gewandt. In derselben Art und Weise, wie die Entlassung derKranken erfolgt ist, ist man auch bei der Aufnahme vorgegangen,wofür Redner ebenfalls mehrere Fälle anführt. Derartige Zu-stände sind der Stadt Schöneberg unwürdig. Die Stadt hat dafürzu sorgen, daß die gesundheitlichen Verhältnisse ihrer Bürger ge-schützt sind. Der Schutz darf nicht davon abhängig gemacht werden,daß das Geld auf dem Teller liegt. Redner bittet um Amiahmedes sozialdemokratischen Antrages, damit dem jetzigen Zustand«,der eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheitspflege bedeutet,ein Ende bereitet wird.Oberbürgermeister Wilde erklärt, daß die angeführten Fälledem Magistrat nicht bekannt sind, er könne deshalb nicht aufdieselben eingehen. Der Magistrat habe nichts dagegen, wenn dersozialdemokratische Antrag angenommen wird. Jedoch könneRedner heute schon sagen, daß all die angeführten Fälle ihren Ursprung in dem jetzigen Verhältnis des Krankenhauses zur Ortskrankenkasse haben. Die Mitglieder der Krankenkasse zahlen ihreBeiträge, deshalb sind die Krankenkassen verpflichtet, die Kostender KrankenhauSbehandlung zu übernehmen. Die Untersuchungwird ergeben, wo die Schuld liegt.Stadtverordnetenvorsteher Reinbacher(lib. Frakt.) leistetsich einige Ausfälle gegen die Krankenkassen, die gegen ihre Mit-glicder noch viel rigoroser vorgehen. Di« Scheine der Aerzte überdie Kranken werden einfach beiseite gelegt, die Vorstände derKrankenkassen glauben eben alles besser wie die Aerzte zu verstehen. Die Anordnungen der Aerzte werden von den Kasseneinfach ignoriert. In einem Falle hat der Vorstand der Kranken-kasse sogar verlangt, daß ein Typhuskranker nach dem Bureau derKasse zu kommen habe, damit die Herren sich auch von seinem Zustand überzeugen können. Das Krankenhaus ist kein Wohltätigkeitsinstitut. Die Kosten müssen für jeden Kranken gedeckt werden,deshalb müssen auch die Krankenkassen zahlen. Redner ersucht,ldie Angelegenheit einem Ausschuß zu überweisen.Stadw. Magnan(Soz.) erwidert auf die Ausführungendes Oberbürgermeisters, daß keine Krankenkasse gesetzlich ver-pflichtet ist, Krankenhauspflcge zu gewähren. In der Rechtsprechungist das allgemein anerkannt worden. Im weiteren tritt Rednerden Ausführungen des Stadtverordnetenvorstehers entgegen, diein keiner Weise zutreffend sind. Viele Krankenkassen sind garnicht in der Lage, ohne Beitragserhöhung die erhöhten Ver-pflegungssätze im Krankenhause zu zahlen. Für die SchönebergerOrtskrankenkasse bedeutet diese Erhöhung der Sätze allein eineMehrausgabe von jährlich 30 000 M. Der Beitrag ist in dieserKasse vor nicht zu langer Zeit schon von 84 auf 403 Pf. wöchent-lich in der 4. Klasse erhöht worden.Stadtv. Küter(Soz.) weist ebenfalls die die Krankenkasseverdächtigenden Ausführungen des Stadtverordnetenvorstehersganz entschieden zurück. Rodner bedauert auch, daß der Ober-bürgermeister, ohne informiert zu sein, die vorgebrachten Be-schwerdcn der Krankenkasse zur Last gelegt hat. Die Krankenkassehat doch einen großen Teil der Lasten übernommen, die sonstdie Stadt zu tragen hätte. Einige der Entlassenen sind auch garnicht einmal Mitglieder der Ortskrankenkasse. Man kann sichdoch nicht ettva auf den Standpunkt stellen, daß das Krankenhausfür die Stadt ein gewinnbringender Betrieb fem soll.Oberbürgermeister Wilde erwidert darauf, daß er sichimmer Mühe gegeben habe, ein gutes Einvernehmen mit derOrtskrankenkasse zu erhalten. In dem einzusetzenden Ausschußwerde er in diesem Sinne wirken. Redner gibt zu, daß eA denKrankenkassen schwer wird, die erhöhten Verpflegungssätze zutragen, aber die Schöneberger waren mit dieser Erhöhung dochnicht die ersten. Die königliche Charit« ist doch vorangegangen.Redner ist überzeugt, daß in dem Ausschuß eine Einigung zustandekommen wird, denn wir sind aufeinander angewiesen.Stadtv. Bismarck(lib. Frakt.) stimmt den Ausführungender sozialdemokratischen Redner zu und teilt mit, daß er erfahrenhabe, daß der Magistrat die Anordnung gegeben hat, mit dem4. April alle Mitglieder der Ortskrankenkasse aus dem Kranken-Hause zu entlassen. Diese Verfügung liegt nicht im allgemeinenInteresse.Stadtv. Magnan(Soz.) weist dann noch darauf hin. daßauch das Schönebcrger Krankentransportwesen den Transport vonKranken verweigert, die der Schöneberger Krankenkasse angehören,wenn kein Aufnahmeschein von der Kasse vorliegt. Das ist eineoffene Verletzung des Vertrages, der mit der Zentralkommissionder Krankenkassen abgeschlossen ist. Der Magistrat hat dafür zusorgen, daß diese Anordnung aufgehoben wird.Stadtrat Dr. Wagner sucht nachzuweisen, daß keine Ver-tragsverletzung vorliegt. Nach den gegenseitig getroffenen Be-stimmnngen könne das Sckwneberger KcankentranSportwesen denTransport von Kranken ablehnen, wenn feststeht, daß der Krankevon der Anstalt, wohin die Beförderung erfolgen soll, nicht ab-genommen wird. Da auch das Schönebergcr Krankenhaus Mit-g lieber der Krankenkasse ohne Aufnahmeschein nicht annimmt, soist die Ablehnung des Transportes berechtigt.Die Abstimmung ergibt die Ueberweisung des fozialdemo-kratischcn Antrages an einen Ausschuß, dem auch die Prüfung dervorgebracbten Beschwerden übertragen wird.Die Versammlung beschäftigte sich sodann fast ausschließlichmit Etatsüberschreitungen, die zum großen Teil genehmigt werden.Charlotteuburg.Die KirchhofSnot in Charlottenburg führt jetzt zu Protestver-sammlungen, in denen die Stadtverwaltung aufs schärfste ange-griffen wird. Am Montag abend referierte der StadtverordneteKern im liberalen Bezirksvercin Charlottenburg-West über denStand der Dinge und bedauerte, daß in der Kirckihofsfrage dieStadtverwaltung so wenig die Interessen der Einwohnerschaftfördere. Ein Begräbnis von Charlottenburg nach Stahnsdorf er-fordere ein zweimaliges Umladen des Sarges, unter 0 Stunden seiein Leichenbegängnis nicht durchzuführen. Der Plan, für denStahnsdorfer Friedhof eigene Geistliche anzustellen, könne über dieMisere nicht hinweghelfen, zumal jedem Leidtragenden mindestens4,L0 M. Unkosten allein an Fahrgeld erwachsen. In der Diskussionwurde u. a. plädiert für die Anlage eines Kommunal-Waldfried-Hofes jenseits der Bahn in der Nähe der Kolonie Grunewald. DieStadtverwaltung soll ersucht werden, diesem Plane näherzutretenund für den Zweck daselbst ein geeignetes Forstareal anzukaufen.Auch der nationalliberale Bezirksverein„Lietzensee" beschäftigtesich gestern abend mit der Frage der Schaffung eines städtischenFriedhofes. Nach einem Vortrage des Pfarrers Dr. Hachmeisterüber Kirchhofsnot, Kommunalfricdhof und Feuerbestattung" wurdeeine Resolution an den Magistrat angenommen, in welcher er er-sucht wird,„die Einrichtung eines Kommunalfricdhofcs nebstUrnenhalle im Hinblick auf die Belästigungen, welche den cvange-lischen Anwohnern der westlichen und südwestlichen Stadtteile ausder Benutzung des Stahnsdorfer Friedhofes erwachsen würden, mitaller Energie zu beschleunigen."Lichtenberg.Auf der Suche nach einem Banrat. klnser Ort ist seit einiger Zeitohne Baurat. Das ist für eine große Kornnume recht mißlich, denn füreinen größeren Ort, zumal wenn er in der Entwickelung begriffenist und bauliche Ledürsnisse der Stadt erst dann befriedigt werden,wenn eS aus den Nägeln brennt, ist ein Baurat eine sehr wichtigeund nützliche Person. Es ist begreiflich, daß bei Anstellung einessolchen Beamten, dem viele Hlinderttausende zum Verbauen an-vertraut ivsrden, alle Borsicht obwalten muß, um den richtigenMann an die richtige Stelle zu setzen. Die rechte Wahl zu treffen.ist nun aber nickt imrner gerade leicht. Bewerber um die ans-geschriebene Stelle haben sich genug gemeldet. Von den mehr als100 Bewerber» kamen nur einige wenige in die engere Wahl.Und nun entschlossen sich die Lichtenberger Stadtväter, um jaden besten Baurat zu bekommen, den Schauplatz der Tätigkeitder Bewerber und deren Schöpfungen selbst zu beaugenscheinigen.Eine Kominission setzt sich aus die Eisenbahn und suchte den Ort derWirksamkeil einiger Bewerber auf. Mit dem Auge der Bnusachver-ständigen prüften die Herren, ob die von dem zukünftigen Lichten-berger Baurat gebauten Schulen gut und zweckentsprechend ein-gerichtet waren. Nach einer mehrtägigen Reise, in der verschiedeneOrte besichtigt wurden, kehrten die Herren wieder zurück in derHoffnung, einen tüchtigen Baurat gefunden zu haben. Als sie aberan die Wahl gehen ivollten, stellte sich heraus, daß der für würdigBefundene nicht mehr wollte. Darauf neuer Beschluß, die Besicht!-gungen fortzusetzen und andere Orte zu besichtigen; das Ergebniswar aber schließlich wieder ein resultatloses. Wenn das mir denBesichtigungen so weiter geht, werden die Lichtenberger bald dengrößten Teil deutscher Städte besichtigt haben und im Umherzieheneinen Baurat suchen. Das kann ja ein teurer Baurat werden.Ob er-Schöneweide.Wahlprotcst. Die Klage unserer Genossen gegen die Ungültigekeit der Wahl der Genossen Jakobsen, Liesegang und Muth zu Gemeindevertretern ist jetzt bis zur zweiten Instanz gediehen. Einekürzlich stattgefundene Sitzung des Bezirksausschusses verhandelte dieSache, kam aber zu keinem Ergebnis. Es wurde ein weitererTermin anberaumt. Ein etlvas schnelleres Tempo wäre der Sacheschließlich sehr dienlich.Wittenau-Borstgwalde.Aus der Gemeindevertretung. Eine Ueberraschung wurde derletzten Gemeindevertretersttzung durch das Erscheinen der Frauenim Zuhörerraum zuteil. Die Herren Gemeindcvertreter waren ingrößter Verlegenheit, wie sie sich zu diesem Faktum stellen sollten.Der Herr Gemeindevorsteher holte die Landgemeindeordnung zuHilfe, uni auf Grund des§ 46 nachzuweisen, daß die Frauen keinRecht hätten, den Gemeindevertretersitzungen als ZuHörerinnen bei-zuwohnen. Die Frauen kamen der Aufforderung des Herrn Ge-meindcvorstehers, die Sitzung zu verlassen, nach und verließen dasSitzungszimmer mit der Bemerkung, zum Steuern zahlen seien siegut genug, im übrigen aber hätten sie in Staat und Gemeindekeine Rechte. Nachdem dieses von den Frauen der Gemeindedrohende Unheil glücklich abgewendet war, teilte der Gemeinde-Vorsteher mit. daß der Voranschlag für die Verwaltung des Riesel-gutes Schönerlinde mit einer Einnahme und Ausgabe von 938 000Mark abschließt. Der Voranschlag soll vervielfältigt und jedemGemeindcvertreter ein Exemplar zugesandt werden. Vom 4. Aprilab bildet Lübars einen eigenen Amtsbezirk, desgleichen Wittenau.Unser Etat balanziert mit einer Einnahme und Ausgabe von 860000Mark. Für die Verwaltungskosten sind per Kopf der Bevölkerung zirka6.70 M. zu zahlen, die Position beträgt 54 700 M., für die Beamtenist der Mietszuschuß von 300 M. auf 500 M. erhöht worden, da-gegen wurde der Minimallohn von 28 Pf. pro Stunde bei denGemeindearbeitern nicht verändert, trotzdem im Winter Woche fürWoche dieselben mit einem Lohn von 9— 40 M. abgespeist wurden.Die Verwaltungskosten für die Polizei betrugen im Borjahre 42 000Mark, in diesem Jahre 20 900 M., also 8900 M. mehr, trotzdemdurch die Abtrennung von Lübars weniger Arbeit zu leisten ist.Lübars— Waidmannslust hat zirka 3— 4000 Einwohner. Wittenauzirka 8000). Die Ausgaben der Schulverwaltung belaufen sich auf90 600 M. Auf eine Anfrage wurde mitgeteilt, daß es noch nichtentschieden sei, ob die Regierung die Staatsbeiträge von 6500 M.weiter an die Gemeinde bezahlt. Ein Antrag, die 600 M. fürUnterrichtsmittel an arme Kinder auf 4000 M. zu erhöhen, umdamit einen Anfang zu machen, in den ersten Schulklassen dieBücher unentgeltlich zu liefern, wurde mit der Begründung ab-gelehnt, daß im verflossenen Jahre nur 500 M. verbraucht wordenseien, dies also ein Zeichen sei, daß die Uncntgeltlichkeit nicht vonallen gewünscht werde. Auf Antrag unserer Genossen wird fürdas nächste Jahr die Erbauung einer Turnhalle vorgesehen.Für Wittenau wurden 450 M. für Schulgärten ausgeworfen.Diese neue Einrichtung soll, wenn der Versuch glückt, auch inBorsigwalde eingeführt werden. Sehr geklagt wurde über die Ver-Wüstung des Platzes in der Schubartstraße durch die Kinder. DieUmzäunung hält dieselben nicht ab, die Rasenflächen, sowieSträucher und Bäume zu beschädigen. Eltern sowie Lehrer solltenes sich zur Pflicht machen, Ausklärung in dieser Richtung unterden Kindern zu verbreiten.Für die Pfarr- und Kirchenverwaltung werden 2600 M. undfür den katholischen Unterricht 600 M. gezahlt. Dr. med. Kasselerhält für die Behandlung der Armen in Wittenau pro Jahr200 M., dagegen erhält Dr. Misch für Borsigwalde, Wittestratze nur450 M„ trotzdem letzterer mit erheblicher Mehrarbeit zu rechnenhat. Diesem Mißverhältnis soll abgeholfen werden, sobald eindiesbezüglicher Antrag von Herrn Dr. Misch gestellt wird. Eingut-begründeter Antrag, die Biersteuer in einer Höhe von 4000 M.und die Lustbackeitssteuer mit 4200 M. zu streichen, fand nachlängerer Debatte, nachdem Herr Haack, Wittestraße, für eineSchnapssteuer eingetreten war, keine Gegenliebe.Die schlechte Beschaffenheit der Bücher, der trostlose Zustand,in welchem sich dieselben befinden, sowie die Minderwertigkeit derWerke, veranlahte unsere Fraktion, bei dem Titel„Völksbibliothek",welcher mit 400 M. im Etat steht, die Erhöhung der ausgeworfenenSumme zu beantragen. Um eine wirkliche Volksbibliothek, wie esunserem Orte würdig wäre, zu schaffen, fehlt es am nötigen Gelde;man vertröstete unS bis zum nächsten Jahr.Die Wertzuwachsfteuer will man, trotzdem 450 Proz. Ein.kommcnsteuerzuschlag erhoben wird, nicht einführen. Die HerrenGrundstücksspekulanten und Bodenwucherer sollen, wie Gen. Adamin der Gemeindevertretung ausführte, geschont werden.Unsere Gemeindcbctrieve bringen keinen Ueberschuß. Es stehenim Etat die Wasserversorgung mit einer Einnahme und Ausgabevon 28 000 M., das Elektrizitätswerk mit 47 000 M., die Gasanstalt mit 458 000 M. Wieviel Arbeiter in der Gasanstalt beschäftigt sind, konnte der Herr Gemeindevorsteher nicht verraten.Aber daß an Arbeitslöhnen 22 000 M. im kommenden Jahre ge.braucht werden, wollte man genau wissen. Der Etat wurde gegendie Stimmen der Sozialdemokraten nach einer dreistündigen De-batte angenommen.Notvawes.Die Etatsdcratung i» der Gemeinde Rowawes. Mit wahrerEilzugsgeichwindigkeit ist diesmal die Etatsberatuug, verbunden mitder Festsetzung der Steuerzuschtäge und der Einführung einer'Wert-zuwachssteuer, am letzten Tage des alten Rechnungsjahres von derGemeindevertretung erledigt worden. Zwar war bereits in zweirüheren Sitzungen die erste Lemng einiger Kapitel vorgenommen,ohne daß sich eine Debatte daran geschlossen hätte, der Rest desEtats war aber erst am Tage vor der letzten Sitzung den Gemeinde-Vertretern zugestellt worden. Bei dem Titel„Straßenbesprengung",die eine Ausgabe von 2500 M. erfordert, wies Genosse Zöllnerdarauf hin, daß diese Besprengung nur den Bewohnerndes vornehmeren OrtSteils zugute kommt und dadurch gegendie übrigen Einwohner eine Ungerechtigkeit verübt werde, weildiese einen Teil der Kosten mit decken helfen müssen; er befürwortete,daß die Straßenbespreiigung auf den ganzen Ort ausgedehnt werde.Der Bürgermeister erwiderte, daß der Wunsch Zöllners allmählicherfüllt werden solle, doch seien in diesem Jahre leine Mittel für eineweitere Ausdehnung der Besprengung vorhanden.Beim Etat der Fortbildungsschule führt Genosse Neumann leb-hafte Beschwerde über den unregelmäßigen Besuch derselben; es seivorgekommen. daß einzelne Schüler von 80 Unterrichtsstunden37 Stunden versäumt haben; Schuld an dieser Bummelei trage»die Arbeitgeber der betreffenden jungen Leute, welche im Interesseder Ausbeutung ihrer Lehrlinge denselben nicht die nötige Zeit zumBesuch der F-ortbildungsschule gewähren; gegen diese Zuständemüssen die schärfsten Mahregeln ergriffen werde», damit der Unter-richt für die Lehrlinge ein ersprießlicher wäre. Der Bürgermeisterersuchte den Genossen Neumann, ihm sein Material zu übergeben,dann wolle er mit dem Rektor in dieser Sache verhandeln.Am Schlüsse der Lesung nahm Genosse Gruhl das Wort unddrückte sein Bedauern darüber aus, daß die Etatsberatung diesmalin so kurzer Zeit erledigt werden müsse. Wenn auch die Verwaltung keine Schuld treffe, so müsse doch dafür Sorge ge-tragen werden, daß der Etat in Zukunft früher fertiggestellt werde.Durch die vorgeschlagene neue Lehrerbesoldung würden, falls sie inder vorgeschlagenen Form angenommen wird, den Gemeinden schwereLasten auferlegt; in unserem Etat seien dafür 25 000 M. vorgesehen,doch sei eS fraglich, ob diese ausreichen würden, die Mehrbelastungzu decken; an und für sich sei eine Neuregelung der Lehrergehälterzu begrüßen, doch wäre eS eigentlich Pflicht des' Staates, die Kostenhierfür zu übernehmen und diese nicht auf die Gemeinden ab-zuwälzen. Die Folge der Erhöhung der Lehrergehälter müsseeine Neuregelung der Besoldung der Kommunalbeamten und derGemeindearbeiter sein. Eine Notwendigkeit in unserer Gemeinde seidie Anstellung eines Beamten, der speziell den Bürgermeister bei derErledigung seiner Geschäfte zu unterslützen habe. Die Einrichtungeines Geiverbe- und Kausmannsgerichts müsse in diesem Jahre un-bedingt erledigt werden. In hygienischer Beziehung habe die Ge-meinde noch große Aufgaben zu erfüllen: die Errichtung einerBadeanstalt, die schon vor Jahren im Prinzip beschlossen wordensei, müsse endlich einmal verwirklicht werden. Leider habe die Ge-meinde fast gar keine eigenen Einkünfte, sondern sei zur Bestreitungaller Ausgaben auf die Steuererträge angewiesen; die dies-jährige Einschätzung habe bei der Gemeindeeinkommensteuerein Mehr von 54 000 Mark ergeben; die vorgeschlageneErhöhung der Steuer für unbebaute Grundstücke von Lffg auf5 pro Mille des geineinen Wertes und die Erhöhung der Umsatz-steuer für unbebaute Grundstücke um'/a pro Mille ergäbe einenMehrertrag von zusammen 20000 M.. sodaß der Mehrertrag aus denPersonalsteuern denjenigen aus dem Grundbesitz bedeutend über-steige, wobei noch zu bemerken sei. daß die Mehrbelastung deZGrundbesitzes nicht die kleinen Hausbesitzer, sondern fast nur denForstfiskuS und die Terraiugesellschaften träfe, auf welchebesondere Rücksicht zu nehmen, wir gar keine Ursachenhaben. Die gesteigerten Ansprüche an die finanziellenMittel der Gemeinde haben aber auch die Erschließung»euer Stcuerguellen notwendig gemächt, und aus diesemGrunde sei die Einführung einer Wertzuwachssteuer vor-geschlagen. Redner verbreitet sich über die Entwickelung unsererGemeinde und erklärt, daß auch diese Steuer in unserer Gemeindefast nur den unbebauten Grundbesitz treffe, der einen Wert vonzirka 24 Millionen habe. Da unser Ort zu einer Villenkolonie nichtgeeignet sei. müsie eS das Bestreben der Gemeindeverwaltung sein, eineleistungsfähige Industrie heranzuziehen, was ans die Steigerung desWertes der Grundstücke von großem Einfluß sein werde, wie dieErrichtung des Etablissements von Orenstein u. Koppel bei Drewitzbewiesen habe; die Wertzuwachssteuer sei eine der gerechtesten Steuer-arten, da sie nur diejenigen trifft, die durch die Aufwendungender Gemeinden einen mühelosen hohen Verdienst aus ihrenGrundstücken beziehen, weshalb ihre Einführung dringend zuempfehlen sei.Die weitere Debatte bezog sich fast ausschließlich auf die vor-geschlagenen Steuersätze; alle bürgerlichen Redner sprachen sich dahinaus, daß eS unzweckmäßig sei, mit der Festsetzung der Gemeinde-einlommensteuer über 450 Proz. hinauszugehen; doch Ivurdcngegen die vorgeschlagene Mehrbelastung des Grundbesitzesresp. gegen die Einführung der Wertzuwachssteuer vonden Herren Döring, Quappe, Häberer, Schneider undRuß verschiedene Bedenken vorgebracht, während sich Herr Biethkefür die Wertzuwachssteuer erlläne, da sie nur das Kapital treffe.Herr Quappe, einer der energischsten Vertreter der Interessen desGrundbesitzes, stellte den Antrag, den Beschluß über den Etat zuvertagen und zu prüfen, ob nicht an einzelnen Positionen Abstrichegemacht werden können, um dadurch eine Mehrbelastung des Grund-besitzcs zu verhüten und den Vertretern Gelegenheit zu geben, sich überdas Wesen der Wertzuwachssteuer erst näher zu informieren, da diesedoch auch ihre Schattenseilen haben müsse, die es veranlassen, daßandere Gemeinden ihre Einführung ablehnen. Dieser Einwand wurdevom Genossen Neumann in treffender Weise dahin beantwortet,daß der ablehnende Standpunkt mancher Gemeinden in bezug ausdie Wcrtzuwachssteucr darin seinen Grund habe, daß in den Ver-tretungen dieser Orte die Bodenagrarier eine führende Rolle spielen,was eine Folge des geltenden DreiklassentvahlrechtS sei, und vondiesen alle Lasten der Gemeinde auf die Allgemeinheit der Steuer-zahler abgewälzt werden, während die Vorteile, die durch denAusbau der Gemeinden entstehen, zum größten Teil denGrundbesitzern in Form eines höheren Profits beim Vcr-kauf ihrer Grundstücke mühelos in den Schoß fallen. DerBürgermeister ersuchte, den Antrag Quappe abzulehnen: die Aus-tellung des Etats, an der Mitglieder aller drei Abteilungen der Ver-tretung mitgewirkt, habe ergeben, daß irgendwie nennenswerte Ab-striche an keiner Position zu machen seien; die Wertzuwachssteuer, diemit 16 000 M. Ertrag im Etat eingestellt sei, � müsse eingeführtwerden, da das Lehrerbesoldungsgesetz neue Steuern erfordere.Redner erläutert die Prinzipien dieser Steuer und bittet dringendum Einführung derselben. Genosse Gruhl erklärt sich ebenfalls gegendie Aussetzung der Beschlußfassung, da bei einer nochmaligen Etats-beratung kein anderes Resultat erzielt werden würde, wenn mannicht eine Erhöhung der Gemeindeeinkommensteuer vornehmen wolle,wofür sich kein Redner ausgesprochen habe. Hierauf wurde auf An-trag des Schöffen die Sitzung um 40 Minuten vertagt, um den Ver-tretern Gelegenheit zur Verständigung über die Sachlage zugeben. Nach Wiedereröffnung derselben zog Herr Quappe seinenAntrag zurück und wurden nach kurzer Beratung der Etat, die vor-geschlagenen Steuersätze und die Einführung einer WertzuwachSsteucrbeschlossen. Es werden demnach erhoben: Gemeindeeinkoinmensteuer150 Proz., Gemeiudegrundsteuer 3,50 pro Tausend deS gemeinenWertes der bebauten und 5 pro Tausend des gemeinen Wertes derunbebauten Grundstücke; Gewerbesteuer I. und II. Klasse 225 Proz.,III. und IV. Klasse 175 Proz.; Betriebssteuer 50 Proz.; sämtlicheSteuersätze versieben sich einschließlich der KrciSstcuer; die Umsatz-steuer beträgt 1 Proz. des Kaufpreises für bebaute und 2 Proz. fürunbebaute Grundstücke; über die Sätze der Wcrtzuwachsstcuer wirdin einer späteren Sitzung Beschluß gefaßt werden.Potsdam.Gegen den Achtnhrladcnschluß machen jetzt die Mitglieder desRabattsparvereins mobil. Da jetzt bereits schon die Liste derStimmberechtigten ausliegt, ist es Pflicht der Arbeiterschaft, dienoch zum größten Teil die Kunden der Rabattsparvereinler stellen,bei diesen für den Achtuhrladcnschluß zu agitieren.Wie traurig der Arbeitsmarkt ist, zeigen wieder die Zifferndes städtischen Arbeitsnachweises für den Monat März, der nochdazu von einem großen Teil Branchen nicht einmal benutzt wird.742 Arbeitsuchenden konnten nur 213 Stellen nachgewiesen werden.Und das trotz wiederholter öffentlicher Aufforderung deS Magistratsan die Arbeitgeber, möglichst den Arbeitsnachweis zu benutzen.Waileritaiids-Stachrichten»1 bedeutet Wuchs,~ Fall.—•) Unterpegel.—•) VereinzelteSchollen.— 4) Etsstei.ilmtlicher Marktbericht der städtischen Martthallen-DtreMon überden Grohbaiidel in den LentvaUMarkthallen. Marktlage: Fleisch:Zufuhr genügend, Geschüst rege, Preise unverändert. Wild: Zufuhr knapp,Gcschäjt rege, Preise lest. Geflügel: Zufuhr nicht genügend, Geschäftlebbast, Preise gut. Fische: Znsuhr etwas reichlicher, Geschäft ziemlichlebhajt, Preise im allgemeinen befriedigend. Butter und Käs«:Geschäst ruhig, Preise unverändert. Gemüse, Obst und Süd»s r ü ch t e: Zufuhr genügend, Geschäft schleppend, Preise unwefenUich ver-ändert.Verantwortliche!: Redakteur: HanS Weber, Berlin. Für denJnseratenteilverantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: VorwärtSBuchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.