fieBtfluefjen. Wir dürfen von nnseren» Programm deS NepublikanismuS,der Demokratie, der Weltlichkeit nicht ein Tipfelchen opfern. Diedemokratischen Massen sind für uns auch leichter zu gewinnen als dieunter der klerikalen Vormundschaft stehenden. Schon der Radikalismuswar ein erster Aufschwung der Bauern. Engels hat das gegen-über Lafargue anerkannt, als er sich vor 20 Jahren für dieUnterstützung Clemenceaus aussprach. Wir dürfen die politischenFreiheiten, den Parlamentarismus, nicht töten, sondern o r g a n i-sieren. Den vom Radikalismus enttäuschten Wählern müssenwir die Vollendung der Demokratie in den sozialistischen Lösungendarbieten.Vierter Berhandlnngstag.St. Etienne, 14. April.(Eig. Der.)In der Vormittagssitzung wird die Debatte über die Wahltaktikzu Ende geführt. Es spricht u. a. H e r v ö, der die Resolution derSeine-Mehrheit verteidigt. Er verteidigt sich gegen den VorwurfBretons, dast er seinen Standpunkt in der Frage der Stichwahl-bündnisse geändert habe. Nicht er, sondern die Radikalen hätten sichgeändert. Er erklärt sich auch gegen den Proporz, der sozial-konservative Wirkungen habe. Er verteidigt die insurrek-tionelle Methode als die einzige, die das Proletariatzum Siege führe. In einer längeren Unterbrechung führtG u e s d e unter stürmischem Beifall den Unterschied zwischen seinerund Herves Auffassung der Insurrektion aus, die für ihn keinDogma, sondern eine historische Notwendigkeit nach Erschöpfung allergesetzlichen Mittel sei.D e l o r y spricht für die Aufrcchterhaltung des Status guo,der Resolution von Chalon, die im ziveiten Wahlgang denFöderationen die Möglichkeit läßt, die durch das Interesse desProletariats geforderten Entscheidungen zu treffen.Der Mrcskongreß der belgischen Partei.Brüssel. 12. April.(Eig. Ber.>Erster Verhandlungstag.Wie seine letzten Vorgänger, hatte sich auch der diesmaligeParteitag zum größten Teil mit aktuellen politischen Fragen zu be-fassen und die taktischen Richtlinien und in mancher Beziehung auchdie prinzipielle Haltung der Partei dazu festzustellen. Allerdingssprengte die Debatte zuweilen den Rahmen, der ihr durch die Tages-ordnung vorgezeichnet war, wie insbesondere bei den Beratungenüber die M i l i t ä r r e f o r m. Hier hatte es sich nicht darum ge-handelt, eine Aussprache des Parteitages über das militaristischeProblem im allgemeinen und die Stellung der Sozialdemokratie zuihm zu pflegen, sondern darum, die Haltung der Sozialdemokratiebezw. der sozialistischen Fraktion nn Falle der Vorlagee i n e s n e n e n M i l i t ä r g e s e tz e S sim Sinne der Ausführungende? Kriegsministers Hellebant) festzustellen. Nichtsdestowenigergeriet hierbei die Debatte in das Fahrwasser des Antimilitarismusund aller mit ihm zusammenhängenden Fragen. Die Mehrzahl derRedner hat indes abgelehnt, die Diskussion in diesem Sinne zuführen, ebenso einen Antrag, der dahinging, die sozialistische Fraktionzu beauftragen, bei Vorlegung eines Militärgesctzes in der Kammereinen Antrag auf Abschaffung des Heeres zu stellen. Vielmehrschloß sich der Parteitag der Auffassung Vanderveldes an. daßdie Aufgabe der Partei in der augenblicklichen Situation darin zubestehen habe, ein demokratisches Militärgesetz durch-bringen zu helfen, das mit den bestehenden Ungerechtigkeitenaufräumt, ohne die militärischen Lasten zu erhöhen.Politisch zu nennen— nicht nur im Sinne de? berühmtenWortes, daß die Schule ein„Politikum" ist— sind vor allen, auchdie beiden Schulfragen,' denen der Parteitag mit Recht einenbreiten Raum in den Verhandlungen anwies. Es handelt sich hier-bei um zwei Gesetzesvorschläge des klerikalen Führers W o e st ebetreffend die Errichtung von Schuliantinen und umeinen Anschlag auf die Autonomie der Kommunal-und Provinzialbehörden, denen bisher das Recht zustand,Lehrerbildungsan st alten zu gründen, wogegen derVorschlag Woestes die Befugnis dazu von der Regierung abhängigmachen will.Was die Frage der Lehrerseminare söoolss normales) betrifft,so war die Haltung deS Parteitags von vornherein gegeben, dennes handelte sich hier um die Abwehr eines klerikalenAttentats, das in seinen Wirkungen auf die Unterdrückung vonSchulanstalten hinausläuft, die für die entsprechenden klerikalenOrganisationen eine unliebsame Konkurrenz bilden. ES be-deutet wenig, daß Herr Woeste die Berechtigung seines Vorschlags damitbegründen will, daß ein starker Ueberfluß an Lehrkräften vorbanden sei,die keine Beschäftigung fänden und daß außerdem der Staat, aufden die finanziellen Lasten zurückfallen, ungerechtfertigten Ausgabenvorzubeugen habe.— Was jedoch die Frage der Schulkantinenbetrifft, so hatte diese eine Auseinandersetzung prinzipieller Natur?ur Folge und die endgültige Entscheidung durch den Parteitag er-olgte erst nach einer ziemlich scharfen Diskussion. Die Frage derSchulkantinen stellt sich, kurz gefaßt, folgendermaßen dar: diePartei fordert neben dem unentgeltlichen weltlichen und obliga-torischen Unterricht, daß der Staat auch für den Unterhalt derKinder sorgt. Tatsächlich haben in einzelnen Gemeinden desBrüsseler Bezirks wie auch in verschiedenen Provinzen die Kommunal-Verwaltungen für die Speisung von Schulkindern Vorsorge ge-troffen. Während nun die Liberalen der Meinung sind, daßnur die Kinder der offiziellen Volksschulen des Vorteilsder Speisung und eventuellen Verabreichung von Kleidungs-stücken teilhaftig werden sollen, in Konsequenz der Auffassung, daßnur den offiziellen Schulen Unterstützungen gebühren, verficht diePartei den Grundsatz, daß mit dem Recht auf den Unter-richtauchda's Recht auf denUnterhalt, und zwarfür jedes Kind ausnahmslos, verbunden seinmuß. So haben in der Praxis auch unsere Genossen in Gentund St. Gilles(Brüssel) gehandelt, wo durch ihre Anträge inder Kommune die Kinder aller Schulen, also auch derkongregationi st i scheu(klerikalen), an der Speisung teil-nehmen können. Ein Teil der Parteigenossen vertrat nun auf demParteitag einen Staudpunkt, der im Grunde mit dem der Liberalenidentisch ist und der in der Praxis bedeutet, daß jene Kinder, dievon ihren Eltern in die kongrcaationistische Schule geschickt werden,das Recht auf einen Teller Suppe oder einenWettermantel verlieren. Der Parteitag hat der Auffassungzugestimmt, daß ohne Rücksicht auf Erwägungen politischerArt. die ja gewiß manches für sich haben, aber deren Berücksichti-gung die Grundsätze der menschlichen Solidarität verletzenwürden, das Recht des Kindes gewahrt werden muß.Einig war der Kongreß natürlich in dem Entschluß, dem kleri-kalen Gesetzesvorschlag mit ganzer Kraft entgegen zu treten, der dieganze Frage der Schulkantinen in die Sphäre der öffentlichenWohltäti gkeit rücken, sie auS einem Werk sozialer Not-wendigkeit in eins der öffentlichen Mildtätigkeit um-wandeln will. Es versteht sich von selbst, daß hinter dem Woeste-fchen Vorschlag noch ein klerikalpolitisches Manöver steckt.* m•Der Kongreß fand an den Ostertagen im Brüsseler„Maisondu Peuple" statt. ES tvaren 610 Delegierte anwesend, die 4SIGruppen vertraten. Zum Vorsitzenden wurde der AbgeordneteD e m b l o n gewählt.— Die Berichte der Fraktion, der sozialistischenGemeinderäte sowie der Gewerkschaftskommisston wurden nach kurzerDiskussion zur Kenntnis genommen. Bei dem Parlaments-b e r i ch t beschwerte sich C h a p e l l e(Antwerpen) über die Stellung,die einzelne Deputierte bei den Kammerverhandlungeu über dasGewerbegerichtsgesetz in der S p r a ch e n f r a g e eingenommenhaben, indem sie gegen die Bestimmung votierten, die die Kennt-niS deS Vlänrischen vom Präsidenten verlangt. Ter-w a g n e wünscht, daß sich die Partei zu gelegener Zeit mit derSprachenfrage beschästige.Der Bericht der Gewerkschaftskommission kon-statiert, daß ihr gegenüber den SS 840 Mitgliedern des JahreS 1007nach der letzten Zählung 67 418 Mitglieder angehören. DerBericht hebt bedauernd hervor, daß von S3 000 organisiertenBergarbeitern nur zehntausend der Kommissionangeschlo ssen sind. Die Gewerkschaftspresse zählt 23 Blättermit einer Auflage von rund 1 600 000 Exemplaren. Der Bericht weistauch darauf hin, daß sich das Prinzip der Zentralisationallmählich auch in Belgien durchsetzt.Militärfrage.Jacquemotte, dessen Resolution über die Militärfrage(Abschaffung der stehenden Heere, antimilitaristische Propaganda,Bekämpfung aller militaristischen Organisationen usw.) wir eingangsbereits erwähnten sowie eine Reihe anderer Parteigenossen betonendas Moment der antimilitaristischen Propaganda.T r o c l e t bemerkt, daß das sozialistische Ideal allerdings dieallgemeine Abrüstung sei; vorläufig gelle indes es zu verhindern, daßdie Armee gegen die Sozialdemokratie gekehrtbleibe und daß die militärischen Grundreformen durchgesetztwerden. Der Redner äußert sich sehr pessimistisch über die Vor-schlüge des Kriegsmini st ers, dessen Gesichtspunkte reinmilitaristisch seien.Vandervelde will das antimilitaristische Problem von demin Frage stehenden gänzlich geschieden wissen.Die Frage ist, was wir in der Kammer bei der Mlitärreformtun werden. Es wäre bequem, einen Antrag auf Abrüstung ein-zubringen. Man würde dagegen stimmen und uns ins Gesicht lachen.Bei einem neuen Militärgesetz werden wir folgende Richtschnur ein-halten: wir werden für alles stimmen, was eine Verminde-rung der militärischen Lasten herbeiführt, und alles ve-werfen,was sie erschweren würde. Mit antimilitaristischen Resolutionenwird man den Militarismus nicht abschaffen. Keine Politik desAlles oder Nichts!Der Berichterstatter Delporte fordert, seinen Berichtresümierend, die Annahme folgender Forderungen:I. Allgemeine persönllche Dien st Pflicht;II. Herabsetzung der Dien st zeit auf das ge-ring st mögliche Maß;III. Herabsetzung der gesamten Dienstzeit vondreizehn auf sechs Jahre.H u b i n verteidigt seine Stellung in der Kammer zum Militär-gesetz: Die Vorschläge des Kriegsministers treffen sich mit unseremStandpunkt, und insofern habe ich zugesagt, das Projekt zu dis-kutieren.Vandervelde gibt die Erklärung ab. daß er für einenAntrag, der auf die alleinige Abrüstung Belgiens zielt,nicht st i m m e n würde.Zum Schluß der Debatte wird die TagesordnungDelporte mit allen gegen 15 Stimmen angenommen, desgleicheneine Resolution Vandervelde, in welcher der Kongreß sich füreine Propaganda gegen den Militarismus erklärt und einer demo-kratischen Reform der Milizgesetze zustimmt, welche der Stell-Vertretung und der Auslosung ein Ende setzt,ohne daß dabei die militärischen Lasten erhöhtwerden. Keinesfalls dürfen die sozialistischen Deputierten einerVorlage ihre Zustimmung geben, die eine Vermehrung der Lastenzur Folge haben würde.Zweiter Verhandlungstag.Brüssel. 13. April.(Eig. Ber.)Den Vorfitz führt wieder Deputierter Demblon.Genosse DeBroucköre, Chefredakteur des„Peuple", konstatiertdie sich allmählich günstiger gestaltende finanzielle Lage deS Haupt-organs der Partei.Nach dem Bericht der Föderation der Konsumgenossenschaftengeht der Parteitag in die Beratung des Gesetzes Woeste betreffend die Lehrerbildungsanstalten über.Vandervelde charakterisiert den Plan des klerikalen FührersWoeste, der sich anschickt, gegen eine Reihe von kommunalen undprovinziellen Lehrerbildungsanstalten einen Schlag auszuführen, umdie klerikalen Schulen zu fördern. Der Gesetzvorschlag, der diekommunale und provinzielle Autonomie zu einem leeren Wort machenwürde, indem künftig Schulen nur mit Bewilligung der Regierunggegründet werden dürfen, eventuell auf ihr Geheiß unterdrücktwerden müssen— dieser Anschlag müsse durch eine Agitation imganzen Lande, durch Proteste der Gemeindeverwaltungen bereits imKeime erstickt werden, damit das Gesetz überhaupt nicht zur Diskussionkommen kann.Der Parteitag votiert einstimmig im Sinne Vanderveldes.Der Bericht über die Frage der„Schulkantinen" ver-weist den Kongreß auf zwei Gesichtspunkte: auf die Haltung, die diesozialistischen Vertreter m den Kommunal- und Landesverwaltungenzur Errichtung von Schulkantinen einzunehmenhaben, und zweitens auf die Stellungnahme des Kon-gresses zum Gesetzvorschlag Woeste-Trooz. durch welchenden Kommunen und Hrovinzialverwaltungen das bis-herige Recht entzogen werden soll, autonom wiebisher über die Einführung der Speisung der Schul-linder und der Verabreichung von Kleidungs-stücken für Schulkinder zu verfügen. Der WoestescheVorschlag zielt darauf ab, dieses Recht auf die Armenverwal-t u n g e n zu übertragen, wodurch das Recht der Schulkinder aufSpeisung und Bekleidung in eine Wohltat umgewandelt wirdund nicht mehr die„Bedürftigen", sondern nur die„Armen" dieserVorteile teilhaftig werden würden.Genosse RenS ist der Meinung, daß man die klerikalen Schulenunter keinem Vorwand an kommunalen Unterstützungen teil habenlassen darf, daher die Schulkantinen nur Kindern der offiziellenSchulen! Wenn die Partei das Recht des Kindes auf Existenzgeltend mache, so möge sie für G e m e i n d e k a n t i n e n eintreten,die allen Kindern offen stehen. Aber weder direkte noch indirekteUnterstützungen an die Klosterschulen lAuch Deputierter P e p i n vertritt in scharfer Weise diese Auf-fassung, die nach ihm dem Programm der Partei entspreche und diedie Sozialisten in H e n n e g a u und in der Provinz L ü t t i ch ein-genommen haben, wo die von den kommunalen und provinzialenVerwaltungen gewährten Unterstützungen ausschließlich für dieweltlichen Schulen reserviert sind. Auch P ö p i n ist für die Er-richtung von Gemeindekantinen, zugänglich für alle Kinder.„Aberkeine Verquickung des öffentlichen Unterrichts mit dem klerikalen!"V i n k sagt, eS gäbe für die Partei nur einen Gesichtspunkt inder Frage: den des Klassen standvunktes. Kinder und oft auchdie Eltern sind nicht verantwortlich für die Werke der Schule, fürdie oft ökonomische und andere Pressionen maßgebend sind. Wirwürden nur die Opfer büßen lassen.... Aus den Unglücklichen,die man heute nicht nährt, würden später„Gelbe" und nicht„Rote"werden! Wo wir in der Majorität find, sagt Bink, gründen wirGemeindekantinen, offen für alle Kinder, auch für diebedauernswertesten, die gar keine Schule besuchen! Sind wirin der Minorität, aber haben wir Einfluß auf eine der bürgerlichenParteien, dann sorgen wir dafür, daß die möglichst große AnzahlKinder vor physischer Verelendung geschützt wird!— Vergessen wirnicht, daß auch viele von uns religiös erzogen worden sind IEs sprechen noch einige Redner, zum. Schluß Abg. Deströe.Er empfiehlt die Tagesordnung Vandervelde. die die wünfchens«werten Richtungslinien vorschreibt. Diese Resolution stellt einleitendfest, daß eS entsprechend dem sozialdemokratischen Programm Pflichtder sozialistischen Abgeordneten ist, das Recht deS Kindes aus Existenzzu schützen, indem sie in den Kommunen die Schaffung vonGemerndekantinen anstreben, die allen Kindern ohneUnterschied zugänglich sein sollen. Ferner spricht der Kongreßden Wunsch aus. daß die sozialistischen Mandatare danachtrachten, daß Gemeindekantinen errichtet werden, dieallen Kindern bis zu 14 Jahren, ohne Rücksichtdarauf, welche Schule sie besuchen und ob sieeine besuchen, zugänglich sein sollen: und beauftragt diesozialistischen Senatoren und Abgeordneten, den Antrag Woeste.de Trooz zu bekämpfen und keine Mühe zu scheuen, um seine Ver-werfung herbeizuführen. Mit großer Majorität verworfenwurde der Antrag Pöp in, der die von ihm vertretene Auffassungwiederspiegelt.Ein Antrag auf Erhöhung der Beiträge an den Generalratwurde dahin erledigt, daß der Kongreß sich für die Abhaltung einesReferendums über diese Frage entschied.Der Präsident schloß hierauf, nachdem er noch der im nächstenJahre stattfindenden K a m m e r w a h l e n in den flandrischenLandesteilen und des gleichfalls 1610 zu feiernden 2SjährigenGründungsjubiläums der belgischen Arbeiter-Partei gedachte, mit einem Hoch auf die Internationale denKongreß._fünfzehnter Parteitag der Sozialdemo-Kratiicheo Arbeiterpartei Holland;.Rotterdam» 12. April.Nach Troelstras Rede über die Wahltaktik hält W. H. V I i e g e nein Referat über die Arbeiteraltersversicherung. Er widerlegte dieverschiedenen Einwände der Gegner, die sie dieser Forderung ent-gegenstellen. Zum Schluß führt er aus, es sei ein Leichtes, dieMittel aus einer Vermögens- und Erbschaftssteuer mit richtig an-gewandter und genügender Progression zu finden. Die jetzt fürArmenfürsorge verausgabten Mittel würden bedeutend abnehmen.Ferner seien aus einer Besteuerung der Aktiengesellschaften undder..toten Hand", sowie durch Beschränkung der Ausgaben für denMilitarismus die Mittel leicht zu erhalten. Bei den Wahlen geltees, diese Forderung energisch zu vertreten; die Partei müsse dabeibetonen, daß die Arbeiter keine bureaukratische Versicherung wollen.Ueber den Zehnstundentag referiert I. van denTempel, zweiter Schriftführer des Verbandes der GeWerk-schaften. Er fordert, daß man für diese Forderung bei den Wahlenkräftig eintrete.Dann referiert W i b a u t über die W o h n u n g s f r a g e. Erwill den Entwurf eines Wohnungsgesetzes, der die Kammer beschäftigen wird, dahin verbessert sehen, daß den Gemeinden nichtnur erlaubt wird, sondern daß sie verpflichtet werden, Bauordnun-gen zu erlassen, die die Bewohnerzahl der Gebäude festsetzen,schlechte Wohnungen zu schließen, an gemeinnützige BauvereincVorschüsse zu geben und selbst Wohnungen zu errichten. Und derStaat soll nicht nur die Befugnis, sondern die Verpflichtung haben,den Gemeinden Beiträge zu geben.An der Diskussion über diese Referate beteiligten sichIS Redner, worunterTh. van der W a e r d e n- Amsterdam S. der den bürgerlichenKandidaten bei den Stichwahlen die Frage stellen will, ob sie fürunbeschränktes allgemeines Wahlrecht sinh. Nur solche, die daserklären, sollen unterstützt werden, sonst niemand, w-">er offizi-l!noch offiziös. Stehen Gegner des Wahlrechts einander gegenüber,dann soll die Partei Enthaltung proklamieren.A. H. G e r h a r d- Amsterdam 1—6, wendet sich gegen Troel-stras Angriffe auf die ausgetretenen GGnossen, die Redner nochals Freunde betrachtet, wenn auch als verirrte, von denen er hofft,daß sie recht bald in die Partei zurückkehren. Aus dem Antrag derAbteilung des Redners, der das allgemeine Wahlrecht für Männerund Frauen als einzige Wahllosung will, habe Troelstra eineKarrikatur gemacht. Ein Wahlprogramm sei ein Versprechen, dasden Eindruck mache, daß es möglich sei. es zu erfüllen. Die lächer-liche Darstellung Troelstras, als ob des Redners Abteilung meine,daß mit dem allgemeinen Wahlrecht alles zu erreichen sei, weiseer von sich. Aber erst nach Einführung des Wahlrechts sei etwaszu erzielen, ohne dieses nichts. Alles was ohne dieses Wahlrechtzustande komme, sei Betrug, verdorben, eine Scheinmaßregel. DesRedners Abteilung fühle, daß ein Wahlprogramm Ueberschätzungder parlamentarischen Arbeit sei. Nicht die Anzahl der sozialdemo-kratischen Abgeordneten bewirke es, daß eine Reform zustande-komme, sondern die Kraft der sozialistischen Bewegung.Leeuwenberg- Enschede. hält es für feststehend, daß unterden Genossen ein antiklerikaler Geist herrsche, weil die klerikalenParteien stets der Reaktion dienten, die Liberalen aber seien jetztebenso reaktionär geworden, dahingegen trete ein demokratischerSinn unter den katholischen Arbeitern auf, der gefördert werdenmüsse, die Scheidungslinie müsse sein: konservativ und demokratisch.Bei den Stichwahlen verlangt Redner strikte Enthaltung, wennzwei Gegner des allgemeinen Wahlrechts einander gegenüberstehen.Namens der Abteilungen Amsterdam 5. 8 und 9. Hilversum,Enschede, Zaandam, den Haag, Middelburg, Horn, Rauwerd undRoordahuisum beantragt vanderGoes folgende Stichwahl-resolution:„Bei den Stichwahlen wird kein Kandidat unterstützt, derkein Befürworter des allgemeinen Wahlrechts ist. Die Parteiempfiehlt in solchen Fällen ihren Wählern Enthaltung an."van der Goes ist erfreut darüber, daß Troelstra nicht mehrdie Gegenüberstellung: Demokratie und Konservatismus gemachthabe, sondern die: Arbeit und Kapital. Deutlich müsse gezeigtwerden, daß kein Vorzug für irgendeine bürgerliche Partei bestehe,demonstratio und absichtlich müsse Enthaltung bei Stichwahlenzwischen Gegnern des allgemeinen Wahlrechts emp ohler werden;einmal müsse damit ein Anfang gemacht werden und gelinge esauch nicht das erste Mal, auf die Dauer würden die sozialdemo-kratischen Wähler der Losung der Partei Folge leisten.Auch der größte Teil des Bormittags des dritten SitzungS-tages ist noch den Wahlen gewidmet.v a n K o l fürchtet, daß die Wähler die Enthaltungsparole nichtbefolgen würden und Stichwahlenthaltung komme auf Unterstützungder Reaktion heraus, das klerikale Kuyper-Regime werde neu belebtund damit die Freiheit der Beamten, des Unterrichts usw. gefährdet.Die Befürworter der Stichwahlresolution van der Goes hätten keinAuge für die wirklichen Verhältnisse. Um deS allgemeinen Wahl-rechts willen förderten sie seine schlimmsten Gegner.Troelstra beantragt folgende Resolution:„Der Parteitag konstatiert, daß nicht der Gegensatz derbürgerlichen Parteien den politischen Kampf beherrscht, sondernder gesellschaftliche Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital, unddaß es die Pflicht der Partei nst, die Augen der Arbeiter fürdiesen Gegensatz zu öffnen, damit sie sich dem Einfluß der kapita-listisch gesinnten Parteien entziehen und sich um die Partei ihrereigenen Klasse, die Sozialdemokratie, scharen.Er beauftragt den Partcivorstand, die prinzipielle Bedeu-tung des bevorstehenden Wahlkampfes in einem Manifeste audie Arbeiter auseinanderzusetzen und darin den Standpunkt zuentwickeln, den die Arbeiterklasse sowohl beim ersten Wahlgang.wie bei der Stichwahl einzunehmen hat, alles in dem Sinne,wie es im Referate über die Angelegenheit auf dem Parteitagegeschehen ist.Namentlich muß dabei den Arbeitern angeraten werden, sichauch bei den Stichwahlen nicht durch die Sucht leiten zu lassen,sei es den freisinnigen, sei es den kirchlichen Parteien eine Re-gierungsmehrheit zu verschaffen, sondern allein von dem Be-streben, die ökonomische und politische Stärkung der Llrbeiter-klasse zu fördern.Die Ausführung dieser Aufgabe wird dem Parteivorstandüberlassen, der sich dabei mit den anderen leitenden Organender Partei und für jeden bestimmten Fall mit der beteiligtenAbteilung ins Einvernehmen zu setzen hat. in dem Sinne, daßin jedem Falle die Unterstützung der Partei dem Befürworterdes allgemeinen Wahlrechts zu teil wird."In längerer Rede bespricht der Antragsteller die geführte Dis-kussion, aus der allgemeine Uebereinstimmung über die Grundlagedes Wahlkampfes hervorgegangen sei. Nur das Programm unddie Haltung bei den Stichwahlen seien kritisiert worden. Wennman aber absichtlich vom Wahlprogramm die schon lange gefordertenReformen absetze und sich ans das allgemeine Wahlrecht festlege,