Nr.W. 36. Jahrgang.I Irilip Ks Jotmirts" JJtiliiift WsdlMSonntag, 18. April 1909.Franzö[ifcl)er Parteitag.Tt. Etienne, 14. April.(Gig. Ber.)4. Tag.(Schluß.)In der VormittagZsitzung war die Diskussion über die Wahl-taktik abgeschlossen worden. Bemerkenswert war das Bemühen der„insurrektionellen" Redner, den peinlichen Eindruck der gesternvon Frau Pelletier gebrauchten Wendungen über die Republikzu verwischen. Einer der hitzigsten Jnsurrektionellen, der Post-bcamte C h a st e n e t, bekannte sich ausdrücklich als Republikanerund auch Herbe selbst erklärte, daß er nur gegen die„imperia-listische" Republik sei. Die Pariser Arbeiter sind eben eingefleischteRepublikaner und Demokraten, trotz aller Porliebe für antiparla-mentarische Demonstrationen, und der scheinbar so„unbedingte"Herve versteht sich merkwürdig gut auf den Opportunismus.Maifeier.In der Nachmittagssitzung wurde nach der Wahl der Admi-nistrativkommission ein Manifest sür die Maifeier angenommen,das die Arbeitsruhc an diesem Tage fordert. Eine Reihevon Rednern sprachen über die gemeinschaftlichen Veran-staltungen der Feier 4mrch die Partei und die Gewerkschaften, diein der Provinz zahlreich sind. Ein Beschluß in dieser Beziehungwurde nicht gefaßt.Die Konsliktsfälle.Dueos de la Haille erstattet den Bericht der Konflikts-kommission. Die Lösungen lauten sehr friedlich. Von den wichtigenFällen ist zunächst der des Deputierten Rozicr zu erwähnen,den die Scine-Föderation ausgeschlossen hat. Ein Teil der gegenihn vorliegenden Fakten ist jedoch durch den Amnestiebeschluß vonToulouse ausgeschieden. Es bleibt eigentlich nur die Nicht-zugehörigkeit zur Parteiorganisation und diese hängt damit zu-fammen, daß Roziers Gruppe aus der Föderation ausgeschlosienworden ist. Ter Antrag der Kommission, die Ausschließung auf-zuHeben, wird mit 2S1 gegen 61 Stimmen und 26 Enthaltungenangenommen und die Ordnung der Organisationsverhältnisse derAministrativkommission anvertraut.Es folgt der Fall D e g a h. Die Föderation des Pas-de-Calaishat für eine Nachwahl den Parteigenossen Dcgay aufgestellt, derstellvertretender Chef des Kabinetts des Arbeits-Ministers V i V i a n i ist. Diese Kandidatur widerspricht einemBeschluß des Nationalrats der Partei, der die Aufstellung von Mit-arbeitern der Minister untersagt. In der Debatte macht D e l o r ydarauf aufmerksam, daß der Nationalrat das Parteistatut nichtändern könne. In der Sache selbst haben die Delegierten des Pas-de-Calais fast den ganzen Kongreß gegen sich, sie erklären aber, indem jetzigen Stadium der Wahlkampagne keine Aenderung mehrtreffen zu können. Schließlich wird, auch mit ihren Stimmen,eine Resolution angenommen, die den Beschluß des Nationalratsbestätigt und Degay vor die Alternative stellt, zwischen seiner Stel-lung im Ministerium und der Kandidatur zu wählen.Im Falle Breton, Varenne und B r o u s s e ist die Kom»Mission zu der Ansicht gekommen, daß ein Formfehler vorliege, dadie gegen diese Deputierten erhobenen Beschwerden— gegen alledrei wegen der Abstimmung während des Poststreiks, gegen Bretonobndrein wegen seiner in der bourgeoisradikalen Presse gegen denParteikandidaten M b r e u s geführten Kampagne— nicht vor dieals erste Instanz zuständige Föderation der Deputierten gebrachtworden seien. Der Parteitag beschließt, die klageführenden Or-ganisationen dahin zu verweisen.Es bleibt der Fall Herve. In bezug auf diesen ist die Kom-Mission zu keinem Beschluß gekommen. Ein Antrag De laPortes, Herve— sowie Breton— wegen ihrer allgemeinenHaltung der Parteizugehörigkeit für verlustig zu erklären, ist mit10 gegen 2 Stimmen, bei 4 Enthaltungen, abgelehnt worden.C a f f i n(von der insurrektionellen Eeine-Mehrheit) beantragtedie Beglückwünschung HerveS wegen seiner Bemühungen umdie Partei! Der Antrag bekam 2 Stimmen, 1 Mitglied enthieltsich, die anderen waren dagegen. Die einfache Tagesordnung wurdegleichfalls abgelehnt, ebenso der Ausschluß Herdes wegen der gegenihn geltend gemachten Disziplinbrüche(mit 10 gegen 5 Stimmenund 1 Enthaltung) und ein Tadelsantrag(mit 4 gegen 4 Stimmenund � Enthaltungen). Die Frage ist somit wieder vor das Plenumdes Parteitages gebracht. V a i I l a n t beantragt einfachen U e b e r-gang zur Tagesordnung. Delory wendet sich mit Ent-Kleines feuilleton.Sccneit aus der türkischen Gegenrevolution schildert der Korre-spondent des„Daily Telegraph" i n K o n st a n t i n o p e l: Auf demWege zur Sophienmoschee hatte mein Wagen die Brücke erreicht,als dichte Gruppen aufgeregter Bürger mir die Weiterfahrt ver-sperrten. Wir mußten zurück. Am Wege sah ich einen toten Sol-daten liegen. In der Trambahnstraße wurden wir wieder ausge-halten, dichte Menschenmengen drängten sich und inan fürchtete einGemetzel. Die Sorgen waren unbegründet. Am Eingang zu demgroßen Platze endlich versperren mir Bürgerposten den Weg, nurSoldaten und Geistliche dürfen passieren. Zum Glück treffe ichzwei mir bekannte Deputierte, die mich mitnehmen. Nach langerPerhandlung mit den Soldaten darf ich den Kordon passieren unddas Parlanientsgebäude betreten. Hier freilich hört das Weiter-kommen auf. Die Torhüter, die mich gut kennen, verweigern mirheute den Eintritt. Ich muß auf dem Platze bleiben. Alle Seitensind angefüllt mit den blauen Uniformen der Soldaten und derKhakisarbe der Jäger von Saloniki. In der Mitte des Platzessitzen türkische Soldaten mit untergeschlagenen Beinen in großemkreise auf der Erde. Nirgends ist ein Offizier zu sehen. BonGruppe zu Gruppe schreiten weißbeturbante Hodschas(niedereGeistliche) und sprechen mit den Soldaten. Einer der Agitatorenspricht mich an:„Sie sehen, wir wollen nichts als die Anwendungoes heiligen Gesetzes. Wenn jemand mordet, so bedeutet das Todes-strafe-, wer stiehlt, verliert die Hand. Dann wird alles gut gehen.Aber jetzt wird das Gesetz nicht angewandt. Und es darf den Sol-daten nicht verboten iverden zu beten." Ich antwortete, ich seinicht beten dürsten.„Ja." sagt er.„Ihr habt eine Religion, unserenicht beten dürfen.„Ja." sagt er,„Ihr habt eine Religion, unsereRegierung aber hat keine." Und das ist die Tendenz dessen, wäsauch alle anderen sagen. Plötzlich entsteht lebhafte Erregung: vonder Sultan Ahmed-Moschee kommt eine gewaltige Menge vonUlemas und Sofias(islamitische Theologen und deren Schüler)herangezogen. Die breite Straße gleicht ernem Meer von weißenTurbanen. �Der endlose Zug erreicht den Platz, kreuzt ihn. indesvon allen Seiten brausende Hochrufe ertönen, und bildet endlichgegenüber dem Parlamentsgebäude einen riesigen Menschenhaufen.Die Geistlichen kommen, um den Klagen der Soldaten ihre Unter-stützung zu leihen. Ich. wollte dableiben, aber ein Zwischenfall ver-eitelte das Porhaben. Von dem Hause, vor dem ich auf einer Bankstehe, fällt ein Pistolenschuß. Sofort entsteht Erregung unter denSoldaten, wütend erklimmen einige das Fenster. Ich werde dabeiumgeworfen, die Soldaten fragen mich, was ich hier zu suchen habe.Ein Polizeisergcant bittet mich zu gehen. Unbelästigt verlasse ichden Platz und gehe zur Pforte. Auf der Terrasse stehen Dolmetscherund Gesandtschaftssekretäre mit sorgenvollen Mienen. Man ver-sucht, zum Kriegsministerium zu kommen, aber der große Platz vordem Gebäude ist von einem Truppenkordon abgesperrt, der Befehlhat, scharf zu feuern. Aber dies sind treue Truppen; sie stehenuntxr dem Befehl von Mahmud Muktar Pascha.,,,schiedenheit dagegen, da ein solcher Beschluß auf eine Gutheißungvon Herves Vorgehen hinausliefe und ihn ermutigen würde, fort-zufahren. Er fordert einen Beschluß, der, ohne persönliche Spitze,die Parteimitglieder auffordert, die Parteibeschlüsse und das Par-teistatut zu achten und erklärt, daß diejenigen, die sich in Zukunftdiesem Beschluß nicht fügen und die Einheit der Partei gefährdenwürden, sich selbst außerhalb der Partei stellen. C af f i n legt seinenBeglückwünschungsantrag vor, dem ein Tadel für die Parteimit-glieder. die in bürgerliche Blätter schreiben, beigefügt ist. L a fo n tiSyndikalist) findet heraus, daß auch in bezug auf Herve ein Form-fehler im Verfahren vorliege, der allerdings nicht den anklagendenFöderationen, sondern der Administrativkommission zur Last falle,die verabsäumt habe, die Angelegenheit vor die zuerst zuständigeSeinc-Föderation zu bringen. Ein ländlicher Delegierter pro-testiert dagegen, daß der Kongreß mit dieser Angelegenheit sovielZeit verloren habe und meint, die Parteiadvokaten hätten ihrenScharfsinn früher bewähren sollen. Delory zieht seinen An-trag zurück, hofft aber, daß in Zukunft die Administrativkommission(der auch Lafont angehört), die Bestimmungen des Parteireglementszu richtiger Zeit beachten werde. Durch die Zurückziehung seinesAntrages ist die Angelegenheit Herve ohne Beschlußfassung erledigt.Tie Agrarfrage.Die Kommission hat über die Formulierung der Forderungenin der Landfrage keine Einigung erzielt. Sie beantragt, alle zudiesem Punkt gestellten Anträge einer A g r a r k o m m i s s i o n zu-zuweisen, die aus der Verwaltungslommission und Delegierten derländlichen Föderationen und der Fraktion zusammengesetzt ist.Diese Kommission soll dem nächsten Parteitag ein Agrarprogrammvorlegen. Der Kommissionsbcricht wird einstimmig angenommen.Die Wahltaktik.G o u d e erstattet den Kommissionsbcricht über die Frage derWahltaktik. Alle Föderationen haben ihre Anträge zurückgezogen,mit Ausnahme der Mehrheit der Seine-Föderation. V a i l l a n tfordert im Namen der Minderheit der Seine-Föderation Verhand-lung der Frage im nächsten Jahr, zum Zweck der Festsetzung einereinheitlichen Taktik. Lorris, Varenne, Jaures sprechenin demselben Sinne. Ter Antrag der Seine-Mehrheit auf Aufrechterhaltung aller Kandidaturen im zweiten Wahlgang wird mit264 gegen öl Stimmen abgelehnt. Somit bleibt der Status quoerhalten. Mit diesem Beschluß ist auch die Antwort auf den Vor-schlag der radikalen Partei gegeben.Die Verhandlung wird geschlossen. Der Vorsitzende R e-n a u d e I weist darauf hin, daß der Kongreß die wachsende Kraftder Partei und des organisierten Proletariats bewiesen habe. La-fargue erinnert daran, daß er 1882 mit den Genossen Alle»mane, G u e s d e, Roiianet und F e r r o u l in St. Etiennezusammengetreten sei und freut sich des zurückgelegten Weges undder erreichten Einigkeit.Ilm 0 Uhr abends wird der arbeitsreiche Parteitag geschlossen.fünfzehnter Parteitag der Sozialdemokratüchen Arbeiterpartei(Hollands..Rotterdam, 13. April.Die Schlußsitzung befaßte sich mit der Redaktion von„Het Volk", die von mehreren Rednern angegriffen wurde. Vliegenverteidigte sie. Schließlich wurden die vier Redakteure gegen eineStimme wiedergewählt. Auch das neue Wochenblatt kommtnoch zur Sprache. Ter Redakteur Wibaut will es als Organ desMarxismus angesehen wissen. Angegriffenen soll Raum nur zukurzen Rektifikationen zugestanden»erden, des kleinen Ilmfangeshalber. Troelstra behält sich Polemiken gegen die Redaktion imWochenblatt selber vor.Der Parteivoranschlag, der an Einnahmen und Ausgaben10 200 Gulden aufweist, wird gutgeheißen.Ein Antrag des Parteivorstandes, die Mitgliederbeiträge nachdem Einkommen progressiv, aber mit einem wöchentlichen Maxi-mum von 20 Cent zu erheben, wurde angenommen.Der Vorsitzende Wiegen schloß den Parteitag mit einer Rede,in der er ausführte, daß dieses Mal mehr erledigt Ivorden sei, alsseit Jahren. Endlich habe man wieder kameradschaftlich diskutierenkönnen, der Bourgeoisie sei kein Stoff zum Jubel über Uneinigkeitgeboten, worauf sie für die Wahlen gehofft habe. Die drohendeDie erste Eisenbahn in Madagaskar. Die Insel Madagaskar,die an Flächeninhalt das gesamte Deutsche Reich übertrifft, besaßbis in die jüngste Zeit noch keine Eisenbahn, trotzdem�das Land seilnahezu fünfundzwanzig Jahren der französischen Schuhherrschaftuntersteht. Seit einer Reihe von Jahren befindet sich die ersteBahnlinie von der Landeshauptstadt Tananarivo nach dem Hafen-platz Tamatave an der Ostküste im Bau, aber dieser erwies sich alsso kostspielig, daß er nur langsam voranschritt und erst kürzlich dieerste, 271 Kilometer lange Strecke bis Brickaville eröffnet werdenkonnte. Die Baukosten betrugen, wie die„Koloniale Rundschau"mitteilt, für die ersten 168 Kilometer fast 300 000 Frank auf denKilometer, bei den letzte» 103 5ltlometer noch je 130 000 Frank, ins-gesamt sonach 63 700 000 Frank. Man hofft die Bahn bis zur Küstedurchzuführen und damit dem fruchtbaren Binnenland mit seinerungeheuren Reisproduktion große Ausfuhrmöglichkeiten, besondersnach Südafrika zu erschließen; denn die kaum drei Millionen Ein-wohner Madagaskars können den Ertrag der natürlichen Reisfelderim Innern auch nicht zum kleinsten Teil allein verbrauchen«Theater.Friedrich- W i l h c l m st ä d 1 i sjch e s Schauspielhaus: Der Dorftyrann von Hermann Hoppe. Wir habenim Verlauf der letzten Jahre eine Hochflut von Volksstücken inverschiedenen Dialekten über die Berliner Bühnen gehen sehen.Manches Gute war darunter; aber gehalten hat sich keins. LiterarischeZeitmoden—„Heimatskunst", das war auch so ein Schiagioort—haben sie herausgebracht, also mußten sie auch deren Schicksal teilen:sie verschwanden immer, um anderen Moden Platz zu machen. Sieverschwanden aber vorzugsweise deshalb, weil niemals ein Anzen»gruber dahinter stand, hinter all den sächsischen, plattdeutschen undschlesischen Dialektstücken. Diese letztere Abart wird nun durch dieobengenannte Bauernkomödie vermehrt. Hermann Hoppe, einHirschberger Goldschmied seines Zeichens, versucht, in die Fuß-tapsen Gerhart Hauptmanns zu treten. Er ist kein Kunstdichterwie dieser und läßt in seinem Erstlingsstück noch keinerlei litera-rischen Ehrgeiz aufkommen. Problemdichtung, psychologische Tief-sinnigkeit, Gestaltung von Chraktcren und Schicksalen aus demInnern heraus: das alles und noch manches andere mehr sind ihmziemlich unbekannte Dinge. Hoppe dichtet wie ihm der Schnabelgewachsen ist. Wohlgemerkt aber mit unverkennbarer Ilrwüchsigkeit.Er beobachtet äußerlich schon sehr scharf; er kennt die schlesischenBauern und das Milieu, in dem sich ihr Dasein bewegt, ausnehmendgut. Dabei besitzt er eine komische Ader, die vielleicht einmal nochreichlicher fließen könnte. Für sein Stück hat er sich einen Typusausersehen, der ja auf dem Lande ziemlich überall heimisch ist. Dasist der überschlaue Erz- und Obergauner, dem kein Mittel zu schlecküdünkt, um die Bauern über den Löffel zu barbieren. Hoppes„Dorf-tyrann" ist eigentlich die llnikehrung des Problems in Wilhelmv. Polenz Roman:„Ter Büttnerbaucr". Hier siegt der Güter-ausschlachter; denn die Bauern gehen an ihm zugrunde. Bei Hoppewird aber der Pferdehändler Seifert von den Bauern nicht bloß„verdroschen", sondern auch gründlich geprellt. Er nimmt Reißaus— und niemals wird er wiederlehre». Hinter ihm drein dröhntdas Hohngclächter der Dörfler. Das alle? ist, wie gesagt, rechtSchwächung der Partei sei nicht eingetreten, sie»sei im Gegenteilgewachsen und werde in den kommenden Wahltagcin weiter wachsen.Er dankt dem internationalen Sekretär HuySmans sür seine An-Wesenheit bis zum Schluß und hofft, daß er die Ueberzeugung mit-nehme, daß die S. D. A. P. eine gute Kämpferin der Jnternatio-nalen sei.Unter dem Gesang der„Internationale" ging dcr Parteitagauseinander.vor Parteitag der»omegiichen Sozial-demobratie.Vom 8. bis zum 13. Awkil hielt die Norwegische Arbeiterparteizu Hamer am Mjönsen ihre 20. Landesversammlung ab. Seit dervorigen Landesversammlung sind drei Jahre verflossen. Inzwischenhat die Partei sich immer stärker entwickelt, ihre Mitgliederzahl istvon 24 000 auf über 28 000 gestiegen und die Frauen schließen sichauch in immer größerer Zahl der Organisation an. Die Partei-presse gewinnt� immer mehr an Einfluß und Ausdehnung. DasHauptorgan„Socialdcmokraten", das in früheren Jahren sich nichtrentierte, wirft jetzt Ueberschüsse für die Partei ab. die nun imganzen über 7 täglich und 0 drei- oder zweimal lvöchentlich erscheinende Zeitungen verfügt. Die Abonnentenzahl der Parteipreffebeläuft sich auf ungefähr 60 000. Dies, und der Umstand, daß beiden letzten Storthingswahlen vor drei Jahren 45 000 sozialdemo-kratische Stimmen abgegeben wurden, beweist, daß die Anhänger-schaft der Partei weit zahlreicher ist als ihre Mitgliedschaft.Diesmal waren zur Landesbersammlung 265 Delegierte er-schienen, bor drei Jahren waren es 225. Die skandinavischenBruderparteicn hatten ebenfalls Vertreter entsandt, die schwedischeSozialdemokratie den Reichstagsabgeordneten L i n d b l a d, diedänische den Kopenhagener Stadtverordneten Daugstrup. DieEröffnungsrede hielt der Bizevorsitzende Chr. H. Knudsen; derParteivorsitzende Dr. Nissen war leider durch Krankheit ver-hindert, an dem Parteitag teilzunehmen. Der Bericht des Partei-Vorstandes, der über die Fortschritte der Partei Aufschluß gibt, laggedruckt vor. Die Tätigkeit der 10 Mann starken Storthings-fraktion wurde im allgemeinen rühmend anerkannt. Ein Red-uer hielt es jedoch für verkehrt, daß die sozialdemokratische Fraktionsich geneigt gezeigt hätte, dem König eine Apanage zu be-willigen, nämlich 100 000 Kronen. Da es sich hier jedoch umeinen sozialdemokratischen Antrag gehandelt hatte, die Zivillistevon 750 000 Kronen auf jene Summe herabzusetzen, und nicht etwaum eine neue Bewilligung, erschien der Mehrheit des Parteitagesauch in diesem Punkt das Verhalten der Fraktion nicht tadeluL-wert. Dagegen wurde es scharf mißbilligt, daß einzelne Storthings-männer an Hoffe st lichkeiten im königlichen Schlosseteilgenommen hatten. Auf Vorschlag des Genossen L i bc-schloß die Landesversammlung, daß kein Mitglied derPartei an Hoffe st lichkeiten teilnehmen soll;16 Delegierte stimmten dagegen. Es kamen sodann einige Aende-rungsvorschläge zum Organisationsstatut der Partei zur Beratung.die jedoch nicht von einschneidender Bedeutung sind. Der wichtigstePunkt der Verhandlungen war die Stellungnahme z ü denbevor st ehe» den Storthingswahlen. Zur Wahl-taktik wurde ein Beschluß gefaßt, der in seinen wichtigstenSätzen besagt, daß in sämtlichen Wahlkreisen, wo die Partei eineOrganisation besitzt. Kandidaten aufgestellt werden sollen, und daßWahlallianzen mit anderen Parteien weder direkt noch durch still-schweigendes Uebcreinkommen stattfinden dürfen, was sowohl fürdie Hauptwahlen wie für die Stichwahlen gilt. Ferner wurde einWahlprogramm der Partei beschlossen, das mit den Wortenbeginnt:„Bei allen Wahlen erkennt die norwegische Arbeiterparteinur solche Kandidaten an, die mit dem ganzen prinzipiellen Pro-gramm der Partei einverstanden sind,"— und dann als die nächst-liegenden Aufgaben der Gesetzgebung unter anderen folgendeForderungen enthält, die bei der Wahlagitation besonders hervor-gehoben werden sollen:Allgemeines Wahlrecht für die Frauen inStaat und Kommune. Aufhebung der Wohnungsklausel fürdie Abgeordneten. Volksabstimmung bei wichtigen Gesetzen. Ver-legung der Wahlen auf einen arbeitsfreien Tag. Entwicklung derVolksschule zu einer gemeinsamen Schule für alle Kinder. FreieJugend-, Fach- und Mittelschulen, aufgebaut auf den oberstenkomisch gegeben und wirkt in feiner Derbheit auf die Lachmuskel«.Der Erfolg entsprach dem— und es erfreut um so mehr, alscr ehrlich errungen wurde. Freilich hat hieran auch die gute Dar-stcllung ihren großen Anteil. Friedrich Holthaus verlieh demPferdehändler Seifert äußerlich alle Verschmitztheit und Dumm-dreistigkeit, die auf ein komisches Ende hinausläuft. FranzCornelius stellte einen charakteristischen Genieindcvorstehcr,Franz Arnold gleicherweise einen Auszügler hin. Ein herz-erfrischendes Mielchen gab Elfriede H e i s l e r. Ihr Partner,Heinz Sarnow, war ein tvurzelstämnnger Bauer, dem dertrotzige Sinn wohl anstand. Die Inszenierung zeugte von gutemVerständnis. Es hätte einer sich im ersten Akt aufdringlich be-merkbar machenden Claque gar nicht bedurft; die heitere Stimmungbrach sich dank dem drastischen Humor, der die einzelnen Situationenbelebt, ganz von selber durch. Der Dichter mußte immer wiedervor der Rampe erscheinen. sc.Humor und Satire.ZweiDiplome. Der vom Zentrum als Reichstagskandidalaufgestellte Herzog Engelbert von Arenberg, der in Brüssel lebt,hat einen dortigen Butter- und Käsehändler zu seinem Lieferantenernannt und ihm darüber ein feierliches, in der Sprache derSouveräne abgefaßtes Ernennungsdekret ausfertigen lassen.—Dies ist auch sonst Brauch, wie folgende Dokumente beweisen:1. Wir Mathias von Gottes Gnaden Erzberger, Redakteurund Schriftsteller. Mitglied des Deutschen Reichstags, Bürger inWilmersdorf, Mieter i» der Pariser Straße. Steuerzahler, Mit-glied der Zentrumsfraktion, Urwähler, ehemaliger Gymnasiast,Zeitgenosse, Eisenbahnreisender erster Klasse, Inhaber der Steuer-veranlagt 1909/10. tun kund und zu wissen, daß Wir den Schuh-machermeister August Wilhelm Schulze in Groß-Berlin zu Aller-höchst Unserem Hofschuhwarenlieferanten ernannt haben. Es istdies in dem Vertrauen geschehen, daß der p. Schulze sich Aller-höchst Unfern Hühneraugen, insbesondere dem auf Unserer linkenkleinen Zehe, allzeit treu und willfährig zeigen werde. Vollzogenam 1. April im Jahre 31 seit Unserer Geburt.2. Wir Aujust Lüsecke aus die Mulacksjasse, von Jottes JuadenRestaurateur. Destilleninhaber und Weitzbierausschank mit franzö-sischem Billard, Ehemann erste» und Landwehrmann zweeten Uf-jebots, Mitjlied der Schützenjilde, des Kejelklubs Ratzenschieberund des Jesangvereins zur Heiserkeit haben dem Barbier undHühneroogenschneider Fritze Seifenschaum, ooch wird jepedikurt, zuunserem Hoffri- und Rascur jemacht. Es ist dieses in dem Aller-höchsten Zutrauen jeschehen, det er jeden Abend bei mir seineWeiße mit Himbeer trinkt, denn sonst kann er Uns Unfern Puckelrunterrutschen, der faule Kopp der. Eegenhändig unterkreizt.!k„Jugend".)Notizen.*■— D i e Jffland-Aus st eilung im LcssinghauS-Museum wird auch Sonntag, den 18. und Montag, den 19. April.von 10— 12 Uhr vormittags unentgeltlich geöffnet sein. Nach diesemTage gehen die aus fremdem Besitz stamrnxuden Gegenstände ipiederon die Darleiher zgrüä,"'