ste'he man machtlos im Parlament. Der Delegierte bon Amsterdam1— 6 habe indirekte Aktion in der Politik befürwortet, welcheder syndikalistischen im ökonomischen Kampfe gleichzustellen sei.Redner befürwortet die Entscheidungsfreiheit des Parteivorstandesbei den Stichwahlen. Man müne auch mit der christlichen Demakratie rechnen.Auf eine Frage eines Delegierten, was unter einem Befür-ivorter des allgemeinen Wahlrechts zu verstehen sei, antwortetder Vorsitzende V l i e g en, es stehe fest, was die S. D. A. Punter allgemeines Wahlrecht verstehe, die bürgerlichen Kandidatenaber könne man nicht auf jeden kleinen Untersatz hin examinieren,die Partei halte an der Allgemeinheit des Wahlrechtsfest.Troelstra fügt hinzu, wenn die Formel der S. D. A. P. denbürgerlichen Kandidaten vorgelegt werde, dann wäre das über>flüssig, da keiner von ihnen für diese sei. Aber das all ge-meine Wahlrecht, wie es von der Liberalen Unionund dem F re i s i n n ig- D em ok rat i sch c n Bunde be-fürwortet werde, sei der Förderung wert. WerPrüfungszwang. Verstärkung der Ersten Kammer und dergleichenbefürworte, werde nicht unterstützt, wohl aber derjenige, der zwarfür allgemeines Männer-, aber doch für beschränktes FraueCvahbrecht eintrete.Wibaut, Parteivorstandsmitglied, wendet sich gegen Unter-stützung der Befürworter des Damen-Wahlrechts.DerVorsitzende sieht hierin ebenfalls eine neue Klassen-forderung der Bourgeoisie.Troelstra: Dann fällt die Liberale Union für die Unter-stützung aus.Vorsitzender: Die Liberale Union schließt keine Klasseaus, aber will nur die unverheiratete Frau wählen lassen. Ausdieser Diskussion erhelle, daß man in dieser Versammlung nichtzu tief auf die Details eingehen könne.Die Resolution Amsterdam 1—6 wird schließlich beider Abstimmung gegen nur 2 Stimmen ve r w o r f e n. Das Pro-gramm des Parteivorstandes wird mit beinahe allen Stimmen an-genommen, auch die Resolution Troelstra, während die von van derGoes mit großer Mehrheit verworfen wird.Hus Induftnc und Kandel.Die Hausse am Getreidemarkt.Wilde Spekulationsmanöver werden seit einiger Zeit von AmerikaauS in Szene gesetzt. Schon ehe die Wirkung der amerikanischenSpekulationsmanöver sich auf dem hiesigen Getreidemarkte bemerk-bar machte, hatten die Getreidepreise steigende Richtung angenommenund einen recht hohen Stand erreicht. Steht doch Weizen schonseit einiger Zeit wieder erheblich über dem Niveau des Vorjahres.Anfang April notierte Weizen in Berlin pro Tonne 237,75 M.,während im Vorjahre um die nämliche Zeit die Tonne 20ö M. ge-kostet hatte. Am 14. April notierte Weizen an der Berliner Produkten»börse 240—242, Weizen per Mai sogar bis 24V.26 M. Die gleichesteigende Tendenz wie am Berliner Weizenmarkte zeigt sich auch anden deutschen Provinz- sowie an den größeren Auslandsmärkten.Verfolgen wir die Preisbewegung bei Weizen an einigen wich-tigenMarktorten. so erhalten wir folgendes Bild: 1 Tonnekostete in Mark:wwg w.»bis April206,50 287,76208,50 235,00282,00 254,50215,95 239.85180,80 199,30168,76 199,15Ebenso sind in Liverpool. Odessa und Chicago erhebliche Preis-peigerungen zu verzeichnen.Bemerkenswerterweise ist in Berlin die Preissteigerung nochgrößer als in New gjork. dem Ausgangspunkt der wilden Hausse.Nicht ganz so erheblich wie der Weizenpreis ist der Preis fürRoggen im Laufe dieses Jahres hinaufgegangen. Eine Gegen-Überstellung des Roggenpreises an einigen bedeutenden Märkten desIn- und Auslandes ergibt folgende Bewegung. Der Preis fürRoggen stellte sich pro Tonne auf Mark:Anfang Januar1909Berlin.Danzig.MannheimBudapest.Paris..Stew Jork32,2026,5022,0023,9018,5080,40Berlin.Danzig.MannheimOdessaJanuar165,75161,50163.75137,101909AprilSteigenmg vonJanuar bis April176,00 10.25173,00 11,50188.75 20.00140.50 3,40Auch hier: Deutschland mit der Preissteigerung voran!Weniger als der Weizen- und RoggenpreiS ist seit Januar derPreis für G e r st e gestiegen. Er ging am Berliner Markte von138 bis 180 M. pro Tonne zu Anfang deS Monats Januar auf144 bis 186 M. im April hinauf. Die diesjährige Aufwärts-bewegung ist noch deswegen bemerkenswert, weil im ersten Quartal1903 eine Preisermäßigung eingetreten war. Damals war derPreis von 157 bis 180 M. im Januar auf 141 bis 168 M. imApril gesunken. Wie bei Weizen steht demnach der Preis für Gerstegegenwärtig wieder höher als im Vorjahre. Dasselbe gilt fürHafer, der sich im Laufe des ersten Quartals fo verteuert hat.daß er nunmehr erheblich über dem Niveau des Vorjahres steht.Anfang Januar kostete eine Tonne Hafer erst 163 bis 181 M.. imApril aber stellte sich der Preis bereits auf 172 bis 202 M.; er istdemnach innerhalb deS ersten Vierteljahres um durchschnittlich 15 M.hinaufgegangen. In der Vergleicbszeit des Vorjahres war er vonJanuar bis Anfang April um 10 M. gesunken: fz steht gegenwärtigum 18 M. höher als zu Anfang April 1908.Ueber die gestrigen Vorgänge an der Chicagoer Börse wird be-richtet tUnter ungeheurer Aufregung stürzte gegen Schluß der Getreide-börse Weizen, der für Mailieferungen bereits 1.29'/« erreicht hatte.bis 1,26. Patten sprang sofort in die Bresche und kaufte alle an-gebotenen Quantitäten, so daß es ihm gelang, den Preis für Mai-Weizen wieder bis 1.27'/2 zu treiben und daß Juli noch mit 1,15'/«schloß. Nach angeblich zuverlässigen Schätzungen hält Patten inTuluth und MinneapoliS 23 Millionen Bushel Weizen für Mai-lieferungen zurück. Sollten sich diese Gerüchte bestätigen, so würdeer tatsächlich den sechsten Teil des gesamten Weizens des Landes zurVerfügung haben._____ElektrizitätS-LieferungS-G. Der Reingewinn deS letzten Jahresstellt sich auf 1 400 863 Mark>1907: 1 259 532 Mark); woraus wieder10 Prozent Dividende auf die alten und 5 Prozent auf die neuenAktien verteilt werden.Banken krachen. Die Bankfirma Luckmann u. Soltau in Lübeckhat ihre Zahlungen eingestellt.Hua der frauenbewegung.Eine Freiheit«- und Stimmrechtskämpferin.Als im Juni 1904 die greise 84 jährige amerikanische Frauen-eechtlerin Susan Anthony bei Begründung des«Weltbundes fürFrauenstimmrecht" die Eröffnungsrede hielt, galten ihre erstenWorte«einer tapferen westfälischen Frau, Mathilde FranziskaAnnecke, die als treueste Kollegin. Jahr auf Jahr. Seite an Seitemit ihr für die Eroberung des Frauenstimmrechts gekämpft habe,und deren Wirken zweifelsohne der Hauptanteil des in Amerika vonden Frauen Erreichten zu danken sei, welcher der erste Platz auf demGebiete der Frauenstimmrechtsbewegung gebührte!"Nach den Informationen der mit der Kämpferin seinerzeitlebenden Amerikanerinnen, nach eifrigster Korrespondenz der nocheinzig lebenden Tochter in Amerika, und nach fleißigen Material-studien hat Frau Rüben uns nun das Leben und Wirkender Frau Aunecke in einer kleinen Schrift nahe gebracht.Das Lebensbild einer hochbegabten Frau entrollt sich vor unserenAugen. Kraft ihrer Persönlichkeit und ihrer Lebenserfahrungen hatsie sich aus der streng orthodox erzogenen, schwär-merischen Katholikin zur entschieden st en Frei-denkerin durchgerungen, die vor keinen Konse-quenzen der neuenWeltanschauung zurückschreckte.Wenn auch nicht offiziell, jedenfalls der Gesinnung nach, gehörte siezu uns. Lassen wir Frau Rnben sprechen:Nachdem Mathilde als Tochter eines Domänenrats Gießler aufdem Gute ihres Großvaters in einem herrlichen Stück Natur in West-falen eine schöne Jugend verlebt hatte, in der jedoch schon bei dembegabten, lebhaften, phantastisch grüblerischen Kinde Glauben undWissen mitunter in Konflikt gerieten.— wurde sie als Neunzehn-jährige einem Gerichtsrat von Tabouillet vermählt. Diese Ehewurde schon nach Jahresfrist(1337) wieder gelöst. Nach dieser Zeit.während der sie auch noch um den Besitz ihres Töchterchens zu ringenhatte, flüchtete sie in die Arme der katholischen Kirche, die(wie eSin ihrer Biographie heißt)«mit ihrem bestechenden Schaugepränge,mit ihrem klug berechneten Kultus Kopf und Seele der jugeiid«lichen Phantastin gefangen genommen hatte." Zwei Gebet-bücher waren das Produkt ihrer damaligen Seelenverfassung,—ihre ersten Gedichte. Bald folgten auch andere schriftstellerischeErzeugnisse mehr literarischen Inhalts: Gedichte, Novellen, Kunst-beschreibungen und dergl. Im Jahre 1844, in welchem erst ihreScheidung ausgesprochen wurde, entstand ein in Versen geschriebenesKünstlerdrama, das bald mit Erfolg aufgeführt wurde. Ein hohesLied der Liebe war dieses Drama, und zugleich läßt eS zum erstenMale die Zweiflerin deS Glaubens durchblicken.In den darauffolgenden Jahren 1845 und 1846 vollzog sich inihr die innere Wandlung. Nach schweren Seelenkämpfen streifte siedie Fesseln deS katholischen Glaubens mutig ab.Während dieser Zeit hatte bereits eine tiefe Liebe zu dem da-maligen preußischen Artillerieoffizier Fritz Annecke ihr Herz ausgefüllt. Im Jahre 1847 zog sie mit ihrem Töchterchen nach Köln,wo sie seine Frau lourde.Gerade zur Zeit der Gärung im deutschen Lande war es. DamalS redigierte Karl Marx die.Rheinische Zeitung", in der die frei-heitlichen Gedichte eines Herwegh, Fallersleben und Freiligrath er-schienen. Auch Fritz Annecke zählte zu den Freiheitsbegeisterten, unddieseen. Auch Fritz Annecke zählte zu den Freiheitsbegeisterten.!Freiheitsdichter und viele andere Gleichgesinnte trafentmHause"Annecke zu politischen und literarischen UnterhaltungSabendenzusammen.Infolge eines Hochverratsprozesses geriet Fritz Annecke elf Mo-nate in politische Gefangenschaft.— Während dieser Zeit gründeteFrau Annecke die„Neue Kölnische Zeitung" und redigierte sie inrevolutionärem Geiste. Dieses Blatt sowohl als auch eine.Frauenzeirung", die sie einige Zeit herausgab, wurden bald unterdrückt.Sie hatte sich auch der kleinen Schar der Kämpfcrinnen angeschlossen.die für die soziale und politische Gleichberechtigung sich betätigten.In den Freiheitskämpfen von 1848/49 übernahm Fritz Anneckeeinen Fllhrerposten im badifch-pfälzifchen Revolutionsheer. FrauAnnecke war auf vielen Irrfahrten an die Seite ihres Gatten geeilt,mit dem sie das Schicksal teilen wollte. Ob ihrer Amazonenrolle istsie vielfach geschmäht worden; sie schreibt darüber in ihren Memoiren,daß sie damals um nnldes, verständnisvolles Urteilen bat und sagtezum Schluß:.Nicht der Krieg bat mich gerufen, sondern dieLiebe;— aber ich gestehe eS Euch, auch der Haß, der glühendeim Kampf deS Lebens erzeugte Haß gegen die Tyrannen und Unterdrücker der heiligen Menschenrechte!"An anderer Stelle spricht sie sich über den Krieg aus:.Ha. dasKriegshandwerk! ES schauderte mir mit seinem Entsetzen durch dieSeele! Gesegnet jenes FrühlingSdichterS zukünftiges Ostern, daSfein Auge blühen sieht und nach dem die Menschheit daS Schwertnicht mehr kennen soll!"Hoch zu Roß war sie an der Seite ihres Gatten in Karlsruheund Rastatt eingezogen. Fritz Annecke wurde zum Inspektor desMaterials in der Festung ernannt; er entwich später, vor derernierung, nach Frankreich. Den Fehlschlag der Revolution führtrau Annecke auf den»Mangel einer guten Organisation der VolksPartei" zurück.Ein großer Teil der politischen Flüchtige der„Achtundvierziger"in Amerika, zu denen auch AnneckeS gehörten, konnten sich drübennicht durchsetzen. Zu den wenigen, die sich durch ihre Kenntnisse undihre Persönlichkeiten durchsetzten, gehörte auch Frau Mathilde FranziskaAnnecke, die, wie ihr amerikanischer Biograph sagte,»turmhoch auS demSchwann ihrer Zeitgenossen emporragte."„Sie wurde von den Un-gebildeten häufig ungerechterweise„Blaustrumpf",„Emanzipierte�oder.Weiberrechtlerin" genannt, diese Frau." so schrieb er,„die inihrem Gemütsleben nichts als ein liebendes, aufopferungsfähigesund aufopfenmgsfreudigeS Weib war,— die dem Manne ihrerWahl ihr Herz und ihre Treue gab, den Kindern ihre Zärtlichkeitden Unterdrückten ihr Mitleid, den Unterdrückern ihren Haß, denArmen und Elenden ihre Sympathie, ihre Hilfe." Sie selbst klagtenie; wenn das Schicksal sie recht hart anfaßte, so klagte sie ihr Leidin ihren Gedichten auS. Ihre ersten schriftstellerischen Arbeitenin Amerika 1349, namentlich ihre Gedichte zeugen noch von eineintiefen Schmerz um das verlorene Vaterland.Ain 16. April 1850 hielt sie in Milwauky ihren ersten großenöffentlichen Vortrag, in dem sie die revolutionären Ereignisse undihre darin eigenen Erlebnisse schilderte. Kurz daraus hielt sie einenzweiten großen Vortrag zur Verherrlichung der Revolutionspoesie.Damit war sie der Oeffentlichkeit gewonnen. Bald griff siein die Tagesfragen und Kämpfe ein, welche die neue Heimat be-wegten. Im September 1853 nahm sie an der zu NewUork abgehaltenen Konvention der Frauenrechtler teil undhielt als erste deutsche Rednerin in diesem Lande eineAnsprache.»ES bedurfte auch dainalS in Amerika noch hohenMutes, sich zu den Frauenrechtlerinnen zu bekennen", schrieb ihrBiograph. In den auf diese Konvention folgenden Jahre bereisteFrau Aunecke als Agitatorin für die Frauensache die ganzen Vcr«einigten Staaten von Norden nach Süden, von Osten nach Westen,wo rhre Vorträge mit größter Begeisterung aufgenommen wurden."••— � setzte sie für die soziale und politischeGleichstellung der beiden Geschlechter ein, da sie die Lage der Frauenals eine entwürdigende, absurde erkannte.Im Jahre 1865, nachdem sie ihre langjährige Freundin, diegeistvolle amerikanische Dichterin Mary Booth bis zum Tode gepflegt hatte, gründete sie in Milwauky eine Mädchenschule, die sehrbald emporblühte und im ganzen Lande eine» guten Klang hatte.Ihr tiefes Gemüt und ihr feinsinniger scharfer Verstand hatte sie zurgroßen Pädagogin gestempelt.DaS Samenkorn ihrer Begeisterung für Freiheit und Gleichheit,für die heiligsten Menschenrechte, für alles Edle und Schöne, das siein den vielen vielen jungen Mädchenherzen, die ihre Schülerinnenwaren, gepflanzt hat, ist in den Herzen der freiheitsbegeistertenAmerikanerinnen der nachfolgenden Generationen erblüht! Und sokonnte Susan Anthony im Juni 1904 mit Recht sagen, daß demWirken dieser tapferen westfälischen Frau, Mathilde FranziskaAunecke, die als eine der bedeutendsten Deutsch-Amerikanerinnengenannt wird, zweifelsohne für den Hauptanteil des von den Frauenrn Amerika Erreichten zu danken fei. R. H.Die Suffragetten als Künstlerinneu der Reklame.Am 14. April veranstalteten die Anhängerinnen der Frauen-stimmrechtSbewegung in London einen Bazar zugunsten ihresAgitationsfonds. Um auf diese Veranstaltung aufmerlsam zumachen, ließen sie durch die vornehmen Straßen deS LondonerWestends einen Heuwagen fahren, der mit den Farben ihrer Ver-einiaung dekoriert war, und an dem Luftballons mit der Inschrift»Stimmrecht für Frauen' bezlv.»Wann werden wir da« Stimm-recht erreichen?' angebracht waren. In dem Wagen thronten aufdem Heu vier Kinder in ländlicher Tracht mit Heugabeln undRechen.Bersnmmlungen— Veranstaltungen.Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse.Wegen Erkrankung der Schriftstellerin Klara Viebig muß dieVorlesung derselben auf Montag, den 26. April, verlegt werden.Unsere Versammlung am 19. April findet jedoch statt und wirdWally Zepler über das Thema„Aus der modernen Ronian«literatur" sprechen.— Gäste willkommen.Versammlungen.Ecne große öffentliche Protcstversammlung der Tabakarbeiterund-Arbeitcrinucn, Zigarrenfabrikanten, Zigarrenhändler undsonstiger Interessententagte am Donnerstag in der Brauerei Friedrichshain. Sie wareinberufen von der Zentralkommission der Tabakarbeiter Deutsch-lands. Genosse A. v. Elm- Hamburg referierte über:„DerVerrat des Deutschen Tabakvercins und derAntrag Dr. Weber- Mommsen oder die Ver.nichtung zehntausender Existenzen von Tabak.arbectern und Kleingewerbetreibenden". Rednererinnerte daran, daß die Tabakindustrie früher allen Versuchen.eine Mehrbelastung des Tabaks herbeizuführen, in geschlossenerGesamtheit entgegengetreten sei. Diese Geschlossenheit sei auchvon Erfolg gekrönt gewesen. Als aber 1905/1906 die Einigleitfehlte, da habe man die entgegengesetzte Wirkung gesehen, indemzunächst ein Teil der Tabakindustrie, die Zigarettenindustrie, miteiner Mehrbelastung beglückt wurde. Die damals die Situationüberschauten, hätten den Herren von der Zigarcttcnbranche gleichgesagt, welch taktischer Fehler ts sei. der Regierung auch nur ineinem Punkte en, gegenzukommen. Auch die Befürchtung, daßeiner Mehrbelastung der einen Branche der Versuch der Mehr-belastung der übrigen Tabakindustrie folgen würde, habe sich jetztbewahrheitet. Redner schilderte nun, wie in dem jetzigen Kampfegegen die Mehrbelastung des Tabaks den Außenstehenden gegenüberder Anschein erweckt worden sei, als stände die ganze Industriein der früheren Geschlossenheit zusammen, um jeder Mehr-belastung entgegenzutreten, während tatsächlich von vornhereinschon diese Geschlossenheit nicht vorhanden gewesen sei. Tatsäch-lich sei es seitens des Deutschen Tabakvereins nur ein taktischerZug gewesen, wenn er der Öffentlichkeit gegenüber so tat, alswürde er den Kampf gegen jede Mehrbelastung fortsetzen biszum Ende. v. Elm belegte das mit einer Reihe von Tatsachenund wies nach, daß die Großfabrikanten einer Zoll-erhöhung sympathisch gegenüberstanden und daß der Tabakvereins.Vorstand schon im Januar geneigt gewesen sei, der Regierungentgegenzukommen. ES sei schon damals der Umfall des Tabat-Vereins vom März vorbereitet worden. Auf der entscheidendenZusammenkunft der Herren vom Tabakverein im März diesesJahreS sei flehentlich gebeten worden, der Regierung das Angeboteiner Zollerhöhung zu machen, weil sonst der Bülow-Block aus-einanderfiele. Was gehe die Tabakinteressenten der Bülow-Blockan, wo es sich um die Existenz vieler Tausender von Arbeiternund auch von kleinen und mittleren Gewerbetreibenden handele.Dieser Umstand habe ja auch in Herford dazu geführt, daß ausWestfalen dort 18 000 Interessenten, darunter neben den Ar«bcitern auch die westfälischen Fabrikanten, einmütig gegen jedeMehrbelastung des Tabaks protestiert und auch energischen Protesteingelegt hätten gegen den Beschluß des Deutschen Tabakvereins,der Regierung eine Zollerhöhung anzubieten, und gegen den ent-sprechenden Antrag der Abgeordneten Weber und Mommsen. Eszeigte sich hier der Gegensatz der Interessen zwischen den kleinenund den großen Fabrikanten: die westfälischen Unternehmer führenden Kampf einmütig mit den anderen interessierten Schichtenunentwegt weiter und die Großfabrikanten, namentlich die Ham-burgS, sind für den Zoll. Die Behauptung des Deutschen Tabak-Vereins, daß er nur daS kleinere Uebel gewählt habe, wies Rednerim Hinblick auf die ganze Situation als haltlos nach. Dannlegte er dar, daß bei früheren Gelegenheiten die Vertreter desDeutschen Tabakvereins selbst erklärt hätten, daß eine bestimmteZollerhöhung 40 000 Arbeiter brotlos machen und Hunderttausendevon Menschen in ihrer Existenz empfindlich beeinträchtigen werde.Im Bewußtsein solcher Folgen habe der Tabakverein trotzdemseinen Vorschlag gemacht, den Zoll von 85 auf 140 M. zu erhöhen.Deshalb sei daS ein ganz unerhörtes Vorgehen. Es sei gewissen-los, einen solchen Vorschlag zu machen. Auch die Regierung seisich klar über die Folgen. Wenn es sich um die Agrarier handele.dann greife sie schützend ein. Handele eS sich aber um die Massenkleiner Leute und um die Existenz von Zehntausenden von Ar-bcitern, dann kenne man den Schub nicht, den man anderen gewähre.Der Zigarrenarbciter, der arme Krüppel, könne ja seine Existenzverlieren. Unter lebhaftem Beifall forderte Redner dazu aus,zu protestieren, solange eS noch Zeit sei.Der Vorsitzende Börner teilte mit. daß die AbgeordnetenMommsen und Weber eingeladen wären, ebenso der Berlinerliberale Reichstagsabgeordnete Kämpf(1. Wahlkreis), dessenbisher unbekannte Stellung zu der Streitfrage man gern kennenlernen möchte.Es meldete sich keiner der Herren. Von einer Diskussionnahm man darauf Abstand.Einstimmig angenommen wurde folgende Resolution:„Die Versammlung aller Interessenten der Tabakbranchebon Berlin und Umgegend protestiert auf das entschiedenste gegendie vom Deutschen Tabakverein vorgeschlagene und von den Ab-geordneten Weber und Mommsen beantragte Erhöhungdes Tabakzolles von 85 M. auf 140 M. Die Wirkung einersolchen Zollerhöhung würde eine Stärkung der Position derkapitalkräftigen Großfabrikanten im Konkurrenzkampf gegen-über den mittleren und kleineren Fabrikanten sein, der Handelwürde durch den eintretenden Konsumrückgang schwer geschädigtwerden und der schließliche Ausgang des Ringens aller gegenalle der fein, daß die Existenz zahlloser kleinerer und mittlererBetriebe in Fabrikanten und Händlerkreiscn vernichtet würde.— Nach der einwandfreien Schätzung von Nationalökonomenwürde der Rückgang des Konsums mindestens in gleicher Höheder Mehrbelastung der Konsumenten eintreten, also mindestens60 Millionen betragen. Dieser Minderkonsum würde die Ent-lassung von 25 000 Arbeitern erforderlich machen. Für die inArbeit Verbleibenden würde das vermehrte Angebot von Arbeit?-kräften einen starken Lohndruck und eine Herabdrückung ihrerLebenshaltung bewirken.— Die Versammlung protestiert des-halb auf das energischste dagegen, daß die am 23. März inBerlin versammelten 81 Großfabrikanten der Tabakindustrieder Jinanzkommission des Reichstags den Vorschlag einer Er-höhung des Zolles von 85 M. auf 140 M. unterbreitet haben.Die Versammlung schließt sich völlig der Kundgebung des w e st-f ä l i f ch e n Tabakvereins an, in welcher dieser Vorschlag de?Deutschen TabakvereinS als„verwerflicher Egoismus" und alsein„Verrat an den Interessen der gesamten Industrie" ge-brandmarkt wurde."_Eingegangene Druchfchnftcn.®U Bank. 4. Heft. Monatsheft für Finanz- und Bankwesen. HerauS-leber Sl. LouiSbmgh. Quartal 4 M. Selbstverlag, Eharlottenburg,Viclandstr. 13.Jakob von Guuken. Ein Tagebuch von Si. Walser. LOS Selten.B. Cassirer, Berlin W. 35.Aussichten für den Bergbau in den deutschen Kolonien. Eine Aus-orderung an deutsch« Prospektoren zur Betätigung in unseren KolonUn.Herausgegeben vom Kolontal-WIrtschastlichen Komitee. Berlin NW., Unterden Linden 43._Anleitung für Kassenärzte von Weck. IM.—„Cavete", EmreleS Wort an die deutsche Aerzteschaft von Dr. F. Döring. 50 Ps. Ed.Schnapper, Frankfurt a. W-