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Nr. 83. 26. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Bonnerstag, 8. April 1909.

Der Redner bemerkte zu den Vorschlägen unter anderem: Er Mai 1905 erschien, hebt die Monoline- Maschine lobend gegenüber Beilegung des Pankower   Parteikonflikts. persönlich sei der Meinung, daß der Kreisvorstand nicht berechtigt denjenigen anderer Syſteme hervor. Infolgedeſſen fühlte sich die gewesen sei, den Bankower Wahlverein aufzulösen, aber andere alte Typograph- Segmaschinenfabrik veranlaßt, in einer anderen Wie bereits im Vorwärts" mitgeteilt worden ist, haben auf und erfahrene Parteigenossen seien der gegenteiligen Meinung. Da italienischen Zeitung einen Artikel zu veröffentlichen, der sich mit Veranlassung der von den Pankower   Parteigenossen eingesetzten ein bindender Beschluß aller Parteiinstanzen hierüber noch nicht vor der Zurückweisung des Monoline- Artikels beschäftigt. In diesem Sechser- Kommission Einigungsverhandlungen stattgefunden. Sie liege, so müsse diese Frage als eine offene bezeichnet werden.

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Im

famen zum Abschluß in einer am 31. März abgehaltenen Sitzung, übrigen lämen die Einigungsvorschläge den Bankower Genossen weit Erklärungsartikel heißt es unter anderem: Wir wissen nur so viel, in der Genosse Müller vom Parteivorstand den Vorsitz führte und entgegen. Die Vorschläge seien in lebereinstimmung aller Kommiffions- daß die Buchdruckereibefizer mit der Monoline verschiedentlich sehr an welcher Vertreter des Kreisvorstandes von Niederbarnim  , der mitglieder, auch der Vertreter des alten Wahlvereins, aufgestellt schlechte Erfahrungen gemacht haben, und daß verschiedene außer Sechser- Kommiffion des alten Pankower Wahlvereins, des neuen worden. Wenn auf beiden Seiten der ehrliche Wille zum Frieden Betrieb gesezt und zurückgesandt worden sind, verschiedentlich Typograph­Bezirksvereins Pankow, des Aktionsausschusses von Groß- Berlin vorhanden sei, dann könne der Friede hier geschlossen werden und Maschinen dafür angeschafft worden sind. und drei Unparteiische teilnahmen. Diese Sigung formulierte die Bankower Genossen könnten wieder einig und mit dem alten Typograph- Artikels hatte die Monoline- Segmaschinenfabrik Klage einen Einigungsvorschlag, dem alle an der Sigung beteiligten Kampfesmut beseelt unsere Gegner schlagen.

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Infolge dieses

Genoffen zustimmten. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß am Dem Referat folgte eine äußerst lebhafte Diskussion. Zunächst gegen die Firma Typograph auf Verurteilung zur Unterlaffung der 6. April eine kombinierte Generalversammlung in Pankow   ab- tam eine starke Unzufriedenheit mit den Einigungsvorschlägen zum artiger Behauptungen erhoben, während die Beklagte daraufhin Ab­gehalten werden solle, zu der die Mitglieder sowohl des alten wie Ausdruck. Die Vorschläge wurden mehr oder minder scharf fritisiert weifung der Selage begehrt und unter Beweis stellte, daß die vor­des neuen Wahlvereins einzuladen feien, um Beschluß zu fassen über von den Genossen Koz, Bartsch, Schwager, M. Neumann, Lesniwig, gebrachten Behauptungen erweislich wahr seien. den Einigungsvorschlag der Kommission. Spiekermann, Frizz, Jakob, Otto Schmidt und Ganzer. Insbesondere Das Landgericht und Kammergericht zu Berlin  Die Versammlung fand am Dienstag im Rozhdischen Saale richtete sich die Opposition dagegen, daß die Auflösung des Wahl ließen eine umfangreiche Beweisaufnahme eintreten und famen statt. Den Vorsitz führte laut Vereinbarung Genosse Fried- vereins nicht als eine unberechtigte Maßnahme des Kreisvorstandes schließlich zur Abweisung der Klägerin. Die Bellagte hatte eine länder, einer der Unparteiischen aus der Einigungskommiffion. bezeichnet und dieser nicht zur Zurücknahme seines Beschlusses auf Reihe von Buchdruckereibefizern als Zeugen dafür benannt, daß sie Das Referat erstattete Genosse Müller, Mitglied des Partei- gefordert wird. Mehrere Redner bezeichnen die Annahme der borstandes. Einigungsvorschläge als unannehmbar, wenn nicht der Kreis- mit der Monoline schlechte Erfahrungen gemacht haben und daß In seinen Einleitungsworten betonte der Referent, daß die end- vorstand in aller Form die Auflösung des Wahlvereins rückgängig auch einmal ein Typograph an Stelle der Monoline angeschafft liche Beendigung des Pankower   Konflikts im Parteiinteresse geboten mache und erkläre, daß er unrecht gehandelt habe. Die übrigen worden war. Besonders schlechte Erfahrungen hatte ein Sildesheimer fei. Gewiß feien auf beiden Seiten schwere Fehler gemacht worden, Differenzpunkte: der Fall Röber und die Befehung der Spedition Beitungsherausgeber gemacht. Die Klägerin suchte die Mängel an aber es habe doch keinen Zweck, sich deswegen immer und immer wurden in der Diskussion weniger berührt und bei weitem nicht der Monoline auf das wenig geschulte Personal zurückzuführen. wärts und die Interessen der Partei würden dadurch geschädigt. Es Auf der anderen Seite traten die Genossen Danziger, Georg Neu- Entscheidungsgründen aus, daß es feinem Zweifel unterliegen könne wieder Borwürfe zu machen. Damit fäme man keinen Schritt vor- mit der Schärfe behandelt wie die Maßnahme des Kreisvorstandes. Auf Grund der Beweisaufnahme führte das Kammergericht in seinen werde möglich sein, auf Grund der Vorschläge der Einigungs- mann, Brall, Obier, Handke und Hirschmeier für die Annahme der fommission die Streitagt zu begraben und wieder einig und ge- Einigungsvorschläge ein. Auch von diesen Rednern bezeichneten ganz gleich, ob man den verschiedenen Aeußerungen diesen oder schlossen für die Partei zu arbeiten. Der Redner ging dann mehrere das Vorgehen des Kreisvorstandes als unberechtigt, aber, ienen Sinn unterlege, daß tatsächlich viele Buch­auf die Vorschläge der Kommission ein. Die Kommission sei sich fagten sie, man müsse über die geschehenen Dinge hinwegiehen, weil brudereibefizer mit der Klägerischen Maschine dahin einig geworden, daß der Fall Röber und die Neubesetzung der anders der Konflikt nicht aus der Welt geschafft werden könne und recht schlechte Erfahrungen gemacht haben. Wenn Beitungsspedition bei den Einigungsvorschlägen auszuscheiden hätten weil es das Interesse der Partei dringend gebiete, daß dem leidigen von der Klägerin gesagt worden sei, daß die Monoline mehr leiste, und zwar aus folgenden Gründen: Nachdem Röber durch Beschluß Streit endlich ein Ende gemacht werde. als andere Setmaschinen, so sei gleich zuerst eine Enttäuschung die der Kontrollkommission aus der Partei ausgefchloffen ist, fönne Genoffe Müller fagte in seinem Schlußwort, er habe am Folge gewesen. Denn da sich die Sezer erst langsam an die kom sich nur noch der Parteitag, wenn Nöber ihn anrufe, Anfang der Einigungsverhandlungen gesagt, der Kreisvorstand müsse plizierte Konstruktion der Maschine gewöhnen müßten, sei schon die erste mit dieser Angelegenheit beschäftigen. Den neun Mit von seinem schroffen Standpunkt ablassen. Heute sage er den Pan­gliedern des früheren Vorstandes, welche das Pankower   Flug- tower Genossen, auch sie müßten ihren schroffen Standpunkt auf- Erfahrung eine schlechte zu nennen. Durch die erhobenen Beweise sei eine Blatt unterzeichnet haben, konnte der von den Bankower Genossen geben. Was solle es denn für einen Zwed haben, wenn der Kreis- Verlegung des Wettbewerbgefeßes wie auch des§ 824 B. G.-B. gewünschte Zutritt zu dieser Versammlung nicht gewährt werden, weil borstand seine Maßnahmen in aller Form widerrufe. Der aufgelöste widerlegt. Weiterhin fei auch kein Tadel in der Behauptung ents aus der Fassung des Flugblattes hervorgehe, daß sich die betreffenden Wahlverein fei ja doch an den Einigungsverhandlungen beteiligt ge- halten, daß wiederholt Typographen angeschafft worden sind, wo nicht mehr zur Partei rechnen. Die einstimmige Ansicht der Stom- wesen, die Tatsache seiner Eristenz sei ja dadurch anerkannt. Aber Monoline- Maschinen standen. Sinngemäß( als Widerlegung des mission gehe dahin, daß die neun Unterzeichner des Flugblattes von man dürfe sich doch auch der Tatsache nicht verschließen, daß sich ersten Artikels) verstanden, habe diese Behauptung nur dartun sollen, der Einigung ausgeschlossen bleiben müßten. Was die gewünschte nach der Auflösung der neue Wahlverein gebildet habe, mit dem daß sich der Typograph neben der Monoline behaupten könne. Nad) Neubesetzung der Zeitungsspedition betreffe, so habe die Kom- man auch rechnen müsse. Eine Einigung könne doch nicht alledem set aber der Beweis der Wahrheit als geführt zu erachten miffion gemeint, es müsse mit dem Zustande, wie er sich jetzt anders zustande kommen, als daß auf beiden Seiten etwas nach­entwidelt habe, gerechnet werden. Im Laufe der Differenzen habe gegeben werde. Wenn die Pankower Genossen der Einigung nicht und die Klage abzuweisen gewesen. weder der von den Pankower   Genossen, noch der vom Kreis- zustimmen sollten, dann würden sie viele ihrer Freunde in Groß­Gegen das Urteil des Kammergerichts zu Berlin   hatte die borstande vorgeschlagene Spediteur den Posten bekommen; der Berlin  , die auch mit dem Vorgehen des Kreisvorstandes nicht ein- Monoline Maschinenfabrik Revision beim Reichsgericht ein­jezige Spediteur, Genosse Rißmann, war von keiner der streitenden verstanden seien, verlieren. Im Interesse der gesamten Partei sei gelegt. Es wurde auf 8urüdweisung der Revision er­Parteien vorgefchlagen. Damit könnten also auch die Pankower die Einigung dringend geboten. Genoffen zufrieden sein. Nachdem also diese Punkte aus den weiteren Verhandlungen ausgeschieden seien, habe die Kommission einen von den Unparteiischen formulierten Einigungsvorschlag an­genommen, welcher folgenden Wortlaut hat:

Der Beschluß der Kreis- Generalversammlung betreffend Auf­Lösung des Bankower Bezirksvereins kann nicht aufgehoben werden, da im Parteiinteresse eine baldige Einigung der Pankower   Genossen nötig ist und die Herbeiführung einer neuen Entscheidung der Kreis­Generalversammlung eine unzweckmäßige Verzögerung bedeuten würde.

tannt.

Hierauf erfolgte die Abstimmung. Sie ergab die Annahme sis der Einigungsvorschläge mit 138 gegen 93 Stimmen. Die auf Grund dieser Vorschläge vorgenommene Vorstandswahl Ein eigenartiger Beitrag zur Frage der Dienstbotennot. hatte das Resultat, daß den Genossen vom alten Verein 7, den Ge- Zu dem von uns in der Dienstagnummer wiedergegebenti nossen vom neuen Verein 2 Size zukommen. Gewählt sind hiernach Gerichtsbericht wird uns mitgeteilt, daß die Dienstherrschaft, die dem vom alten Verein die Genossen Friedrich Saffe, Paul Spiekermann, 14 jährigen Dienstmädchen nicht genügend zu essen gab, hernach dem Paul Larsen, Ferdinand Kahl, August Laaz, Albert Jacob, Johann Bater die Herausgabe des Kindes verweigerte und ihn einschloß, Hirschmeier, und vom neuen Verein die Genoffen Laffer und Schmidt. Die Verteilung der Aemter unter die Gewählten wird vom Verein Die Verteilung der Aemter unter die Gewählten wird vom Verein eine Witwe Stübbe ist, wohnhaft Schlachtensee, selbst vorgenommen. Waldemarstr. 85. Gegen das Urteil, welches nicht die Frau Stübbe, sondern den Vater des Dienstmädchens verurteilte, ist Revision eingelegt.

Die Frage, ob der Kreisvorstand berechtigt war, den Bezirks- Genosse Friedländer schloß die Versammlung mit dem berein Pankow   aufzulösen, ist eine offene, da diese Frage auf dem Ausdruck der Freude über die vollzogene Einigung. Die Pantower bom Organisationsstatut der Gesamtpartei vorgeschriebenen Wege Genossen würden nun wieder mit altem Gifer an die Arbeit gehen bisher noch nicht entschieden wurde. Es wäre notwendig gewesen, und auch die Gegensäge überwinden, die jetzt noch in der Organi­daß der Kreisvorstand in dieser Frage sich vorher an die Be- sation bestehen sollten. Mit einem begeisterten Hoch auf die Sozial­girlsorganisation, den Parteivorstand und den Parteitag gewandt demorratie schloß die Versammlung. hätte.

Im Interesse einer schnellen Regelung der schwebenden. Differenzen findet eine kombinierte Mitgliederversammlung der beiden Bereine statt, welche beschließt: die beiden Vereine werden verschmolzen.

Der Vorstand des neugebildeten Vereins wird auf Grund der Verhältniswahl nach dem System der geschlossenen Listen in dieser tombinierten Versammlung gewählt. Die beiden, Vereine geben

gebrudte Stimmzettel für die Vorstandswahl heraus. Bettel mit

Streichungen sind ungültig.

Die Mitgliedsbücher werden für die Mitglieder beider Vereine neu ausgestellt. Die frühere Mitgliedschaft wird angerechnet.

Kleines feuilleton.

Gerichts- Zeitung.

Drei Monate Gefängnis wegen eines Seifennapfs. Bom Landgericht Bochum ist am 13. Dezember v. J. der Bergarbeiter Paul Schulz wegen Diebstahls im wiederholten Rückfalle zur Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hat, wie er zugesteht, einem anderen einen Seifennapf und einen Kleiderhaken weggenommen, also Gegenstände von ganz unbedeutendem Werte. Da er aber schon zweimal wegen Diebstahls borbestraft ist, nämlich mit einem Verweise und drei fallen. Die milderen Bestimmungen sind ja bekanntlich erst Ent Tagen Gefängnis, so konnte das Urteil nicht milder aus­wurf und noch nicht Gesetz. Die Revision der Angeklagten mußte deshalb am Dienstag vom Reichsgericht als unbegründet ver

Ein Konkurrenzrechtsstreit zwischen Sehmaschinen. Infolge eines Artikels in einer italienischen Zeitschrift hatte sich zwischen den Sehmaschinenfabriken der Systeme Typograph" und Monoline" ein Rechtssteit entwickelt, der jetzt zugunsten der Segmaschinenfabrik Typograph end- worfen werden. gültig entschieden worden ist. Der betreffende Artikel, der im

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streng konservatives Publifum( Offiziere jeden Grades in Uniform, Aerzte, Rechtsanwälte, hohe Gerichts- und 8ivil­beamte und überhaupt Herrschaften aus den besten Streisen). Wir beiden erlitten einen großen Mizerfolg, der für mich nicht zu übersehen ist. Humoristen müssen Bolitik

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soweit es das Be­

Notizen.

Das Elend der Brettlfünstlerinnen. Von der rechtlosen und un­würdigen Lage der Schauspieler ist in der letzten Zeit viel die Rede gewefen. Mit gutem Recht, denn die Verhältnisse find unwürdig stehende nicht verherrlicht unbedingt weglaffen, auch nichts Sozial- des Delegiertentages der Bühnengenossenschaft außer dem regel

und der Segen der Organisation hat hier leider noch wenig genug auswirken fönnen. Aber es gibt noch eine Stlasse von Künstlern und besonders Künstlerinnen, die in ihrer Menschenwürde noch stärkeren Drangfalen ausgefeßt sind: die vom Brettl.

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demokratisches bringen. B. hat über 50 Proz. Beamte. A.. 2 ( Name einer Künstlerin) hat sich sogar bei den Juden unmöglich ge­macht, obwohl sie erklärte, daß sie Gürtler nur fopiert....

Ich habe Ihnen oben die Verhältnisse geschildert. Wenn Sie nichts dementsprechendes haben( denn bei dem eingesandten Text verlassen die Herrschaften unbedingt das Theater, was ich vermeiden muß, selbstverständlich!), so ist es doch wohl besser, wir heben den Vertrag auf." Der Vertrag wurde richtig aufgehoben.

Die Ueberbrettlbewegung hat zwar eine künstlerische Hebung des Variétés versucht und mag hier und da auch Spuren hinterlassen haben in Gestalt von neuen Künstlerkabaretts. Aber in den mittleren und unteren Regionen ist alles beim alten geblieben. Hier herrscht nach wie vor die Bote in holdem Einvernehmen mit dem Radaupatriotismus. Hier müssen die Künstlerinnen, wenn sie es mit ihren Sklavenhaltern nicht verderben wollen, noch immer nach der Aufführung den Seftkonsum steigern helfen und dem zahlungs. zu fähigen Gaste freundliche und möglichst kostspielige Gesellschaft Teisten... Wehe ihnen, wenn sie gar den Mut haben, statt ver­hüllter Laszivitäten ernste Stunft zu bieten. Direktion und Polizei mühen sich um die Wette, ihnen den Einbruch ins heilige Reich der Bote zu vergällen.

Und seitdem hat die Künstlerin alle Tore verschlossen gefunden. Von den Settgewohnheiten der Kabaretts weiß die Künstlerin berichten: Wer von den engagierten Damen nicht mitsäuft, wird un­- je nach der schädlich gemacht. Sie werden indirekt und direkt Schlauheit des Budikers gezwungen, Einladungen felbst der zweifelhaftesten Elemente anzunehmen."

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" Ich habe von ferne mit angesehen, wie einem Gast von dem Direktor höchst eigenhändig leere Sektflaschen unter die von ihm ausgetrunkenen gestellt und angerechnet wurden.... Einem be­trunkenen Gast wurden einmal 15 Flaschen aufgeschrieben, die man absichtlich versprigt hatte."

Eine Künstlerin, die an einer Reihe mittlerer Variétés in ver­fchiedenen Städten auftrat, hat uns aus ihren Erlebnissen geschildert. Sie find charakteristisch genug, um das Interesse der Deffentlichkeit zu verdienen. Die Künstlerin, die über ein großes Repertoire ber­fügt, hatte den Ehrgeiz und den Mut, soziale Dichtungen ernster Art borzutragen. Und was erlebte sie? Einer der Direktoren erklärte ihr: Wenn Sie auf der Bühne stehen, dann Legt's sich wie ein schwerer Bann auf den Zuhörer. Lassen Sie Ihre ernsten Sachen, es wird nicht genug geschickert." ( Dabei hatte sich das Publikum gern in den Bann der ernsten Dar- findet sich folgende Todesanzeige": bietungen zwingen laffen.)

So gehts an der Stätte zu, wo die guten Bürger ihre seelischen Anregungen beziehen. Humor und Satire.

In einer anderen großen Stadt wurde die Künstlerin entlassen,

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weil sie Dichtungen sozialen Inhalts vortrug. Gedichte wie Klara Müllers Dem Kampf entgegen" und andere zu rezitieren hatte die Direktion ausdrücklich verboten, obwohl sie von der Polizei frei­gegeben waren.

In einer bedeutenden Seestadt strich die Polizei der Künstlerin ihr Repertoir gründlich zusammen; ernste, soziale Sachen wurden nicht geduldet. Der stellvertretende Direktor, ein früherer Pferde­bahntutfchet, benutzte dann die Gelegenheit, um die Künstlerin, die Sozialdemokratin", loszuwerden. Ihre Versuche, in anderen Städten Engagement zu finden, mißlangen. Die Direktoren waren offenbar gehörig benachrichtigt worden.

Auch eine Todesanzeige. In einem Mannheimer Blatt Allen Freunden und Liebhabern von Uraufführungen die schmerzliche Mitteilung, daß Die Minneburg"

( frei von allen möglichen Motiven alter Meister) wegen Mangel an Lebensfähigkeit, nach dem einstimmigen Beschluß bedeutender Sachkenner und nach der etwa 200ften Probe fonstatierten unheilbaren Schwäche, nicht das Rampenlicht der Bühne erblicken sollte, sondern einer ruhmlosen Vergessenheit an­heim gefallen ist.

Um stilles Bedauern bitten

Die tiefbetrübten Solisten und das Chorpersonal.

Wie das Blatt im Anschluß daran konstatiert, sind seit mehr als Einer dieser patriotisch wertvollen Männer schrieb der Künstlerin: drei Monaten die Vorarbeiten für Die Minneburg" betrieben " Ich habe Ihre Texte gelesen und kann Ihnen nur versichern, worden; erst bei der Hauptprobe hat man entdeckt, daß die Oper in baß hier das meiste gestrichen werden wird, auch ist dies absolut ihrem heutigen Gewand überhaupt nicht aufführbar ist und um tein Repertoire für mein Theater. Bei mir verkehrt ein foponiert werden muß.

Das Lessinghaus Museum( Königsgraben 10, Alexanderplatz  ) mit feinem nicht nur auf den Dichter, der in diesen Mauern seine Minna von Barnhelm" schrieb, sondern auch auf die Theatergeschichte im allgemeinen bezüglichen Inhalt wird anläßlich mäßigen Besuchstage Sonnabend auch Donnerstag, den 7. April, von 3-5 Uhr nachmittags und am Ostermontag von 10-12 Uhr unentgeltlich geöffnet sein.

Der Kurswert der Geographie. Mit Sven edin ist ein wahrer Affenfult getrieben worden. Die Narretei, die mit diesem Reisesportsman und Reflamefünstler getrieben wird, muß das wahre Interesse an geographischen Forschungen erheblich schädigen. Man liest in der bürgerlichen Bresse täglich mindestens drei Telegramme, wo dieser Heros, der mit der Bibel und dem Gesangs buche im Gepäck Tibet   durchreifte, aufgetreten ist oder auftreten wird, welche Drden und Empfänge ihm geworden sind usw. Den guten Bürgern von Eschwege   war diese Sensation so zu Kopfe gestiegen, daß sie den Mann unbedingt auch sehen und hören wollten. Der Eifer erkaltete indes, als Hedin nach einem Gewährsmanu des Berl. Tagebl." 4500 M. für den Vortrag verlangte.

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Die Enttäuschung wäre in Eschwege   indes noch größer gewesen, wenn Hedin wirklich dort gesprochen hätte vorausgesetzt, daß die Eschweger   Köpfe nicht gänzlich von der Modesuggestion um­nebelt find.

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Ein Meisterwert der Goldschmiedekunst, die im gothischen Stile gehaltene Bergkanne, die bisher im Goslarer  Rathause stand, ist von den städtischen Kollegien für 750 000 M. an die Berliner   tgl. Museen verkauft worden. Sie soll im Kaiser- Friedrich- Museum aufgestellt werden. Die Goslarer wollen die Zinsen des Kapitals verwenden, um eine Steuererhöhung zu bermeiden und die Berliner   haben ein Kunstwert mehr. Daß es barbarisch und echt kapitalistisch ist, die Stunstwerke aus dem ganzen Lande in der Prozenhauptstadt zu konzentrieren, bersteht sich am Rande. Aber was tut's, Generaldirektor Bode hat das Geld, das die Goslarer gerade brauchen können.

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Der Wettkampf in den Lüften. Der französische  Kriegsminister schreibt einen beschränkten Wettbewerb für einen Lenta ballon aus, der als Luftkreuzer zu verwenden wäre. Der Lenkballon foll folgende Bedingungen erfüllen: fünfzehnstündige Flugdauer bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometer die Stunde, mit fünf Per­fonen, möglichste Fahrthöhe bis zu 2000 Meter, einen Gesamtinhalt von höchstens 6500 kubikmeter und eine Gesamtlänge von 90 Meter bei einer Gesamthöhe von 20 Meter und 13 Meter größter Breite.

Der Trinkgelbertapitalist. Der Portier eines bei Dresden   gelegenen Sanatoriums hat, wie aus Dresden   berichtet wird, seine Tätigkeit eingestellt, um von dem Ertrage seiner Trink­gelder zu leben. In den letzten Jahren hatte er jährlich 50 000 m. Einkommen bersteuert.