gerichtet ward', leichthin ein Bund entwickeln, der die„Betätigung"der groben Militärmacht, die er einschließt, als Selbstzweck sichsetzt. War bisher Oesterreich-IIngarn, dessen innere Sorgen ihmden Luxus überflüssiger Großmächterei nicht zu gestatten schienen,die eigentliche FriedcnSmacht in Europa, deren vermittelnde undausgleichende Tätigkeit mancherlei Konfliktstoffe schon zu be-seitigen getroffen hat, so wird der neubelebte Imperialismus, derungemessen in die Weite schweift, ohne ein faßbares Ziel seineigen zu nennen, alles eher denn zur Beruhigung der Gemüter,der Verfestigung des Friedens beitragen.Ob er übrigens die Anziehungskraft bewahren wird, die erheute unzweifelhaft auch im Innern ausübt, wird abzuwartensei». Im Augenblick ist es Oesterreich-Ungarn gelungen, was ihmschon lange versagt blieb: nämlich zu Hause populär zu werden,wo cS sonst doch nur verhaßt ist, und den für gewöhnlich zer-klüftcten Völkern, insofern sie aus den besitzenden Klassen be-stehen, eine Art Zusammenhalt zu zeigen, in dem sie ihre Ge-meinschaft und Gemeinsamkeit zu erblicken vermögen. Das istösterreichische Fcststimmung; ob sie für die Werktage vorhaltenwird, ist freilich mehr als zweifelhaft. Heute sehen die Patriotennur den großen, den herrlichen Sieg, aber wenn sie erst dieRechnung schauen werden, die man ihnen heute vorsichtigcrweiseborenthält und die Oesterreich wirtschaftlich auf Jahre zurück-werfen kann, dann wird sich der Hurrarausch schnell verflüchtigenund die nüchterne Frage einstellen, was der Großmachtswahn denVölkern eintragen soll, denen er Lasten und Opfer sonder Zahlauftrlegt.vor der LMheidimg.Truppen des jrlngtürkischen Komiteesstehen vor Konstantinopel. Zwanzig kriegsstarke Bataillonesollten es ini Laufe des Sonnabends werden, eine Anzahl, dieder Garnison der Hauptstadt gewachsen wäre. Versuche derRegierung und des Sultans, den Anmarsch aufzuhalten unddie Soldaten umzustimmen, sind mißlungen. Meldungen ausSoloniki behaupten, daß noch große Reserven für die Jung-tnrken bleiben, daß die ganze Bevölkerung dort begeistert zuihnen steht und taufende von Freiwimgen sich einreihenlassen. Die christlichen Nationalitäten, die Bulgaren. Serbenund Grieche» Mazedoniens stellen einen großen Teil dieserFreiwilligen; nach einer Wiener Meldung haben die Jung-tnrken mit den christlichen Nationalitäten ein förmlichesBündnis geschlossen, wonach ihnen für ihre Hilfe gegen dieReaktion die Autonomie ihrer Gebiete schnftlich zu-gesichert worden wäre. Die Jnngtürken hätten also in derNot einen ihrer wichtigsten Programmpunkte, die Zentralisationdes Staates, aufgegeben. Ob aber die Soldaten des Korpsvon Saloniki ertragen werden, daß Ungläubige mit und nebenihnen gegen Glaubensbrüder kämpfen werden? Ob dasBündnis den Jungtürken nicht mehr schaden als nützen wird?Ueber allen Zweifel erhaben ist nämlich die Festigkeit derjungtürkischcn Gesinnung unter den Soldaten des& Korpsnicht. Und die des 2. Korps von Adrianopcl schon gar nicht.Den optimistisch lautenden Meldungen aus Saloniki stehenandere gegenüber, die davon zu berichten wissen, daß ein Teil.nach einer Meldung die Hälfte der mazedonischen Truppendem Komitee der Jungtürken die Heeresfolge geweigert hat.Eine Privatdcpcsche der Wiener„Neuen Freien Presse" ausSaloniki vom IG. April behauptet, das jnngtürkische Komiteehabe dem zweiten(Adrianopelcr) Korps befohlen, nach Kon-stantinopel zu marschieren, der Kommandant und die Offizierehätten jedoch geantwortet, daß es unmöglich sei, den Auftragauszuführen, weil die Haltung derTruppen zweisel-Haft geworden sei.Trifft das zu, so ist das für die Jungtürkcn sehr mißlich,da ihre Streitkräfte, falls das zweite Korps sich auf die Seiteder Konstantinopeler Truppen schlagen sollte, leicht zwischenzwei Feuer kommen könnten.In 5?onstantinopel wird die Lage von verschiedenen Be-obachtern verschieden gesehen. Nach den einen sind die Soldaten ernüchtert und viele erklären, sie hätten gar nicht ge-wüßt, warum sie gemeutert haben. Vor allen Dingen wares ihnen angenehin, daß sie bei der Gelegenheit Geld er-hielten.(Das lvahrschcinlich vom Sultan stammt, der voreinigen Tagen große Summen bei einer Bank abgehoben hat).Diese ernüchterten Truppen würden es auf einen ernsthaftenKampf mit den Soldaten der Jungtürken nicht ankommentiefen. Andere Meldungen aber behaupten, daß die Geistlichkeitzu Konstantinopel fieberhaft tätig, zum Widerstände gegen dieJungtürken anfeuere, und daß sie die Truppen versichert,die Macht des Islams werde sich wie in Konstantinopel auchbei den Komiteesoldaten stärker erweisen als der Einfluß des-ungtürkischen Komitees, d. h. also, die Truppen der Jung-türken würden sich von ihnen lossagen, sobald sie zum Kampfegegen die Glaubcnsbrüdcr geführt werden sollten. Die Er-fahrung soll, so behauptet ein Telegramm der„Franks. Ztg.",lehren, daß türkische Soldaten stets im letzten Moment ver-sagten, wenn sie gegen das eigene Fleisch und Blut kämpfensollten. Indes ist das nicht ganz wörtlich zu nehmen— dieJanitscharen sind einst durch türkische Brüder vernichtetworden.Alles spitzt sich also auf die Frage zu. ob die Truppendes Korps von Saloniki den Jungtürken auf alle Fälle sichersind. Ein jungtürkischer Gewährsmann eines Scherlblattesbehauptet es; in jahrelanger Propaganda hätten die Offizieredes Korps diese Soldaten für die Sache des Fortschrittsgewonnen und systematisch zu Staatsbürgern erzogen,die über den Wert konstitutioneller Einrichtungen im klarensind. Ob sich diese politische Erziehung bewähren wird,ob sie intensiv genug war, um die religiösen Vorurteile zuüberwinden, das muß sich jetzt bald herausstellen.Sehr trübe lauten die Nachrichten aus Kleinasicn. Dortist der nationale und religiöse Fanatismus wieder zu hellenFlammen entfacht— Hunderte von Armeniern sollen inAdana niedergemetzelt sein und in anderen Orten sollensich ähnliche Greuel vorbereiten. Schon sind die Kriegsschiffeder Großmächte auf dem Wege nach den klcinasiatischen Häfen.Auch Europäer sollen der entfesselten Wut der Mohammedanerzum Opfer gefallen sein. Mönche. Missionare und Konsular-beamte sind ermordet und verwundet worden. Die Einmischung, der Großmächte in die inneren türkischen Angelegen-heitcn kann beginnen. Gleichzeitig mehren sich die An-zeichen, daß Bulgarien auf den Moment wartet, daes in Mazedonien einrücken kann. Die Regierungzu Sofia hat der Pforte die Aufforderung zugehen lassen.ohne Rücksicht auf die vorherige Regelung aller Streitfragen.inklusive der Entschädigung für die Orientbahn, die An-erkennung des Königreichs Bulgarien aus-zusprechen, weil die bulgarische Regierung bei weiterer Ver-schleppung der Anerkennung trotz ihrer Loyalität zu ent-scheidenden Schritten genötigt wäre..»Die bedeutsamsten Meldungen vom Tage lauten:Konstantinopel, 17. April. Die Nachricht, daß es gelungen sei,die gegen die Hauptstadt heranziehenden Truppen zur Rückkehrzubewegen, ist falsch. Nach Mitteilungen von, naßgebenderSeite steht fest, daß die Garnisonen von Adrianopel und Saloniki,zusammen etwa 7000 Mann, gegen die Hauptstadt unterwegs sind.500 Mann sind bereits in Tschadalscha, 7S Kilometer vorKonstantinopel, eingetroffen. AIS die im Borort Hadem-k o i stehenden Truppen das Herannähen der Komiteetruppen erfuhren,verlangten sie st ür misch, nach der Haupt st adtgebracht zu werden. Sie hielten den in der Richtung nachKonstantinopel vorüberfahrenden Konventionalzug an und zwangendie Reisenden, auszusteigen. Erst als den Soldaten zwei Extrazügezur Verfügung gestellt wurden, konnte der Konventionalzug weiter-fahren. Die Garnison von Hademkoi, deren Eintreffen in Kon-stantinopel erwartet wird, ist etwa 1000 Mann stark. Es heißt,daß viele jnngtürkische Offiziere in bulgarische Dienste über-getreten seien.Frankfurt a. M.» 17. April. Tie„Frankfurter Zeitung" meldetaus Konstantinopel: Vier Militärzüge mit u n-gefähr 2500 Mann sind 3 Uhr nachts von Saloniki undAdrianopel in Tschataldscha eingetroffen. Sie stiegenruhig und in vollster Disziplin aus und besetzten die dortigen Ver-teidigungstverke. Das in Tschataldscha befindliche ständigeArtilleriekontingent verhielt sich passiv. Um 2 Uhr nachtS fuhr vonhier ein Extrazug mit dem gestern angekündigten Ulema als demDelegierten des Sultans, sowie acht Abgeordneten nach Tschatald-scha ab. In Hadeinkeni, dem Vorwerk von Tschataldscha, schloß sichdie etwa 1200 Mann betragende Besatzung der Saloniker Bewegungan. Die Eisenbahn Saloniki— Dedeagatsch ist für den Personen-und Güterverkehr infolge des Truppentransportes von Salonikiaus gesperrt worden.Konstantinopel, 17. April, 11 Uhr 30 Min. vormittags. Heutemorgen waren über die unterwegs befindlichen TruppentransporteIvidersprcchende Gerüchte verbreitet. Es soll der Regierung gelungensein, durch die Versicherung, daß die Verfassung nicht gefährdet sei,die Truppen zur Rückkehr zu bewegen. Etwa 40 Abgeordneteversammelten sich gestern außerhalb des Parlaments. Einige regteneine gemeinsame Mandatsnicderlcgung an, die Mehrheit vertratjedoch den Standpunkt, daß die Abgeordneten zur Verteidigung derVerfassung auf ihrem Posten bleiben müßten. Es wurde be-schlössen, dem neuen Kabinett keine Schwierigkeiten zu machenund seine Bemühungen um die Beruhigung des Landes zu unter-stützen. Wie verlautet, steht der Zusammenschluß der Liberalenund der Jungtürken zur gemeinsamen Verteidigung der Verfassungbevor. Die Stadt i st bisher ruhig.Konstantinopel, 17. April. Die Vereinigung der Ille-mag hat eine Proklamation erlassen, in der es heißt: Durch denMißbrauch der Freiheit und infolge der Vergnügungssucht sei zubefürchten gewesen, daß das Scheda kompromittiert werde. DieseBefürchtung sei, Gott sei Dank, beseitigt. Es bleibe nur ein Restvon Haß zwischen Soldaten und Offizieren, limauch diesen zu beseitigen, habe die Vereinigung der Ulemas Dclc-gationcn gebildet, welche die Kasernen besuchen und predigen, wienötig die Offiziere seien, die den Staat so viel kosteten. Wenndie Soldaten dem Schcriagesetz folgen, so müßten sie auchden Vorgesetzten Gehorsam leisten. Wenn ein Ossi-zier das Scheria verletze, sei es Sache der Regierung, nach demScheria dessen Strafe zu diktieren. Wenn die Soldaten sich selbstdas Recht nähmen, zu strafen, so verursache dies viele Fehler, undwenn sie nicht auf Erden hierfür gestraft würden, so bringe diesdas Vaterland und den Islam in Gefahr und sie würden im Jen-seits ihre Strafe finden. Es wird die Hoffnung ausgesprochen,daß die Soldaten gehorchen werden, und sodann wird mitgeteilt,daß an die gesamte mohammedanische Provinzgcistlichleit Ordergegeben worden sei, der Armee die nötigen Ratschläge zu erteilen.—(Die Proklamation war dringend nötig, da Beleidigungen, Miß-Handlungen, Verwundungen und vereinzelte Totschläge von Ossi-zieren durch die Mannschaften fortdauerten.)Eine zweite Proklamation der Nlemas stellt denBrief der mohammedanischen Union an den Sultan vom Mittwochrichtig, in dem es hieß, daß es in den Händen des Sultans liege,die Verfassung aufzuheben und die Kammer aufzulösen. Im Gegen-teil! Beides müsse, dem Islam entsprechend, er-halten werden, da sonst große Uneinigkeit ent-stehen und das Vaterland den Feinden preis-gegebenwürde. SomitseiesPflichtaller.dieVer-fassung zu verteidigen. Es wäre nicht zulässig, auf Be-fehle des Sultans zu achten, die gegen das Scheria gerichtet wären,Zweifellos wären die Truppen, die Ulemaö. die Sofias und dieBevölkerung, welche die Sünden des Absolutismus kennen undschwuren, die Verfassung zu schützen, bei dem geringsten Versuchezur Beseitigung der Verfassung ihr Leben zu opfern. UebrigenS,schließt die Proklamation, ist es unmöglich und unglaublich, daßder Kalif und unser Meister, welcher geschworen hat, die Verfassungzu schützen, die Verfügung treffen könnte, die Kammer zu schließen.Konstantinopel, 17. April. Ter Sultan hatte gestern eineKommission, die aus zwei Abgeordneten, einigen Offizierenund drei HodschaS bestand, den Saloniker Truppen ent-gegengesandt. Tie Kommission traf den ersten Truppen-transport bei Tscherkcßköi. Die Saloniker liefien sich nicht irremachen und zwangen die Kommissiou umzukehren.(Berl. Tgbl.)Konstantinopel, 17. April. Den Abzug der Garnisonvon Hademkon benutzten die Saloniker Truppen, um ihrePosition von Tschataldscha nach H a d c m l o i vorzuschieben undsich in den Besitz der dort befindlichen Artillerie zusetzen. Von durchaus authentischer Seite verlautet, daß, entgegenden hier verbreiteten Nachrichten, eine vollständige Eini-gung zwischen dem 2. und 3. Korps besteht und daßbeide Korps entschlossen sind, auf Konstantinopel vorzumarschieren.Nachrichten ans Tschataldscha melden, daß bis heute abenddas komiteefreundliche Truppenkontingent 10 Bataillone starksein werde. Vergangene Nacht wurden 10 Offiziere derKriegsschule umgebracht.— Die Konsulardepeschen ausAdana» welche allen Botschaftern zugingen, lauten entsetzlich undtrostlos. Man ruft flehentlich um Hilfe.--- Das russischeSchwarzmeergeschwader, bestehend aus drei Panzer-schiffen, fünf Panzerkreuzern und einer Anzahl Torpedoboote,kreuzen seit heute mittag in einer etwa zweistündigen Entfernungam Eingang des Bosporus.(Frkf. Ztg.)Konstantinopel, 17. April. Der Kriegsminister traf euer-g i s ch e Vorkehrungen, um die Komiteetruppen bei ihremMarsche gegen die Hauptstadt aufzuhalten. Sofias und U l e.mas halten öffentliche Reden, in denen sie die Recht-gläubigen auffordern, ihren Glauben bis zum letztenBlutstropfen zu verteidigen. In den Moscheen findennachts Beratungen von Hodschas und Sofias statt. Die Geistlich-keit erklärt, die Macht des Islams werde sich wie in Konstanti-nopel auch bei den Komiteetruppen stärker erweisen als der Ein-flujz d«s jungtürkifchen Komitees»Tie Lage in Mazedonien.Saloniki» 17. April. Bei den vorgestern abgehaltenen Massen»Meetings wurden sehr starke Ausfälle gegen den Sultan gemacht.Die Jungtürken hatten die Rednertribüne mit einer umflortentürkischen Fahne geschmückt. Auf den Meetings wurde beschlossen.den Marsch gegen Konstantinopel unbedingtauszuführen.— Vergangene Nacht trafen aus MonastirTruppen hier ein. Hier ist alles überzeugt, daß die Jungtürkcnihre Sache durchführen und das strengste Gericht mit den Ver-rätern halten werden.Uesküb, 17. April. Die Albanesen beobachten Ruhe undbeabsichtigen die den Jungtürken gegebenen Versprechungen zuhalten.Agram, 17. April. Nach telegraphischen Meldungen ausP l e w l j e ist in verschiedenen Teilen des Sandschaks Novi-bazar eine Reihe blutiger Aufstände gegen dieJungtürken ausgebrochen. Mehrere Jungtürken wurden er-mordet, viele mußten nach Bosnien flüchten.Die Lage in Kleinasien.Alcxandrctte, 17. April.(Meldung der Agence Havas.) DieMohammedaner haben die Christen im Küstengebietvon P a y a s überfallen und zwei christliche Dörfer in Brandgesteckt. Wie verlautet, befindet sich die Mission der Lazaristcnin großer Gefahr.Tie Meldungen ans Kleinasicn lauten überhaupt sehr beun-ruhigend. In Beirut und E r z e r u m sind die Muselmanensehr aufgeregt und man befürchtet Unruhen.Konstantinopel, 17. April. Bei den Massakres inAdana wurden 400 Christen getötet, darunter 2 Missionare.Wien, 17. April. Wie das„Fremdenblatt" erfährt, bestätigtsich nach einer hierher gelangten Konsularmeldung die Nachricht,daß der englische V i z e k o n s u l in Adana bei dem vonden Armeniern angerichteten Blutvergießen verwundetworden ist.politische Oebernebt.Berlin, den 17. April 1909.Zersetzungstätigkeit.Die„Deutsche Tagesztg." ist wieder einmal dabei, die„Boll-werle einer starken Monarchie" zu stützen. In seiner jetzigen oppo-sttionellen Stellung, bei seiner Weigerung, etwas zu den Steuer-lasten beizutragen, hält es das Agrarierorgan für besondersopportun, seine monarchische Treue zu beweisen. Schon Heine sagtja einmal: Wenn nian einen Monarchen prügelt, muß man lautrufen:„Es lebe der König!"Die„Deutsche Tagesztg." bellagt deshalb die„Zersetzung?-tätigkeit" demokratischer und sozialdemokratischer Kreise, die den Wertdes Fahneneides herabsetzten und dadurch„alle Verfassungstreueund Mannesehrlichkeit" antasteten. Die gleiche ZersetzungS-tätigleit übten diese Demokraten und Sozialdemokraten durchihre Brandmarkungen der Militärmißhandlungen aus. Dabeibeständen doch die meisten Soldateinnißhandlnngen in Mißhandlungendurch ältere Mannschaften. Die Mißhandlungen durch Vorgesetzteseien viel seltener; am seltensten aber Mißhandlungen durch Offiziere.Geradezu frivol sei es, wenn man die ostelbischen Junker für dieSoldatenmißhandlungen verantwortlich mache.Die„Deutsche TageSztg." stellt sich wirklich dümmer als fie ist.Denn wenn auch ostelbische Junker sich selbst nur in geringeremMaße an den körperlichen Mißhandlungen der Soldaten beteiligen.so ist es doch der von dem Junkertum gepriesene und konservierteGeist des im blinden Kadavergehorsam gipfelnden Militarismus, derso viele Unteroffiziere zu scheußlichen Quälern ihrer Untergebenenwerden und auch die älteren Mannschaften in brutaler Weise diejüngeren Mannschaften malträtieren läßt. Dieser Zusammenhangkönnte auch der„Deutschen TageSztg." nicht schleierhaft sein, selbstwenn er nicht so unzählige Male nachgewiesen worden wäre.„Demagogie schlimmster Art" soll eS nach dem Bündlerorganauch sein, wenn von der Sozinldemokratie zwar Soldatenmißhand-lungen gebrandmarkt, nicht aber auch die„erhebenden Bilder treuerausopsernder Kameradschaftlichkeit zwischen Offizier und demeinfachen Soldaten" mitgeteilt würden. Wir begreifen wirklich nichtdie Entrüstung des BllndlerorganS. Wenn diese erhebenden Bildernicht ganz vereinzelte Ausnahmen darstellten, so würdedie„Zersetzungstätigkeit" der sozialdemokratischen Kritik nicht nur ihrenEinfluß vollständig verfehlen, sondern von den Militärpflichtigenselbst als Verleumdung empfunden werden, in diesen Kreisen alsogerade einen Abscheu vor der verleumderischen Tätigkeit der Sozial-demokratie erwecken. Wenn die sozialdemolratische Zersetzungstätig-keit wirklich Erfolg hat, so nur deshalb, weil die sozialdemo-kratische Kritik den Nagel auf den Kopf trifstlUeberschätzung der akademischen Bildung.Seitdem nicht nur Professor Wagner und ProfessorDelbrück, sondern auch die weitaus meisten Professorender Nationalökonomie sich denn doch geweigert haben, denFeldzug der agrarischen Steuerdrückeberger gegen die Nachlaß-steuer mitzumachen, ist der Respekt des Bündlcrorgans vorder akademischen offiziellen Wissenschaft und akademischenBildung sehr gesunken. Die„Deutsche Tagcszt g."zitiert heute einen Artikel der„Grenzbotcn", worin eS heißt:„Das Grundgebrechen unserer Universitäten liegt, wie schonde Lagarde in seiner kernigen Weise gezeigt hat, darin, daß siekein EthoS und darum keinen Charakter haben, sondern einMittelding sind zwischen Schule und Universität. Jene doppel-irrtümliche und unhistorische Annahme, daß fie erstens vor alleinStätten wissenschaftlicher Forschung seien und zweitensdie Gesamtheit der Wissenschaften umfassen müßten, läßt den Begriff der Univerfität ins Bage zerfließen, verliert ihren positivenZweck ganz aus dem Auge. Die Folge ist der Wissenschaft-liche Großbetrieb, der aber keine entsprechende Renteabwirft, ist weiter die ungeheure Ueberschätzung dersogenannten„akademischen" Bildung, nach derjetzt auch die Weiblein, die Volksschullehrer, ja selbst die Arbeiterverlangen, gleich als wenn höhere Bildung überhaupt nurauf Universitäten zu finden sei und auch immer von damitgebracht würde, während doch die Geschichte der Wiffenschaftenlehrt, daß ihr Fortschritt zu keiner Zeit und in keinemLande an Universitäten und an eine so oder andersgeartete Verfassung geknüpft gewesen ist."Die„Deutsche Tagesztg." unterschreibt das Urteil der„Grenzboten" durchaus. Sie bezweifelt namentlich, ob selbstdie beste akademische Vorbildung in besonderem Maße zursicheren Beurteilung des praktischen Lebens befähige.Namentlich ob die Hochschätzung der akademischen Bildung ver-Kunden sei mit einer Unterschätzung der nichtakademischen Bildung.Wir wollen uns diese hübschen Bemerkungen über denWert der staatlich abgestempelten akademischen Bildung undder offiziellen Wissenschaften für vorkommende Fälle merken.Tie preußische Sparpolitikwird durch folgende Mitteilungen wieder in grelle Beleuchtung ge-rückt: In dem großen Eisenbahntunnel bei Cochem