Dr. 73. 26. Iahrgavz.3. KilM des Jotmätls" ßtilintr Boliisliliitt.Zomlabend, 27. May MS.NehörSIichei' Kampf gegen Arbeiter-turnvereine.Es mehren sich die Fälle, in denen das Provinzialschulkollegiumoder Regierungen in Preußen Arbeitern für die Erteilung von Turn-Unterricht in Turnvereinen Strafen androhen und solche Strafensogar in Höhe bis 100 Mark festsetzen. Die Behörden glaubenauf Grund der Kabinettsorder vom 10. Juni 1834, einerMinisterialiustruktion vom 31. Dezember 1830 und einer Ministerial-Verfügung des Kultusministers vom 7. August 1907 hierzu berechtigt zu sein. Ein Verwaltungsstreitverfahren gegen die Eni-scheidung ist in Preußen nicht zulässig. Das Ministerium, von demdie Anregung zu dem geschilderten, unseres Erachtcns un-zweifelhaft rechtswidrigem Vorgehen ausgegangen ist, hatnatürlich bei ihm eingelegte Beschwerden zurückgewiesen.Wie wir schon früher dargelegt haben, kann allein durcheine Anrufung des Reichsgerichts die Ungesetzlichkeit der gedachten Versügungcn klargelegt werden. Freilich hat das Reichsgericht nur dann zu entscheiden, wenn eine Aufforderungzum Ungehorsani gegen Anordnungen der ge-dachten Art vorliegt. Es ist bislang nur einmal vom Reichs-gericht in solchem Falle entschieden. Am 17. September 1908 sprachdasselbe einen Zahnarzt Smith und den Redakteur Soendsen vonder Anklage der Ausforderung zun, Ungehorsamgegen eine Verfügung der Schleswiger Regierungfrei. Diese hatte dem HaderSlcbener Landrat aufgegeben,„den-jenigen Personen, welche den fraglichen Unterricht an jugendlichePersonen beginnen oder fortsetzen, den Betrieb desselben" zu unter-sagen. Der Reichsanwalt selbst beantragte Freisprechung,weil die Anordnung der Behörde gegen � 33 der Gewerbe-ordnung und§ 2 der Reichsverfassung verstößt. Allein das Reichsei zuständig, soweit gewerblicher Unterricht in Frage kommt. DasReichsgericht ließ die grundsätzliche Frage offen: es gelangtezur Freisprechung, weil die angeführte Anordnung der Regierung.selbst wenn die Kabinettsorder von 1834 noch zu Recht bestände,ungültig ist, da sich ihr Verbot nicht auf den Kreis jugendlicherPersonen beschränkte.Es soll nachstehend dargelegt werden, wcSholb die gedachtenAnordnungen der Regierungen und des Potsdamer Provinzial-Schul-kollegiums ungültige, rechts- und verfassungswidrige sind.Wie liegt der Sachverhalt?Der KulMsininister des Blockfreisinns, Holle, erließ unter dem7. August 1907 folgenden„Geheimerlaß" an die ihm unterstelltenSchulaufsichtsbehörden:Der Minister der geistlichen,Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. Berlin, den 7. 8. 1907.J.-Nr. II. III pp.Es mehren sich die Fälle, in denen zu meiner Kenntnis ge-bracht wird, daß die in dem Arbeiterturnerbund zu-fammengeschlofsenen Turnvereine sich bemühen, sowohl schul-Pflichtige Kinder als auch jugendliche Personen zu ihren Ver-anstaltungen— zum Teil durch Einrichtung von besonderenJugendabteilungen— heranzuziehen.Es ist allgemein bekannt, daß die gedachten Vereinigungenlediglich den Zweck verfolgen, die jugendlichen Elemente schonfrühzeitig mit sozialdemokratischen Ideen zu erfüllen und dadurchihren späteren Anschluß an die sozialdemokratische Partei zufördern und vorzubereiten.Es unterliegt keinem Zweifel, daß diesen Bemühungen dersozialdemokratischen Vereine die ernsteste Aufmerksamkeit zu-gewendet werden muß und den aufsichtführenden Behörden dieVerpflichtung obliegt, derartige staatsfeindliche Bestrebungen vonder Jugend fernzuhalten.Mit Bezug auf den Erlaß vom 30. 3. 05(dieser Ministerial-erlaß richtete sich gegen sozialdemokratische Bestrebungen, fürJugendliche Unterrichtsstunden. Gesangstunden und eine„Art vonTurnspielen" einzurichten. D. Red.) mache ich deshalb erneutdarauf aufmerksam, daß zur Erteilung von Turnunterricht anjugendliche Personen nach der Allerhöchsten Kabinettsorder vom10. 6. 1834 und der Ministerialiustruktion vom 31. 12. 1839 dieErlaubnis der Ortsschulbehörde erforderlich ist. Ich weisedie Königliche Regierung(das König!. Provinzialschulkollegium)hierdurch an, gegen Uebertretungen dieler gesetzlichen Bestimmungeuseitens sozialdemokratischer Personen unnachsichtlich mitExelntivstrafen auf Grund deS§ 11 der Regierungsinstruklionvom 23. 10. 1817 bezw. 48 der Verordnung vom 26. 12. 1308vorzugehen.Es wird in der Regel in der Weise zu verfahren sein, daßzunächst diejenigen Personen, welche den Turnunterricht erteilen,unter Hinweis auf die bezeichneten Vorschriften aufgefordert werden,die Erteilung deS Erlaubnisscheins bei gleichzeitigem Nachweisihrer Onalisikation nachzusuchen.Dieser ist nach§ 14 der Jnstrnklion vom 31. 12. 1839nur solchen Personen zu erteilen, welche sich nach§§ 2 und 3 amangeführten Ort über ihre Befähigung und sittliche Tüchtigkeit fürUnterricht und Erziehung genügend ausiveisen. Auf den Mangelsittlicher Tüchtigkeit allein wird die Versag ung desErlaubnisscheines jedoch nur dann zu stützensein, wenn die Zugehörigkeit desAntrag st ellerszur sozialdemokratischen Partei unzweifelhaftf e st g e st e l l t i st.Die Königliche Regierung(das Königliche Provinzialschulkollegium) veranlasse ich, hiernach gegebenenfalls die erforderlichenAnordnungen zu treffen.(gez.) Holle.Dieser Geheimerlaß erkühnt sich also, die Zugehörigkeit zursozialdemokratischen Partei als einen„sittlichen Mangel" hinzustellen.Er geht von der Ansicht aus, daß die politische Ueberzeugungeines Mannes ein sittlicher Mangel sei oder jein könne.während normal empfindende Menschen der entgegengesetzten Ansichtsein müssen und die Ueberzeugungslosigkeit eines Menschen für daserbärmlichste halten. Wenn Rückenbeugen und Bauchrutschen. Servi-lität nach oben und Brutalität nach unten, wenn Hundedemut dasZiel der Jugenderziehung sein soll, dann freilich wäre der Erlaß desKultusministeriums berechtigt. Indessen auch dann verstieße er gegenden Grundsatz der Verfassung, daß vor dem Gesetz alle Preußengleich sind, und enthält deshalb eine Aufforderung zum Ver-fassungsbruch an die Schulaufsichtsbehörden. Aber auch ausanderen Gründen ist der Erlaß des Kultusministers mit den Gefahren. die halten zu wollen er geschworen hat, unvereinbar.Die Kabinettsorder, auf die der Erlaß Bezug nimmt, hatfolgenden Wortlaut:Allerhöchste Kabinettsorder vom 10.6.1834'betreffend die Aufsicht des St.aats über Privat�-an st alten und Privatpersonen, die sichmitden,Unterricht oder der Erziehung der Jugend be-s ch ä f t i g e n.Nach den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts habenPrivatanstalten und Privatpersonen, die sich mit dem Unterrichtoder der Erziehung der Jugend beschäftigen wollen, bei der-jenigen Behörde, welche die Aufsicht über das Schul- und Er-ziehungswesen des Ortes führt, ihre Tüchtigkeit zu dem Geschäftzuvor nachzuweisen und das Zeugnis derselben sich auszuwirken.Durch die Bestimmungen des Gewcrbepolizeigesetzes vom7. 9. 1811,§§ 83—86, sind die landrechtlichen Vorschriften zumTeil abgeändert worden. Da die Erfahrung jedoch ergeben hat,daß hieraus Mißbräuche und tvesentliche Nachteile für das Er-ziehungs- und Unterrichtswcscn entstehen, so habe ich mich bc-wogen gefunden, die Bestimmungen des GcwerbepolizeigesetzeS,insoweit sie die Vorschriften des Landrechts abändern, wiederaufzuheben und das Erfordernis der nachzuweisenden Quali-fikation für diejenigen Personen, welche Privatschulen undPensionsanstalten errichten oder ein Gewerbe daraus machen,Lehrstujideir in den Häusern zu geben, in Gemäßheit der land-rechtlichen Vorschriften,§§ 3—8, Titel 12, Teil II, herzustellen undfestzusetzen, daß ohne das Zeugnis der örtlichen Aufsichtsbehördekeine Schul- und Erziehungsanstalt errichtet, auch ohne dasselbeniemand zur Erteilung von Lehrstunden als einem Ge-werbe zugelassen werden darf. Diese Zeugnisse sollen sich nichtauf die Tüchtigkeit zur Unterrichtserteilung in Beziehungauf Kenntnisse beschränken, sondern sich auf Sittlichkeitund Lauterkeit der Gesinnung in religiöser undpolitischer Hinsicht erstrecken. Die betreffende Aufsichts-behörde soll indes nicht befugt sein, solche Zeugnisse fürAusländer auszufertigen, bevor die Genehmigung deS Ministersdes Innern und der Polizei erfolgt ist. In welcher Art hierbeizu verfahren ist, haben Sie, die Minister der geistlichen undUnterrichtsangelegenheiten und der Polizei, gemeinschaftlich zu be-raten und über die den Lokalbehörden zu erteilende Instruktionsich zu vereinigen. Das Staalsministerium hat diese für denganzen Umfang der Monarchie in Anlvendung zu bringende Vor-schrist durch die Gesetzsammlung bekannt zu niachen.(gez.) Friedrich Wilhelm.§§ 14 und 15 der Ministerialinstruktion vom31. Dezember 1339 zur Ausführung der Kabinetts-order vom 10. Juni 1834 ferner lauten:Ministerialinstruktion vom 31. 12. 1839 zur Ausführung derKabinetts order vom 10. 6. 1834.Z 14. Personen, welche ein Gewerbe darausmachen, in solchen Lehrgegenständen, die zum Kreise der ver-schiedenen öffentlichen Schulen gehören, Privatunterr.chtin Familien oder in Privatanstalten zu er-teilen, sollen ihr Vorhaben bei der OrtSschulbehörde anzeigen.und sich bei derselben über ihre wissenschaftliche Befähigungdurch ein Zeugnis der betreffenden Prüfungsbehörde, und überihre sittliche Tüchtigkeit für Unterricht und Erziebung in derselbenArt ausweisen, wie in den 88 2 und 3 in Hinsicht der Vorsteherund Vorstehersimen von Privatschulen und Privaterziehungsanstaltenvorgeschrieben ist.Wollen sie in Fächern, die nicht in den verschiedenen öffent-lichen Schulen gelehrt werden, Privatunterricht erteilen, so habensie nur ihre sittliche Tüchtigkeit sür Unterricht und Erziehung aufdie im§ 3 verordnete Art bei der Ortsschulbehörde näher da*zuttm.§ 15 besagt, daß diejenigen Personen, gegen deren wiffewschaftliche Befähigung für den Unterricht und die Erziehung derJugend nichts zu erinnern ist, von der Ortsschulbehörde einjedesmal für ein Jahr gültiger widerruflicher Erlaubnisschein zurErteilung von Privatunterricht sowohl in Familien als in Privat-schulen und Privaterziehungsanstalten erteilt werden soll. Personen,welche wegen Teilnahme an verbotenen Verbindungen von derAnstellung im Staatsdienste ausgeschlossen sind, ist die Erlaubniszur Erteilung von Privatunterricht zu versagen.Diese Vorschriften atmen völlig den Geist der Demagogenriechereiund dürften ohne weiteres, weil mit den Verfassungsgrundsätzen uirvereinbar als ungültig zu erachten sein. Aber es ist nicht erforderlich, das im einzelnen nachzuweisen, weil die in derKabinettsorder von 1834 geregelte Materie des gewerb-lichen Turnunterrichts durch die Reichsgesetzgebungerschöpfend geregelt und nnthin der Landesgesetzgebung entzogen ist§ 35 der Reichsgewerbeordnung besagt:Die Erteilung von Tanz-, Turn- und Schwimmunterrichtals Gewerbe darf denjenigen untersagt werden, welche wegenVergehen oder Verbeechen gegen die Sittlichkeit bestraft sind.und§ 1 der Gewerbeordnung bestimmt klar und unzweideutig:Der Betrieb eines GeloerbeS ist jedermanngestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz(die Gewerbe-ordnung) Ausnahmen oder Beschräulungen vorgeschrieben oder zu-gelassen sind.Demnach fehlt der KabinettSorder von 1834 heute der gesetzlicheBoden.Die Anordnungen einiger Regierungen verbieten sogar denTurnunterricht an Personen bis einundzwanzig Jahre! Hierzufehlt ihnen jegliche gesetzliche Grundlage.Wir geben deshalb gern der nachstehenden Aufforderung derRedaktion der„Arbeiterturnerzeitung" Raum:Aufforderung an die Turn warte und Vor-turner der Arbcitcr-Turnvereine in Preußen.Auf Anordnung des preußischen Kultusministeriumstvird den Turnwartcn und Vorturnern in den Arbeiter-Turnvereinen die Erteilung von Turnunterricht an die Jugendvon schulaufsichtswegen verboten und Zuwiderhandlungenmit Exekutivstrafen geahndet. Gegen diese Strafverfügungenkann eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht herbeigeführt werden, weil die Regierung sich bei ihrem Vor>gehen auf die Allerhöchste Kabinettsorder vom 1. Juni 1834und auf die dazu ergangene Mnisterialinstruktion vom31. Dezember 1839 stützt. Diese Verordnungen sindjedoch rechtsungültig, soweit sie auf die Erteilung vonTurnunterricht in den Vereinen und an nicht mehr schul-Pflichtige Kinder angewendet werden. Sie verstoßen gegendie§§ 1 und 35 der Reichsgewerbeordnung.Ich fordere deshalb die Turnwarte undVorturner in den Vereinen des Arbeiter-Turnerbundes öffentlich auf, den Anordnungender Behörden, welche die Erteilung von Turnutiterrichtgegen Entgelt die unentgeltliche Erteilung von Turn-Unterricht an nicht mehr schulpflichtige jugendliche Personenauf Grund der angezogenen Verordnungen verbieten, keineFolge zu leisten.Leipzig-StötteritzFritz Wildung.Redakteur der„Arbeiter-Turnerzeitung".Glaubt die Staatsanwaltschaft, die Anordnungen der Re-gierungen und des Provinzialschulkollegiums seien dennoch rechts-gültig, so wären sie zur Erhebung einer Anklage wegen Aufforderungzum Ungehorsam gegen rechtsgültige Anordnungen von Behördenverbunden. Ist sie aber unserer Ansicht, so wäre sie verpflichtet,gegen die Regierungen und das Provinzialschulkollegium, das An-Ordnungen der gedachten Art erläßt, strafrechtlich einzuschreilen.parlam entari khce.Aus der Budgctkommission des Neichstags.(45. Sitzung, 26. MärzJDie Kom Mission erledigte zunächst denEtat für die Expedition nach Ostasien.Da das Detachement im Laufe dieses Jahres nach Deutschlandzurückgeführt und hier aufgelöst werden soll, so wird dieseForderung in Zukunft nicht mehr als besonderer Etat figurieren.Hingegen soll die Marinevcrwaltung an Stelle des aufgelösten De-tachements eine militärische Ncufornlation bilden, deren Kostendann auf den Marincctat übernommen werden. Die Ausgabensind für den diesjährigen Etat auf 1 170 400 M. geschätzt, wovonmit Zustimmung der Hecresperwaltuna 230000 M. gestrichen undden Einnahmen 490 000 M. zugesetzt wurden. Der Etat wird nachkurzer Debatte genehmigt.Hierauf begann die allgemeine Debatte über denEtat für das Schubgebiet Kiautschou.Die Ausgaben find mit 12 352 597 M. eingestellt, denen eineEinnahme von nur 3 565 597 M. gegenübersteht, so daß der Reichs-zuschuß 8 787 000 M. und unter Hinzurechnung von 630 000 M. fürdie Verwaltung des Marinedetachements sogar 9 417 000 M. beträgt. Der Berichterstatter Liebermann v. Sonne nbergund nach ihm der Abg. Eickhoff brachten die Differenzen, Weichswegen einer Hafcnverordnung des Gouverneurs in T s i n g t a uentstanden waren und zum tcilweisen Boykott des Hafensgeführt hatten, zur Sprache. Staatssekretär v. Tirpitz undKapitän Brüminghaus vom ReichSmarineamt behaupten, daßdiese Verordnung schon der Kontrolle wegen notwendig gewesen sciund daß die Handelskammer T s i n g t a u sich schließlich auch mitder neuen Einrichtung abgefunden habe. Herr v. Tirpitz be-hauptet ferner, unsere Ausfuhr nach Tsingtau sci größer, als siein der Statistik erscheine, denn diese setze ihre Zahlen nach derDeklaration ein und diese laute für gewöhnlich allgemein nachChina.— Unterstaatssekretär T w e I e erklärt namens der Rc-gierung, daß durch Verminderung des Dctachcments von 726 aus150 Köpfe solche Ersparnisse gemacht würden, daß sie den ein-gebrachten Nachtragsctat pro 1908 habe zurückziehen und die Summepro 1909 entsprechend niedriger habe einstellen können.Bei der Einzelbcratung regt Erzberger an. Polizeibeamtedadurch zu sparen, daß man Soldaten, die doch wenig zu tunhätten, weil sie ausgebildet dorthin kämen, zum Polizeidienstmitheranziehe; von der Regierungsbank wird das für unmöglichertlärt.Beim Titel„Unterrichtsvertvaltung" ersucht Abg. Eickhoff.von der beabsichtigten Errichtung einer höheren Töchterschule inTsingtau aus Sparsamkeits- und pädagogischen Gründen abzu-sehen. Man solle den gemeinsam e n llulerricht, der sich ander-Ivärts gut bewährt habe, einführen. Staatssekretär v. Tirpitz ver-sprach, die Frage erwägen zu ivollcu.— Beim Titel„Lehranstalten für chinesische Schüler" wurde mitgeteilt, daß die Vorarbeitenso weit gediehen sind, daß mit dem Unterricht im Herbst diesesJahres begonnen werden könne. Der Staatssekretär verspricht sichvon dieser neuen Einrichwng einen nennenswerten Erfolg Deutsch-Icmds und einen starken Andrang chinesischer Schüler, weil sie dieAbiturienten berechtige, die Pekinger Universität zu besuchen. D i eChinesen hätten mit der Entsendung der jungenLeute nach Japan keine guten Erfahrungen ge»macht, weil sie meist mit revolutionären Anschauungen in den Köpfen zurückgekehrt seien!Bei den einmaligen Ausgaben wurden verschiedene Ab-striche gemacht. Von der Forderung für Hafenbautcn von 690 990Mark werden 189 000 M., von der Forderung für Straßenbau von182 000 75 000 M. und von der Forderung für Aufforstung von900 000 500 000 M. abgesetzt. Außerdem wird einigen Stellen,die zu e ta t s m ä ß i g c n gemacht werden sollten, die Genehmigungversagt. Hierauf wurde der Gesamt etat genehmigt.Nächste Sitzuna Sonnabend. Tagesordnung: Eisenbahn- undHauptctat._Vermifcktes.Die Eifersuchtist daS Motiv zu der bereits gestern im Depeschentcil gemeldetenErschießung der Opernsängerin Frida Barthold in Rostock, lieberdie Tat wird im einzelnen berichtet:R o st o ck, 26, März. Die Ermordung der dramatischen Sängerinspielte sich in ihrer Wohnung, Steinstraße 16, mit Blitzesschnelle ab.Als Fräulein Barthold eben im Begriff Ivar, eine Gesangsstunde zubeenden, ließ sich bei ihr eine fremde junge Danie melden, die siein einer dringenden Angelegenheit zu sprechen wünschte. FräuleinBarthold ging aus dem Musikzimmer in den Salon. Dortentspann tich_ ein kurzer Wortwechsel. Die Schülerin ver-nahm einen Schuß, dem ein Aufschrei folgte, und als sie in dasNebenzimmer stürzte, fand sie Fräulein Barthold, leise röchelndund blutüberströmt, am Boden liegen, Sie starb in wenigenSekunden. Ein Schuß in den Kopf hatte ihrem Leben ein Endebereitet. Die fremde Dame war entflohen. Sofort wurde diePolizei benachrichtigt, und es gelang ihr, die Täterin in demAugenblick zu verhafte», als sie den Berliner Schnellzug be-steigen wollte. Der Revolver wurde bei ihr gefunden. Ruf derPolizeiwache gestand die Täterin das Verbrechen sofort ein.Sie ist die am 17. Oktober 1875 geborene Tochter Auguste desSchlossers Ludwig Zobel und dessen Frau Emma geborene Fischer inBerlin. Sie war nachmittags aus Berlin nach Rostock gekommen.Das Motiv der Tat war ausschließlich Eifersucht. Auguste Zobelhatte in Berlin ein Verhältnis mit dem Kaufmann Waldemar Koch.Dieser hatte längere Zeit mit ihr in Paris geweilt und ihr auch dieEhe versprochen. Koch war aber schon seit Jahren mit Frida Barthold,die erst 24 Jahre alt ist, verlobt, er zog sich vor kurzem vonAuguste Zobel zurück, die jetzt den letzten Versuch machte, FräuleinBarthold um Freigabe ihres Bräutigams zu bitten. Zu diesemZweck, so gestand Auguste Zobel bei ihrer Vernehmung em, sei sienach Rostock gekommen. Sie habe sich in Berlin einen Revolver ge-kauft in der festen Absicht, ihre Nebenbuhlerin zu töten, wenn sieauf ihren Geliebten nicht verzichten wolle. In der kurzen Unter-Haltung, die sie dann mit Fräulein Barthold hatte, wies diese ihreForderung schroff zurück. Darauf habe sie die Sängerin erschossen.Freireligiöse Gemeinde. Sonntag, den 28. März er., vormittags10 Uhr, Koppenstr, 29: Feier der Jugendweihe, Festrede von HerrnE, Vogtherr-Wiesbaden:„Mensch sein, heißt Kämpfer fein," Eintritt sürErwachsene 20 Pf,, sür Kinder unter 14 Jahren 10 Pf.Freie Jugendorganisation, Abteilung Lichtenberg- Rummelsburg.Die Slbtcilungsversammluna am Sonnabend, den 27. o, M. findet des„Frühlingssestes" wegen nicht statt.Allgemeine Kranken- und Sterbekasse der Metallarbeiter(E. H. 29 Hamburg.) Filiale Berlin 6. Heute abend bei Sololewski, Ber-naucr Straße 82.Freie Gemeinde Spandau. Sonntag, den 28. d. M., nachmillags6'/, Uhr, bei Steinebach, Hackenselde: Jugendseier. Gäste willkommen.WasserstaiidS-NachrichtenWasserstandMemel. TW«P r e g e l, JnsterburaWeichsel, Thon»Oder, Rattbor, Krosie»„ Frankfurtl r t h e, Schrimm. LandsbergNetze, VordammElbe, Leitmeritz„ Dresden, Barby, Magdeburgam! seit25. 3. 24. 3.om188-)143»)370«)435256«)244«)236«)9551280182419348ow«)+5+60+58+2+20+19+44+11—2+34+18+41+36WasserstandSaale, GrochlitzHavel, Spandau«), Rathenow«)Spree, Sprcmberg«), BccskcuoWeser, Münde», MindenRhein, MaximilianZau, Kaub, KölnNeckar, HeilbronnMain, WcrtheimMosel. Trier')+ bedeutet Wuchs.— Fall.—«) Unterpegel.—*) Eisstand.—4) Eistreibcn.—«) Treibeis, höchster Stand: 248 cm am 25., 6 Uhrmorgens.—•) Eisgang.— 7) höchster Stand: 394 cm in der Nachtzum 24.Nach telegraphischcn Meldungen stieg die Weichsel bei ThornbiSgcstcni um 10 Uhr abends bei.CiSgang aus 651, siel da»» bis hcitte um4 Uhr nachts aus 592, stieg von neuem bis 10 Uhr vormittags aus 614 cmund steigt bei sortdauerndem Eisgang weiter.— Die Oder hatte heutebei Ralibor 424 em Wasjersiaud und steigt wieder langsam.