Kreisen, insbesondere aber bei der Regierung, dasgrößte Aufsehen erregt haben. Man spräche dort bereits voneiner Sprengung desBündesderLandwirte.Aufruf der Unentwegten.Der engere Vorstand des Bundes der Landwirte ist durch dieStellungnahme konservativer Vereine für die Nachlaßsteuer, besondersdes Vorstandes des konservativen Landesvereins für das KönigreichSachsen, in einen Zustand nervöser Aufregung geraten. Um demAbfall der Agrarier zu steuern, greift er zum Erlaß eines neuenAufrufes an seine Gefolgschaft, in dem er ausführt, daß er anfeinem Widerstande gegen die Nachlaßsteuer festhält, da er seineAnsichten nicht mit gleicher Geschlvindigkeit zu wechseln vermöchte,wie der Reichskanzler und die verbündeten Re-gieru ngen.„Wir aber', heißt eS in dem phrasenhaften Erlaß,„wollenfe st halten an unserer wohlerwogenen Ueberzeugung, wirwollen dessen eingedenk bleiben, daß der Landmann berufen ist,seines Vaterlandes ruhige, feste Stütze zu sein. Man hält es vonder anderen Seite mit bestehender Verantwortung für vereinbar,die verschiedenen Stände des Mittel st an des,einschließlich der Beamten, miteinander zu ver»feinden unter Nichtbeachtung der ernsten Tatsache,daß das Vaterland dereinst auf einen einigenMittelstand sich allein zu verlassen haben wird.Deshalb widersetzen wir uns einer mittelstandsfeindlichen Gesetz«gebung— das ist die Nachlaßsteuer— und deshalb warnen wirvor dem gefährlichen Unternehmen, Uuftieden im Mittelstande zusäen, um einen Augenblickserfolg ju erreichen. Man würde nurallzubald es bereuen, zu so bedenklichen Mitteln gegriffen zu haben,welche am letzten Ende nur den Umsturzparteienzugute kommen würden.'Der Auftuf zeigt lediglich, wie schwach allmählich die Positionder Wortführer des Bundes der Landwirte geworden ist.Eine Absage an die Konservativenerließen gestern auch die Berliner Beamten. Eine Versamm-lung der Vorstände der Beamtenverbände Groß-BerlinS, die zugestern abend in die Germaniasäle einberufen war, befaßte sich mitder Finanzreform. Alle Redner verurteilten mit scharfen Wortendie Agitation der Konservativen gegen die N a ch l a ß st e u e r. Manhätte annehmen müssen, daß die konservative Partei noch so vielNationalgesühl besitze, um ihren Egoismus bei der Notlagedes Reiches beiseite zu lassen. ES sei unerhört, daß manvon dieser Seite wieder einmal verlange, daß alle notwendigen neuen Steuern von der breiten Masse des Volkes getragen werden. Die Besteuerung des Besitzes durch die Nachlaß-steuer ist eine zwingende Notwendigkeit. Die Beamten hätten bisherzur konservativen Partei gehalten. Dazu läge aber mit demselbenAugenblick absolut keine Veranlassung mehr vor, wo die konservativePartei die Regierung im Stiche läßt. Nach lebhafter Debatte be>schloß die Versammlung, fich an der Kundgebung des Mittelstandesfür die Finanzreform, die durch öffentliche Versammlungen am13. April geplant ist, zu beteiligen und zum Sonntag, den 18. April,eine öffentliche Versamnilung aller Beamtenvereine DeutschlandS nach Berlin einzuberufen.Die Beamten sind an der Finanzreform um deswillen besonderslebhaft interessiert, weil von der Erlangung der Mehr-einnahmen die Gehaltsaufbesserung abhängt.Hohenchals Rücktritt.Der Rücktritt des sächsischen Staatsministers GrafenHohenthal soll unmittelbar bevorstehen. Von einer Seitewird der Dresdener Oberbürgermeister Beutler als Nachfolger genannt. Demgegenüber- behauptet die„DeutscheTagesztg." mit Bestimmtheit, daß der jetzige sächsische Gesandte in Berlin Graf Vitzthum v. Eckstedtan HohenthalsStelle treten wird._Soldatcnmisthandlungen.Wegen Mißhandlung eines Untergebenen in 41Fällen standder Unteroffizier Emil Kujat vom Kronprinzen-Reaiment vor demKö'nigsberger Kriegsgericht. Sein Opfer war der Grenadier GustavGilke, ein schwachsinniger Mann, dessen dienstliche Leistungen äußerstmangelhafte waren, was natürlich auf Dickfelligkeit zurück-geführt wurde. Der Grenadier wurde fast täglich gemißhandelt.Faustschläge unter das Kinn und gegen die Lippen, Schläge mit demSeitengewehr über Arme und Beine, Ohrfeigen, Zerren und Reißenan Rase und Backen und schließlich Stöße und Schütteln der Brustwaren die beliebtesten„Ernlunterungsmittel'. Gilke bwtete häufigam Munde, auch spie er Blut. Seine Lippen heilten nicht, da dieWunden infolge der Mißhandlung durch den An-geklagten immer wieder aufgerissen wurden.Um weiteren Mißhandlungen zu entgehen, entfernte fich derGequälte von seinem Truppenteil. Die Anklage nahm schützungS-weise als Mindestzahl 41 Fälle von Mißhandlungen an. Der An-klagevertreter beantragte d,e milde Strafe von vier WochenMrttelarrest, da der Unteroffizier den Soldaten„im Jnter--sse seiner Ausbildung zu hart angefaßt' habe.Das Gericht schloß sich, wie gewöhnlich, dem Antrage an.vomvonDie bekannte Milde der Militärgerichte.In Dresden wurde der Unteroffizier Graßmann102. Infanterieregiment zu der sehr gelinden Strafevierzehn Tagen Mittelarrcst verurteilt, trotzdem ihm eine ganzeReihe Mißhandlungen eines Soldaten nachgewiesen wurden.Er hatte den Mann mit dem Seitengewehr bedroht und ihnmehrfach in den Rücken gestoßen, so daß er mit dem Kopfe gegendie Wand flog und sich infolgedessen krank melden mußte.Das Gericht sah nur die Stöße in den Rücken als Miß-Handlungen an._Vom Balkan.Die montenegrinische Frage.Cettinje, 6. April. Der italienische Gesandte über«reichte gestern ein Schreiben mit dem Vorschlag, seine Regierungmit der Beilegung der schwebenden Schwierigkeiten zu betrauen.In der Antwortnote erklärt Montenegro. Antivari werde denCharakter eines Handelshafens behalten, und Montenegro paffefich der Entscheidung der Mächte, betreffend denArtikel 2ö des Berliner Vertrages, an. Eine Abschrift dieser Notewird heute den Vertretern der Signatarmächte überreicht werden.Mit Rückficht auf die Anpassung an die Wünsche der Mächte glaubtman hier, daß diese Angelegenheit beigelegt wird und der Pflegeguter sreundnachbarlicher Beziehungen mit Oesterreich-Ungarn nichtsmehr im Wege stehe.JSwolSki.Petersburg, 7. April. Die Stellung F S w o l S k i S hat sich inden letzten Tagen gebessert, so daß ein Rücktritt in den nächstenTagen nicht zu erwarten ist.Ein politischer Mord.Konstantinopel, 7. April. Gestern nacht sind auf den Chef-r e d a k t e u r des. S e r b e st i'. Hassan Fehmi, auf der Brückenach Stambul von einen, Mann in Offiziersuniform zwei Schüsseabgegeben worden. Fehmi starb kurze Zeit darauf, der Täter istentkommen. Da Fehmi ein Gegner des jungtürkischen Komiteeswar. wird vermutet, daß es sich um einen politischen Mordhandelt.Konstantinopcl, 7. April. Die Ermordung des Chefredakteurs des„Serbesti" erregt hier großes Aufsehen. Der„Serbesti' vertrat die Ideen der liberalen Vereinigungund richtete die heftigsten Angriffe gegen das j u n g t ü r k i s ch eKomitee und wiederholt auch gegen die Armee. Die öffent-liche Meinung beschuldigt das jungtürkis che Komiteeder Anstiftung des Mordes, der Mörder soll einKavallerieoffizier sein. Der Begleiter des Ermordeten istbei der Mordtat verwundet worden. Am Nachmittage veranstaltetenüber 1000 Hochschüler eine Protestkundgebung vor der Pforteund verlangten, daß der Mörder ausgeforscht und gehängt würde,was der Großwesir dann auch versprach.Die Kammer nahm nach lebhafter Debatte trotz der Oppositioneiniger Jungtürken einen von fünf Abgeordneten der Liberalen Ver-einigung eingebrachten Antrag an, den Großwesir wegen der Er-mordung Hassan Fehmis zu interpellieren.Ein Grenzzwischenfall.Srebrnitza(Bosnien), 7. April. Montagabend ist eine Pa-t r o u i l l e bei Bujatlovitsch Potok an der Drina vom serbischenUfer aus von drei Reitern beschossen worden. Die Patrouilleerwiderte das Feuer. Ein Pferd wurde getötet. Die Serbenflüchteten. Von der Patrouille wurde niemand verletzt.Oclttzmicb.Die Polizei gegen den Antimilitarismus.Prag, 7. April. Die Jugendbünde der tschechisch-nationalsozialistischen Organisation in Prag und demtschechischen Teile Böhmens wurden heute wegen anti-militaristischer Umtriebe aufgelöst. Heute nachtivurden in den Wohnungen der Vereinsbeamten und in denKlubräumen Haussuchungen vorgenommen, wobei dasVereinsvermögen» Protokolle und Schriftstücke beschlagnahmtwurden.fraiihmcb.Ei« Schulstreik.Paris, 7. April. In der Ortschaft Ornh ist ein Schüler-ausstand ausgebrochen. Die Eltern und der Gemeinderat ver-anlassen die Schüler, die Gemeindeschule zu meiden. Die Schul-lehrerin wird nämlich der gewohnheitsmäßigen Trunksucht be�zichtigt. Die Lehrerin behauptet dagegen, daß politische Motive �die Vcranlassnng zu dem Vorgehen der Eltern und des Gemeinderat» bilden. Der Präfelt ist von dieser Angelegenheit benachrichtigtworden.Italien.ES lebe der Kornzoll!!Rom, 6. April.(Eig. Ber.) Giolitti hat wieder einmalseine ganze Beredsamkeit aufgewendet, um der Kammer zu be>weisen, daß ein Kornzoll in der Höhe von 7,50 Lire pro Doppelzentner daS beste und wünschenswerteste sei, was ein Land nurhaben kann. Mit einer geradezu rührenden Nichtachtung allervolkswirtschaftlichen Gesetze hat der Ministerpräsident auseinander�gesetzt, daß die heutige Verteuerung der Lebensmittelvon dem Steigen der Arbeitslöhne käme. Von einer Verminderungoder Aufhebung des KornzollcS erwartet Giolitti nur eine ganzunwesentliche Verminderung der Brotpreise, gerade als ob derArbeitslohn bei der Brotproduktion mehr ins Gewicht fiele als derPreis des KorneS. Dann hat er fich darüber verbreitet, daß dieRegierung, die öO— S0 Millionen, die der Kornzoll jährlich bringt,im Fall der Abschaffung wo anders hernehmen müßte, und hat aufeinmal gefunden, daß die Erschließung neuer Steuerquellen nnerträqliche Zustände schaffen würde, um schließlich zu dem Schlüsse zukommen, daß die Kornpreise überhaupt erst durch die Agitation gegenden Zoll so sehr in die Höhe getrieben worden seien. Mit dieser vonWidersprüchen strotzenden Rede war die Kammermehrheit natürlicheiiwerstanden, die ja aus Leuten besteht, die nicht viel Brot kon-sumieren. Die Tagesordnung Guicciardini, die eine zeit-weilige Herabsetzung des KornzolleS forderte, wurde mit 258 gegen139 Stimmen zurückgewiesen. Für das Amendement des GenossenB e r t e s i, das die sofortige Abschaffung beantragte, stimmten nurdie Abgeordneten der äußersten Linken. So bleibt alles beimalten und die Arbeiter bezahlen 40 bis 50 Cents für dasKilo Brot, weil Giolitti es nicht übers Herz bringenkann, durch Einführung der Progressivsteuer die großen Einkommenmehr zu belasten, um das tägliche Brot der Massen zu verbilligen.Die Brotpreise sind heute beinahe so hoch wie im Jahre 1898. woeS zu Hungeraufständen kam. Als es im vorigen Jahre galt, denBenzinzoll herabzusetzen, war die Regierung gleich zur Hand undber„Avanti' brachte am Tage darauf in einer Karikaturenecke einBild von zwei verhungerten Landarbeitern, von denen der einezum andern sagt:»Wie schade, daß die Automobile kein Brotessen'..._Nachklänge des Prozesses Mum-Bonmartiui.Rom, 5. April.(Eig. Ber.) Am 6. April haben TullioMurri und Pio Naldi. die wegen Ermordung des Grafen Bon-martini zu je dreißig Jahren Zuchthaus verurteilt wurden, die erstePeriode ihrer Strafe, die der siebenjährigen Einzelhaft überstanden.Mit dem heutigen Tage beginnt für sie die Zulassung zu den ge-meinsamen Arbeitsräumen. Von den übrigen Verurteilten in diesemProzeß, der seinerzeit so allgemeines Interesse erregt hat, befindetssch nur noch Professor Secchi im Gefängnis, der Gejiebte LindaMurris, der als Helfershelfer zu zehn Jahren verurteilt wurde.Linda Murri selbst ist bekanntlich in Freiheit gesetzt und ihr Straf-rest in sogenannte Aufenthaltsbeschränkung(Confino) verwandeltworden. Rofina Bonetti hat ihre Strafe abgebüßt.Snglancl.Die Kolonien und die Flotte.Sydney, 7. April. Der Premierminister von West-Australienteilte dem Premierminister von Neu-SüdwaleS telcgraphisch mit, daßWest-Australien bereit sei, die Aufbringung der Kosten füreinen Dreadnought durch Beteiligung an einer Beitrags-leistung nach Köpfen zu fördern.Die englische Flottenagitation hat übrigens eine neue Ver-stärkung erfahren durch die Meldung, daß Oesterreich dreiDreadnoughtS zu bauen beabsichtige. Dadurch wird die Er-füllung der Forderung der Opposition, noch in diesem Jahre achtDreadnoughtS auf Stapel zu legen, noch wahrscheinlicher.Em der Partei.Zwei Lügen.DaS Dortmunder Zentrumsblatt„Tremonia' hat sich gegenunseren Genossen Ostkamp, den verantwortlichen Redakteur derEssener„Arbeiterzeitung', die Behauptung geleistet, O st i a m phabe in einer gegen ihn angestrengten Beleidigungsklage gesagt, ermüsse Notizen, die ihm von Parteigenossen übermittelt werden,aufnehmen, weil er sonst wirtschaftliche Schädigungen zu ge-wärtigen HabelDaS ist natürlich, wie Kennern der Preßverhälttnsie nicht erstVersichert zu werden braucht, lügenhafter Blödsinn. In Wirklichkeithat Ostkamp, um die Wahrnehmung berechtigter Interessen zu-gebilligt zu erhalten, gesagt: seine Auftraggeber müßten ihm mitRecht Mangel an Mut vorwerfen, wenn er kritikbedürftige Vorfälle,von deren Richtigkeit er sich überzeugt habe» nicht an die Oeffentlich«keit brächte.Em viel„vornehmeres' Blatt, die„Norddeutsche AllgemeineZeitung" hat einer nicht minder— vornehmen Lüge Vorschub ge-leistet, indem es sie kritiklos aus der„Köln. Ztg." übernahm, lvoden« Lüdenscheider„Generalanzeiger" nachgeplappert wurde, unsereParteigenossen in Lüdenscheid, die sich auf die Errichtung einereigenen Druckerei vorbereiten, hätten bürgerliche Geschäfts-leute so lange terrorisiert, bis sie aus ihnen für den ge-nannten Zweck 8099 M. herauspreßten! Dem„Generalanzeiger"hat die Lüdenscheider Preßkommission eine Berichtigung zugehenlassen, aus der sich ergibt, daß die Anregung zur Heranziehung derGeschäftsleute von eine in Geschäftsmann selber ausging:daß nirgends— weder direkt noch indirekt— mit einem Boykottgedroht, sondern daß ausdrücklich erklärt worden ist, eine Ablehnungsei mit keinerlei Folgen verknüpft; daß nicht 8999, sondern nur 159(einhundertuildfüilfzig) Mark von Geschäftsleuten gezeichnet wordensind. Zum Schluß stellte sich noch heraus, daß allen Bemühungenzunl Trotz nicht ein einziger Geschäftsmann, der sich„terrorisiert"fühlte, hat ermittelt werden können!Ein hübsches 5ioiisortiuin: General-Anzeiger,»ationalliberale?und— Kanzlerblatt I_Die Meister des Terrors.Von der Ortsgruppe der Reichsverbändler in Görlitz wurde derenBorsitzender beauftragt, mit den Geschäftsfirmen, die in unseremGörlitzer Parteiblatt inserieren, in Verbindung zu treten und zu ver-suchen, diese Firmen vom ferneren Inserieren abzuhalten I Dieserneue Vorstoß ist nur eine Fortsetzung des vom Ersten Staats-anwalt Hannemann in Görlitz eingeleiteten Treibens, der in einerLiebert-Versammlung die ReichSverbandSdamen ganz offen aufforderte,die Inserenten der„Görlitzer Vollszeitung" zu boykottieren.Die Terroristen hoffen, durch dieses Vorgehen die erfreulicheEntwickelung unseres Görlitzer Parteiorgans hemmen zu können, dieGeschäftsleute selbst aber, die die Kundschaft der hinter der Sozial-deniokratie stehenden Massen nicht entbehren können, machen gegendie Reichsverbändler Front. So fallen die Leute in dieGrube, die sie sich selbst gegraben haben. Herr Erster StaatsanwaltHannemann aber wird sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, so-bald sich's mal wieder machen läßt, gegen den TerrorismnS derSozialdemokraten zu wettern._Warnung! Zwei Frauen brandschatzen in letzter Zeit die Partei»genossen verschiedener Orte unter Vorweisung gefälschter Partei-legitimationen. Die eine reist als Frau eines aus Oesterreich gebürtigen Genossen Josef Bergmann, die andere als Frau ErnaWerner. Beide haben gefälschte Bescheinigungen mit, nach denenihre Ehemänner wegen Landfriedensbruchs zurzeit in OesterreichGefängnisstrafen abbüßen. Aach unseren Erkundigungen ist dasun-wahr. Die österreichischen Genossen stellen auch niemals solcheEmpfehlungsschreiben für den Bettel in Deutschland aus. Dasösterreichische Strafgesetzbuch kennt die Bezeichnung„Landfriedens-bruch" gar nicht. Wir warnen die Organisationen vor Frauen, diediese oder ähnliche Legitimationspapiere vorweisen.polizeiliches, Ocrichtlichcs ukw*Das Bureau Herold meldet:Nordhausen. 7. April. Der Redakteur Wilhelm Apel vonder sozialdemokratischen.Nordhäuser Volkszeitung" wurde heutelocgen Beleidigung des Rektors Lemke zu einem Monat Gefängnisverurteilt. Die„Volkszeitung" hatte in einem Artikel behauptet, derRektor hätte daS Lehrerkollegium durch den Schuldiener bespitzelnlassen. In der Verhandlung ergab sich, daß der Schuldicner dieseAngaben tatsächlich denLehrern gegenüber ge-macht hat, jedoch gab er bor Gericht zu, daß er anscheinend einerihm vom Rektor erteilten Auftrag falsch aufgefaßt habe.Soziales.Rechtswidriges Vorgehe» des Regierungspräsidenten und deS Magistratszu Kiel gegen eine Ortskrankenkasse.Im Auftrage des Regierungspräsidenten hatte derMagistrat zu Kiel alS Aufsichtsbehörde der O r t S»krankenkasseKiel eS den Vorstandsmitgliedern untersagt, inZukunft Reisekosten und Tagegelder für den Besuch von Versamm-lungen des Verbandes der Ortskrankenkaffen in SchleSwig-Holsteinaus Kassenmitteln zu entnehmen, desgleichen Kaffenmittel zum An»kauf von Protokollen über die Generalversammlungen dieses Verbandeszu verwenden. Auf die Klage der OrtSkran kenkasfehob der Bezirksausschuß die Verfügung auf unddaS Oberverwaltungsgericht bestätigte am Mon»tag das Urteil mit folgender Begründung: DaSOberverwaltungsgericht stehe auf dem Standpunkt, daß, wenn Auf-Wendungen, wie die hier in Frage stehenden, zu den Berwaltungs-kosten gerechnet tverden können, es gestattet sein müsse, diese Kostenaus Kassenmitteln zu decken. Grundsätzlich könne eS nicht verwehrtwerden, die Berbandstage auf Kosten der Kasse wahrzunehmen.wenn die Verhandlungen Fragen der Verwaltung der Kassen be«träfen und nicht außerhalb des Rahmens der Verwaltung lägen.Das müsse von Fall zu Fall geprüft werden. ES könne ja sein,daß eS in bestimmten Fällen von vornherein ausgeschlossen sei-Dann würde ein Verbot berechtigt sein. In der Anordnung deSMagistrats sei aber ein Verbot für alle Zukunft und für alle Fälleausgesprochen ivorden. DaS gehe unter allen Umständen zu weitund müsse aufgehoben werden._Die plötzliche Entlassung deS langjährig Angestellte».Daß bei einem Angestellten, der seine Dienste schon viele Jahredem Hause widmet, die Entlassungögrüude anders abgewogen werdenmüssen, als etwa bei einen» Neueingestellten, lehrt eure gestern gefällte Entscheidung der 2. Kainmer deS Berliner Kaufmanns-gerichtS. Der Kläger K. war fünfzehn Jahre lang beiinkgl. Hofuhrmacher Felsin g. Unter den Linden, alsFourniiurenverlvalter und Verkäufer tätig. Nach dem Tode deS„alten Felsing" wurde der junge W. Felsing Inhaber, das Personalbekam aber den noinincllen Inhaber fast nie zu sehen, betrachtetevielmehr den iin jahrzehntelangen Dienste ergrauten Pro-kuristen R. als den Borgesetzten, an den eS sich in allengeschäftlichen Angelegenheiten zu halten habe. Deshalbtrat der Kläger auch an den Prokuristen mit derBitte heran, ihn von der Stellung schon am 15. Märzzu entbinden, da er zu diesem Termin eine günstigere Position inAussicht habe. Seine Bitte wurde durch einen Brief des Chefs nichtnur abschlägig beschieden, sondern es wurden ihm ailch Vor-würfe darüber geinacht, daß er sich erlaubte, sein Anliegen demProkuristen vorzutragen. Das fei n i ch t die geeigneteS te l l e, nur der C h e f s e I b st nehine solche Anliegen entgegenund entscheide darüber. Der Kläger fügte sich und sagre dein, aufihn reflektierenden Prinzipal ab. Am 15. Februar aber erhielt erdie Kündigung znin 1. April und am 19. Februar wurde er s o-ort entlassen, weil er angeblich 2 Briefe geöffnet hätte. DieBeweisaufnahnie ergab, daß die„Briefe" Drucksachen waren.welche die Fachzeilung der Uhrmacher enthielten, und derProkurist sagt aus, daß nach seiner Ansicht eine bös« Absichtdem Kläger ferngelegen habe, daß er vielmehr nur u i»-bedacht handelte. Die Beklagte macht noch geltend, daß K. imöchstfalle nur bis 15. März Ansprüche habe, da er ja zu diesemermin Stellung hatte.DaS Kaufmannsgericht sprach dem Kläger daS volle Gehalt bis Ende März zu. Wenn Kläger die Briefe wirklich