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Parlamentsavaeordneten öer Arveiterpattei und der ihr an- geschlossenen sozialistischen   Organisationen sich ans die Satzungen �Konstitution) der Partei verpflichte» müssen. In Betracht kommen besonders folgende zwei Punkte: 1. Selbständigkeit gegenüber den bürgerlichen Parteien; 2. sich einzig und allein als Arbeiterkandidaten und Arbeiterabgeordnete zu nennen. Auch die Sozialisten dürfen nicht als solche, sondern nur als Arbeitervertreter erscheinen. Sie haben die Freiheit, für den Sozialismus zu agitieren, aber bei den Wahlen sollen fie einzig und allein als Arbeitervertreter er- scheinen, angeblich um vor allem die Arbeiter von den kapitalistischen  Parteien loslösen und eine einheitliche Arbeiterbewegung bilden zu können. Nun ist Grayson Mitglied der Unabhängigen Arbeiterpariei und deshalb auch Mitglied der Arbeiterpartei. Er darf also bei Wahlen nicht alssozialistischer" Arbeiterkandidat auftreten. Er will aber von einer derartigen Taktik nichts wissen und tritt als Sozialist auf. ES war ihm deshalb unmöglich, die Satzungen der Partei zu unterschreiben. Durch sein impulsives Wesen ist er auch, wie bekannt, in einen Gegensatz zur Arbeiterfraktion geraten und ist jetzt ganz isoliert. Er nimmt an den parlamentarischen Arbeiten geringen Anteil und fungiert hauptsächlich als Kritiker der Partei. Der parlamentarische Fonds der Partei, aus dem die Arbeiterabgeordneten ihre Diäten erhalten, wird von der Gesamtpartei gespeist. Auch Grayson erhält wöchentlich 8l) Mark während der Session. Nun sagt die Partei: entweder Grayson unterschreibt die Satzungen und gemesjt alle Rechte der Arbeiterabgeordneten, oder er unterschreibt sie nicht und verzichtet auf die Diäten. Sollte die Partei Ausnahmen gestatten, so würden die liberalen Arbeiterabgeordneten ein Recht haben, sich als Mit- glieder der Partei zu betrachten, da sie Organisationen angehören, die der Partei angeschlossen sind. Dem Kongreß wurde deshalb folgende Resolution vorgelegt: Der Kongreß ist der Ansicht, daß nur diejenigen Arbeiter- abgeordneten ein Recht auf Diäten haben, die die Parteisatzungen unterschreiben. Weigern sie sich, ihrer Pflicht nachzukommen, so sollen ihnen nach Ende der laufenden Legislaturperiode die Diäten entzogen werden." Die meisten Redner lobten den Mut Grayson?. aber fie be- dauerten, daß er nicht in Uebereinstiminung mit der Arbeiterfraktion handle. Dann erhielt Grayson das Wort und führte in längerer Rede aus: Die Frage der Diäten ist ein unbedeutender Punkt. Mich interessiert vor allem das Prinzip, das diese Frage einschließt. Ich bin entschlossen, meine Unabhängigkeit zu wahren. Ich konnte des- halb die Satzungen nicht unterschreiben, aber ich stimme stets mit der Arbeiterfraktion. Im Parlament bin ich zu meinem tiefsten Bedauern isoliert und von aller Kameradschaft abgeschlossen. Meine Auftritte im Unterhause waren spontane Handlungen. Ich konnte es nicht mehr ansehen, wie die Zeit mit allerlei Geschwätz vergeudet wurde, während draußen so viele Menschen infolge Arbeitslosigkeit Hunger litten." Grayson beschrieb dann, was bei dieser Gelegenheit im Parlamente vorgegangen sei. Er habe gegen die Reise deS Königs zum russischen Münster   protestiert, ebenso gegen die langatmigen Beratungen über die Schankvorlage und gegen die Vernachlässigung der Arbeitslosenfrage. Grayson schloß: Ich kümmere mich nicht um die finanzielle Daumenschraube. Ich will eher eine eingliedrige Partei bilden und um mein Brot betteln, indem ich das Evangelium des Sozialismus predige, als im Parka- ment wie eine disziplinierte Puppe sitzen.(Große Unruhe und Bei- fall.) Ich habe noch andere Satzungen zu befolgen: die meines Wahlkreises und der Menschheit I" Nach Grayson sprach Keir Hardie  :Es handelt sich hier gar nicht um persönliche Fragen und Charakterdarstellungen. Die Frage ist sehr einfach: Soll die Partei Pflichten übernehmen gegen em Mitglied, das die Parteistatuten nicht anerkennt? Graysons Szenen im Parlament gehen uns hier gar nichts an. Die Partei schreibt ihren Mitgliedern nicht vor, welches Temperament sie haben sollen. Jedes Mitglied hat nur die Pflicht, die Interessen der Arbeiter nach bestem Wissen und Könne» zu vertreten. Grayson meint, wenn er die Statuten unterschreibe, verliere er seine Selbständigkeit. Nichts von alledem. Er ivird nur sein übertriebenes Selbstbewußtsein, das ihn von den Massen der Arbeiter trennt, zügeln müssen.(Lebhafter Beifall.) Innerhalb der Arbeiter- Partei hat jeder Sozialist die vollste Freiheit, für seine Ueberzeugung zu Wüllen  ; nötig ist nur ein wenig Kameradschaft, die einem doch sagen müßte, daß man wichtige parlamentarische Kundgebungen nicht ohne Einverständnis mit seinen Kollegen unternehmen könne. Die Resolution enthält nicht die geringste Spitze, nicht eine Spur von Verfolgung gegen irgend welche Person. Sie will nur, daß die Einheit der Bewegung der Arbeiterklasse gewahrt wird."(Beifall.) Die Resolution wurde sodann mit 832 gegen 6t Stimmen angenommen. (Schluß folg!.) Fünfzehnter Parteitag der Sozialdemo- bratifchen Arbeiterpartei(Hollands. Rotterdam  , 11. April. Der jährlich zu Ostern tagende Parteitag der S. D. A. P. wird dieses Mal zu Rotterdam   im Saale des Gebäudes fürKunst und Wissenschaften" abgehalten. Am Vorabend hatte die übliche Vor- feier die Genossen Rotterdams im selben Saale vereinigt. Genosse T r o e l st r a hielt die Festrede, in der er einen Ueberblick über das Entstehen und das Wachstum der Partei gab. Fehle auch noch viel, so sei die Partei doch eine echte, lebendige Arbeiterpartei. Ihr Ein- sluß auf die Gewerlschaftsbewegung, die Gründung von 27 Ar- beiterkonsumgenossenschaften, die immer weiter steigende Wahl- rechtsbewegung, der Kampf um den Zehnstundentag und die Agi- tation für die Arbeiteralterspensionen bewiesen die Bedeutung der Partei, die in den beiden letzten großen Fragen einen Teil der Liberalen auf ihren Standpunkt gebracht habe. Troelstra gab zu, daß es der Partei nicht gelungen sei, in den beiden großen Städten Hollands Rotterdam und Amsterdam   große Massen von Arbeitern zur Partei heranzuziehen. Er suchte den Grund dafür in dem Umstände, daß diese Arbeiter vielfach vom Lande in die Stadt ziehen, wo sie noch eine Lehrzeit durchzumachen hätten. Die Werbe- kraft der Partei sei aber überdem vermindert durch den inneren Kampf, durch die Spaltung der Genossen in Revisionisten und Marxisten. Die Parteigenossen sollten an Stelle der auS der Partei Ausgetretenen neue Mitglieder werben. Die Verhandlungen des Parteitages wurden am heutigen Sonntagvormittag vom Vorsitzenden W. H. B l i e g e n mit einer Rede eröffnet, in der er darauf hinwies, daß dieser Parteitag ein Wahlparteitag im wahren Sinne sein werde. Er gab einen Ueber- blick über die Parteigeschichte des letzten Jahres, erwähnt den Stillstand der Mitgliederzunahme seit dem vorigen Parteitage, den Deventer   Parteitag und die Spaltung, die die Abkehr von 400 Mitgliedern zur Folge hatte. Redner meint, dies zeige dem Lande und der Internationalen, daß die Ausgestoßenen und die mit ihnen Ausgetretenen aus der Partei ausgestoßen werden wollten. Dann erwähnt er die fehlgeschlagenen Vermittlungsversuche des Internationalen Bureaus, dessen Sekretär, Camille Huysmans  , auf dem Parteitage anwesend ist und am Parteivorstandstische Platz genommen hat und den der Redner ivillkommen heißt. Bliegen bespricht dann eingehend den Bericht Huysmans   über die Vermittlungsversuche, und wirft den beiden Delegierten der neuen Partei zum Internationalen Bureau, Whnkoog und Gorter vor, sie hätten dieses über die Zahl derHet Volk"-Nedakteure falsch berichtet. Der Parteivorstand der S. D. A. P. habe den Ver- mittlungsvorschlag angenommen, aber mutwillig und hinterlistig habe die neue Partei die Einheit gebrochen und die Wiederhcr- stellung nicht gewollt.(Beifall.) Wynkoog und seine Freunde hätten stets die Gefechtsposition der Partei schädigen wollen, aber in den von der neuen Partei abgehaltenen öffentlichen Versamm- lungen habe sich herausgestellt, daß diese nichts gegen die S. D. A. P. Wlfuhren könnten, was selbst die bürgerlichen Blätter zuge- ständen. Den ln der Partei gebliebenen Marxisten gibt Vliegen den Rat, daß sie die Mehrheit der Partei, die den Marxismus als Grundlage habe, zu unterstützen und zwar gegen jeden Feind, auch gegen die neue Partei. DaS fei die erste Bedingung für ihren Verbleib in der S. D. A. P.   Dieser Parteitag stehe im Zeichen der bevorstehenden Kammerwahlen, wobei es sich herausstelle, daß nicht allein in der S. D. A. P., sondern auch in allen bürgerlichen Parteien innerer Zwist herrsche und zwar infolge deS Eindringens der sozialdemokratischen Forderungen in die Reihen derselben. Nicht die Anzahl der Mitglieder der S. D. A P.. sondern die von diesen ausgehende Kraft mache ihre große Bedeutung aus. Diese steige auch mit dem Wachstum der Internationalen und Redner schließt mit dem Wunsche, daß kein innerer Kampf mehr geführt werde. daß aber die nötige Kritik auf diesem Parteitage selbstverständlich erwartet werde. Camille HuysmanS  , Sekretär des Internationalen Bureaus, überbringt die Grüße des Bureaus. Es wäre eine moralische Feigheit des Bureaus gewesen, wenn es niemand zum Kongreß gesandt hätte, weil die Delegation bezeige, daß die Jnter- nationale(?) in der S. D. A. P.   die alleinige Vertreterin der inter  - nationalen Sozialdemokratie sehe(?). Huysmans   spricht über die Einheit, die das Bureau, dem 6 000 000 Arbeiter angeschlossen seien, auch für Holland   glaubte erzielen zu können und wünscht, daß sie organisch für die genossenschaftliche, politische und gewerkschaftliche Bewegung zustande kommen möge.(Beifall.) Nach Eintritt in die Tagesordnung übt zunächst die Abteilung Amsterdam S Kritik an dem von der Rotterdamer Federation aus­gesprochenen Verbot der Kolportage derTribüne". Parteivor- standsmitglied S p i e k m a n- Rotterdam verteidigt die Maßregel, weil dieTribüne" ein von Parteigenossen herausgegebenes Blatt gewesen sei, das Troelstra anfiel. Die Freiheit der Kolportierung gegnerischer Blätter will er hochgehalten wissen. Als Amsterdam 5 eine Resolution gegen das Verbot beantragen will, läßt der Vor- sitzende Vliegen sie nicht zu, weil sie von abgetanen Dingen handle. K e e s i n g- Amsterdam   3, lobt den Parteivorstand ob seiner Haltung bei den Vermittlungsversuchen, während van der W a e r d e n- Amsterdam 5, keine andere Möglichkeit sieht, wieder zur Einheit zu gelangen, als die Aufhebung deS Ausschlußbeschlusses und des Verbots derTribüne". L o o g u i t- Amsterdam 3, bleibt dabei, die Ausgetretenen seine Freunde zu nennen, glaubt aber annehmen zu müssen, daß sie den Vermittlungsvorschlag Huysmans   nicht hätten annehmen wollen, sie hätten aber zweifellos ihm noch unbekannte, wichtige Gründe zu ihrer Zurückweisung gehabt. Redner spricht für käme- radschaftliches Zusammenwirken der beiden Richtungen in der S. D. A. P.  van der Goes, anknüpfend an die Erklärung HuhSmanS, erklärt, es wäre von seiner, Redners, Seite eine Feigheit, wenn er Huysmans   Erklärung nicht entgegentreten würde. Auch namens vieler Mitglieder der S. D. A. P. sage er, daß sie die in der S. D.P. Organisierten als gute Sozialdemokraten und Kämpfer für das Proletariat ansähen.(Zuruf: Geh doch zu ihnen!) Auch nach den Geschehnissen nach Deventer   müsse die Minderheit so sprechen auch im Interesse der S. D. A. P.  , die verpflichtet sei, früh oder spät die Wiedervereinigung zustande zu bringen. Der Harteivorstand habe verständig und loyal bei den Vermittelungsversuchen gehandelt. Redner aber wiederholt und will dabei bleiben, daß die Schuld, die übergroße Schuld der Spaltung bei der Mehrheit der S. D. Ä. P. liege.(Widerspruch.) Nicht dieser Parteitag, aber viele Mit- glieder der Partei seien dieser Ansicht. Wir müssen ihnen(den Ausgetretenen) die Hand reichen, sagt Redner. Wir haben sie alle nötig. Laßt die Wiederherstellung der Einheit das Vornehmste unseres Programms sein.(Beifall.) Der Vorsitzende Vliegen wendet sich gegen die Aeußerungen deS Vorredners und will nicht, daß auf dem von dem eingeschlagenen Wege fortgeschritten werde. Die Solidarität von van der Goes mit der S. D. P. sei bekannt, aber wenn man Mitglied einer Partei sei, müsse man sich gegen ihren Feind stellen. Tue man das nicht, dann tue man seine Pflicht nicht. Die Mehrheit wolle loyal bleiben, aber dann sei auch das Gleiche von der Marxisten in der eigenen Partei zu verlangen. In der Nachmittagssitzung wird ein Antrag der Abtei» lungenAmsterdam 16 verworfen, der die ausdrückliche Anerkennung der Freiheit der Kritik und der Aussprechung abweichender Meinungen ausgesprochen wissen will. Ebenso wird ein Antrag derselben Abteilung verworfen, der bezweckt, daß der Ausschluß von Parteimitgliedern nur mit Ä-Mehr. heit der abgegebenen Stimmen erfolgen darf. Zum Jahresbericht der Kammerfraktion meldet sich niemand zum Wort, woraus der Vorsitzende Vliegen schließt, daß keine Ausstellungen von Bedeutung an der Tätigkeit der Kammerfraktwn zu machen seien. Zwei Anträge der Abteilung Zaandam   werden borläufig zurückgezogen. Der erste fordert eine Erklärung des Parteitages, daß die Partei jede Beitragsleistung der Arbeiter zu sozialen Versicherungen abiveist. Der Parteivorstand wird diese Frage, eventuell in einer dazu zu ernennenden Kommission, vor­bereiten. Der zweite Antrag betrifft die Kampagne, welche die Unternehmer gegen die bestehende Unfallversicherung führen. Da- gegen soll sich die S. D. A. P.   in Gemeinschaft mit dem Verbände der Gewerkschaften zur Wehr setzen. Nachdem der Schriftführer des Verbandes der Gewerkschaften van der Tempel mitgeteilt hat, daß auch sein Verband diese Frage auf seinem Kongreß behandeln werde und der Vorsitzende Vliegen sich gegen eine neue besondere Agitation in dieser Frage erklärt hatte, wird vor Schluß des ersten SitzungstageS von Frau P o t h u i s- Schmidt, Amsterdam   v, noch die Mutter- schaftsversicherung eingehend besprochen, die ihrem An- trage gemäß in das Kampfprögramm der Partei aufgenommen wird. kheinlicher Parteitag. Während der beiden Ostertage fand in Düren   der zwölfte Jahresparteitag des südlichen der beiden rheinischen Agitations- bezirke statt, der die Regierungsbezirke Köln  , Aachen  , Koblenz   und Trier  , sowie das Fürstentum Birkenfeld umfaßt. Aus IS Reichstagswahlkreisen waren 46 Vertreter er- schienen. Den Parteivorstand bertrat Geiwsse W e n g e l s(Berlin  ). Der von dem Bezirksparteisekretär Hofrichter erstattete Jahresbericht stellt ein Anwachsen der eingeschriebenen Parteimitglieder auf 9871 fest, worunter sich 931 weibliche befinden. Es fanden 634 Vereinsversammlungen, 21 Kreiskonferenzen und 869 andere Zusammenküfte statt. Die Kölner   Parteigenossen ver- anstalteten zwei Lehrkurse über die Geschichte der deutschen  Sozialdemokratie. Es wurden verbreitet: S00 000 Flugblätter zur Landtagswahl, 300 000 politische Flugblätter anderer Art, 107 500 Flugblätter zu Gemeinderats- und Stadtverordnetenwahlen. 90000 Agitationskalender, 22 000 Broschüren zur Frauen- a g i t a t i o n und 5000 Agitationsbroschüren verschiedener Art. Ferner gibt das Agitationskomitee eine aus dem Satz derRheini- scheu Zeitung" hergestellte für daS Land bestimmte achtseitige Wochenausgabe zum Preise von monatlich 30 Pf. heraus, der dieGleichheit" unentgeltlich beigelegt wird. Die Agita» tion leidet besonders durch die Saalabtreibungen durch die klerikalen und behördlichen Gegner. Der gegenwärtige Parteitag sollte gemäß dem Beschlüsse des borjährigen in Euskirchen  stattfinden; infolge landrätlicher Beeinflussung des in Betracht kommenden Saalbesitzers mußte Düren   als Tagungsort genommen werden. Bei der Landtagswahl war das Haupthindernis die öffentliche Stimmabgabe. Nirgendwo wird ein solcher Terra- r i s m u s getrieben wie in den Herrschaftsgebieten deS Z e n- trums. Wer auf dem Lande sozialdemokratisch stimmt, läuft Gefahr, im buchstäblichen Sinne aus dem Orte getrieben zu werden. Dazu kommen die Verfolgungen der Flugblattverteiler usw. durch die von der Geistlichkeit fanatisierte Bevölkerung. Trotz aller Hindernisse und trotz der berherenden wirtschaftlichen Krise mit ihrer massenhaften Arbeitslosigkeit istPie Partei auch im Berichts- jähr wieder im Bezirk tüchtig vorwärtsgeschritten. Einen großen Teil seines Berichts widmete Hofrichter der Wahlrechtsbewegung, wobei er besonders sich mit dem im LgitationSgebiet dominierenden Zentrum befaßte. DaS Organ der katyolischen Arbeitervereine Westdeutschlands, dieWestdeutsche Arbeiterzeitung", habe wiederholt gesagt, daß ohne eine Volks- bewegung und ohne eine offene und klare Agitation eine Wahl- reform unmöglich sei. Vom Zentrum aber sei nicht das allermindeste geschehen, um eine solche Volksbewegung und eine solche Agitation zu fördern. Im Gegenteil: DaS Zentrum habe die Wahlrcchtsbcwrgung der Sozialdemokratie verhöhnt und beschimpft. Die katholischen Arbeiter müssen immer wieder daraus hingewiesen werden, daß beim Zentrum Worte und Taten sich niemals decken. Als Beruhigungsmittel hat man auf einigen Bezirkstagungen katholischer Arbeitervereine Resolutionen bc- schließen lassen, die das ReichStagSwahlrecht für Preußen fordern. Irgendwelchen tatsächlichen Erfolg dieser Resolutionen auf die Haltung des Zentrums hat man nicht beobachten können. Der Redner brachte noch eine Menge schlagenden Materials für die Wahlrechtsfeindlichkeit und die demagogische Natur deS Zentrum- bei. Ferner befaßte er sich mit dem großen Abstand zwischen den Zahlen der gewerkschaftlich und der politisch Organisierten: bei mehr als 30 000 Mitgliedern der freien Gewerkschaften im Agitationsbezirk gebe es kaum 10000 Parteunitglieder. Die politische Organisation merke wenig davon, daß die freien Gewerkschaften nach der Behauptung der Gegner sozialdemokratisch" seien. ES müsse viel mehr System in die Mitgliederwerbung gebracht werden. Der Volksverein für daS katholische Deutschland   habe 688 000 Mit- glieder, wovon allein 208 000 auf die R h e i n p r o b i n z kommen. Das Zentrum suche den letzten Mann heranzuholen. Die Frauen- agitation liege im Bezirk sehr darnieder; auch da müsse gründlich Wandel geschaffen werden. Der Kassenbericht weist eine Einnahme von 12 249,40 Mark, eine Ausgabe von 11 760,90 M. auf. Der Parteitag bc- schloß, den Parteibeitrag der Frauen auf wöchentlich 10 Pf.(gleich dem Beitrag der Männer) bei Gratislieferung der Gleichheit" festzusetzen. Ferner beschloß der Parteitag, zum Organisation S- st a tut beim allgemeinen Parteitag zu beantragen, daß nicht Monats-, sondern wöchentliche Beiträge, und zwar 10 Pf. pro Woche, festgelegt würden. Zur Kommunalpolitik hielt Dr. O u a r ck(Frankfurt  ) einen großzügigen Bortrag. Er befaßte sich dabei auch mit der Frage derReform" derrheinischen Landgemeinde- o r d n u n g, die von der Regierung geplant ist und den p r e u tz i- schen Landtag beschäftigen wird. Zur Begutachtung des Eni- wurfs hat die preußische Regierung nicht die Gemeinden, sondern den siebenmal gesiebten vermoderten rheinischen Provinziallandtag berufen. DaS Recht der Meistbegüterten, als geborene Gemeinde- ratsmitglieder den Gemeindevertretungen anzugehören, eine Ein- richtung, die alle anderen Pluralsysteme in den Schatten stellt, soll nicht beseitigt, sondern dahin eingeschränkt werden, daß künftig dieGeborenen" nicht mehr als die Hälfte der Gewählten aus- machen dürfen. Die sonstigen Verbesserungen find minimalster Art. Die Rheinische Landgemeindeordnung bleibt auch nach dieser Reform" eine Rumpelkammer antiker Ungeheuerlichkeiten. Dennoch haben die Zentrumsleute im Provinziallandtag ihr zugestimmt! die drei Kölner   Zentrumsstadtverordneten, die in ihm sitzen, haben nicht den Mund aufgetan. Nach einer lebhaften Diskussion nahm der Parteitag zu diesem Referat und zur Reichsfinanzreform entsprechende scharfe Resolutionen an._ Nerbandstag der Sattler   und Portefemller. Köln  , 13. April'1909. Am Dienstag begannen die gemeinsamen Verhandlungen der bisherigen Verbände der Sattler   und Portefeuiller. Blum spricht den Wunsch aus, daß die Generalversammlung etwas schaffen werde, was dauernden Wert habe. Bei der Feststellung der Tagesordnung wird auf Antrag W e i n s ch i l d den besoldeten Beamten deS Vorstandes Stimmrecht gewährt. Zu Vorsitzenden werden Blum und Weinschild ge- wählt. Blum weist darauf hin, daß die Beratung des Statuts die wichtigste Angelegenheit fei, die den Verbandstag beschäftigen werde. Die Vorlage der Vorstände stelle ein Kompromiß dar; im Laufe der Jahre sollen Erfahrungen gesammelt werden. Auf Grund dieser Erfahrungen soll dann ein neues Statut aufgebaut werden. Der Sattlerverband habe während seines 20jährigen Be­stehens Erfahrungen gesammelt, die die Portefeuiller wohl nicht in gleichein Maße besitzen und die jetzt nutzbar gemacht werden könnten. Das Aufsichtsamt für das Versicherungsgewerbe verlange, daß der Sattlerverband sein Statut zur Genehmigung einreiche, weil der Verband eine Versicherungsgesellschaft sei. Deshalb müßten die Unterstützungen als freiwillige bezeichnet werden, sonst könnten dem Perbande die Sjxeikgelder gesperrt werden und er wäre als Gewerkschaft fertig. In der Vorlage sind 46 Pf. als Wochen- beitrag festgesetzt, das ist weniger, als in den meisten anderen Ge- werkschaften und bei den skandinavischen und österreichischen Bruderorganisationen. Dreiviertel der deutschen Gewerkschaften zahlen bereits höhere Beiträge. Der Redner geht auf die einzelnen Anträge ein, die in großer Zahl zum Statut gestellt sind. Sie be- handeln besonders die Beitragshöhe, die lokalen Prozente und die Unterstützungen. Die Generalversammlung tritt hierauf in die Beratung der einzelnen Paragraphen ein. Zum Sitz deL Verbandes wird Berlin   gewählt. Ein Antrag, Oftenbach dazu zu bestimmen, wird abgelehnt. Der neue Verband führt den Namen: Verband der Sattler und Portefeuiller". In Z 2 wird festgesetzt, daß sämtliche Unterstützungen freiwillig gewährt werden und daß den Mitgliedern kein klagbares Recht darauf zusteht. Eine sehr ausgedehnte Debatte entsteht bei der Festsetzung der Beitragshöhe. Weinschild tritt da- für ein, daß die Beiträge mit den Lokalzuschlägen nicht mehr als 50 Pf. betragen sollen. S a u e r- Dresden befürwortet, daß die Lokalzuschläge beibehalten werden, sonst könnten die Unterstützungen nicht mehr in der bisherigen Höhe gewährt werden. Einen breiten Raum nehmen die Erörterungen über die Verhältnisse im Offen- bacher Industriegebiete ein, dort haben bisher die Portefeuiller einen niedrigeren Lokalzuschlag als die Sattler  . W e i n f ch i l d schlägt vor, daß dem dort bestehenden WiderftandsfondS der Betrag von 6000 M. zugeführt werde, die Portefeuiller sollen ohne Karenz- zeit, wenn sie den Lolalzuschlag zahlen, an den Unterstützungen aus der Lokalkasse teilnehmen können. In der weiteren Debatte führt Kloth(Buchbinderverband) das geringe Anwachsen deS Vcr- mögens der Sattler   auf die zu geringen Beiträge zurück. Neben den Ausgaben für die Zentralkasse hätten die Lokalkassen noch Auf- Wendungen für die Kartelle, Arbeitersekretariate und Gewerkschafts- Häuser zu machen. Er empfiehlt die Einführung höherer Beiträge, tocil sein Verband ein Interesse daran habe, daß die neue Organi- sation allen Stürmen gewachsen ist. Wurm- Oftenbach macht den Vorschlag, die Offenbacher   Angelegenheit im dortigen Bezirk zu regeln. Blum führt an, daß der Vorstand nötigenfalls die Offen- bacher Verhältnisse ebenso regeln könne, wie er das in Berlin   gc- macht habe. Sassenbach(Generalkommission): Die Lokalzuschläge sind erst allmählich entstanden und gewissermaßen wild gewachsen. Fast alle Organisationen hatten mit ihrer Regelung zu tun. Sie bilden einen berechtigten Ausgleich der lokalen Unterschiede. Sie sind durchaus notwendig und haben sich bewährt. ES würde für die Sattler   einen Rückschritt bedeuten, wenn sie sie aufgeben sollten. Auf der anderen Seite erwachsen für di« Portefeuiller Schwierig-