sobald die Agrarier wünschen, daß dieses oder jenes.tierische Erzeugnis* oder dieser oder jener.giftfangende Gegenstand* von der Einfuhr abgesperrt werden soll. Auf den bloßen Verdacht hin, daß auS dem Auslande.irgend- woher* eine Seuche droht, die noch gar nicht näher erkennbar ist. kann nach dem neuen Viehseuchengosetz in Zukunft jede Grenze für sozusagen jedwede Einfuhr gesperrt werden l In den mehr als einjährigen Verhandlungen der Kommisfion ist von unseren Vertretern Stolle. Stücklen und Scheidemann immer wieder nachgewiesen worden, welche geradezu gemeingefährlichen Bestimmungen oas neue Gesetz enthält. Das hat alles nichts ge- nutzt. Alles, was den Herren Notleidenden an Wünschen auf zoll- politischem Gebiete sowie in bezug auf Grenzsperren noch übrig geblieben war, ist jetzt verwirklicht worden durch das Viehseuchen - «esetz. Agrarisch bleibt Trumpf!_ Exzellenz Schwartzkopff. Nach amtlicher Mitteilung ist dem Direktor im Kultus- Ministerium D. Schwartzkopff der Charakter al» Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz verliehen worden. Diese Auszeichirnng des vielgenannten Beamten soll da- mit zusammenhängen, daß seit seiner Ernennung zum Ministerialdirektor an, gestrigen Tage gerade zehn Jahre vergangen waren. Dennoch wird vielfach aus der Auszeichnung der Schluß gezogen, daß von der Ernennung Schwartzkopffs zum Kultusminister, die eine zeitlang sehr ernsthaft iin Bordergrund stand, nun endgültig abgesehen worden ist. Und als Balsam für die Wunde solle der Exzellenz-Titel dienen._ Tie Eintvirknng der Zlrmenunterstütznng ans öffentliche Rechte. Im ReichSgesetzblatte wurde gestern daS Gesetz vom 15. März 190S publiziert, das einige kleine Verbesserungen gegen den bisherigen Zustand bringt. Der einzige Paragraph dieses Gesetzes hat folgenden Wortlaut i .Soweit in RcichSgesetzen der Verlust öffentlicher Recht« von dem Bezug einer Armeiiunterstützung abhängig gemacht wird, find als Armeiiunterstützung nicht anzusehen: 1. Die Krankenunterstützung; 2. die einem Angehörigen wegen körperlicher und geistiger Ge« brechen gewährte Anstaltspflege; S. Unterstützungen zum Zwecke der Jugendfürsorge, der Erziehung oder Ausbildung für einen Beruf: 4. sonstige Unterstützungen, wenn sie nur in der Form ver- einzelter Leistungen zur Hebung einer augenblicklichen Notlage gewährt sind; S. Unterstützungen, die erstattet sind.' Laudwirtschaftliche Lehrkurse in der Kaserne. Auf Anregung der Agrarier finden für die Soldaten landwirt- schaftliche Unterrichtskurse statt. Wie man erfährt, ist der Andrang zu den Vorträgen derart, daß in manchen Kasernen die zur Ver- sägung stehenden Räumlichkeiten sich als zu klein erwiesen haben. Dieser Andrang ist um so erstaunlicher, als bisher die Sehnsucht der Soldaten nach den ländlichen Zuständen keine besonders große zu sein schien. Eine Erklärung sur diesen plötzlichen Drang nach Erweiterung landwirtschaftlicher Kenntnisse dürfte man wohl darin finden, daß die Teilnähme der Soldaten eine nicht ganz frei» willige ist. Der württembergische Landtag ist am Dienstag nach mehrwöchentlicher Pause wieder zusammen- getreten. Am Mittwoch wurde der Justizetat beraten. Für die Sozialdemokraten sprach in längerer Rede Genoffe Mattutat. Er trat für eine Ausdehuung der bedingten Begnadigung auf über 18jährige und auch auf bereits vorbestrafte Personen ein, womit man anderwärts gute Erfahrungen gemacht habe. Noch besser allerdings fei die Einführung der bedingten Verurteilung. Ein- gehend besprach er die Mängel, die den jetzigen Jugendgerichten noch anhaften, und machte hierfür Abänderungsvorschläge. GtotkerS Kalispekitlationen. Die seinerzeit unwidersprochen durch die ganze Presse gegangene Behauptung, daß Stöckers oft genug öffentlich bekundete Abneigung gegen den.Giftbaum* Börse ihn nicht abgehalten habe, mit Kali- aklion derAdolf Glück*-Grube Geld zu verdienen, findet jetzt durch Mumm, den Siegener Durchfallskandidaten und Schwiegersohn Stöckers, eine Bestätigung. In einem Artikel desSiegener Volk" gibt er zu, daß Stöcker die Aktien besessen habe, bestreitet aber die SpckulattonSabsicht und die Höhe des auf 100000 M. angegebenen Verdienstes beim Verkaufe der Aktien. Der Revisionismus und unser Programm." In einer Parteiversammlung, die der Vorstand des sozial- demokratischen Wahlvereins für Charlottenburg am Dienstag im Volkshaus" abhalten ließ, hielt Eduard Bernstein einen anderthalbstündigen Vortrag über das ThemaDer Revisionismus und unser Programm*. Genosse Bernstein erklärte, die ersten fünf oder sechs Sätze des Erfurter Programms seien zu apodiktisch, zu deklamatorisch! Er hall deshalb eine Aenderung unseres Programmsgemäß der gegenwärtigen Erkenntnis der gesellschaftlichen Verhältnisse" für notwendig. Durch Vorlegung eines in 10 Abschnitte geteilten Eni- Wurfs demonstrierte der Redner auch gleich, wie er sich diese Pro- gramm-Aeuderung vorstellt. Was Bernstein den Einleitungssätzen des Erfurter Programms vorwirft, kann von seinem Entwurf mit weit besserem Rechte gesagt werden: er ist ebenso apodiktisch wie deklamatorisch. Im übrigen gefällt er sich in einer Reihe von Abschwächungen gegen die Grundsätze unseres Erfurter Programms Abschwächungen, die ja, da es sich uni eine Bernsteinsche Revi- sion handelt, schließlich weder neu noch überraschend sind. Die Diskussion über Bernsteins Vortrag soll in einer späteren Versammlung eröffnet werden. Kasernenugitation." Vom Genoffen Frank erhielten wir die folgende Zuschrift: Berlin , 24. März 1300. In der ReichStagSsitzung vom 19. März erklärte der Kriegs- minister v. Einem:Meine Herren, ick könnte Ihnen»och ver- schiedene andere sehr hübsche AuSsprück verlesen. Ich habe hier zum Beispiel von derJungen Garde" unter dem Titel Rekrutenabschied' eine geradezu ganz empörende, auf- reizende Agitationsschrift an die Rekruten". Der ArtikelRekrutenabschied*, in der Festnnmmer derJungen Garde* zum Mannheimer Parteitag erschienen, war von dem Genossen Karl Liebknecht mit vollem Namen ge- zeichnet. Deshalb erwiderte ich dem Rothmaler am 20. März das folgende: W e n n Sie mit Ihrer letzten Aeußerung vielleicht darauf anspielen wollten, daß unser Parteigenosse Karl Liebknecht weitergehende Wünsche in bezug auf die Kaserneiiagitation gehabt habe, so erwidere ich darauf: entscheidend für die Stellung der Partei ist nicht die Meinung eines einzelnen Parteigenossen, sondern die offizielle Vertretung. Daß an sich junge Männer leichter geneigt sind, weiter zu geben als andere, das trifft ebenso zu für den Antl- Militarismus wie für den Militarismus. Es ist selbstverständlich, um ein Beispiel auS den jüngsten Tagen zu bringen, daß der Krön- Prinz von Serbien , Georg, ein ein energischerer Vertreter des KriegSgedankenS ist als irgend ein alter Monarch auf dem Thron.* Daß auS meinen Worten eine Unfreundlichkeit gegen Genossen Karl Liebknecht herausgelesen werden könnte, habe ich nicht geahnt; alles, was ich über Karl Liebknecht gesagt habe, trifft doch auch bei mir zu, einschließlich der Parallele mit dem jungen Georg. Als Redakteur derJungen Garde* war und bin ich für den ArtikelRekrutenabschied* mitverant» wortlich, und ich gestehe gern, daß mir Form und Inhalt der Arbeit im Jahre 1300 sehr gefallen franhmeb. Der dritte Wahltag. Paris , 22. März.(Eig. Ber.) Auch mit den Ergebnissen des gestrigen, dritten TageS der Ersatzwahlen darf die geeinigt« Partei zufrieden sein. Sie hat vor allem in der Stichwahl das Mandat des ersten Wahlkreises von AmienS gewonnen. Lecointe, Schriftsetzer, siegte mit 10 996 Stimmen über den Reaktionär, der 0322 Stimmen auf- brachte. Der radikalsozialistische Kandidat, der im ersten Wahlgange 3320 Stimmen aufgebracht hatte, war zugunsten LecointeS zurück- getreten, diedemokratische Allianz' arbeitete für den Reaktionär. Lecointe hat gegen den ersten Wahlgang 2400, der Reaktionär 1400 Stimmen gewonnen.-- DaS Mandat war stüher im Besitz der Radikalen. Bon den Wahlkreisen, die gestern zum erstenmal wählten, haben besonders die zwei von S c e a u x, die Pariser Vorort« gemeinden umfassen, erfreuliche Resultate gebracht. In dem einen, wo der Unterstaatssckrctär Maujan 1906 im ersten Wahlgang 12 307 Stint men erhalten hatte, im zweiten mit 14 912 gewählt wyrdcn war, bekam diesmal der radikalsozialistische RegierungS - kandidat 9445 Stimmen, Genosse Albert Thomas , Redakteur der Humanito* 7192, ein Progressist 8250 Stimmen. 1900 hatte der reaktionäre Kandidat, damals ein Nationalist. 9178 Stimmen auf» gebracht, der Kandidat der geeinigten Partei 4420. Die Sozialisten haben also an 2800 Stimmen gewonnen, während die Nadilalen und die Reaktionäre weit zurückgegangen sind. Im anderen Wahlkreise kommt Genosse Nectoux mit 4977 an der Spitze, ihm folgt der christliche Demokrat Marc Seugnier, der Gründer dieser Partei, deren junge Garde mit unleugbarem Eifer arbeitet, mit 4773 Stimnien, dann zwei radikalrepublikanische beziehungsweise radikalsozialistische Kandidaten mit 3709 und 3308 Stimmen. DaS Mandat dürste in der Stichwahl ge- Wonnen werden. Auch dieses Mandat befaß früher ein Radikal- sozialist. Und die Niederlage der Regierung und des Regierungsradikalis- mnS zeigt sich nicht nur dort, wo die Sozialisten Erfolge erzielt haben. Int Walstlreise von M e a u x siegte ein oppositioneller Radikalsozialist mit sozialistischer Hilfe über den radikalen Regierungskandidaten. In G a i l l e c im Departement Tarn ist der oppositionelle Radikalsozialist seines Sieges in der Stichwahl sicher. Er ist um 800 Stimmen im Vorsprung gegen den RegierungS- kandidaten und der Sozialist I m b e r t hat fast 4000 Stimmen auf­gebracht, die ihm zugute kommen werden.<1900 hatte die geeinigte Partei überhaupt keinen Kandidaten.) Endlich siegte in Clermont- Ferrand ein radikalsozialistischer Oppositioneller über den RegierungS- kandidaten. Einzig in Epinal in den Vogesen dürfte die Majorität ein Mandat auf Kosten der Progressisten gewinnen. So zeigt die ganze Wahlkampagne den Fortschritt der geeinigten Partei und den Zusammenbruch der radikalen Partei._ Vom Poststreik. Paris , 24. März. Die Ausstandsbewegung der Postbeamten in Bordeaux dauert noch fort. Man glaubt jedoch, daß auch dort im Laufe des heutigen Tages eine Wendung eintreten wird. Das dortige Streikkomitee hat gedroht, für heute den Ausstand für alle Zweige des Post- und TelcgraphcndicnsteS zu verkünden, man glaubt jedoch, daß dies auf einem Mißverständnis beruht und daß seitens der Pariser Streikführer ebenfalls keine derartige Instruktion erteilt worden ist. In Lyon , Marseille usw. ist der Betrieb in vollem Umkana wieder aufgenommen worden. Paris , 24. März. Die gesamte Presse erörtert die Beilegung des Poststreiks. Die radikalen Blätter beglückwünschen die Regierung, welche fest und zugleich maßvoll gelvesen sei, und heben hervor, daß die Ausständigen eine kluge und würdige Haltung beobachtet hätten. Die Regierung möge nunmehr auch die den Vertretern der Post- und Telegraphenangestellten ge- gebenen Versprechungen halten. Andere Blätter drücken die Ueberzeugung aus. daß Simyan nur noch ganz kurze Zeit im Anite bleiben werde. Die sozialistischen Blätter er- klären, daß die Ausständigen einen Sieg erfochten hätten, auf den sie stolz sein könnten. Die gemäßigt republikanischen und konservativen Blätter erklären, die Syndikate der Staatsangestellten hätten ihre Macht gezeigt. Wenn es jetzt einer anderen Kategorie von Staatsangestellten einfallen sollte, in den Ausstand zu treten, so hätte die Regierung kaum mehr die Macht, sie zur Er' füllung ihrer Pflicht zu zwingen. Ein neuer Ausstand? Paris , 24. März. Mehrfach wird gemeldet, daß die Post- k u t s ch e r in den Ausstand treten wollen. Die Regierung würde, falls sie ihr Vorhaben durchführen sollten, sie sofort durch Trainsoldaten ersetzen. Eine amtliche Note erklärt, daß die strafrechtliche Unter» s u ch n n g aus Anlaß der während des AuSstandeS vorgekommenen Zerstörungen von Telegraphen- und Telephonlimen keineswegs als durch den Streikschluß beendet anzusehen sei. Die Ausständigen, die behaupten, derartigen Vergehen voll ständig fernzu- stehen, haben gegen sich selbst die Einleitung der Untersuchung beantragt. Italien . Die Thronrede. Rom , 24. März. Die neue Legislaturperiode ist heute vornnttag mit einer Thronrede eröffnet worden. Diese bespricht zuerst das furchtbare Erdbeben und führt dann im einzelnen die sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben an, welche in Angriff genoinmen werden müßten, wie Organisation deS Steuer- weiens. Schutz und rationelle Ausnutzung der Wälder. Regelung und Nutzbarmachung der Wasser- straßen und Häfen, Austrocknen der Sümpfe zur Förderung der Volksgesundheit und Gewinnung neuen Bodens, sowie weitere Förderung von Landwirtschaft und Industrie. Hierauf wird von der neuen Legislaturperiode die Lösung der schwierigen Frage der richterlichen Funktionen in Zivil- und Strafrechts- verfahren gefordert. Alsdann wendet sich die Thronrede dem Volksunterricht zu. der nach den Anforderungen des modernen Lebens umzugestalten sei. Der besonderen Beachtung des Parlaments empfiehlt die Thronrede eine ruhige und auf die nationale Schlag- fertigkeit gerichtete Eni Wickelung von Armee und Marine. Die Thronrede gedenkt sodann der Beihilfe, welche Italien der Ausrecht» erhaltung des Friedens geleistet hat. und fährt fort: Diese Beihilfe wird auch stets erhalten bleiben und noch größer werden. Italien , welches die unschätzbaren Wohltaten des Friedens genießt, empfindet das Gefühl der Verantwortlichkeit tief, welches auf jedem zivilisierten Volle hinsichtlich der Bewahrung deS Friedens ruht. Italien , welches ständig treu an seinen Bündnissen sesthält, die sich als wesentlicher Faktor des europäischen Gleichgewichts eriviesen haben, und daS aufrichtig und herz- lich in seinen Freundschaften mit anderen Nationen ist, kann wohl behaupten, beigetragen zu haben zur Sicherung der inter - nationalen Eintracht. Diesem Entschlüsse bleibt auch Italien für die Zukunft treu. Angesichts dieses versöhnliche» Geistes, welcher heute alle Staaten beseelt, find einige schw ieri ge Frag en auf der Balkanhalbinsel der friedlichen Lösung ent- gegen geführt worden, und ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß dies ersehnte Einvernehmen auch für andere Fragen, die noch in der Schwebe sind, rasch getroffen werden könne. Rom , 24. März.(Privatdepesche deS.Vorwärts*.) Der» A v a n t i* bezeichnet die Thronrede als arm, farblos und nichtssagend. Besonders unzulänglich seien die Bemerkungen über die Sozialreform, über die Schule und daS Heer. Die Er» klarungen über die auswärtige Politik klingen wie ein schlechter Scherz. Das Ganze sei eher ein gut stilisierter Schulaufsatz als ein RegierungSprogramin und sei so allerdings ei» guteS Kenn- zeichen für die völlige Leere der Politik GiolittiS. England. Gegen die Panik. London , 23. Marz. KriegSminister Halda«« erklärk» heute im National Liberal Club über die F l o t t e n f r a g«, die Regierung werde sich nicht in ein ungehöriges Wettrennen hineinjagen lassen. Die Regierung vergegenwärtige sich, was die englische Seeherrschaft bedeute, und daß das beste Mittel, sie zu verlieren, darin bestehen würde, eine unwürdige Haltung einzunehmen und sich von einer Panik fortreißen zu lassen. Er gehöre zu denen, die der Meinung seien, daß das deutsche Volk über das Unglück und die furchtbaren Folgen eines Krieges dieselben Ansichten hätte wie da» englische. Er glaube, die deutsche Nation hasse den Krieg, loiedieenglische ihn hassen sollte. Die deutsche Nation habe sich organisiert in dem Glauben, daß eine militärische Organisation die Ouelle der Sicherheit und Stärke wäre. Die Deutschen organisierten und verstärkten auch ihre Flotte, wie ihnen das übrigens freistände. Wenn sie es täten, müßte England es leider auch tun. Er sei der Ansicht, cS gezieme den Engländern, sich an den Deutschen ein Beispiel zu nehmen. Soziales. Was leisten die Kulturländer für den htsgienische» Arbeitcrschutz? Eine interessante Uebersicht über dm gegenwärtigen Stand der Arbeitshygiene bietet Dr. Alexander Elster (Jena ) in der ZeitschriftSoziale Medizin und Hygiene"(Verlag von Leopold Voß in Hamburg ). Er beschränkt sich auf die Aufzählung gcsetz- lichcr Maßnahmen von ausgesprochener hauptsächlicher hygienischer Bedeutung, läßt selbst die Beschränkung des Zulassungsaltcrs für Kinderarbeit, die Arbcitszeitbeschränkung für Frauen und Kinder und das Verbot der Nachtarbeit der Frauen, das durch iuter- nationale Ucbereinkunft zwischen 14 Mächten festgelegt wurde. außer Betracht. Zur Sicherheit von Leben und Gesundheit der Arbeitenden im allgemeinen und in gcsundheitSzefährlichcn Ge» werben gibt in Deutschland § 120a der Gewerbeordnung nur generell gefaßte Anhaltspunkte, die durch Vorschriften des Bundes- rats, der LandcSzentralbehördcn oder der Polizei mit praktischem Leben zu erfüllen sind.Da der Bundesrat von seiner Befugnis bisher aber im wesentlichen nur für notorisch gesundheitSgcfährliche Gewerbe Gebrauch gemacht hat, so jind wir, was die Arbeitshygiene anlangt, in der RcichSgesetzgedung keineswegs soweit voran, wie es zu erWünschen wäre." Oesterreich hat ähnliche generelle Ve- stimmungen, nur noch viel weniger ausreichende Regelungen im einzelnen. Groschritannien ist bedeutend weiter. Es laufen all« gemeine Gesundheitsgesetze neben besonderen Fabrikgesetzen ein- her. Es kann der Staatssekretär Gewerbe für gefährlich er- klären und Regulations dafür treffen; er kann die Beschäftigung überhaupt untersagen, kann die Anwendung eines Stoffes oder Verfahrens verbieten, einschränken und unter Kontrolle stellen, kann die gesetzlichen Vorschriften nach Bedarf abändern und aus- dehnen. Ende 1900 standen 15 400 Betriebe unter solchen Spezial» ibestimimingen.