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Nr. 87. 26. Jahrgang. 1. ßtilonc des Jonuärts" Serlim pMlatt DoNnsIag, IZ.ZpÄIM. Der labresliODgreß der Sozialdemokraßkßen Partei. London  , 11. April.  (Eig. Der.) In den letzten drei Tagen hielt die Sozialdemokratische Partei  (früher: Sozialdemokratische Föderation) ihren 29. Jahreskongretz in Bristol   ab. Es waren 130 Delegierte aus allen Teilen des Ver- einigten Königreichs anwesend. Ein großer Teil der Verhandlungen fand hinter verschlossenen Türen statt. Den Vorsitz führte E. H. Jarvis, der den Kongreß mit einer längeren Rede eröffnete, die etwa wie folgt lautete: .Die Arbeiter werden gegenwärtig in die Enge getrieben, aus der ftk sich nur durch die Sozialdemokratie befreien könnten. England ist nicht mehr die Werkstätte der Welt. Die scheinpatriotischen Kapitalisten, mögen sie freihändlerisch oder schutzzöllnerisch sein, haben den aus den Arbeitern herausgepreßten Mehrwert dazu benutzt, die Industrien anderer Länder zu befruchten, da dies ihnen größere Profite brachte. Die Zeit ist nahe, Ivo der Einfluß der Sozialdemokratie stärker toerden wird. Wir Sozialdemokraten wurden lange ausgelacht, nicht nur von den Kapitalisten, sondern leider auch von vielen, die zu unserer Klasse gehören. Es gibt Sozialisten, die erklären, die Natur kenne keine revolutionären Sprünge, sondern daß sich alles glatt entwickele und von Stufe zu Stufe fortschreite. Allein die Ereignisse der letzten Jahre beweisen, daß es plötzlich revolutionäre Aenderungen gebe. Die Lehren der Sozialdemokratie erweisen sich als Wahrheiten. Obwohl große Anstrengungen in diesem Lande gemacht werden, uns an die Wand zu drücken und unsere Pionierarbeiten zu verleugnen, so sehen die Leute doch schließlich ein. daß ihre Auf- gäbe nicht leicht ist. Sozialdemokraten kennen kein Rückwärts. Wir werden nie unseren Titel.Sozialdemokrat" zugunsten des .Labourism"(Arbeiterparteiwesen) aufgeben. Nichtsdestoweniger hoffen wir, bei den nächsten Wahlen besser abzuschneiden, mindestens muß Hyndman   gewählt werden. Wir haben bereits seit drei Jahren eine Regierung, von der man sagt, sie sei die demokratischste und segensreichste, die das Land je gesehen habe. Das ist nicht unsere Ansicht, wohl aber die der Arbeiterpartei. Wenn dem so ist, wozu ist eine Arbeiterpartei nöttg? Was hat die Regierung für die hungernden Millionen von Menschen getan? Sie hat tatsächlich eine Geldsumme bewilligt, die pro Kopf der Hungernden 4 Pence(35 Pfennig) beträgt. Sie hat Alters Pensionen bewilligt für arme Arbeiter im Alter von 70 Jahren. Von verschiedenen Kapitalisten werden jetzt Versuche gemacht, in ihren Fabriken die Gewinnbeteiligung einzuführen. Hoffentlich fallen die Arbeiter auf diesen Schwindel nicht herein. Nicht Gewinn- beteiligung, nicht die Harmonie zwischen Wolf und Lamm, sondern die soziale Revolution kann ihnen helfen. Die Bergwerke, die Docks, die Eisenbahnen sind reif für die Vergesellschaftung. Die Harnwnie, die aus der Vergesellschaftung entspringen wird, ist die einzige, nach der wir streben. Die Arbeiterpartei ist von den legislativen Leistungen der liberalen Regierung entzückt. Den größten Teil der letzten Parka- mentarischen Tagung nahm die Beratung über die Schankvorlage in Anspruch, obwohl alle Politiker wußten, daß sie das Oberhaus nicht passieren wird. Die Arbeiterabgeordneten haben viel Propaganda für diese Vorlage gemacht und sagten, die Regierung werde viel für das Volk tun. Aber die neue Tagung kam, ohne daß etwas Greif- bares geschehen sei. Die Sozialdemokraten find nicht geneigt, sich von Arbeiter- Oligarchien beherrschen zu lassen. Sie wollen keine Klassenherrschaft, sondern eine wirkliche demokratische Verwaltung. Unsere Zahl wächst und wir arbeiten unverdrossen, da wir wissen, daß die Zukunft uns gehört. Unser Feind ist der Kapitalismus, und da wir das wissen, so ist unsere Pflicht klar."(Beifall.) Dann folgte eine geheime Sitzung. Nach Wiedereröffnung des KongreffeS wurde der Bericht der Parteileitung diskutiert und angenommen. Der Bericht hebt hervor, daß eS unmöglich sei, eine Arbeitslosenagitation im großen Stile ins Leben zu rufen. Der Vorstand habe indes diese Frage nicht vernachlässigt. Durch lokale Agitation und öffentliche Kritik der Partei wurde die Arbeiter- fraktion zu einem kühneren Vorgehen im Parlamente veranlaßt. Der Bericht fordert auch die Mitglieder auf, sich auf die nächsten Kleines feuiUeton* Die Talsperren als Hochwasserschutz. Die großen Uever- fchwemmungen, die verschiedene Teile Deutschlands   in den letzten Monaten heimgesucht haben, sind durch die vorhandenen Talsperren an manchen Stellen in sehr wirksamer Weise abgedämmt worden. Sowohl die großen Sperren, die beispielsweise in Schleusen zum Schutze tiefer liegender Gebiete erbaut worden sind, als auch die von einzelnen industriellen Unternehniungen angelegten, haben sich in dieser Weise bewährt. Die Urfttalsperre in der Eifel  , die zu elektrischer Energiegewinnung dient, hat das gesamte Ruhrtal geschützt. In den ersten Februartagen hatte die Hochwasser- welle bei Heimbach  , wenige Kilometer von der Sperre, den höchsten Stand erreicht, der jemals beobachtet worden war, wobei in der Sekunde etwa 250 Kubikmeter Wasser abgeführt wurden. Gleich- zeitig erreichte auch die Urft, die wenig oberhalb von Heim- bach in die Ruhr mündet, einen außerordentlich hohen Stand mit einer Wasserabgabe von etwa 100 Kubikmetern in der Sekunde, so daß ein Zusammentreffen beider Hochwassertvellen eine sehr starke Wasserstandserhöhung und damit gewissen Schaden ver- ursacht hätte. Da nun die Urfter Talsperre 45'/, Millionen Kubik- meter faßt und ihr nur etwa 20 Millionen Kubikmeter zu- flössen. vermochte sie das Unheil zu verhüten. Auch im Neissegebiet haben die vier Talsperren bei Reichenberg ihre Schuldigkeit getan und erreichten es. wie ein zusammen- fassender Auffatz derAllgemeinen Fischereizeitung" angibt, an einem Tage 2070 000 Kubikmeter Wasser aufzunehmen. Die schlesische Talsperre bei Marklissa   hat noch mehr geleistet, denn sie hielt in kaum 48 Stunden 7 Millionen Kubikmeter Wasser zurück, lvelche Menge übrigens von der Urfttalsperre sogar am ersten Tage allein bewältigt wurde, wobei sich der Seespiegel um vier Meter hob. Auch im Wuppertal   haben die Sperren etwa acht Millionen Kubikmeter zurückgehalten. Im westfälischen Ruhr» gebiet sind ganz ähnliche Leistungen festgestellt worden. Der Zufluß aller Ruhr  -, Lenne- und Bolmesperren betrug in der krittschen Woche schätzungsweise IS Millionen Kubikmeter. Abgesehen von dem Schutz gegen die Hochwasserfluten haben die Talsperren noch den Bortetl. daß sie mit ihren Sperrbecken den von den Wasser- fluten mitgerissenen Fischen Zuflucht und Schutz gewähren. Theater. Hebbel-Theater:Die Möwe  ', Schauspiel von Anton Tschechow  . Der Vorhang hebt sich über einen Garten, in dem da« Laub schon eine leis herbstliche Färbung zeigt. Ein schwarz gekleidetes Mädchen, von einem blaß und traurig drein- schauenden Manne gefolgt, schreitet langsam heran. Sie sprechen vom Elend ihres Lebens. Er ein Dorfschullehrer, von der drückenden Armut und der hoffnungslosen Liebe, in der er sich um sie verzehrt. Sie, die unter dem gleichen Schicksal einer unwiderstehlichen und unver- minderten Liebe leidet, gibt die Klage noch bitterer zurück. Dies Leitmottv einer Leidenschaft, die der werbenden Neigung anderer gegenüber kalt bleibt und glüht, wo sie nicht Gegenglut entziinden kann, zieht sich in einer Fülle von Variationen durch das Stück und Parlamentswahlen vorzubereiten, da eine Parlamentsauflösung nicht mehr lange auf sich warten lassen könne. Einen der wichtigsten Punkte bildete die Frage deS Ver­hältnisses der sozialdemokratischen Partei zur Arbeiterpartei. Es lagen zwei Resolutionen vor, die einen Wiederanschluß an die Arbeiterpartei empfahlen. Beide Resolutionen wurden unter allgemeinem Gelächter vorgebracht und mit 125 gegen 2 Stimmen verworfen. Die meisten Redner verlangten, die Sozialdemokraten sollten die Arbeiterpartei bekämpfen. G e a r d, Delegierter für Battersea, meinte, er würde eher Be Ziehungen zur Familie Cecil(Salisbury   und Balfour  ) als zur Arbeiterpartei empfehlen; Hardie und Henderfon seien nichts weiter als Speichellecker der liberalen Partei. Nur Queich   sprach vernünftig und meinte, die Haltung der Sozialdemokratie gegenüber der Arbeiterpartei dürfe wohl eine kritische, aber keine feindliche sein. Kirby, Delegierter für Nord-Westham, brachte eine Resolution ein, in der er verlangte, daß die Partei den sozialistischen   Arbeiterabgeordneten William Thorne auffordern solle, entweder au-Z der Sozialdemokratischen Partei auszutreten oder sein parlamentarisches Mandat niederzulegen, da esunlogisch und schädlich" sei, Sozialdemokrat zu sein und zur Arbeiterfraktion zu gehören. Die Resolution wurde nach langer Diskussion mit 88 gegen 29 Stimmen abgelehnt. Hyndman und K n e e hielten sodann Reden über Freihandel und Schutzzoll, die indes zu keiner Diskussion und keiner Resolution führten. Beide waren der Ansicht, daß der Freihandel ein Schwindel fei, aber auch der Schutzzoll könne den Arbeitern nicht helfen. Das einzige Mittel ist eine wirksame Sozialreform, die den Weg zum sozialistischen Ziele vorbereite. Der Kongreß sandte Glückwünsche anTomMannzu seinem Kampfe in Australien  ; ebenso an die Pariser Post- angestellten zu ihrem Erfolge durch den Streik, wobei der Kongreß aber hervorhob, daß er sich mit der direkten Aktion nicht identifizieren könne, schließlich an die kämpfenden Hindu, denen der Kongreßdie baldige Befreiung vom despotischen und ruinierenden Joche der Briten  " wünsche. Nach Annahme einer Resolutton, die die Sozialdemokraten aufforderte, aus den bürgerlichen Klubs auszutreten, wurde der Kongreß mit den üblichen Hochrufen auf die soziale Revolution ge- schlössen. Der nächstjährige Kongreß wird in London   stattfinden. Der Zahrezkongreß der(Inadhängigen Arbeiterpartei. London  , 12. April.  (Eig. Ber.) In den siebzehn Jahren ihrer Existenz gab es keine Zeit, die für die Unabhängige Arbeiterpartei so kritisch war, wie die letzten sechs Monate. Es hatte sich viel Unzufriedenheit aufgehäuft, teils gegen die Parteiführer und teils gegen die Parteipolitik im allge- meinen. Man sah deshalb mit einer gewissen Besorgnis dem 17. Jahreskongresse entgegen, auf dem die Unzufriedenheit explosiven Ausdruck finden sollte. Der Kongreß fand während der Osterfeiertage in Edinburg  statt, 400 Delegierte waren anwesend. Eduard Bernstein  , der sich gegenwärtig aus einer Agitationstour in Schottland   befindet, wohnte dem Kongresse bei. Den Vorsitz führte I. R. Macdonald, der die Delegierten ersuchte, die Parteiangelegenheiten mit aller Offenheit zu diskutieren, wobei jedoch das Wohlergehen und die Einheit der Partei zu berück- sichtigen sei. Die Auseinandersetzungen sollten die Freunde unserer Sache nicht abstoßen und den Gegnern unserer Sache keine Schaden- freude bereiten. Der erste Punkt der Tagesordnung war die Frage der Allianz der Unabhängigen Arbeiterpartei mit der Arbeiterpartei. Wie bekannt, gibt es in Großbritannien  viele Sozialisten, die gegen eine Allianz mit der Arbeiterpartei sind. So steht die Sozialdemokratische Partei   ganz außerhalb der polittschen Arbeiterbewegung; auch innerhalb der Unabhängigen Arbeiterpartei gibt es Sozialisten: Grayson und seine Anhänger, die mit der Allianz nicht zufrieden sind. Zu dieser Frage lagen zwei Resolutionen vor. Eine lautete: bildet das einzige Band, das den lose aneinander gereihten Szenen eine Art von Einheit gibt. Mascha liebt Konstantin, den Sohn einer gefeierten Schau- spielerin. Sein jugendlich feuriges Poetenherz aber findet fein Ideal in der jungen, schönen Nina, die seine Verse klangvoll vorträgt und von künftigen Bühnentriumphen träumt. Sie aber hat nur Augen für den Freund der Schauspielerin, den in all seinem Schriftsteller- rühm müd-melancholischen willensschwachen Novellisten Trigorin. Die resignierten Reflexionen zweier alten Junggesellen ergänzen den traurigen Chorus. Es sind lauter weiche Menschen. Keiner hat die Absicht, weh zu tun. Und doch werden sie zum grausamen Verhängnis für einander. Wie Konstantin in einer Zufallslaune eine Möwe als Beutestück für die Geliebte herunterschießt, so treibt das Schicksal, verwundend, tötend, ein zwecklos launenhaftes Spiel mit ihnen selbst. Auch der Schriftsteller, der Nina ins Unglück stürzt, hat nichts von dem brutalen, frivolen Don Juan- Egoismus. Wohl gefällt sie ihm. wohl muß er sehen, wie eS um sie steht. Doch tut er nichts, die Glut zu schüren. Eher sucht er den Nimbus, den ihre Phantasie um ihn gewoben, zu zerstören, und schildert nüchtern seines Wesens Trockenheit. Bleibendes zu leisten, gehe ja doch über die Grenze der ihm verliehenen Kraft. Und dann die Unrast I Das ewige Schreibenmüssen und die Aushöhlung jedweder frischen Unmittelbarkeit oes Erlebens durch die ständig wache Sucht, den Eindrücken etwas Literarisches abzujagen. Mitten im Plaudern zieht er, wie zur Bestätigung, sein Nottzbuch, um ein Motiv, das «hm beim Anblick der erschossenen Möwe durch den Sinn fährt, ein- zutragen. Doch an Ninas Verblendung prallt jede Warnung ab. Sie reist ihm nach. Der Schlußakt spielt zwei Jahre später. Konstantin, der in eifersüchtiger Verzweiflung einen Selbstmord beging, ist ein Dichter von rasch wachsendem Rufe geworden. Aber unablässig weilen seine Gedanken bei der Verschwundenen. Wie sie sich von Trigorin ver- lassen, erniedrigt haben mag, das kann in seinem Empfinden nichts verändern. Ebenso ist Mascha, die den Schullehrer geheiratet, in ihrer stillen Leidenschaft für Konstantin unveränderlich, die Gleiche geblieben. Und ebenso auch Nina in ihrer Leidenschaft. Sie kommt, für imnier Abschied von ihm zu nehmen. Aber wie er sie in seine Arme ziehen will, treibt sie das Bild des andern, der sie verließ und den ihr Herz doch niemals lassen kann, hinweg. In seinem Schmerze greift der junge Mensch zur Pistole und dlesmal trifft er. Das Stück hat Interesse als ein typisch charakteristisches Produkt der neueren russischen Dramatik. Aber die feine Stimmungsmalerei bietet für das Fehlen einer aussteigenden Handlung wie für das Fehlen von Charakteren, die über das Niveau molusken- haster Passivität hervorragen und eine regere Anteilnahme erwecken können, keinen genügenden Ersatz. Die Monotonie des müßigen Klagens wirkt ermüdend auf die Hörer. Im Tempo war die Darstellung öfter zu langsam, in der Sprache vielfach zu leise, aber die einzelnen Gestalten erschienen in ausdrucksvoller Prägung. Neben Frau B e r t e n S, die die alte Schauspielerin gab, verdienen namentlich Edthofer als Konstantin, Otto als Trigorin, L i ch o als Doktor lind Frl. Ida Roland   in der Rolle der Stina Erwähnung. dt. Der Kongreß bekräftigt wiederholt seine Ueberzeugung, daß es absolut notwendig ist, die Allianz zwischen Sozialismus und Arbeiterbewegung ungeschwächt aufrechtzuerhalten, da sie gegen- wärtig das beste Mittel ist, dem Sozialismus politischen Ausdruck zu geben." Zu dieser Resolution sprachen PaulCampbell(Walthamstow), Watt(Cardiff  ), L u r g e ß(Bradford  ) und Shaw(East-Ham), die darauf hinwiesen, daß die Partei ihre wohldurchdachte und bewährte Taktik wahren und mit allem Eifer fördern solle. Die jungen Leute, die diese Taktik verdammen, sollten erst zeigen» was sie könnet«, und sich das Vertrauen der Partei erwerben. Die andere Resolution besagte: Der Kongreß ist der Ansicht, daß eS im Interesse de? Sozialismus ist, aus der Arbeiterpartei auszutreten." Unterstützt wurde diese Resolution von F a u l k n e r(Southport  ) und G a r n e r(Nord-Salford  ), die der Ansicht waren, daß revolu- tionäre Sozialisten nicht in einer Partei bleiben könnten, die eine liberale Arbeiterpolitik treibe. Die Sozialisten im Parlament müßten so auftreten, wie Grayson, und sollten sich nichts daraus machen, wenn sie Anstoß erregte««. Es gebe jetzt Arbeiterabgeordnete, die nicht den Mut haben, sich Sozialisten zu nennen. Die Abstimmung wurde unter großer Spannung vorgenommen. Zuerst wurde über die letztere Resolutton abgestimmt: sie wurde mit 378 gegen 8 Stimmen abgelehnt, worauf die erstere mit allen gegen 10 Stimmen angenommen wurde. DaS Resultat wurde mit lauten« und langanhaltendem Beifall aufgenommen. Hierauf erhielt Eduard Bernstein   das Wort. Er über« brachte dem Kongreß die brüderlichen Grüße der deutschen   Sozial- demokratie. Trotz aller Schwierigkeiten sei die deutsche Sozialdemo- kratie in fortgesetztem Wachsen begriffen. Die Partei sei durch und durch international und wirke für den Völkerfrieden. Der Wille des Proletariats, den Frieden aufrechtzuerhalten, sei eine bessere Garantie als alle Monarchenbesuche.(Beifall.) Es gebe keine Frage, eS könne keine Frage zwischen der britischen   und der deutschen  Nation geben, die nicht durch friedliche Mittel gelöst werden könnte. Die deutsche Arbeiterklasse sei gegen baS Wettrüsten und werde am 1. Mai für den Frieden demonstrieren.(Lebhafter Beifall.) M a e d o n a l d antwortete. der Kongreß erwidere die brüder- lichen Grüße aus ganzem Herzen. Die britische   Arbeiterbewegung werde alles tun, was in ihrer Macht stehe, den Frieden und die internationale Kameradschaft zu fördern. Er schloß mit einem drei- fachen Hoch auf die deutsche Sozialdemokratie, in das die Delegierten enthusiastisch einstimmten. Der Kongreß beriet sodann über mehrere Resolutionen, die für die einzelnen Zweigvereine der Partei die Freiheit verlangten. parlamentarische Kandidaten in denjenigen Wahlkreisen aufzustellen. für die die Parteileitung keine nominiert hat. Manche Delegierte sahen in diesen Resoluttonen den Versuch, die Parteieinheit zu spalten und die Unabhängige Arbeiterpartei von der Arbeiterpartei zu trenne««. Sie sprachen deshalb gegen diese Res oluttonei«. Andere Delegierte meinten indes, eine derartige Freiheit sei nötig, da dadurch um so wirkungsvoller für den Sozialismus agittert werden könnte, denn für derarttge Kandidaturen tväre der Vorstand der Arbeiterpartei nicht veraittwortlich. Die Mehrheit deS Kongresses war indes der Ansicht, daß die Allianzbestimmungen zwischen Sozialismus und Arbeiterbewegung loyal ausgeführt werden müßten. Für die Re- folutionen sprach auch Grayson, der von allen Delegierten herzlich begrüßt wurde. Er sagte:Meine Wahl in Colne Valley«vurde ganz in« Sinne dieser Resoluttonen vorgenommen. Ich bin der Partei nichtsdestoweniger treu geblieben, aber»neine Haltung gegenüber der Arbeiterfraktion wurde falsch ausgelegt. Meiner Ansicht nach liegt die Arbeiterfraktion im Unterhause auf den Knien.(Rufe:»Un« sinn I" Vereinzelter Beifall.) Ich bin für selbständige politische Arbeiteraktion, aber ich glaube, daß man durch das sozialisttsche Ideal mehr Leute gewinnen kann, als durch gemäßigte Reden und kluge Berechnungen." Die Resolutimren wurden Indes mit 248 gegen 123 Stimmen abgelehnt. Mit fast demselben Sttmmenverhältnis wurde eine Resolution, die die Arbeiterpartei zu ihrer Tätigkeit beglückwünschte, an« genommen. Die Mehrheit wäre im letzteren Falle größer ge- «oesen, wenn die Resolution nicht gleichzeitig einen Tadel gegen Grayson eingeschlossen hätte. Eine lebhafte, zum Teil aufgeregte Diskussion fand über r a y s o n s Stellung in der Partei statt. Um das Folgende zu verstehe««, ist eS nötig zu wissen, daß alle Kandidaten und Notizen. Der Kritiker ist zur Hebung des Geschäfts da! Bei dem großen Elektrarummel, der die Stadt Dresden   heim« suchte, trat eine nicht so sehr merkwürdige(sie ist überall zu Hause) als offenherzige Auffassung von den Aufgaben der Kritik zutage. Dem Musikkritiker des der Stadt Dresden   gehörenden«Dresdener An- zeigerS", Professor Brandes, wurde die weitere Kritik der Straußschen Festwoche entzogen, weil er daS Geschäft zu stören schien. Unsere Genossen brachten diese blamable Sache in der letzten Stadtverordnetensitzung zur Sprache. Und siehe da, der Bürgermeister fand allerhand schöne Gründe dafür und berief sich sogar auf Brande? selber, der sie anerkannt haben sollte. Dem- gegenüber stellt Prof. Brandes fest, daß er nichts von feiner Kritik zurückgenommen habe, auch nicht in der Form. Auf die Form aber «var es den Gestrengen besonders angekommen, denn die Sache ist ihnen ja im Grunde ganz gleichgültig. Wenn nur das Geschäft nicht gestört wird. Hie Schauspieler hie Direktor. Auf der jüngsten Tagung der Bühnengenossenschaft war auch die Frage berührt worden, wie eZ mit den Ehrenmitgliedern zu halten sei, die dem direktorialen Bühnenverein angehören. Da zwischen beiden Verbänden offener Kampf herrscht und die Interessengegensätze dauernd sind, ist eS in der Tat nicht angängig, daß eine Person beiden Vereinen angehört. Herr Barnay, der«n dieser Lage ist, hat denn auch mit Recht die bisher innegehabte Ehrenpräsidentschaft der Genossenschaft niedergelegt. Allerdings nicht ohne einige sentimentale Wehmütigkeiten. Der 38. Kongreß der Deutschen Gesellschaft f ü r C h i r u r g i e, die jetzt über 1800 Mitglieder zählt, wurde am Mittwoch in Berlin   eröffnet. Es sind gegen 120 Vorträge an« gemeldet. Handels 150. Todestag. Am 14. April 1769 starb in London   Georg Friedrich Händel  , der Meister des deutschen Ora« toriumö. Maupasfant über Swinburne  . Von dem eben verstorbenen englischen Dichter Swinburne   hat Maupassant die Worte geschrieben:Von meiner Unterredung mit ihn, belvahre ich die Erinnerung der außerordentlichsten künstlerischen Persönlichkeit, die es vielleicht auf Erden gibt. Er ist zugleich Künstler des alten und des neuen Stils. Ein lyrischer und epischer Dichter; ein Lieb« Haber des Rhythmus; ein Dichter der Epopöe; in ihm lebt der Atem Griechenlands   und zugleich zählt er zu den verfeinertsten und zartesten jener Pfadfinder der Sehnsüchte und der Empfindsamkeiten. die die moderne Schule ausmachen." Kinderkunst. Eine Ausstellung von Kinderarbeiten, veranstaltet von der ZeitschriftKind und Kunst", ist zurzeit im Albrecht-Dürerhaus(Kronenstr. 18) zu sehen. Aus einer Versuchs« klasse an der Magdeburger   Kunstgewerbeschule sind farbige Plastiken. Schablonenbilder, Buntpapierarbeiten und Zeichnungen da. aus Wien  stammen Papierauflegebilder und Zeichnungen. Größere Kollektionen haben ferner die Städte Brünn   und Znaim   geschickt, die von den in der letzten Zeit gesehe««en Schülerzeichnungen ganz Abweichendes bieten.