Nr. 76. 26. Jahrgang.eilage des„Mtl«och, 81. März 1909.partci- Hngclcgcnbciten.Die Protestbogen gegen die drohende Erhöhung derTabaksteuer, soweit solche noch in Partei- und Gewerkschafts-kreisen zirkulieren, sind nunmehr s ch l e u n i g st an das B e r-liner Verbandsbureau, Adresse Leopold Liep-mann, Berlin 68, Linden st ratze 69, vorn4 Treppen, abzuliefern rcsp. einzusenden.Der Aktionsausschuß.In dem Berichte über die Generalversammlung des Verbandesunserer Wnhlvereine wird mitgeteilt, daß sich nur loOOO organisierte Genossen an der Ardeitslosenzählung beteiligthätten.In der Tat betrug aber die Zahl der politisch und geWerk-schastlich organisierten Helfer zirka 40—50 000, was wir hiermitklarstellen wollen.Genosse Pohl schickt uns folgende Erklärung:..Laut Bericht soll in der Generalversammlung von Groß-Berlin Genosse Schulz-Rixdorf gesagt haben:„Der dritte Kreishabe jetzt hinter dem Rücken des Zentralvorstandes den Vertragmit dem Oekonom der„Neuen Welt" bis zum Jahre 1913 ver-längert."Dazu habe ich zu bemerken, daß seit Bestehen des Zentral-Vorstandes sich derselbe das erste Mal mit der Frage der„NeuenWelt" am 12. Juli 1907 beschäftigt hat(Bericht in Nr. 8 des„Mitteilungsblattes"), die Verlängerung des Kontraktes aber schonam 9. April 1907 stattgefunden hat, welches durch die beiden vorhandenen Kontrakte bewiesen werden kann.Letztere Erklärung ist aber schon mehrere Male sowohl imZentralvorstand als auch im Aktionsausschutz abgegeben worden,das müßte Genossen Schulz und auch dem ZentralvorstandsmitgliedGenossen Büchner bekannt sein, welcher ebenfalls dieselbe Behaup-tung aufstellte. Leider bekam ich keine Gelegenheit, dies dem Ge-nossen Büchner zu widerlegen, die diesbezüglichen Ausführungendes Genossen Schulz mutz ich überhört haben, sonst hätte ich sofortdagegen gesprochen.Diese fortwährende falsche Behauptung kann nur den einenZweck haben, die Genossen von Grotz-Berlin gegen den drittenKreis in dieser Angelegenheit zu beeinflussen.Aug. Pohl."Adlershof. Das Amt des erkrankten Kassierers, GenossenG. Hitze, wird provisorisch durch den Genossen Emil Neumann, hier,Wetzer Straße 5, II, verwaltet._ Der Vorstand.Berliner JVacbricbten»Im„Volkspark".Am letzten Sonntag wurde der„Run" auf den Grüne-kald eröffnet. Wohl zum ersten Male in diesem Jahrewurden die Freunde des Berliner Waldes von den Stadt-bahnzügen zu Hunderten auf einmal an die frische Luft gesetzt. In aufgelösten Kolonnen zogen die Massen die wohlbekannten Straßen nach der Saubucht, nach Pichelswerderund Schildhorn. Wer aber am längsten landschaftliche Schönheiten entbehrt hatte, den zog es die Seenkette entlang. Nichtnur naturästhetische, sondern auch leibliche Bedürfnisse werdenhier am schnellsten gestillt. Denn in nicht allzuweiten Abständen reiht sich etappenweise Wirtshaus an Wirtshaus, wiedie Depots aus der Shackletonschen Südpolexpedition. Einerheblicher Teil der Ausflügler verschwindet vergnügt schonim ersten dieser Waldbierkeller, auf daß die gewaltige An-strengung schleunigst durch einen Trunk belohnt werde.Andere, die es ernster nahmen, hielten länger aus, undmanchem sah man es am beflügelten Schritte an, daß er nichtgesonnen war, vor der Erreichung des Schlachten- oder Wann-sees den Bann des Waldes zu verlassen.Morsches Eis lag und liegt noch auf den Seen. Krähenstolzieren gravitätisch darauf herum. Von den Bäumenschallt von Zeit zu Zeit das laute Trommeln, das die sichlockenden, verliebten Spechte hervorbringen, indem sie mitdem kräftigen Schnabel gegen einen kurzen Ast hämmern.der vibrierend den Schall verstärkt und den Spaziergängeraufhorchen läßt. Dazwischen ergibt das Treiben im Waldemanch ergötzlich Bild. Ein Teckel scheucht einen Waldhasen auf,der entsetzt Fersengeld gibt. So blutgierig Männe ihm auchnachsetzt, seine kurzen Beinchen erlauben ihm nicht, den Hasen-rekord zu brechen. Aber sie bringen ihn doch weit genug, umihn fast aus dem Gesichtsfelde seiner Herrin zu bringen, dieihm laut rufend nacheilt. Schließlich mutz Männe resigniertauf den Hasenbraten verzichten und in sein geregeltes Hunde-dasein zurückkehren.Noch winkt kein Blümchen im Gras und Moor. Nur dieKronen der schlanken Erlen hängen voll von Hunderten derbraunen Kätzchen, die die bisher fest geschlossenen Schuppengeöffnet haben. Den meisten sind sie nicht auffällig genug.Sie halten sich lieber an die recht vereinzelten Haselsträucheram Rande der Seen und Moore, von denen der Frühlings-zierat mit hellem Gelb weithin leuchtet. Ein paar Kiefern-zweige vervollständigen den ersten Frühlingsstrautz aus demGrunewald._Unsere heutige Jubiläumsausgabeumfaßt 12 Bogen und ist die umfangreichste Nummer, die seitBestehen unseres Blattes aus der Druckerei gegangen ist. DerInhalt ist vorzugsweise dem Jubiläum gewidmet, ohne daßdie Aufgaben des Tages zurückgesetzt worden sind. Mit freu-digem Stolz werden die Berliner Arbeiter ihr Blatt heute indie Hand nehmen und sich geloben, ihre Waffe im Kampfegegen Ausbeutung und Unterdrückung schärfen zu helfendurch weitgehendste Verbreitung, um ihrem Blatt die Bedcu-tung und den Einfluß zu verschaffen, der ihm entsprechend dergroßen sozialdemokratischen Wählerschaft in Groß-Berlin ge-bührt._Tierschutzprämien für Schutzleute sind durch Vcrmittelung desdeutschen Tierschutzverems auch in diesem Jahre wieder vergebenworden. Zur Verfügung standen 802 M. aus einem Legat. Hier-von erhielten bestimmungsgemäß 5 Berliner Schutzleute je 150 M.,und zwar nach Auswahl durch das Polizeipräsidium. In früherenJahren war es aufgefallen, daß fast immer dieselben Schutzleuteprämiiert wurden. Daraus entstand der Verdacht, daß diese Schutz-leute Tierquälereien zur Anzeige brachten, die in Wirklichkeit garnicht unter diesen Begriff zu rechnen waren. Es ist also möglich,datz mancher Kutscher und Tierbesitzer aus solcher Anzeige völlig zuUnrecht bestraft wurde, während der Beamte für seinen Uebercifereine Belohnung erhielt! Der Verein ersuchte daher das Polizei-Präsidium, die Verteilung der Prämien von insgesamt 750 M. nichtnach der Zahl der Anzeigen, sondern nach ihrem Werte vorzu-nehmen. Das ist zugesagt worden. Trotzdem befinden sich unterden bedachten Schutzleuten wieder drei, die schon früher, sämtlichim Jahre 1908, prämiiert worden sind. In den Prämienrest von52 M. teilten sich einige Gendarmen und Vorortsbeamte. Ein paarKutscher und andere Privatpersonen, die sich um den Tierschutzverdient gemacht haben, erhielten keine Geldprämien, sondernbillige Ehrengeschenke. Umgekehrt würde ein besserer Schuhdaraus.Eine neue Hundesteuerordnung tritt mit dem 1. April in Kraft.Die Neuordnung bezieht sich im wesentlichen auf den Zulauf vonHunden, Anmeldung und Versteuerung solcher. Neu ist vor allem,daß junge Hunde nur bis zu einem Alter von zwei Monaten—bisher drei— steuerfrei sind. Die Steuer bleibt unverändert, siebeträgt nach wie vor 20 M. jährlich.Was gilt als Ausweis bei postlagernden Sendungen? DieBestimmungen über die Aushändigung von postlagernden Sendüngen haben vom Reichspostamt eine neue Fassung erhalten.Eines Ausweises bei gewöhnlichen Briefsendungen, heißt es darin,bedarf es in der Regel nicht. Doch sollen die Beamten mit dernötigen Vorsicht verfahren. Ist der Ausgabebeamte nicht sicher,richtig verstanden zu haben, so sollen die Angaben niedergeschriebenoder durch eine Visitenkarte ersichtlich gemacht werden. Sonstigepostlagernde Postsendungen werden nur verabfolgt, wenn der Ab-fordernde seine Berechtigung genügend nachweist. Der Nachweiskann durch das Zeugnis einer bekannten, vertrauenswürdigen Person oder durch Ausweispapiere erbracht werden. Von Behördenfür bestimmte Personen ausgestellte Ausweispapiere, die eine Perfonalbeschreibung, eine beglaubigte Photographie oder die eigemhändige Unterschrift des Inhabers enthalten, wie Pässe, Paßkarten,Gewerbelegitimationskarten, Wandergewerbescheine, Radfahrkartenund so weiter, sind als Ausweis anzusehen, wenn Person und Aus-weis übereinstimmen und zu Zweifeln über den rechtmäßigen Be-sitz des Papiers kein Anlaß vorliegt. Standesamtliche oder pfarramtliche Geburtszcugnisse usw. sind nicht für genügende Ausweis-Papiere zu erachten. Inwieweit andere Papiere, namentlich solcheohne Personalbeschreibung, wie Patente, Bestallungen, Diplome,Zipilversorgungsscheine, Jagdscheine, genügen, ist in jedem ein-zelnen Falle zu entscheiden.In der Säuglingsfürsorgestelle I, Blumenstr. 78, findet imMonat April wöchentlich einmal Unterricht in der Säuglingspflegemit praktischen Uebungen statt. Meldungen hierzu schriftlich odermündlich an das Bureau des Kinderhauses, Blumenstr. 78, vornlinks parterre, wochentäglich von 2— 4 Uhr.Die Eltern schwachbeanlagter Kinder werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Stadt Berlin seit drei Jahren eine besondereFortbildungsschule für schwachbeanlagte Jüng-linge und junge Mädchen unterhält. Diese Schule wurdeim vergangenen Winter von 200 Schülern und 100 Schülerinnenbesucht. Darunter befanden sich körperlich schwächliche, durch Krankheiten, Sprachstörungen und Schwerhörigkeit in den Kenntnissenund Fertigkeiten aufgehaltene und darum etwas zurückgebliebeneund seelisch eigentümliche Jünglinge und junge Mädchen, die früherdie Nebenklassen oder die unteren Normalklassen der Gemeinde-und höheren Schulen besuchten. Alle diese Kinder erfahren hiereine Behandlung, die auf ihre langsame Entwickelung und ihreEigenart sorgfältig Rücksicht nimmt. Unterricht wird erteilt inDeutsch und Rechnen, für 5!naben außerdem in Schlosser-,Tischler-, Buchbinderarbeit und Fachzeichnen, für Mädchen in weiblicher Handarbeit(Stricken, Handnähen, Maschinennähen. Häkelnund Sticken) und Hauswirtschaft(Kochen, Waschen, Plätten usw.).Die Teilnahme an sämtlichen Fächern ist unentgeltlich. Das Schul-jähr beginnt am 1. April. Der Unterricht findet in den Nach-Mittagsstunden statt. Anmeldungen werden täglich von 5— 6 Uhrin dem Schulhaus Brunnen st r. 186, 2. Hof, angenommen.Das verlorene Zehnmarkstück. Am letzten Sonntag kommt zueiner Frau G. in Niederschönbausen ein alter Bettler und bittet umein Stück Brot. Frau G., die den Bettlern nicht recht grün ist,pflegt diesen sonst niemals etwas zu geben. Heute jedoch hat sie soetwas wie Mitleidsgefühl mit dem alten Mann und dieser bekommteinen blanken Pfennig l Nach einiger Zeit bemerkt die Gcberin, daßsie dem Bettler statt eines Pfennigs ein Zehnmarkstück gegeben hat.Nun wurden die Nachbarsleute und das Portier-Ehepaar mobilgemacht und vier Frauen, ein Mann und diverse Kinder begebensich auf die Bettlersuche. Ein des Weges kommender alter Mannwird als der Zehnmark-Bettler angehalten. Nach einigen sehr er-regten Auseinandersetzungen geht die Suche weiter, bis endlich inder Charlottenstraße der„Richtige" gefunden wird. Dieser weißnoch gar nicht, welch' großen Schatz seine Rocktasche birgt.Erstaunt holt er seine„Sparpfennige" hervor und unterdiesen befindet sich auch das ominöse Halbpfundstück. VollerFreude spendet Frau G. dem Alten für die Rückgabeder 10 Märker einen baren Nickel und zieht beruhigt von dannen.In ihrer Wohnung angekommen, will Frau G. den Ausreißerschleunigst in das sichere Verließ ihres Vertikos einschließen, aber,o Schröck— das Zehnmarkstück ist verschwunden. Die Frau hattedas Goldstück— kaum wiedererlangt— verloren. Abermalige Sucheunter Assistenz mehrerer Frauen, der Portierleute usw. und— FrauG. ist ein Sonntagskind— das Geld wird auf der Straße gefunden.„Sowie morgen früh die Läden aufgemacht sind", so sagt Frau G-,„werde ich ihn aber wechseln, denn wer weiß, wo ich ihn sonstmorgen abend suchen mußl"Ein Elendsbild. Ein Kamps um das Nachtlager spielte sichgestern auf dem Laubengelände an der Prenzlauer Allee ab. Obdach-lose, die vergeblich beim städtischen Obdach angeklopft haben, suchenoft Lauben auf, um da zu nächtigen. Gestern hatte nun einer derElenden ein gutes Lager in einer der Lauben entdeckt, und als_ ersich niederlegen wollte, erschienen andere Obdachlose und wollten ihnvon seinem Ruheplatz herunterjagen. Der Angegriffene verteidigtesich jedoch, und nun entstand um das Nachtlager eine förmlicheSchlägerei, bei der viel Blut floß. Dem Angegriffenen wurde dasGesicht übel zugerichtet. Blutüberströmt mußte er schließlich derUebermacht weichen.DaS Treiben der Pfandscheinschieber hat in den letzten Wocheneinen ganz außergewöhnlichen Umfang angenommen und die Mit-glieder dieser ausgedehnten Zunft scheuen sich nicht, auf offenerStraße eine förmliche Börse zu betreiben. Sie vereinigen sich all-täglich vor der städtischen Pfandkammer, wo sie die Scheine aus-tauschen, aber auch gleichzeitig ihre Opfer suchen und wohl auchfinden. Erscheint ein Kriminalbeamter auf der Bildfläche, so ver-schwinden die„Zunftgenossen" teils in die Säle der Pfandkammer,zum Teil in die in der Nähe befindlichen Kaschemmen. Bon denAnwohnern wird das Treiben um so unangenehmer empfunden,als die Leute meist in dichten Gruppen den Bürgersteig besetzthalten und die Straßenpassanten zwingen, den Fahrdamm aufzu-suchen.Ein Pnletotmarder en gros. Nicht weniger als fünfzigPaletotdiebstähle in der Technischen Hochschule sind bis jetzt demStudenten Georg Kaiser nachgewiesen tvorden, der vor einigenTagen auf frischer Tat überrascht und festgenommen wurde. K.hat aber nicht nur Paletots gestohlen, sondern auch andere wertvolleGegenstände sich angeeignet. So wußte er sich aus der BibliothekLehrbücher zu verschaffen, aus denen er den Stempel entfernte,um sie dann zu veräußern. Außerdem aber entwendete K. auchInstrumente, die er ebenso wie die Ueberzieher versetzt hat. DerVerhaftete ist geständig und erklärt sein diebisches Treiben damit,daß er nur einen Monatszuschuß von 50 M. bezog und seine Be-mühungen, sich zum Zwecke des Gelderwerbs Schüler zu verschaffen.erfolglos geblieben seien.Beim Fußballspiel das Auge ausgestochen. Einen bösen Abschlußfand gestern nachmittag das Fußballspiel mehrerer junger Leute aufdem Gesundbrunnen. Unter den Spielern war eS zu Meinungsverschiedenheiten gekommen, in deren Verlaufe auch Tätlichkeitenausbrachen. Einer der Spieler stürzte plötzlich über den fünfzehn-jährigen Wilhelm Steckelt, Wriezener Str. 21 her und versetzte ihmeinen Messerstich ins rechte Auge. Der Verwundete mußte sofort nachdem Virchow-Krankenhause gebracht werden. Das Auge konnte jedochnicht mehr gerettet werden.Von einem traurigen Geschick ist die 42 Jahve alte NäherinFrida Neumann, Karlsruher Straße 5, betroffen worden. Im Laufeweniger Monate verlor die N. beide Eltern und ihre sämtlichenGeschwister. Sie wurde schließlich schwermütig und faßte in ihremZustand den Entschluß, den Angehörigen in den Tod nachzufolgen.Abends vor dem Schlafengehen öffnete die Lebensmüöe den Gas-Hahn im Schlafzimmer und morgens wurde sie entseelt in ihren:Bett aufgefunden. Die Leiche wurde nach dein Schauhause über-geführt.Verzweiflungstat infolge Arbeitslosiakeit. Durch einen Stichin die Brust versuchte sich gestern der 36jährige Arbeiter GustavWeber aus der Lückstr. 41 in Rummelsburg das Leben zu nehmen.Infolge andauernoer Arbeitslosigkeit waren in der W.schenFamilie NahrungSsorgen eingezogen, die von Tag zu Tag stärkerwurden. In der Verzweiflung griff W. zum Küchenmesser: erbrachte sich einen tiefen Stich in die Brust bei und wurde von seinerFrau blutüberströmt aufgefunden. In recht bedenllichem Zustand.der durch starke Blutverluste um so gefährlicher ist, wurde derLebensmüde nach dem städtischen Krankenhaus gebracht.Ei» Neger geriet gestern in seiner Wohnung, Auguststraße 79.mit seiner Braut in Streit, im Verfolg dessen er zum Revolvergriff. Bevor er jedoch schießen konnte, sprang daS Mädchen an«dem Fenster auf den Hof hinab und lief hilferufcnd auf die Straßeund nach der Polizeiwache. Unterdessen schoß sich Müller, so heißtder Schwarze, eine Kugel in die rechte Schläfe. Hausgenossen eiltenzu Hilfe, und ein Schutzmann vom 6. Revier ließ den Verwundetennach dem Krankenhause bringen.Vermißt. Der Kellner Jakob Werner, am 23. Juli 1856 inPernosowa in Ungarn geboren, Baruther Straße 13 wohnhaft ge-Wesen, wird seit dem 26. Februar dieses Jahres vermißt. Er istmittelgroß, von schlanker Gestalt, hat graumeliertes Haar undGlatze, melierten Schnurrbart und blasse Gesichtsfarbe. Bei seinemFortgang war er bekleidet mit schwarzem kurzem Winterüber-zieher. schwarzem Jackettanzug, schwarzem steifem Hut, schwarzerKrawatte. Werner war längere Zeit arbeitslos und es ist dahernicht ausgeschlossen, daß er sich aus diesem Grunde das Lebengenommen hat. Nachrichten über den Verbleib des Vermißtenwerden in jedem Polizeirevier und bei der Kriminalpolizei,Alexanderstr. 3— 6, zwei Treppen, Zimmer 334, zur Tagebuch-nummer 950 IV 43 09 entgegengenommen.Arbeiter-Samariterkokonne. Heute abend 9 Uhr findet dieUebungSstunde der 5. Abteilung in Rixdorf, in dem neuen UebungS-lokale bei Kaushold, Ecke der Erl- und Donaustraße statt.— Dienächste UebungSstunde der 1. Abteilung findet nicht Montag, sondernDienstag, den 6. April statt.Feuerwehrbericht. In der vorletzten Nacht wurde die Feuer-wehr abermals zweimal böswilligerweise alarmiert. Gleichnach Mitternacht nach dem Mehpalast in der Alexandrinen-straße 110 und nach 1 Uhr nachts nach der Gitschiner Straße 12.In beiden Fällen ist es leider nicht gelungen, den Täter zu re-Mitteln. Um 2 Uhr nachts brannte in der Willdenowstr. 3 einSeifengeschäft. Der 16. Zug unter Leitung des BrandinspektorsJulius hatte kräftig zu löschen, um eine weitere Ausdehnung zuverhüten. Am Weidenweg 35 brannten unter anderem Körbe,Kleider und der Fußboden in einer Wohnung und gleichzeitigGneisenaustr. 74 der Inhalt eines Hängebodens. Ferner wurdedie Feuerwehr nach der Potsdamer Straße 115s, Französische-straße 49s, Elbinger Straße 34s. Köpenicker Straße 27, PrenzlauerStraße 12 und Greifswalder Straße gerufen.Vorort- I�acbricbten.Rixdorf.Ein blutiges Eifersuchtsdramarief vorgestern in der Selchower Str. 2 große Aufregung hervor.Dort versuchte der 22 Jahre alte, aus Salzbrunn gebürtige Ge-legenheitsarbeiter Ferdinand WenSle seine 81 Jahre alte GeliebteMarie Barbar, eine frühere Schneiderin, die unter Aufsicht derSittenpolizei steht, zu erschießen. Er verwundete sie schwer, abernicht lebensgefährlich und tötete sich dann selbst durch einen Schußin die rechte Schläfe.WenSke war seit drei Jahren der Geliebte und Beschützer derBarbar. Trotzdem trieb er sich auch mit anderen Mädchen umher.Dieser Verkehr führte dazu, daß er vor acht Monaten seine Arbeitin einer Fabrik verlor. Seitdem hatte er keine Beschäftigung mehrund ließ sich von seiner Geliebten ernähren. Bor vierzehn Tagenverließ WenSke heimlich seine Wohnung in der Hermannstraße 230,weil er für zwei Monate die Miete schuldig war. Jetzt hielt er sichfast ständig bei seiner Geliebten auf. Diese erhielt oft Besuch vonseinem Freunde, einem 26 Jahre alten Arbeiter Max Frisch.den er selbst vor längerer Zeit mit ihr bekannt gemacht hatte.Vorgestern abend war Frisch seit 7 Uhr wieder in derWohnung der Barbar. Um 9'/, Uhr kam Wensle. DaSMädchen wollte ihn erst nicht einlassen, führte ihn dann aberin die Küche, die der Stube gegenüber liegt. Hier verlangte Wensle,daß sie seinen Freund, der sich in der Stube eingeriegelt hatte,hinausweise. Als sie sich weigerte, gab es wieder Streit. Plötzlichzog WenSke seinen Revolver, schoß zweimal auf daS Mädchen undtraf eS über dem rechten Auge und a:n Kinn. Während die Gc-troffene zusammenbrach, richtete WenSke die Waffe gegen sich selbstund schoß sich eine Kugel in die rechte Schläfe.Frisch riß unterdessen ein Fenster auf und rief nach dem Hoshinaus um Hilfe. Als Hausgenossen hinzukamen, war WenSke be-reitS tot. Das Mädchen wurde nach dem Krankenhaus an derCanncrstraße gebracht._Bei der gestrigen Stadtverordnetennachwahl im 17. Bezirlwurde unser Genosse Geiverkschaftsbeamter Emil K l o t h mit510 Stimmen gewählt. Von gegnerischer Seite hatte sich nie-mand gefunden, der als Durchfallskandidat fungieren wollte.Auf Einladung des Oberbürgermeisters Kaiser fand gestern imRathause eine Sitzung derjenigen Grundstücksbesitzer statt, welche ander Erbauung eines Bahnhofes am Schnittpunkte der Kaiser-riedrich-Straße interessiert sind. Der Oberbürgermeister machteMitteilungen über die bezüglichen Verhandlungen nrit dem preußi-schen Eisenbahnminifterium. Dieses bringt der Anlegung neuerHaltestellen auf der Ringbahn wenig Interesse entgegen, da derPersonenverkehr nichts einbringen soll. Es verlangt daher auch dieAufbringung der Koste» durch die beteiligte» Gemeinden undInteressenten. Als einmalige Kosten für das Projekt kommen zunächst 550 000 M. für die Anlegung des Bahnhofs in Betracht, wozunoch die GruudertverbSkosten hinzuzurechnen sind. Sodann sollendie Betriebsunkosteu für die ersten fünf Jahre von der Gemeinde ge-tragen werden, und zwar wird für das Halten jedes Zuges 75 Pf.in Anschlag gebracht; macht bei 183 Zügen täglich in, Jahre52 000 M. aus. Hierzu kommen noch 19 200 M. sonstige Betriebs-