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Nr. 73.

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Ericheint täglich außer Montags.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

26. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr beträgt für die sechsgespaltene Stolonels geile oder deren Raum 50 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins und Versammlungs- Anzeigen 30 Bfg. Kleine Anzeigen", das erste( fett gedruckte) Wort 20 fg., jedes weitere Wort 10 Bfg. Stellengesuche und Schlaf stellen- Anzeigen das erste Wort 10 Bfg., jedes weitere Wort 5 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet,

Telegramm Adresse: Sozialdemokrat Berlin  "

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Abonnements- Einladung.

Im nächsten Vierteljahr wird die Entscheidung über eine Reihe der wichtigsten politischen Fragen fallen. Die Beratung der Reichs­finanzreformprojekte läßt noch immer nicht erkennen, mit welchen Resultaten das Unternehmen der Regierung und der Blodparteien enden wird, zur Deckung des durch die Mißwirtschaft der staats­erhaltenden Parteien entstandenen Reichsfinanzdefizits aus den werktätigen deutschen   Volksschichten an

500 Millionen Mark neuer Steuern

"

herauszuholen. Außerdem aber sind im laufenden Quartal die meisten Arbeiten des Reichstages soweit im Rückstand geblieben, daß sie erst in dem am 1. April beginnenden neuen Etatsjahre zur Beratung und Erledigung kommen, darunter neben dem Reichs= budget vor allem die Erhöhung der Reichsbeamten­gehälter sowie die Gefeßentwürfe über die Reichs. versicherungsordnung, die Reform der Straf prozeßordnung, die Einführung der Schiffahrts. abgaben, die Gewerbeordnungs- und Strafrechts tobelle. Auch( im preußischen Landtage wird erst nach Ostern die Verabschiedung des Etats erfolgen.

Dazu kommt eine äußerst

gespannte internationale Lage. Immer dunkler ballen sich auf der Balkanhalbinsel   verderben schwangere Gewitterwolfen zusammen und bedrohen den Frieden Europas   mit einem gewaltigen Weltkriege.

vor

In solchen politisch bedeutsamen Zeiten, wo das deutsche Wolf den wichtigsten, seine Zukunft bestimmenden Fragen steht, darf in keinem Arbeiterhaushalt Groß­Berlins der ,, Vorwärtz"

fehlen. Jeder Leser, der bisher den Vorwärts" gehalten hat, be­sonders alle, die ihn durch die Post beziehen, fordern wir deshalb auf, ohne Verzug ihr

Abonnement zu erneuern.

Sonnabend, den 27. März 1909.

Die Regierung

und die Konfervativen.

Die Veranstalter der neuesten Blockkrisis haben wirklich eine Glanznummer geliefert. Die Liberalen sind schrecklich auf geregt, und da sie die behördliche Stonzession besitzen, spielen sie die Rolle des" wilden Mannes" mit großer Virtuosität. Was gestern noch ein Mißverständnis" war, das ist heute wieder Nationalliberalen sind sehr laut. Die Frattion Drehscheibe tut so Ende des Blocks" und innere Krise". Besonders die unentwegt wie ein Freisinnsmann vor den Stammgästen des Bezirksvereins und erklärt feierlich in der Nat.- lib. Korresp.": Wir spielen nicht mehr mit. Es sei ein Irrtum der Kon­servativen, zu meinen, daß es ohne Zustimmung des Blocks möglich sei, die Finanzreform mit dem Zentrum oder mit wechselnden Mehrheiten zu machen. Dann fährt die partei­offiziöse Auslassung fort:

Wenn die konservative Fraktion die Finanzreform in der Weise erledigen will, daß 400 Millionen Verbrauchssteuern betvilligt werden und der nicht gedeckte Rest auf Matrikular­beiträge gelegt wird, so ist diese Finanzreform weder für einen Liberalen, noch für die berbündeten Me­gierungen annehmbar.

Herr v. Normann lehnt die Deszendentensteuer und das Gampsche Kompromiß ab: das ist der Kern der Eröffnungen, und damit entfällt die Möglichkeit, die Finanzreform mit den Liberalen zu machen.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

reform mit seinem Block fertigzustellen, ist ja der einzige Grund, warum Bülow noch im Amt bleiben darf. So ist es nur natürlich, daß Bülow sich noch einmal zu retten sucht. Sein altes, oft bewährtes Mittel, die Liberalen durch Ver­sprechungen und Drohungen zur Nachgiebigkeit zu zwingen, muß aber in diesem Fall zu seinem Unglück versagen. So leicht ist jetzt die Sache nicht. Denn Bülow ist diesmal, was den Ausbau der Erbschaftssteuern festgelegt und muß also, so ihm sonst nie passierte, auf ein bestimmtes Programm, sehr er sich innerlich dagegen sträubt, gegen die Konser­batiben mobil machen. Schon ist auch die ganze offiziöse sehr er sich innerlich dagegen sträubt, gegen die Konser. Meute Losgelassen. Am lautesten ist die zugleich national­liberale und offiziöse Köln  . 3tg.". Sie droht:

Die bisherige Haltung der Einzelstaaten wie des Reichs­fanglers zeigt, daß der Entschluß der Konservativen, den Block zu sprengen, eine Krisis eröffnet, in der mehr auf dem Spiele steht, als die Reichsfinanzreform. Die Bundesstaaten können und wollen nicht wegen der Interessen des Zirkus Busch einem Flickwerf ihre Zustimmung geben, das ihnen den Ruin in Aussicht stellt und die Reichsverdrossenheit legten Endes zur Reichsempörung steigern muß. Fürst Bülow   aber könnte nach allem, was vorausgegangen, nicht an dem Regierungstisch ausharren, dem das Zentrum sich breit macht. Ein Blick auf diese Aussichten genügt, um erkennen zu lassen, daß die verant wortlichen Stellen im Reiche, an letzter Entscheidungsstelle der Kaiser und die Bundesfürsten, zu der von den Konservativen in Aussicht genommenen Lösung ihre Zustimmung nicht geben können und daß die konservative Spekulation, wenn sie darauf hinausgegangen sein sollte, falsch sein muß."

an

Das sind ja starke Worte, und man darf neugierig sein, Das Herumreden von angeblichen Mißverständnissen nügt ob auch diesen Worten Taten folgen werden. Der Konflikt nichts. Wenn der Blod die Finanzreform nicht machen kann, ist zwischen den Stonservativen und dem Fürsten Bülow erscheint er erledigt. in der Tat nicht leicht beizulegen. Für die Konservativen, die Wenn aber Herr Bassermann löwenherzig ist, so bisher stets auf ihrem Scheine bestanden haben, bedeutete ein bleibt selbst Herrn Wiemer nichts anderes übrig als stier- Burückweichen nach all den feierlichen Erklärungen gegen die nadig zu werden, und so hat denn die freisinnige Frattions- Nachlaßsteuer eine schwere Niederlage und die Gefahr auch in gemeinschaft beschlossen, daß durch die Haltung der Konser- Zukunft bei ihren Erklärungen so wenig ernst genommen zu batiben die Voraussetzungen für ein Zusammen werden wie etwa Freisinnige. Noch weniger kann die Regierung wirken mit der tonservativen Partei entzogen zurück, ohne völlig der Lächerlichkeit zu verfallen. Vorläufig werden. Die Fraktionsgemeinschaft hält an der Forderung Klingt die Sprache der offiziösen Presse sehr kriegerisch und fest, daß eine ausreichende Belastung des Besizes durch Na ch- vielleicht bekommt Bülow abermals die Erlaubnis den Versuch Laß oder Erbanfallssteuer gesichert und eine so- zu machen, den Wahlschwindel von 1907 in neuer Auflage zu fortige er absegung der Liebesgabe bei der Brannt- produzieren. Db's freilich gelingen wird? Die Parole für weinsteuerreform vorgenommen wird." dirette Befizsteuern" verliert wohl viel an Werbekraft, wenn

Die Liebesgabenclique fiegt!

Im Gegensatz zu den aufgeregten Liberalen verhalten die Massen wissen, daß sie nur der Vorwand ist, um aus sich die Konservativen sehr fühl. Ihre Presse hält ihren Taschen 400 Millionen Mark für den Militarismus und in der Sache an dem Standpunkt Normanns unbedingt Marinismus zu holen. fest, mit Ausnahme des Reichsboten", der von Anfang an in der Frage der Erbschaftssteuer für die Regierungs­borschläge eingetreten war. Gleichzeitig sind die konservativen Doch ist nicht nur nötig, daß unsere bisherigen Leser weiter Blätter eher bemüht, der Krise jede größere Bedeutung ab­abonnieren, sondern daß sie auch im Kreise ihrer Freunde und Ge- zusprechen. Natürlich nicht aus Angst vor den tapferen In der Finanzkommission des Reichstages wurde am Freitag finnungsgenossen, in Werkstatt und Fabrik neue Abonnenten werben. Mannen des Liberalismus. Mit denen würden sie bald zunächst noch in der Generaldiskussion über§ 2 der Subkommissions­Noch viele der Lässigen und Gleichgültigen gibt es, die zu ge- fertig. Es handelt sich vielmehr darum, der Regierung vorlage und der dazu eingebrachten zahlreichen Anträge forts winnen find. Noch immer liest ein großer Teil der Berliner   Arbeiter aber durch die gestern veröffentlichte Erklärung der Nord- Von unserer Seite griff Genosse Stüdlen in die Debatte ein. das Steuerprogram der Konservativen aufzuzwingen. Nun ist gefahren. In der Hauptsache Handelt sichs hier um die Liebesgabe! parteilose" Blätter, die regelmäßig, wenn es gilt, bei Lohnkämpfen, deutschen   Allg. 3tg." der Konflikt zwischen Zentrum und Er wies darauf hin, daß in der ganzen Diskussion über die Mehr Aussperrungen und Streits das Jutereffe der nach Verbesserung ihrer Konservativen auf der einen Seite, der Regierung aufbringung der 100 Millionen Mart aus dem Brannts Lage ringenden Arbeiterschaft den Uuternehmern gegenüber zu wahren, auf der anderen Seite akut geworden. Soll der wein immer nutr bom Intereffe der Produzenten, den kämpfenden Arbeitern in den Rücken fallen. Regierung der Rückzug doch noch offen bleiben, mit feinem Worte jedoch von dem der Konsumenten Alle diese noch abseits stehenden Elemente gilt es heranzuziehen, so darf ihr das Nachgeben nicht dadurch erschivert geredet worden ist! Diese aber gehören dem ärmsten fie zum Abonnement auf den Vorwärts" zu bewegen und sie da- werden, daß man durch die Verkündigung des Teile der Bevölkerung an, und diesem soll das neue Millionenopfer durch einzureihen in die Kampfpartei des Proletariats. Aus den Scheiterns der Blockpolitik Bülow noch mehr bloßstellt. Des- auferlegt werden. Dabei reden die Agrarier immer noch von den es nicht mehr haben, Opfern, die der Landwirtschaft damit erwachsen! Uebrigens Wohnungen der schwer um ihren Lebensunterhalt ringenden Arbeiter halb wollen die Konservativen es nicht fie den Block gekündigt" haben, und des kommt ja auch nur das Interesse einer relativ sehr fleinen Anzahl und kleinen Angestellten muß nicht nur die Presse der offenen halb versichern sie dessen Fortbestand für nationale" der größeren landwirtschaftlichen Brenner in Frage. Nun ist es Gegner des arbeitenden Volkes berschwinden, sondern auch jene fast Fragen. Sie wollen ihren Stampf gegen die Nachlaß aber unwirtschaftlich, ein Gewerbe, das sich nicht halten kann, durch noch schlimmere slatschpresse, die das Gehirn mit leeren und und Erbschaftssteuer und für die neue Liebesgabe Staatshilfe fünstlich zu konservieren. Wenn die Spiritusproduktion gleichgültigen, aber fenfationell aufgebauschten Berichten verwirrt und nicht dadurch unnüz erschweren, daß sie die Blockkrise zu einer in die Hände der gewerblichen Betriebe übergeht, so hat doch die dadurch den Leser von ernsten Aufgaben abzieht. Kanzlerfrise erweitern. Hat ihnen erst das Zentrum Landwirtschaft als solche gar keinen Schaden davon, denn dieser die Liebesgabe beschert und sie vor der Nachlaßsteuer behütet, verbleibt die Produktion und Lieferung der Kartoffeln und anderen dann kann Bülow immer noch erledigt werden. Materials. Wie die gewerblichen Brennereien auf ihre Sosten Bleibt aber Bülow störrisch, so wollen die Konservativen kommen, ist nicht Sache des Reiches. Jedenfalls aber würden diese an den Kaiser appellieren. Die Deutsche Tagesztg." beruft mit den modernsten Einrichtungen und Hilfsmitteln den Spiritus sich auch bereits auf ein Wort Wilhelms II. über die Finanz- viel billiger herzustellen imstande sein als die vielfach mit reform, das gelautet habe:" Db mit, ob ohne Block, den unvollkommmensten Einrichtungen arbeitenden landwirtschaft­das ist mir einerlei; die Hauptsache ist, daß sie gemacht lichen Brennereien. Echt agrarisch ist es, immer auf die wird." Es ist der unverhüllte Appell an das persönliche Re- fleinen Brennereien hinzuweisen und für diese Sondervorteile giment, unter den bestehenden Verhältnissen für den Kanzler herauszuschlagen, die dann wieder nur den großen zugute kommen. eine deutliche Drohung. Wenn ein Teil der Landwirte auf schlechtem Boden nicht existenz­

Der

PP

Vorwärts"

dient nicht nur der raftlosen politischen Bekämpfung aller Gegner der Arbeiterklasse, er ist zugleich ein Mittel zur Aufklärung und Weiterbildung. Die Vorgänge des sozialen Lebens, die wichtigsten Erscheinungen auf wirtschaftlichem Gebiete, der uns mittelbare Klassenkampf, wie ihn die Arbeiter in ihren gewerkschaftlichen Organisationen

führen, werden fritisch besprochen.

Bugleich bringt unser Unterhaltungsteil, der aus dem täglichen ., kleinen Feuilleton" und Unterhaltungsblatt" fowie der reichillustrierten Wochenbeilage

,, Die neue Welt"

Natürlich haben es die Konservativen nicht bei bloßen fähig ist, so wäre es doch wirtschaftlich viel richtiger, diesen auf Worten bewenden lassen, sie haben diesen in der heutigen direktem Wege eine Staatshilfe zuzuwenden, als auf dem Um­Sigung der Finanzkommission auch die Tat folgen lassen. Die wege über die Liebesgabe für Schnapsbrenner. Ein Konsum neue Majorität, die sich aus den Konservativen, dem Zentrum, rückgang, von dem soviel geredet wurde, Der fo der Wirtschaftlichen Vereinigung und den Polen   zusammensette, gar auf( 25 Prozent geschätzt wird, ist sehr unwahr­hat bei der Beratung der Branntweinsteuer gegen die scheinlich, weil die Branntweintrinker doch ihren Schnaps Opposition der Sozialdemokraten, des Freisinns, der National- trinken werden, wenn er auch verteuert wird: sie sparen dann besteht, fortlaufende Berichte über alle wichtigen Vorgänge auf den liberalen und der Reichpartei den konservativen Antrag an eben an anderen Sachen! Was die Rücksichtnahme auf den Gebieten der Wissenschaft, Literatur, Kunst, Technik, Theater, Agrariern für die nächsten vier Jahre noch ein Extra- tein Schaden sein, wenn die süddeutschen Staaten aus der Brau­Gebieten der Wissenschaft, Literatur, Kunst, Technit, Theater, genommen, der die Liebesgabe verewigt und den Süden anbelangt, so würde es unter den obwaltenden Umständen Mufit usw., sowie ferner sorgfältig ausgewählte Romane, Rovellen geschenk von 10 Millionen Mart sichert. steuergemeinschaft wieder austreten. Stüdlen schloß mit der Er und Skizzen. Die Sprengung des Blods ist vollzogen," flärung, daß er und seine Freunde gegen jedes Gesez stimmen Trotzdem beträgt der Abonnementspreis für den Vorwärts" so tommentiert die" Voss Ztg." diesen Beschluß und hat damit werden, das eine Mehrbelastung bringt und eine Liebesgabe ( frei ins Haus geliefert oder durch die Bost bezogen) für den Monat ausnahmsweise recht. Diese Sprengung bedeutet aber trotz enthält. nur 1 M. 10 Pf., für die Woche nur 28 f.

aller beruhigenden konservativen Versicherungen den Todes- Da die von agrarischer Seite eingereichten Anträge außer der stoß für Bülow. Denn der Block ist für ihn, der beim Kaiser Forderung der Erhaltung der Liebesgabe in der bisherigen Höhe nicht mehr in Gunst steht, die einzige Stüge. Ist diese auch noch die eines der Verbrauchsabgabe zu entnehmenden Hilfs. zerbrochen, so muß Bülow fallen. Denn die Finanz- beaiv. Denaturierunasfonds enthalten. wandte fich Genosse