wieder ein Arbeiterausschußmitglied in Friedrichsort bei Kiel gekündigt worden, weil er seine Stimme gegen direkte Gesetzwidrigkeiten erhoben hat!(Hört! hört l bei den Sozialdemokraten,) Ich würde wahrhastig lieber diese Details hier nicht erörtern. Aber die tat- sächliche Mundtotmachung der Arbeiterausschüsse zwingt uns ja geradezu, von dieser Tribüne aus die Wünsche und Beschwerden vor- zutragen, die sonst unberücksichtigt bleiben,(Sehr wohrl bei den Sozialdemokraten.) Früher suchten schikanierte Arbeiter sich dadurch zu helfen, daß sie um Versetzung in andere Ressorts baten, jetzt aber bestimmt ein Dekret, daß solche Arbeiter, die um Versetzung einkommen, einfach entlassen werden sollen. (Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Unter solchen Umständen ist eS kein Wunder, daß die Nufallziffern bedrohlich steigen und daß z. B. auf der Danzlger Werft, die 800 000 Arbeiter beschäftigt, sich wöchentlich 25 bis 80 Arbeiter verbinden und die Glieder einrenken lassen. Auch die Wasch- und Ankleideräume spotten allen hygienischen Anforderungen, So hat die Marineverwaltung noch außerordentlich viel zu verbessern, wenn das Wort von den.Musterbetrieben" nicht ein Hohn bleiben soll.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Geh. Admiralitätsrat Harms: Da ich das einschlägige Material nicht zur Hand habe, kann ich zurzeit die Beschwerden und Klagen des Vorredners nicht beantworten. Die von ihm vorgetragenen zahlreichen Einzelfälle werden aber nachgeprüft werden. DaS Kapitel wird bewilligt. Der Rest des ordentlichen Marineetats wird völlig debatteloZ bewilligt. Beim Etat von Kiautschou , der ebenfalls debattelos angenommen wird, gelangt eine Resolution der Kommission auf Vereinfachung der Verwaltung dieses Schutz« g e b i e t e s ohne Debatte zur Annahme. Bei den einmaligen Ausgaben erklärt Abg. Schräder(frs. Vg,): Die Frage des Stärkeverhältnisses unserer Flotte zu der anderer Flotten ist von so eminenter politischer Bedeutung geworden, daß alle Parteien dieses Hauses einmütig der Meinung sind, daß sie am zweckentsprechendsten beim Etat des Reichs- kanzlerS ihre Behandlung findet.(Zustimmung.) Der außerordentliche Etat wird debattelos be- willigt. Die Einnahmen werden debattelos bewilligt. Präsident Graf Stolberg : Hiermit ist unsere Tagesordnung erschöpft.(Heiterkeit und Beifall.) Nächste Sitzung: Freitag 2 Uhr pünktlich.(Zurück- verwiesene Positionen aus dem Etat des Innern und der ?ost. Invaliden- und PensionSfondS, zweite «fung des Automobilgesetzes.) Schluß: S'/o Uhr._ parlamcntanrcheo. Aus der Budgetkommission des Reichstag?. (44. Sitzung, 24. März.) Nie Kommission hatte heute nur zurückgestellte oder ihr vom Plenum zurücküberwiesene Posten auf der Tagesordnung. Genosse Singer berichtete über eine Petition der Diätare beim Reichs- vcrsichcrungsamt um Schaffung von mehr etatsmäßigen Stellen; das bedeute keine Vermehrung, sondern nur eine Umwandlung bestehender Stellen. Die Petition wird der Regierung zur Er- Wägung überwiesen. Hierauf nahm der Poststaatssekretär K r ä t k e auf der An- klagebant Platz. Das Plenum hatte einen Posten von 24 284 000 Mark auf Antrag Gothein zur nochmaligen Beratung an die Budgetkommission zurückverwiesen, weil über den Kabelvertrag mit einer deutsch -südamerikanischen Gesellschaft keine Klarheit herrschte und der Abg. Erzberger die Meinung vertreten hatte, daß es sich um einen gegen die Verfassung ber- stoßenden Vertrag handle, weil hier das Reich eine finanzielle Verpflichtung auf 40 Jahre eingehe, wozu die Genehmigung des Reichstages Nicht eingeholt worden sei.« Abg. Erzberger erstattet den Bericht und erklärt, daß er nach Einsichtnahme in den Vertrag in seiner Meinung noch bestärkt sei: daß die von der Regierung eingegangene Verpflichtung der Ge- jgehmigung des Reichstages bedürfe. Staatssekretär Krätke führte hierzu aus: Der Vertrag mit der deutsch -südamerikanischen Kabelgesellschaft ist kein Garantie- vertrag, auch liegt keinerlei Geheimniskrämerei bor . Wenn man eine Gesellschaft zur Legung eines Kabels veranlasse, so müsse man sich auch auf eine längere Zeit verpflichten, denn die Legung des Kabels nach Südamerika koste nicht weniger als 27 Millionen Mark. ES sei nicht zutreffend, daß zu diesem Vertrag die Ge- nehmigung des Reichstages erforderlich sei, denn der Reichstag habe vor Jahren im Sinne der Postverwaltung entschieden.>— Singer: Daß der Reichstag vor 2ö Jahren in einem be- stimmten Falle nicht darauf bestanden hat. daß ihm der betreffende Bertrag vorgelegt wurde, beweise nichts, denn das Geldbewilli- gungsrecht des Reichstages schließe in sich das Recht, zu prüfen, ob die Ausgabe notwendig ist. Auch der Einwand,, daß die öffentliche Behandlung ein Nachteil sein werde, sei nicht stichhaltig, denn niemand habe eine solche Verhandlung verlangt, aber der Budgetkommission müsse Mitteilung gemacht werden. Die Post könne alle Vorbereitungen treffen, nur müsse sie in den Vertragsentwurf die Klausel einfügen:„vorbehaltlich der Zu- stimmung des Reichstags", damit alle Schwierigkeiten behoben werden. Der Reichstag müsse verlangen, daß die Verträge, die das Reich auf längere Jahre mit großen Summen binden, nicht ohne seine Zustimmung abgeschlossen würden. Unterstaatssekretär im Reichsschatzamt Twele erkennt die Richtigkeit der Singerschen Auffassung für den Fall an, daß, es sich um Verträge mit fremden Staaten handelt; das sei hier aber nicht der Fall, so daß die Verlvaltung das Recht gehabt habe, einen Vertrag einzugehen. Richtig sei allerdings, daß der Reichstag die budgetären Konsequenzen des Vertrages ablehnen könnel Um beiden Teilen gerecht zu werden, habe die Verwaltung immer die von Herrn Singer empfohlene Klausel eingesetzt, daß der Vertrag erst in Kraft trete, wenn die Volksvertretung ihre Zustimmung erteilt. Wenn dieser Borbehalt hier nicht gemacht worden sei. so sei das aus Ber - (sehen geschehen. Auch die Abgeordneten Graf Oppersdorfs und S e m l e r sind der Meinung, daß hier das Budgetrecht des Reichstags ver- letzt worden fei. Letzterer gibt dem Gedanken Ausdruck, daß die Regierung im vorliegenden Falle um Indemnität nachsuchen ioäe. Staatssekretär Krätke wendet sich entsetzt gegen diese Zu- imltung und betont nochmals, daß er das Recht gehabt habe, diesen Vertrag abzuschließen. Nach weiterer Debatte einigte sich die Kommission! auf einen Antrag Erzberger-Singer, wonach im Despositiv deS Etats vermerkt werden soll:„Verträge sind in geeigneter Weise dem Reichstag «Nd dem Bundesrat vor der Beschlustfassung mitzuteilen." Nächste Sitzung Freitag. Tagesordnung: Kiautschou . Die Kommission zur Beratung der GewrrbeordntrngSnivrlle beschäftigte sich in der Sitzung am Dienstag mit dem Kapitel ber Hausarbeit. Unsere Genossen beantragen erstens tz 13Sn zu fassen wie folgt:„Die Bestimmungen der§§ 139o bis 180y finden auf Heimarbeiter, Hausarbeiter und Hausgewerbe- treibende Anwendung. Im Sinne dieses Gesetzes sind: «0 Heimarbeiter diejenigen Personen, welche allein oder mit Familienanaehörigen in der eigene» Wohnung oder in fremder Arbeitsstätte(Platzarbeiter) im Luftrag und fiir Rechnung von Unternehmern oder HauSgelverbetreibenden gewerblich tätig sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst be- schaffen." b) HauSarbeiter diejenigen Personen, welche im Auß trage und für Rechnung von Hausgewerbetreibenden in deren Wohnung oder Arbeitsstätte gewerblich tätig sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen, 0) Hausgewerbetreibende diejenigen Personen, welche im Austrage und fiir Rechnung von Unternehmern oder vorüber gehend für eigene Rechnung in eigener oder fremder Wohnung oder Arbeitsstätte Hausarbeiter oder Heimarbeiter beschäftigen," Genoffe Molke nbuhr weist darauf hin, daß die Regierungs- Vorlage eine unbegründete Definition des Begriffs„Heimarbeiter" gibt. Unser Antrag will den Begriff„Heimarbeiter" loeiter ausdehnen, um nicht nur die Fainilieubetriebe. wie es die RegierungS- Vorlage will, sondern auch die Zwischenmeister zu erfassen. Ein NegierungSvertreter wendet sich gegen den Antrag/ der un- annehmbar sei. Genosse Schmidt- Berlin begründet den Antrag uuserer Genossen mit dem Hiniveis auf die Gesetzesvorschriften im Ausland. Die wirtschaftliche Besserstellung der Heimarbeiter ist durch eine Lohitfestsetzung am ersten zu erreichen, da die Arbeiter der Heim- arbeit für die Gciverkschaft sehr schwer zu erlangen sind. Ohne Gewerkschaft bleibt aber die Lohnfestsetzung der Willkür der Groß- kaufleute überlassen, die einen schweren Lohndruck auf die Heim- arbeiter ausüben. Abg. Hitze(Z.) hält die Schwierigkeiten der Definition für Heimarbeiter, wie sie der Antrag der Sozialdemokraten bezweckt, für sehr groß und wendet sich deshalb gegen diesen Antrag. Genosse S t a d t h a g e n kritisiert an der Hand einer Reihe Entscheidungen die Unsicherheit der Rechtslage, die eine zweckmäßige Umgrenzung des Begriffs„Heimarbeiter" verhindert. Vor allem soll festgestellt werden, daß Heimarbeiter Arbeiter im Sinne der Gewerbe- ordming sind. Damit würde die Rechtsstellung dieser Arbeiter klar- gestellt sein. Der Antrag unserer Genossen wird gegen deren Stimmen und die der Polen abgelehnt. Bei§ 130 p wird vom Zentrum beantragt, daß nicht nur der Bundesrat, wie es die Regierungsvorlage will, sondern auch die Polizeibehörde die Befugnis habe, das Aushängen von Lohntafeln zu verfügen. Unsere Parteigenoffen beantragen die allgemeine Ein- führung von Lohnbüchern für alle Heimarbeiter. Die Bestimmung soll, wie Molkenbuhr darlegt, dem Arbeiter die Sicherheit geben, eine Ueberstcht über den Lohn zu haben. Manz(freis.) wendet sich gegen den Antrag; Enders(freis.) will die Einführung der Lohnbücher allgemein nicht befürworten: für die Sonneberger Spielwareninduitrie sei die Einführung der Lohnbücher bei den vielen Mustem unmöglich, und auch Lohntafeln könnten nicht gefordert werden. Unsere Genossen ändern ihren Antrag dahin: „Unternehmer, welche Hausarbeiter der im§ 139q aufgeführten Art beschäftigen, haben jedem Hausarbeiter bei Uebergabe der Arbeit ein Lohnbuch oder Arbeitszettel zu übergeben. Auf dieses Lohnbuch und die Arbeitszettel finden dir Bestimmungen deS § 114a der Gewerbeordnung entsprechend Anwendung. Das Lohn- buch oder der Arbeitszettel bleibt in den Händen des Haus- arbeiters. Die Uebergabe von Lohnbüchern und Arbeitszetteln ist nicht erforderlich, wenn Tarifverträge über die Lohnhöhe vorliegen oder in den Räumen, wo die Hausarbeit ausgegeben wird, ausgehängte Lohntafeln die Höhe deS Lohnes klar ersichtlich machen." Bei der Abstimmung werden die drei ersten Sätze des Antrages unserer Parteigenossen angenommen, der Absatz 4— den unsere Genossen lediglich gestellt hatte», um einigen Ausstellungen der Gegner des Antrages entgegenzukommen, gegen den sie selbst aber sich erklärten— abgelehnt. Ferner wird der Antrag des Zentrums angenommen, daß auch die Polizeibehörde die Be- fugnis haben soll, die Aushängung der Lohntafeln für bestimmte Gewerbe ihres Bezirks zu verfügen. Zur Debatte steht hierauf der§ 139g, der den Polizeibehörden die Befugnis gibt, wenn Gefahren für Leben und Gesundheit der Arbeiter vorliegen, eine Reihe von Maßnahmen zum Schutze der Arbeiter zu treffen. Abg. Hitze(Z.) will die Befugnis der Polizei- behörde allgemein erteilen, ohne daß die Voraussetzung vorliegt, daß für die beschäftigten Heimarbeiter eine„Gefährdung von Leben und Gesundheit" vorliegt. Ein dahingehender Antrag deS Zentrums wird angenommen. Die Kommission vertagt sich dann auf un- bestimmte Zeit._ Die Arbeitskammerkommission deS Reichstages führte am Mittwoch in zweiter Lesung die Beratung über die ßZ 1 bis 8 der Vorlage zu Ende. Ein sozialdemokratischer Antrag zum Z 1, der die Möglichkeit schaffen wollte, in besonderen Fällen die Errichtung einer Arbeitskammer auch für verschiedene Gewerbe- zweige anzuordnen, wurde abgelehnt. Die§§ 1 und 2 wurden nach den Beschlüssen erster Lesung angenommen. Beim§ 3 versuchten Konservative und ReichSparteiler, die durch die sozialdemokratischen Anträge aufgenommene Bestimmung, daß die Kammern beim Abschluß von Tarifverträgen mitwirken können und die Er- richtung von paritätischen Arbeitsnachweisen fördern sollen, ab- zuschwächen bczw. zu beseitigen; alle dahinzielenden Anträge wurden aber abgelehnt und der Wortlaut deS§ 3 nach den Be- schlüssen der ersten Lesung beibehalten. Ohne nennenswerte Debatte wurden dann die 8Z 4 und 6 der Vorlage angenommen. Beim§ 7 gelang es den Rechtsparteien, zu denen sich auch der Abg. Goller von den Freisinnigen gesellte, den Absatz zu streichen, der als Arbeit- nehmer im Sinne des Gesetzes die Arbeiter in den Eisenbahnwerk« stätten bezeichnet. Die Betriebsbeamten, Techniker und Werkmeister einerseits und die Handlungsgehilfen andererseits bleiben vom Gesetz ausgenommen. Die Kommission glaubte die Angehörigen dieser Berufs- zweige mit Resolutionen trösten zu sollen, die die Regierung auf- fordern, für siebesondereKammern zu errichten. Die sozialdemokratischen Vertreter hatte» beantragt, für die kaufmännischen, technischen und Bureauangcstellten besondere Abteilungen in der allgemeinen Kammer zu errichten, um schon heute den Angestellten eine gesetzliche Ver- tretung zu sichern. Der Antrag wurde indes von der Mehrheit der Kommlssion abgelehnt, ebenso ein weiterer Antrag zum§ 8. der den Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Initiativrecht zur Errichtung einer Kammer geben sollte. Di« nächste Sitzung soll am Sonnabend stattfinden. Man denkt in dieser Sitzung die zweite Lesung beenden zu können. Em Induftm und ftandel. Ein Montanricse. Im Jahre 1873 wurde in Berlin ein Unternehmen gegründet, das sich als Aufgabe stellte, eigen« und fremde Bergwerke auszu- beuten. Es erhielt den Namen Gelsenkirchner Bergw-rkSaktien- gefellfchaft. Mit seinem ersten Besitzstand, der die Zechen Rhein- Elbe und Alma mit 761 Hekiaren Berechtsame umfaßte, gehörte daS Unternehmen schon damals zu den größten unter seinen Ge- schwistcrn. Bald entwickelte es sich zu einem Niesen, dessen Körper- umfang und Stärke gewaltig zunahm; es reckte und streckte sich zu einem Giganten inmitten der Großen. Die nachfolgenden Angaben und Zahlen lassen das erkennen. Aus dem Kranze der Zechen, die das Unternehmen vor und nach in sein Eigentum brachte, wurden folgende Mengen der schwarzen Diamanten zu Tage gefördert: 1873: 362 707 Tonnen. 1880: 744 926 Tonnen., 1856: 1216 973 Tonnen, 1590: 1766 916 Tonnen, 1896: 2 947 653 Tonnen. Von dann an vollzog die Fördersteigerung sich absolut in noch gewal- tigerem Umfange, Im Lahre 1900 wurdet, bereits b 469 828 Tonneii geforberk. Fünf Jahre später ivar die FZrderkeistuNg auf 6 499 030 Tonnen gestiegen und erreichte 1908 ein Ouan- tum von über 8)4 Millionen Tonnen. Mithin ist die Förderung auf den zur Gelsenkirchencr Bergwerksgesellschaft gehörenden Zechen, wozu u. a. gehören: Stein und Hardenberg, Bonifazius, Erin, Hansa , Monopol, Zollern, Westhausen , Hamburg , Franziska und Pluto , seit 1873 um 2 2 4 0 Proz. gewachsen. Der Felderbesitz hat von 716 Hektaren auf 28 716 Hektaren zugenommen. Während im Jahre 1873 von einer Koksproduktion bei der Gelsenkirchner Gesellschaft noch keine Rede sein konnte, brachten ihre Anlagen im Jahre 1908 von diesem hochwichtigen Erzeugnis ca. 2Vs Mill. Tonnen hervor. Bei der Gründung des Unternehmens wurde daS Aktien- kapital auf 13)4 Mill. Mark festgesetzt. 1907 betrug das nominelle Aktienkapital 130000000 M. Außerdem waren noch 60 Mi!- lionen Mark Hypothekengelder investirt. Die Zahl der beschäf- tigten Arbeitskräfte wuchs in folgender Weise: Im Januar 1873 waren auf den beiden Zechen der Gesellschaft Rhein-Elbe und Alma 980 Mann beschäftigt; im Dezember desselben Jahres erreichte die Belegschaft eine Stärke von 1680 Mann. Im Jahre 1881 war die Zahl nur wenig höher, nämlich 1879. Tann wuchs die Beleg- schaft schneller. 1834 war sie bereits 3660 Mann stark, schnellte bis 1894 auf 9693 Mann hinauf; im Jahre 1900 war die Zahl der Tributpflichtigen der Gesellschaft schon auf 19 116 gestiegen.� Immer größer wurde der Kreis. 1904 zählte er bereits 24 096 Köpfe und schwoll bis 1907 auf die Schar von 4 1 6 4 1 Personen an. Bis zum Jahre 1904 beschränkte sich die Gelsenkirchencr Gesellschaft auf den Kohlenbergbau. Um wenigstens für einen Teil ihres riesigen Förderquantums, speziell für die erzeugten Koksmengen, einen stets sicheren Abnehmer zu haben, fusionierte sich die Gelsen- kirchner Bergwerks-Gesellschast im genannten Jahre mit dem Schalker Gruben- und Hüttenverein und dem Aachener Hütten- verein. Seit 1907 wurden die beiden Unternehmen mit auf Rech- nung der Gelsenkirchnerin geführt. Damit ist der Ausdehnungs- drang aber noch nicht befriedigt. Jetzt hat man eine neue Kapitals- erhöhung beschlossen; es sollen nominell 26 Mill. M. neuer Aktien ausgegeben und 20 Mill. M. Obligationen begeben werden, um damit in Esch und Deutsch-Oth weitere große Hochofen- und Stahl- Werksanlagen zu errichten. Auch will man die KokSerzeugung auf zirka 3 Millionen Tonnen steigern, und die Betriebe in Rothe Erde und Eschweiler zur Herstellung weiter ver» arbeiteter Erzeugnisse an Stelle von Halbzeug und groben Walzwaren ausbauen. In den bisherigen Hüttenwerken der Ge» sellschaft wurden im Jahre 190? bereits zirka 900000 Tonnen Roh- eisen gewonnen, 130 000 Tonnen Gußwaren hergestellt, und 476 634 Tonnen Rohstahl produziert. Die zugehörigen Elsenerzgruben förderten 1)4 Mill. Tonnen Erze. Jetzt soll dieser Zweig der indu- striellen Tätigkeit noch erheblich erweitert werden. Stellen wir einige Hauptzahlen aus dem GründungSjahr der Gesellschaft und die jetzt in Betracht kommenden in Vergleich, bann ergibt sich fol- gendes Btld: 1878 Mill. M. 13'/, Rom . Aktienkapital Hypotheken... Kohlenförderung. Koksproduktion. Rohstahlerzeugung Arbeiterzahl.. Tonnen 362 707 1580 190? 156 70 ca. 9 000 000 „ 3 000 000 „ 1000000 60 000 Die bisher erreichte Förderung der Zechen der Gelsenkirchner BergwerkS-Gesellschaft macht fast ein Neuntel der im ganzen Ober- bergamtsbezirk Dortmund zu Tage gebrachten Kohlenmcngen aus, und die in Aussicht genommene Koksproduktion stellt mindestens ein Sechstel des rn ganz Deutschland erzeugten Quantums dar. Das Unternehmen, das seinen Aktionären seit dem Jahre 1873 zirka 150000000 M. Dividenden einbrachte, nimmt unter den Jndustrieriesen den zweiten Platz ein, es folgt nach der Aktien- gesellschaft Krupp, deren Kapital— Aktienkapital und Hypotheken— das der Gelsenkirchner Gesellschaft noch um zirka 40 Mill. Mark übersteigt. Hinter Gelsenkirchen rangiert der Phönix mit zusammen 136 Millionen Mark Kapital— darunter nominell 100 Millionen Mark Aktienkapital. Die drei Gesellschaften haben zu- sammen nominell 436 Mill. M. Aktienkapital investiert und dazu rund 190 Mill. M. Hypothekengelder. Die Gesamtzahl der beschäf- tigten Arbeiter stellt sich auf zirka 160 000. Hier ballt sich eine ungeheure wirtschaftliche und soziale Macht zusammen, die in den Händen einzelner Persönlichkeiten ruht. ES ist eine überzeugende Demonstration für die Richtigkeit der Lcbrc von der industriellen Konzentration, Kündigungen im Statistischen Landesamt. Im„Königl. Preußischen Statistischen LandeSamt" ist zirka 170 Beamten zum 1. April gekündigt worden. Wenn schon im all- gemeinen solche Massenkündigungen zu bedauern sind, dann ganz besonders in solchen Fällen wie dem vorliegenden. Gerade Staats- behörden sollten sehr vorsichtig darin sein, in Zeiten allgemeiner großer BeschäftigungSlosigkeit noch dazu beizutragen, das Heer der Arbeitslosen zu vergrößern. DaS um so mehr, wenn keine sachlich zwingende Gründe zu der Maßnahme vorliegen. Solche können hier ganz entschieden bestritten werden. Vorläufig ist noch so viel Arbeit vorhanden, daß die Herren— bis zu ziemlich hohen Stellen hinauf— immer noch große Quantitäten Arbeit mit nach Hause nehmen, die sie teilweise unter Zuhilfenahme von Familienangehö- rigen fertigstellen. Und was bei dieser Heimarbeit unangenehm berühren kann, ist ein eigenartiger Zufall, der mit seltener Regel- Mäßigkeit sich wiederholt. Die Bearbeitung von Zählkarten wird nach Kreisen vergeben, die Bezahlung richtet sich nach der jeweiligen Kopfzahl der Gezählten. Wer einen Kreis mit 5000 Personen schnappt, bekommt dafür doppelt soviel, als dem gezahlt wird, der einen Kreis erwischt, der nur 2600 Einwohner zählt. Der größere Kreis verursacht aber nur wenig Arbeit mehr als der kleinere. Nun sollen besonders die Herren Sekretäre insofern vom Glück verfolgt sein, als sie meist große und die allergrößten Kreise als Heimarbeit erhalten. ES soll gar nicht selten sein, daß die beffer bezahlten Be- amten auf solche Weise im Monat noch 1000 M.— Nebenverdienst erzielen. Die eingestellten Hilfsarbeiter, die nur 4 M. Tagelohn bekommen, haben wohl nicht solches Glück mit der Heimarbeit. Und nun ist die Mehrzahl von ihnen gekündigt— obwohl höhere Beamte immer noch Nebenverdienst machen können. Das sind Zu- stände, mit denen die vorgesetzte Behörde sich zu beschäftigen schleu- nigst Veranlassung nehmen sollte. Industriebahnen. Die Bocholter Fabrikanten verhandelten in der letzten Zeit wiederholt über ein Jndustriebahnprojekt. Die im Umkreise der Stadt belegenen Fabriken sollen durch eine Ringbahn verbunden und ihnen direkter Anschluß an die Staats- bahn verschafft werden. Mit dem Bau der Kleinbahn Bocholt - Balten, die in erster Linie zu dem Zwecke errichtet werden soll, der Bocholter Textilindustrie holländisch« Arbeitskräste zuzuführen, soll im April begonnen werden. Die einheimische Arbeiterschaft ist von der Ausführung dieses Bahnprojektes nicht erbaut, sie be- fürchtet davon eine Verschärfung des Lohndruckes durch holländische Arbeiter. In der Textilindustrie des Bezirks hält die vor' etwa einem Vierteljahr begonnene Aufwärtsbewegung noch an. Zur» zeit sind die meisten Fabriken in normaler Weise beschäftigt.
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