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St» 86. 26. Jahrgang. 1. DeilM des.AmSrts" Kerlm WsblÄ MMch>It.ApcklM. frstrcöiiicher Parteitag. St. Eticnnc, 11. April,{©ig. Ber.) Heute ist hier der sechste Kongretz der geeinigten sozialistischen  Partei zusammengetreten. St. Etienne ist die einzige Stadt Süd- frankreichS, die dank der industriellen EntWickelung einen an die großen Industriezentren Europas   gemahnenden raschen Aufschwung genommen hat. Die Gemeinde zählt 150 000 Einwohner, von denen der größte Teil der Arbeiterklasse angehört. Neben der Dtetall- industrie, die namentlich durch die große Waffcnfabrik repräsentiert wird, spielt besonders auch die Textilindustrie eine bedeutende Rolle und die Stadt ist das Zenrrum des Kohlenbeckens der Loire  . Diese Hauptquellen ihres Reichtums, von dem freilich das Proletariat nichts abbekommen hat, sind auf den künstlerisch sehr mäßigen Fresken im großen Saale der Arbeitsbörse symbolisiert, der den Parteitag beherbergt. Der in seinen Raumverhältnissen imponierende Bau wurde unter der früheren sozialistischen   Gemeindeverwaltung aufgeführt. Derzeit ist der Gemeinderat in seiner Mehrheit wieder reakiionär. Die Schuld daran trägt die traurige Zerfahrenheit der Organisation. Der Demagoge Briand  , der hier seinen Wahlsitz hat, besitzt noch immer einen starken Anhang unter der noch wenig ausgellärten Arbeiter- schaft. Neben der vriandfreundlichen nichtunifizierten Föderation besteht im Loire  - Departement noch eine an die geeinigte Partei angeschlossene, und zum Ueberfluß hat bei den letzten Ge- meindewahlen noch eine dritte sozialistische Organisation besondere Kandidaten aufgestellt. Aus diese Weise verlor die Arbeiterklasse die Herrschaft über die kommunale Verwaltung. Doch fehlt es in der Stadt nicht an fortlebenden Zeugnissen ihrer sozialistischen Periode. Ein sichtbares Zeugnis davon ist der Name Benoit M a l o n, den wir an einer Straßenecke finden, auf deren anderer Seite seltsamer- weise der Johannes des Täufers steht. Zwei Weltanschauungen stoßen da aneinander.... Der Kongreß versammelt sich am Nachmittag zur ersten Sitzung. D e l o r y präsidiert. Die Gruppierung der verschiedenen Partei- richtungen weicht von der von den letzten Parteitagen her gewohnten ziemlich ab und in ihr Ivird die neueste Entwickelung der Partei deutlich. Die Freunde G u e s d e s sitzen diesmal im Zentrum und scheiden so die Syndikalisten und ihre Freunde von der Minderheit der Seine-Föderation einerseits und die Hervsisten oder, wie sie sich neuestens nennen,»Jnsurrektionellen" von einander. Bei der Seineföderation, neben Vaillant und Groussier, hat auch Jaurös Platz genommen. Die Hervöisten sind auf einmal eine starke Partei geworden. Ist es ihnen doch ge- lungen, die Mehrheit in der Seine-Föderation zu erringen I Sie tragen darum auch ein besonders gestärktes Selbstbewußtsein zur Schau und legen' sich auch in ihren Unterbrechungen der anders ge- sinnten Redner keinen Zwang auf. Die Verifikationskommi'ssion hat 328 Mandate von 66- derationen anerkannt. Diese Mandate werden durch 201 Delegierte vertreten. Dubreuilh legt als Parteisekretär den Bericht der Ver- waltungskommission mit Erläuterungen vor. Seit dem September des letzten Jahres, wo der Rechnungsabschluß für den Kongreß von Toulouse   vorgenommen wurde, ist die Zahl der steuernden Partei- Mitglieder von 49 218 aus 61 692 gestiegen. Die Nachwahlen haben Mandatgewinne gebracht, deren Liste wohl noch durch die Wahl Compsre-Morels eine Ergänzung erhalten wird und überaus bedeutende Stimmengewinnste, die die Stärke der Partei in den zur Wahl gekommenen Wahlkreisen seit 1906 mehr als verdoppelt zeigen. Der Bericht hebt weiter hervor, daß die sozialistische Partei diesmal durchwegs allein und gegen die erstaunlichsten Koalitionen der sozial-reaktionären Parteien kämpfen mußte. Der Bericht der Fraktion erwähnt u. a. die Haltung bei der Schlußabstimmung über das Budget: 36 Fraktions- Mitglieder haben das Budget verweigert, 12 sich der Ab- stimmung enthalten. Der Bericht sagt darüber: ES ist sehr bedauerlich, daß über eine so wichtige prinzipielle Frage, die durch die Internationale bereits entschieden ist, eine ein- heitliche Abstimmung nicht erzielt werden konnte. Aus Antrag des Nationalrats soll sich der Parteitag von St. Etienne   darüber äußern, ob kleines feuitteton. Paschal Grousset   f* Im Alter von 61 Jahren ist der einstige Delegierte für die auswärtigen Angelegenheiten" der Pariser Kommune  , Paschal Grousset  , gestorben. Er war aus der republi- konischen Universitätsjugend hervorgegangen, die der Polizei des zweiten Kaiserreichs so viel zu schaffen machte. Ursprünglich Student der Medizin, warf er sich frühzeitig dem Journalismus in die Arme und besonders bekannt machte ihn 1869 seine Herausforderung des Prinzen Pierre Bonaparte   zum Duell, deren Ueberbringer Viktor Noir voin Prinzen ermordet wurde. An der Revolution vom 4. September 1870 nahm er einen hervorragenden Anteil, und nach Ausbruch des Pariser Märzousstandes wurde er in die Kommune gewählt, die ihn zu ihrem Minister der auswärtigen Angelegen- heite» machte. Als solcher hatte er freilich keinen großen Wirkungs- kreis. Denn keine auswärtige Macht erkannte die Kommune an, mit Ausnahme von Ecuador  , und auch diese mit etwas komischem Aplomb kundgemachte Anerkennung war das Werk eines Spaßvogels. Bei seinen unoffiziellen Verhandlungen unter anderen mich mit der deutschen Heeresleitung wegen Anerkennung des Waffenstillstandes soll er, wie die der Kommune nichts weniger als geneigten fremden Beurteiler bestätigen, viel Eifer und ver- nünftige Manieren gezeigt haben, zum Unterschied von seinen von der Revolutionswöge emporgehobenen Kollegen wie Raoul R i g o u l t u. a., die sich darin gefielen, die wilden Männer zu spielen und so dem historischen Charakterbild der Kommune nicht wenig geschadet haben. Vom Klassenkampf des Proletariats hatte dieser Gefühlsdemokrat allerdings keine Ahnung und so mochte er den der Internationale angehörigen Kommunarden leicht verdächtig werden wie dies der in der Jubiläumsnummer desVorwärts" veröffentlichte Brief von Karl Marx   bezeugt. Die Versailler deportierten Grousset nach Neu-Caledonien; von wo er nach England entkam. Nach der Amnestie kehrte er zurück und wurde 1803 in Paris   zum Deputierten gewählt. Er har dieses Mandat bis zw seinem Tode innegehabt. Als Sozialist gewählt, machte er die Einigung der Partei nicht mit und stimmte alsUnabhängiger" getreu für die Regierung. Im Parlament ist er in keiner Weise hervorgetreten Grouffet hat sich auch als Schriftsteller versucht und unter Pseudonymen Abenteuer, Romane und Jugenderzählungen geschrieben. Theater. Neues Theater: Eines Engländers Heim. Satire" von du M o u r i e r. Das eyglische Spektakelstück, das Direktor Schmieden nach so viel verunglückten Premieren durch irgendeinen Impresario, an den er sein Theater mitsamt dem Schauspielerpersonalverpachtet" hatte, zum Osterfeste aufführen ließ, brachte es zu einem für Berliner   Verhältnisse ganz exzeptio- nellen Theaterskandal. Wie man auf den tristen Schmarren verfallen konnte, der auch in England gewiß keinen Erfolg gehabt hätte, wenn er sich nicht in die von der chauvinistischen Presse augenblicklich besonders schwunghaft betriebenen Stimmungsmache und die törichten Jnvasiousphantastereien so vorzüglich eingefügt hätte ist einfach rätselhaft. Oder sollte etwa der deutsche Chauvinismus durch die albernen Mätzchen über die Zurück- gebliebenheit der englischen Freiwilligen gekitzelt werden, rechnete man, daß diese saubere Schadenfreude.Entschädigung für das Ke- die Deputierten der Partei das Recht auf Stimmenthaltung haben oder an die Beschlüsse der nationalen und internationalen Kongresse über die Ablehnung des Budgets gebunden sind. Die Abstimmungen der Fraktion lassen überhaupr an Einheitlichkeit viel zu wünschen übrig. Bei 32 namentlichen Abstimmungen ergaben nur 16 Einhelligkeit. Besonders peinlich war die Meinungsverschiedenheit bei den Ab- stimmungen im Verlaufe des P o st st r e i k S. Bei der vom kapita- listischen Deputierten R e i n a ch am 19. März beantragten Reso- lution, daß die Kammer entschlossen sei, Streiks von Be» amten nicht zn dulden, enthielten sich drei Deputierte: Breton, Brousse und V a r e n n e der Abstimmung. Sie sollen deshalb vom Parteitag zur Rechenschaft gezogen werden. Der Kassenbericht, der mit dem 31. Dezember 1908 ab- schließt, weist für das letzte Jahr an Nettoeinnahmen 106 269 Fr., an Nettoausgaben 90 358 Fr. auf. Die Einnahme aus der Deputierten st euer ist der bedeutendste Posten. Er beträgt 46 210 Fr., erst nach ihm kommen die Einnahmen aus den Beitrügen der Parteigenossen mit 36 238 Fr. Die Depu- tierten schulden der Parteikasse noch 27 050 Fr. Das Partei- vermögen betrug 91 298 Fr. Die Hervsschr Sonderbündelei. Dubreuilh referiert weiter über den neuesten Konflikt mit H e r v 6. In derGuerre Soeiale" sind wiederholt Aufrufe erschienen, die zur Gründung einer neuenrevolutio- nären" Föderation im Nord-Departement aufforderten. Auf die Beschwerde der dortigen Parteiföderation beschloß die Administrattvkommission, eine derartige Verletzung des Einigungs Pakts nicht zu dulden und der Nationalrat forderte Hervö auf, diese Publikationen einzustellen. Hervs kümmerte sich jedoch darum nicht und als die Administrativkommission neuerdings an ihn heranttat, erklärte er, daß er bei derGuerre Sociale" loohl Redakteur, aber kein Diktator sei. Das Blatt sei von Anfang an als gemeinsames Organ für Parteimitglieder wie für außerhalb der Partei stehende revolutionäre, libertäre und syndikalistische Elemente gegründet worden. Da Hervs demgemäß ablehnte, den Mahnungen der Parteiinstanzen Folge zu geben, war die ganze Frage Hervü für diesen Parteitag wieder aufgerollt. Seit ein paar Wochen ist zu den älteren Beschwerden noch eine neue hinzugekommen. DieGuerre Soeiale" wurde das Sprachrohr einer neuen Tendenz. Dierevolutionären" Mitglieder der Seine- Föderationen wurden zu besonderen Konventikeln eingeladen, die über die Gründung einerinsurrektionellen Orga- nisation"' innerhalb der Partei berieten. Auch der Plan einer geheimen Kampforganisation tauchte auf und so sollte wüsten, für die Partei höchst gefährlichen Narreteien Tür und Tor geöffnet werden. Wird die Rechnung mit dem hartnäckigen Störer des Partei- friedenS diesmal bereinigt werden? Kein Zweifel, die bloße An- Wendung des Parteistatuts müßte seinen Ausschluß herbeiführen. Der i Artikel 6t dieses Statuts sagt:Die Zeitungen und Zeit- schriften. die sich, ohne Parteieigentum zu sein, auf die Partei be- rufen oder deren Leitung einem oder mehreren Parteimitgliedern gehört, haben sich für die Aktion den ParteitagSbeschlüffen in der Interpretation des Nationalrats zu fügen." Und der Artikel 62 sagt:Der Nationalrat   übt über die Zeitungen, die sich als sozialistisch bezeichnen oder deren politische Leitung einem oder mehreren Parteimitgliedern gehört, nur eine allgemeine politische Kontrolle aus. Der Nattonalrat kann sie zur Beobachtung der Parteipolitik auffordern und nach Vorladung und Anhörung der verantwortlichen Redakteure dem Parteitage vorschlagen, alle Beziehungen zwischen diesen Zeitungen und der Partei für abgebrochen zu erklären." Die Verhandlung zeigt sofort, daß auf dem Parteitag wenig Aussicht vorhanden ist, daß diese Bestimmungen in ihrer Strenge angewendet werden. Die äußerst stürmische Debatte bietet ein merkwürdiges Bild. Sie spielt sich fast ausschließlich zwischen den Hervöisten und den Guesdisten ab. Die neuesten Gegner Herväs die syndikalistischen Intellektuellen verhalten sich vollkommen reserviert, ebenso die ihnen nahestehenden Mitglieder der Seine- Föderation. Sie haben den Hervsismus großgezogen, der sie nun selbst überflügelt hat. War er auf den früheren Parteitagen aus taktischem Kalkül als ein bescheidener, aber notwendiger Bestand- fühl der bodenlosen Langeweile bieten werde? Dann wäre der Skandal ein doppelt und dreifach verdienter. Die Satire des Herrn du Mourier, die die angebliche Gleich- gültigkeit des englischen Spießertums gegenüber den Forderungen staatlich militärischer Ausrüstung verspotten will, wirkt in Wahr- heit als Satire auf den Unverstand, der mit dem Schreckgespenste einer deutschen Invasion hausieren geht. Die Geistlosigkeit dieses Gespensterglaubens wird hier noch übertrumpft. Ein allgemeiner Streik der Post- und Telegraphenbeamten ist in England aus- gebrochen, nur die Sportblätter kommen noch heraus so hört man im ersten Akt, der in endloser Breite und Dünnheit des Witzes eine englische Bürgerfamilie beim Diabolospiel und Sport- gewäsch schildert. Der Verve des Herrn Abel, der einen alles spaßhaft nehmenden jungen Citykaufmann, die einzig halbwegs mögliche Figur des Stückes, gab, gelang es, diese Szenen noch einigermaßen über Wasser zu halten. Dann, nachdem ein Freund des Hauses einige vorbereitende allgemeine Reden über Patrioten- Pflicht und die Gefahr des Vaterlandes gehalten, dringen plötzlich schwarze Dragoner zur Tür hinein, dieim Namen Seiner Majestät" das Haus besetzen. Eine deutsche Armee hat ivährend des Telegraphistenstreiks das Land besetzt. Bei diesem Aktschluß machte sich die Ungeduld zum ersten Male mit starkem Zischen Luft. In den beiden folgenden Aufzügen, die die provozierenden Dummheiten noch ständig steigern, ging das Zischen bei offener Szene in Trampeln, Scharren, Rufen, Pfeifen über, so daß die Schauspieler sich teilweise gar nicht mehr verständlich machen konnten. Die englischen Freiwilligen werden, um die Notwendigkeit eines stehenden Heeres zu erweisen, als Krähwinkler Landsturm verhöhnt. Sie okkupieren nach Abzug der Deutschen  >as Haus und eröffnen eine dauerhaste Schießerei, für die der Feind sich mit Granaten revanchiert. Anmutig mischte sich dies Getöse mit dem der Zuschauer, bis nach dem Zusammensturze einer Wand, der dichte Staubwolken ins Parkett sandte, der Lärm von unten und die Schlußrufe so laut wurden, daß der Vorhang mitten im Spiele fallen mußte. Ilm der Darsteller willen ist es bedauerlich, daß die vollauf begründete Demonstration so rücksichtslose Formen annahm. ckt. Neue Freie Volksbühne{Kommerspiele des Deutschen Theater):Der Brief des Uria" von Emil Bernhard  . Wie der Titel sagt: ein biblisches Drama, oder König Davids Liebesverhältnis mit Vathseba, der Frau seines Feldherrn Uria  . Aber nur dies stoffliche Milien ist alttestan, entlich; die Ausgestaltung da- gegen trägt die unverkennbaren Züge der hyper-modernsten Nervo- sität. Hugo v. HosfmannsthalsElektro" macht Schule.   Alle Zuckungen des geschlechtlichen Nervengeflechts werden hier bloßgelegt. Der Bruustschrei nach Liebe beherrscht alle Gedanken und Empfin- düngen, ja er wandelt das Leben, verkettet eS zu tragischem Aus- klang. So wird ein alltägliches Liebesverhältnis statt zur Komödie zur Tragödie hinaufgeschraubt. Kimig David schickt eines Tages Bathseba zu ihrem Manne zurück. Er geriert sich ganz als Geschöpf der heutigen Diplomatie. Bathseba  , das Weib eines plebejischenUntertans", kann wohl seine Maitresse sein; sie aber zu seinem Weibe und somit zur Königin zu machen, das verbietet seine königliche Würde. Man denke, wie possierlich sich diese moderne Weisheit im Munde eines altjudäischen Königs ausnimmt! Bathseba   jedoch fühlt sich nicht bloß Mutter; sie vertritt ihre Rechte als Weib und Mensch von heute. Sie will nicht bloß die Geliebte bleiben, sie ver- teil der Majorität geschont worden, so ist er nun freilich zu einer Macht geworden, mit der sich die Partei ohne schwere Erschütterung ihres Organismus nicht auseinandersetzen kann. Dieses Machtbewußtsein charakterisiert die Rede, lvomit Hervs das Gefecht beginnt. Er spricht in seinem alten spöttischen Ton, aber noch mit weniger Scheu als sonst, seine Verachtung der Parteidisziplin zu zeigen. Dabei verschmäht er auch nicht seine beliebten Volksversammluugsmätzchen, immer wieder seine Kerker- strafen gegen die Argumente der Angreifer auszuspielen. Die Auf- rufe zur Gründung von Sonderorgauisationen will er nur als Dokumente" veröffentlicht haben, dagegen habe er die aus der Nordföderation wenn auch vergeblich aufgefordert, gerade im Interesse der revolutionären Propaganda wieder einzutreten. DieGuerre Soeiale" soll die gemeinsame Aktion, die Allianz aller Revolutionäre, auch die mit den An- archisten fördern. Wenn eS in der Partei Leute gibt, die mit den Radikalen halten, so hält er, Hervs, es lieber mit den anarchistischen Kameraden", auch mit solchen, dieindividuelle Akte" gelegentlich für angezeigt halten. Schließlich versteigt er sich zur Behauptung, man wolle seinen Ausschluß, um Platz für die Blockpolitiler zu machen. Rappaport meint, HervS und seine Freunde hätten sich selbst aus der Internationale ausgeschlossen durch ihre Mißachtung des Londoner Beschluffes. Ihre Zugehörigkeit zur französischen   Partei ist ein permanenter Skandal. Hervs beginnt seine Insurrektion mit der Insurrektion gegen die Internationale. Diese Gruppe bleibt nur darum in der Partei, weil sie außerhalb ihrer nichts wäre, wie man dies in Italien   bei den syndikalistischen Revolutionären gesehen hat. Wir selbst verletzen die Beschlüsse der> Internationale, wenn wir die Alliierten der Anarchisten in unserer Mitte behalten und die Jnter- nationale ignoriert diesen Zustand nur mit Rücksicht darauf, daß wir ein großes Land repräsentieren. In der Debatte treten weiter eine Reihe von Arbeitern aus verschiedenen Föderationen gegen die Hervöisten aus, die im Postbeamten Chastenet, einem Verteidiger der Geheim- Organisation, und im Pariser Gemeinderat Colly besonders heftige Fürsprecher finden, dieser mutz sich aber von De la Porte entgegenhalten lassen, daß er 1901 ein Helfer Millerands gewesen sei. Wie Millerand sagt De la Porte, soll jetzt Hervs außerhalb der Parteikontrolle gestellt werden. Hervs spricht noch einmal, mit verstärkter Grobheit:Ich pfeife auf Ihre Organisation!" ruft er den Guesdisten zu. Er will die Partei schützen, damit sie nicht im Sumpf der Wählerei versinke. Es liegen drei Resoluttonen vor: Ein Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung, ein anderer, von der Mehrheit der Seine- föderation eingebrachter, der dieFreiheit der Meinungsäußerung" anerkannt sehen will, und ein Tadelsantrag. Jaurss beantragt indes Verweisung an eine Kommission. Er nimmt das Jnsurrektionsprogramm Hervös nicht tragisch und meint, mit der Erlveiterung der Parteiaktion würden die Meiuungsgegensätze in der Partei an Bitterkeit ver- lieren. Das Proletariat ist reif genug, um das revolutionäre Programm nicht mit den Kindereien der Jnsurrektionellen zu ver- wechseln. Der Anttag Jaurös wird angenommen. Der Kommission wird auch ein vierter nachträglich von den Departements A l l i e r und Somme   eingebrachter Antrag zugewiesen, der Hervös Aus- sch ließung fordert, weil dieser die Fortsetzung seines Treibens angekündigt habe. Der Administrattvkommission wird die Aufgabe zugewiesen, sich mit einer Reform des Wochenblatts, Sozialiste" zu besassen, dessen Auslage immer mehr heruntergeht. erster Deiegiertentag der demokratischen Vereinigung. {Original-Bericht für denVorwärts".) Der linke Flügel derWadcustrüinpfler", der auf der vor» jährigen Generalversammlung der«Freisinnigen Vereinigung  " in Frankfurt   a. M. aus dieser Bereinigung ausgeschieden ist und eine langt ihre Rehabilitierung durch den Ehekontrakt. David fühlt daß er Uria   gegenüber sündhaft geworden. Um sein Verbrechen zu sühnen, überhäuft er den Betrogenen mit fürstliche» Gnaden. Uria  merkt endlich etwas. Noch mehr: er erfährt aus dem Munde der ihm geschenkten Sklavin Thamar, daß Bathseba   sich dem König hin- gegeben, daß sie Ehebruch getrieben. Und nun fängt er an zu rasen. Im Rausch findet er den Mut, David sein Verhältnis zu Bathseba  aus den Kopf zu sagen. Dann, mit sich allein, schmiedet er Rache. Da erscheint Bathseba   und berichtet, daß sie Mutterfreuden erlvarte. Dies Geständnis besänftigt ihn, dem es versagt war, Bathseba   ein Kind zu geben. So mag sie denn mit David   glücklich werden. Uria   mag indessen nicht mehr länger leben. Um BathsebaS Willen will er David schonen. Doch soll er eine Strafe spüren: ihm, Uria  , muß er, als König und als Mensch bezwungen, mit einen: Geheimbrief an Joas das Todesurteil schreiben. Mit diesem Dokument zieht Uria   in die Schlacht. Nun steht David kein Hindernis mehr im Wege, die Ge- liebte als seine Gemahlin proklamieren zu lassen. Allein dies Glück ist für den hysterischen David zu viel. Er rast vor Schmerz und vor Wonne und stürzt das ist mir nicht recht klar geworden ob ohnmächtig oder tot auf der Bühne zusammen..'.. In der Aufführung beherrschte stilisierte Kunst jedes Wort, jede Pose, jede Gebärde. Sanfte Flötentöne des Liebesrausches steigern sich zu Kakophonien. George Henrich{David  ) raste, Ludwig Hartan {Uria  ) raste, Elisabeth W e y r a n ch{Bathseba  ) raste. Es war ein Trio der Raserei bis zur Heiserkeit im zuweilen jüdelnden Sprechstil mit ostentativer Betonung der langen Silben; dennder Brief des Uria" ist ja eine moderne Jambentragödie. s. k. Schillertheater-Charlottenburg  : Macbeth  . Trauerspiel von Shakespeare  . Man hatte große dekorative Mittel an die Aufführung gewandt, die schottischen Landschaften und Schlösser besaßen stimmungsvollen Reiz, die Darstellung war sorgsam vorbereitet und gefeilt, und an einigen Stellen, so in der nächtlichen Szene, wo der schwankende Macbeth von seinem Weibe zum Meuchelmord am König aufgestachelt wird, spürte man auch etwas von jenem Hauche wilder Leidenschaft und düsterer Schick- salsschwere, der das Werk umzittert. Ein Festhalten der künst- lerischen Illusion durch das ganze Gefüge der von Schrecknis zu Schrecknis fortschreitenden Handlung hätte man nur von Kräften allerersten Ranges erwarten können. Frau Feldhammer brachte die ungezähmte Härte und Herrschbegier der Lady anschau- lich, wenn auch nicht in den Formen elementarer Größe, zum?lus- druck. Pateggs klug durchgeführter Macbeth   war in seiner Wirkung durch die Klangfarbe des Organs, dem leicht etwas Feier- lich-Gütiges anhaftet, hier und da gehemmt. Sympathisch spracv Richard W i r t h die Episodenrolle des Königs, vortrefflich Georg Paeschke   die des ritterlichen Rächers Macduff. ckt. Notizen. -» Theaterchronik. Die Invasion des albernen Vorstadt» theaterulks im Neuen Theater hat ein rasches Ende genommen. Von Donnerstag an wird wiederDie fremde Frau" gespielt. Der GoSlarer Aprilscherz. Die Goslarer   Berg- kanne wird nicht nach Berlin   kommen denn dieGoSlarer Zeitung" hat sich mit der übrigen Menschheit nur einen Aprilscherz erlaubt, dessen Witz zu ermessen redlichem Bemühen unmöglich ist. Indes, es kann ja nicht jeder auS Goslar   sein.