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Effekten. Die borläufige Bestimmung beider Züge sind die Festungswerke Tschataldscha, wo der erste Zug morgen früh, der zweite Sonntag früh eintreffen wird. Wer dies Militär hierher beordert hat, weiß kein Mensch. Die Annahme, daß es vom Kriegsminister herangezogen wird, um es mit den Meuterern vom Dienstag zu vertauschen, ist unrichtig..-(Tag".) Konstantinopel  , IS. April. Depeschen aus Saloniki und M o n a st i r bestätigen, daß die dortigen Garnisonen über die Vorgänge in der Hauptstadt empört und entschlossen sind,� die Fahne des Komitees hochzuhalten.(Franks. Ztg.") Sofia  » 16. April. Man glaubt, daß die Truppen von Saloniki versuchen werden, gegen die Aufständi-- gen vorzudringen. Infolgedessen ist es möglich, daß die bulgarische Regierung militärische Maßregeln ergreift. Saloniki, 16. April. Man befürchtet infolge englischer Unter- stützung einAuflebenderbulgarischenBandentätig- keit. Einzelne bulgarische Banden tauchen bereits hier auf. Die Stimmung ist unverändert. Alle Provinz- garnisonen sind bereit, sich dem Marsche auf die Haupt st adtanzuschließen. Es herrscht große Begeisterung. Das ganze Land protestiert gegen das neue Kabinett. Die Lage iu Kleinasien  . Konstantinopel  , 16. April. Die Zahl der in Ad au a ge- töteten Armenier beläuft sich auf 60. Ein Deutscher   und der Dragoman der englischen Gesandschaft sind verwundet worden. Saloniki. 16. April. Die jungtürkischen Komitees in S i v a s, Trapezunt, Brussa und S m y r n a drahteten dem hiesigen Zentralkomitee, daß sie den A b m a r s ch v o n T r u p p e n, welcher im Jildis verlangt werde, mit äußer st en Mitteln ver. hindern würden. Bei Ankunft des Konstantinopler Zuges wurden gestern zahlreiche Verdächtige auf dem Bahnhof ver- haftet.''(«Tag.") Konstantinossel, 16. April. Im Laufe des morgigen Tages werden ans Saloniki zwei Eisenbahnzüge mit zusammen 1666 Mann Militär hier eintreffen. Die Truppen werden in der Umgebung der Hauptstadt Stellung, nehmen und mit der Garnison von Kon- stantinopel verhandeln. Gegebenenfalls wird die Hauptstadt an- gegriffen werden. Man vermutet, daß die Truppen unter Füh- rung von Envex Bey stehen. Auch aus Serres   werden Truppen erwartet. Zenlnirnstaktil?. In geschickter, skrupelloser Demagogie ist das Zentrum allen seinen Gegnern über. Das beweist wiederum der neueste Wechsel seiner Kampfestaktik gegenüber dem Block und dem jetzigen Stand der Reichsfinanzreform-Kompromisselei. Als die Regierung dem Reichstag ihren Nachlaßsteuerentwurf vorlegte und die Agrar- konservativen gegen diese alsbald eine wütende Kanonade er- öffneten, da erklärten sich auch die Häupter der Partei fürWahr- heit, Freiheit und Recht" energisch gegen die den Bauer in den Ruin treibende und das germanisch-christliche Familienleben ver- nichtende Nachlaßsteuer, denn vielleicht bot sich auf diese Weise die günstige Gelegenheit, den Block zu sprengen und wieder die Kon- servativen zu einer Koalition.mit dem Zentrum zu bewegen. Der Plan schien auch zu glücken. Herr Herold als Vertreter des Zentrums in der Finanzkommission operierte recht geschickt und schon war die klerikal-konservative Steuerkompromisselei halb fertig, als der um seine Stellung bangende, die Rache der Zentrums- grötzen fürchtende Kanzler dazwischen fuhr und erklärte, die Reichs- finanzreform nur mit dem Block machen zu wollen. Aus seinen schönen Hoffnungen gerissen, eröffnete das Zentrum zunächst durch seine Presse ein scharfes Gefecht gegen den Kanzler, dann aber wechselte es, da es einsah, auf diesem Wiege nicht zum Ziele zu gelangen, seine Stellungnahme zur Nachlaßsteuer besonders als es fand, daß diese in den Kreisen der kleineren und mittleren Beamten sowie im gewerblichen Mittelstand auf manche Sympathien stieß. Es erklärte jetzt, keine Politik der Rache oder Verärgerung treiben zu wollen. Wenn die Nachlaßsteuer in eine Erbanfallsteuer umgewandelt und der kleine ländliche Grundbesitz geschont werde, dann sei eS auch unter gewissen Umständen und Bedingungen für die Ausdehnung der Besteuerungspflicht auf direkte Nachkommen und Ehegatteck. Jetzt, nachdem in den letzten beiden Wochen die Bewegung für die Erbschaftssteuer immer größere Dimensionen angenommen hat, und das Zentrum sieht, daß auch wahrscheinlich ohne seine Hilfe die Erbanfallsteuer im Reichstage zur Annahme gelangen wird, wechselt es wieder seine Taktik. Jetzt gebärdet es sich als die demokratische, um das Wohl der unbemittelten Volksklassen aufs äußerste besorgte Partei und erklärt, daß nicht nur die ge- plante Erbanfallsteuer viel zu winzig ist und so ge- staltet werden mutz, daß sie dem Reiche mindestens 160 Millionen Mark einbringt, sondern daß auch außerdem der Besitz noch mitlSvMil- lionen Mark belastet werden müsse, damit durch die Ver- brauchssteuern nur ungefähr 250 Millionen Mark aufgebracht zu werden brauchten. So schreibt z. B. dieGermania  ": Die Sydowsche Vorlage ging davon aus, daß von 660 Mil- lionen zunächst 1S6 Millionen durch den Besitz allein aufgebracht würden und dann weitere 166 Millionen in erster Linie durch die besitzenden Kreise; die andere Hälfte von 2ö6 Millionen Mark hatte der Massenverbrauch zu tragen. Diese Verteilung ließ sich im Kerne sehen: halb und halb ist immer eine gute Regel. Die 156 Millionen Mark Bcsitzsteuern sollten der Aus- bau der Erbschaftssteuer und die erhöhten Matrikularbeiträge einbringen, davon allein 92 Millionen durch die verschiedenen Erbschaftsgesetze. Von den indirekten Steuern aber sollten in erster Linie den Besitz treffen: Weinsteuer(26 Millionen), Elektri- zitätssteuer(56 Millionen), Jnseratenstcuer(35 Millionen). So war es die Absicht der Regierung; in den Motiven und Eni- würfen kommt dies sehr deutlich zuni Ausdruck. Wenn nun auch die Form dieser indirekten Steuern nicht so gewählt worden ist, daß sie den Besitz trafen, so ist doch der Gedanke gut, der G e- danke nämlich: neben den eigentlichen Besitz- steuern noch 166 Millionen Verbrauch ssteuern den besitzenden Kreisen aufzulegen. Dieser Kern der Regierungsvorlage ist gut; aber er steht in Gefahr, verloren zu gehen. Denn gerade diese indirekten Steuern sind abgelehnt worden; dagegen haben die meiste Aussicht auf Annahme jene indirekten Steuern, welche die allerärmsten Volksschichten treffen: Steuern auf Bier, Branntwein und Tabak. Das bedeutet eine erhebliche Verschlechterung des Grundgedankens der Vorlage, eine Verschlechterung zu Ungunsten der Armen; denn was man bisher als Ersatzsteuer nannte(Kaffeezoll, Zündholzsteuer) trifft gerade diese Kreise wiederum. Wir erheben daher die Forde- rung: zurück zum Grundgedanken der Regie- rungsvorlage, welche die Hälfte der neuen Steuern den besitzenden Kreisen auferlegen will.... Aber bisher hat die Reichstagsmehrhcit in der umge- kehrten Richtung gearbeitet: sie tat alles, um den Besitz zu schonen und die Armen zu treffen. Dieser Vorwurf trifft nicht so sehr die Konservativen, als die Liberalen, die sich zuerst auf die un- mögliche Reichsvermögenssteuer versteiften. Aber dadurch wurdeerreicht", daß die Summe der Besitz- steuer immer kleiner wurde, und daß am Ende von den 256 Mil- lionen der Regierungsvorlage keine 46 Millionen Mark auf dem Besitz mehr hängen blieben. Das hak der Freisinn mit seiner wunderbaren Taktik fertiggebracht; der Berliner   Tiergartenfrei- sinn kann ihm dafür dankbar sein. Wir kennen nämlich das neue Kompromiß über die Erbanfallsteuer, das allerdings vorerst noch keine Mehrheit hat. Aber diese Besitzsteuer bringt keine 46 Mil- lionen Mark ein.... Soll denn der Rest bis zu 166 Millionen Mark auf die Matrikularbeiträge genommen werden? Woher sollen die anderen 156"Millionen Mark Besitzbesteuerung kommen? Oder sollen nur die armen Kreise Steuern bezahlen? Und in gleichem Sinne schreibt dieKöln  . Volksztg.": Deshalb kann man die Einnahme aus der Erbschaftssteuer auf die Anfälle an Kinder und Ehegatten(ebensowenig wie die aus der Nachlaßsteuer) nicht als eine genügende Be- lastung der Leistungsfähigen(des Besitzes und der großen Einkommen) ansehen, welche die Auf- legung von 466 Millionen Mark Steuern auf die Bedürfnisse des Mittelstandes und der Arbeiter rechtfertigen würde. Nichtiger würde es sein, daß man den Bedarf an neuen Steuern halbiert, und wenn solche wirklich 566 Millionen Morl be- tragen sollte, dann etwa die Hälfte auf Genußmittel, die andere Hälfte auf Einkommen und Vermögen legt." Dem Zentrum erscheint also jetzt die Erbschaftssteuer als kein genügender Ausgleich der den Unbemittelten zugedachten Belastung durch die Verbrauchssteuern. Es fordert eine stärkere Heranziehung der Besitzenden durch die Erbschaftssteuer. Hoffentlich bleibt es bei dieser Ansicht und stimmt demnach nicht nur für eine Erhöbung der Erbschaftssteuersätze auf größere Nachlässe, sondern auch gegen alle Versuche den ärmeren Volksschichten mehr als 256 Millionen Mark Verbrauchssteuern aufzubürden. Sollte es bis dahin schon seine heutigen grundsätzlichen For- derungen wieder vergessen haben, werden wir es mahnen. politiscbs deberZlcbt. Berlin  , den 16. April 1969. Gut pariert. Die konservative Parteileitung scheint sehr erbost zu sein, daß die Regierung, müde der Bearbeitung der konservativen Blockhälfte durch liebevolles diplomatisches Zureden, jetzt zu schärferen Mitteln greift und gegen die konservativen Feinde der Nachlaßsteuer nicht nur"die Professoren der königlich preußischen Universitäten, sondern auch allerlei Beamten- Vereinigungen, staatliche privilegierte Korporationen und schließ- lich sogar die Mittelstandsvereinler auftnarschicren läßt; denn in einem parteiosfiziösen Artikel derKonservativen Korresp." antworten die Wortführer der Agrarkonservativen auf die veränderte Kampfestaktik Bülows und seiner Kommis damit, daß sie die Frage aufwerfen, wie weit denn die offizielle Reichsfinanzreform die besonderen Interessen des Mittel- standes berücksichtige. In dem geschickt geschriebenen, die Re- gierung als Vertreterin der Erwerbsinteressen des Groß- kapitals denunzierenden Artikel heißt es: Da ist es denn ganz interessant, einmal zu untersuchen, in welcher Form der Mittelstand durch die Finanzvorlagen der Re- gierung getroffen wird. Die Deutsche   Mittelstandsvereinigung hat vor nicht sehr langer Zeit, am 16. Januar 1969, auf diese Frage selbst eine Antwort gegeben, indem sie in einer Resolution sagte, daß die Vorlagen der verbündeten Regierungen Haupt- sächlich die mittleren Erwerbsschichten belasten und das leistungsfähige Großkapital nicht in aus- reichender Weife heranziehen. Tatsächlich hat das Reichsschatzamt bei der Ausarbeitung der Finanzvorlagen die Interessen und Forderungen der mittleren und kleineren erwerbs- fähigen Berufsstände, deren Hilfe es jetzt zur Durchführung dieser Vorlagen anruft, nicht im mindesten berücksichtigt. DaS zeigt sich ja besonders deutlich bei der ElektrizitätS«, Gas- und Jnseratensteuer, in denen bielleicht ein an sich berechtigter guter Kern stecken mag, die aber in so mangelhaften, jeder Kenntnis des praktischen Lebens entbehrenden Entwürfen vorgelegt wurden, daß sie mit Recht vom gesamten deutschen   Mittelstand abgelehnt werden. WaS soll man femer dazu sagen, daß man die verlangten Mehreinnahmen aus der Brausteuer dem Reichstage einfach da- durch glaubte mundgerecht machen zu können, daß man die Er- höhung der bisher bestehenden Steuersätze von 4 19.M. pro Doppelzentner Malz je nach der Höhe des Jahresverbrauchs auf 1426 M. vorschsiig? Gewiß eine an sich höchst einfache Maß- «gel, wenn man gleichmäßig eine Erhöhung von 16 M. ohne Rücksicht auf die Größe der Brauerei vorschlägt, was aber sofort in seiner ganzen Mittel st andsfeindlichkeit er- kannt wird, wenn man sich vergegenwärtigt, daß damit eine Er- höhung des Steuersatzes für die kleineren und mittleren Braue- reien um 356 Proz., für die allergrößten aber nur um 166 Proz. verbunden istl... Auch die vorgeschlagene Tabakbanderolesteuer muß als nicht besonders mittel st andsfreundlich an- gesehen werden. Bor allem deshalb, weil diese Steuerart ein neues großes Heer von Beamten erfordert, die jeden Kauf- mann, jeden Zigarrenhändler, jeden Fabrikanten kontrollieren müssen und daher zur ungeheueren Belästigung und Schilane dieser mittleren und kleinen Leute werden. Wir denken doch, daß der Mittel st and schon'an Kontrollen. Revi- sionen und Beaufsichtigung der Betriebe über und über genug hat. Nicht die gering sie Spur von mittel st andS- freundlicher Tendenz zeigt sich aber vor allem an der Tat- fache, daß das Reichsschatzamt nur an die Erhöhung von Verbrauchs- steuern gedacht hat und völlig an den sonstigen dem Reiche zu- stehenden indirekten Abgaben vorübergegangen ist. Es ist und mutz den Angehörigen deS Mittelstandes völlig unverständlich sein, daß man bei einem so hohen Mehrbedarf von 566 Millionen Mark nicht auch eine Erhöhung der Börsensteuer vorgeschlagen hat. Die außerordentliche Generalversammlung der Deutschen   Mittel- standsvereiingung am 16. Januar 1969 hat die Erhöhung der Börsensteuer ausdrücklich gefordert ob ein Mittelstandsmann sich dagegen wenden würde, wenn statt �/,g pro Tausend beim Umsatz von Aktien in Zukunft 9/io pro Tausend erhoben würden?" Was wird das Kanzlerblatt auf diese Abfuhr erwidern? Bisher schweigt es._ Hausmeier-Politik. Bisher schon gehörte es zu den lächerlichen Eigentümlichkeiten der Bülowschen Regierungskunst, daß der Kanzler aus jede politische Zustimmung, die ihm irgend ein Stammtisch, Kneipverein oder Sekundaner-Pfeifenklub sandte, sofort mit einer langen gedrechselten telegraphischen Danksagung antwortete und diese dann in seinem Moniteur, derNordd. Allgem. Ztg.", als Beweis dafür vcröffent- lichte, daß er die ganze deutsche Bevölkerung hinter sich habe. Jetzt soll diese komische Art der Popularitätshascherei noch weiter ausgedehnt werden. Wie aus der Wilhelmstraße inspirierte Blätter zu melden wissen, wird Fürst v. Bülow am 26. d. M.. dem Tage des Wiederzusammentritts des Reichstages, Abordnungen aus tsu schiedenen Teilen des Reiches zur Entgegennahme von Adressen ztt» gunsten der Reichsfinanzreform empfangen. Man erwartet, daß der Reichskanzler bei dieser Gelegenheit eine bedeutungsvolle Ansprache halten und noch einmal die für die verbündeten Regierungen leitenden Gesichtspunkte darlegen wird. Zum Schluß des feierlichen Akte« wird Bülow jedem Teilnehmer eigenhändig seine Photographie mit Unterschrift überreichen. ß 11 des Prehgesetzes und seine Anwendung. Der BraunschweigerVolkssreund" brachte in seiner Nummer vom 6. Februar d. I. einen Artikel aus dem Harz, der sich mit der Saalentziehung zu einer Versammlung befaßte und dessen Anfang lautete: Muß der Mensch alles haben, was er braucht? Ueber dieses Thema wollte Herr Dr. med. Fechtner in Elbingerode   einen Vor­trag halten." Keine Silbe weiter von Dr. Fechtner. Am 18. Februar verlangte der Hilfsbeamte de? Land- rates, ein Herr v. Hertzberg, die Aufnahme der folgenden Berichtigung: Die in Nr. 36 gebrachte Mitteilung, Herr Dr. med. Fechtner in Elbingerode   habe auf Anregung von sozialdemokratischer Seite einen öffentlichen Vortrag über das Thema:Muß der Mensch alles haben was er braucht?" halten wollen, ist unzutreffend. Der Urheber dieser Mitteilung, der Drechslermeister Heinrich Matthies in Elbingerode  , hat sie in dem dort erscheinendenHarz  - boten" öffentlich widerrufen." Elbingerode  , den 18. Februar 1969. Der Hilfsbeamte des königlichen Landrates. v. Hertzberg. Diese Berichtigung war mit dem Stempel des Landrats ver- schloffen und ihre Ausnahme wurde ohne Vornahme von Ein- schaltungen und Weglassungen unter Berufting auf die§§ 11 und 19 des Preßgesetzes verlangt, wobei noch gnädigst bemerkt wurde, daß Dr. Fechtner dann von weiteren Schritten Ab st and nehmenwolle. DerVolksfreund" verweigerte die Aufnahme der Berichtigung und sprach in einem Artikel dem Landratsgkhilfen als Unbeteiligten die Berechtigung zu einer Berichtigung im Namen von Privat- Personen ab. Er monierte es auch, daß im Interesse einer Privat- Person, die auch nicht im entferntesten beleidigt oder in der Achtung herabgesetzt worden sei, die amtlichen Portokosten in Anspruch ge- nommen würden. Die Berichtigung entspräche nicht einmal der preßgesetzlichen Vorschrift, da von Matthies in dem.Volksfreund"- Artikel mit keinem Wort die Rede gewesen sei. Genosse Brenner als Redakteur des.Volksfreund" erhielt darauf eine Anklage wegen Uebertretung der 88 11 und 19 des Preßgesetzes, die am Donnerstag vor dem Schöffengericht m Braun- schweig verhandelt wurde. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte 106 M. Strafe und Aufnahme der Berichtigung. Dr. Fechtner habe gegen den Volkssreund" einen Antrag auf verleumderische Be- leidrgung(I) stellen wollen, und da das Landratsamt hierbei von ihm angegangen sei, so habe dieses als beteiligte Behörde zu gelten. Das Gericht sprach den Genossen Brenner von der Anklage unter Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse frei, verfügte jedoch unbegrciflicherweise die Aufnahme der Berichtigung. In der Begründung des Urteils wurde ausgesprochen, daß der Hilfsbeamte des Landrats als beteiligte Behörde anzusehen sei; denn es sei nicht erforderlich, daß eine Behörde selbst angegriffen werde, eS genüge vielmehr schon daß eine Behörde glaube. dieJnter» essen des Publikums zu wahren. Wir haben noch niemals gehört, daß eine Behörde um einer solchen Lappalie willen zugunsten eines Arbeiters eingegriffen hätte. Hier genügt ihr schon eine nichtssagende Notiz über einen Arzt zum Eingreifen. In der für die ganze Presse wichtigen Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen._ Agrarier und Proletarier als Stenerobjekte. Der Nachweis, daß die agrarischen Vermögen und Ein- kommen viel zu niedrig eingeschätzt werden, ist unseren Strohdachflickenden begreiflicherweise sehr unangenehm. Die Deutsche Tages-Ztg." bringt fast täglich längere oder kürzere Beschönigungen der agrarischen Steuerhinterziehungen. Auch in ihrer letzten Nummer veröffentlicht sie wieder die Zuschrift eines Grundbesitzers, die die Tatsache der zu niedrigen Ver- anlagung zu leugnen sucht. Dabei schreibt der Grundbesitzer selbst: Endlich wäre aber hervorzuheben, daß die Einnahme aus landwirtschaftlichen Ivie aus gewerblichen Betrieben schwankend ist, daß sie nach Vorschrift des Gesetzes also nicht nach ihrem mut  - maßlichen normalen Umfange, sondern zu dem Betrage veranlagt wird, den die Einnahme im vorangegangenen Kalenderjahre er- reicht hat. Ein Gut, das einen Normalertrag von 26 666 Mark zu haben pflegt, aber 1968 nur einen solchen von 4006 M. erreicht hat, wird 1909 eben nurzueinemEinkonimen von 4966 M. veranlagt. Daraus kann man doch nicht den Vorwurf böswilliger Unterdeklaration ableiten." In der Tat bestimmt das Gesetz, daß bei der Ver-' anlagung des Einkommens aus landwirtschaftlichem Grund- besitz die Einnahme des vorhergegangenen Jahres zugrunde zu legen ist. nur wenn eine kaufmännische Buchführung ge- führt wird, der Durchschnitt der letzten drei Jahre. Es kann also nach dem obigen Beispiel vorkommen, daß ein Grund- besitzer mit 4000 M. veranlagt ist und tatsächlich 20000 M. Einkominen besitzt l Die Proletarier dagegen müssen ihr armseliges Ein­kommen bis zum letzten Pfennig versteuern, da ja die Arbeitgeber verpflichtet sind, der Steuerbehörde genaue Aus- kimft über das Einkommen aller Arbeiter und Angestellten mit einem Einkommen bis zu 3000 M. zu geben. Selbst wenn ein Arbeiter längere Zeit arbeitslos war, wird er mit dem Einkommen eingeschätzt, das er gehabt haben würde, wenn er voll beschäftigt gewesen wäre. Er wird also nie- mals zu niedrig, aber oft z u hoch eingeschätzt, und hat: dann die größte Mühe, durch Reklamation eine Herabsetzung der Steuer durchzusetzen!_ Verschleppung des Prozesses Moltke-Hardea? Ueber die Aussichten des für den 20. d. M. vor der vierten Strafkammer des Landgerichts I angesetzten Termin? im Prozeß M o l t k e- H a r d e n kursieren im Kriminalgerichtögebäude allerlei Gerüchte, deren Nichtigkeit sehr schwer zu prüfen ist, da sich die beteiligten Kreise in absolutes Stillschweigen hüllen. Am Donners- tag wurde die ordnungsmäßige Sitzung der vierten Strafkammer auf einige Zeit unterbrochen, da, wie der Vorsitzende erklärte, ein wichtiger Beschluß zu fassen wäre. Bald danach hatte Landgerichtsdirektor Lehmann eine längere Konferenz mit dem am Mitttvoch in Berlin   eingettoffenen Verteidiger Hördens, Justizrat Bernstein- München und dem Vertreter des Nebenklägers Grafen Moltke, Jnstizrat Dr. Sello. Mit großer Bestimmtheit wird allgemein davon gesprochen, daß der Prozeß mit aller Wahrscheinlichkeit nicht verhandelt werden wird. Als Grund wird hierfür angegeben, daß sich Graf Moltke wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes auf einer Erholungs-