aus den gesetzlichen Bahnen reihen kann, ist die Not, und sie bedarfweitgehender Berücksichtigung." Das Maß von Berücksichtigungaber, dah der Entwurf ihr zuerkennt, ist unseres ErachtenS noch vielzu gering. Es soll immerhin noch mit Geldstrafe bis zu 300 M. odermit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft werden tonnen, wer aus Notgeringwertige Gegenstände entwendet oder unterschlägt. Diese Be-schränkung auf geringwertige Gegenstände hat ihre Bedenken. Wer durchdie Not, durch Hunger und Kälte zum Diebstahl getrieben tvird, pflegtdaS ihm erreichbare fremde Eigentum nicht auf seinen Wert anzusehen.Die Not entschuldigt gleichermaßen den Diebstahl eines hoherIvertigen wie eines geringwertigen Gegenstandes Ob eine armeMutter, um ihr Kind vor der Kälte zu schützen, ein geringwertigesoder ei» höherwertiges Kleidungsstück, wie sie eS gerade erlangenkann, nimmt, sollte unmöglich für die Beurteilung des Falles maß-gebend sein. Wenn man hier schon bestraft, sollte man überaeringe und leichte Haft nicht hinausgehen. Grundsätzlich läßt sichsehr wohl die Forderung, daß ein solcher Diebstahl als einAkt des NotrechtS straffreibleiben muß.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Mindestensmüßte der Richter in der Lage sein, unter Würdigung des Zwangesin der Not auf Freisprechung erkennen zu können. Leider ist dasnach dem Vorschlage des Entwurfs ausgeschlossen. In der Schluß-nummer des Entwurfs erhält der Tatbestand der Erpressung eineveränderte Fassung, die insbesondere für die Arbeiterkoalition vongrößter Wichtigkeit ist. Nach dem geltenden Z 253 wird wegenErpressung bestraft,„wer, um sich oder einem Dritten einen rechts-widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, einen anderen durchGewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unter-lassung zwingt". Die Begründung des Entwurfs sagt nun, dieseungemein weite Fassung des Begriffs der Erpressung hat ihm einso ausgedehntes Anwendungsgebiet gegeben, daß in zahlreichenFällen Handlungen als Erpressung bestraft werden, bei denen nachder allgemeinen Auffassung ein ehrenrühriges Vergehen nicht vor-liegt. Der Begriff der Erpressung ist von Staatsanwältenund Richtern aus die Androhung von Streiks, Sperrenund Boykotts ausgedehnt worden. Zum wirklichen Wesen einessolchen Delikts gehört es aber auch, daß eS auf eine Vermögens-schftdigung gerichtet ist und eine solche zur Folge hat. Ganz u n-h a- t b a r ist der Zustand, daß die Rechtsprechung dazu gelangt ist,als rechtswidrigen Vermögensvorteil jeden Vermögensvorteil anzu-sehen, auf dessen Erlangung ein Rechtsanspruch nicht besteht. Beisolcher AttSlegung muß der Käufer bestraft werden, führt die Be-oründung aus, der mit der Entziehung der Kundschaft droht, fallsihm die angebotene Ware für einen von ihm angemessenen Preisnicht verkauft wirb, der Mieter, der mit Kündigung droht, derArbeitgeber oder Arbeiter, der durch Drohung mit Entlassung bezw.mit Arbeitseinstellung Zugeständnisse hinsichtlich der Lohn, undArbeitsbedingungen erreichen will. Die Begründung fügt hinzu,daß namentlich die letztgedachte Folgerung mit der Tendenz desK 162 der Gewerbeordnung im Widerspruch steht und beide Par-�-ien schädigt, indem sie sie veranlaßt, Ausgleichsverhandlungenzu vermeiden. Daß der Gesetzgeber eine solche Ausdehnung desBegriffs der Erpressung nicht beabsichtigt hat, steht ganz außerZweifel. Düe im Entwurf vorgeschlagene Fassung des§ 253 willden Tatbestand der Erpressung dem Tatbestande deS Betruges injeder Beziehung anpassen, insbesondere soll die Vollendung desVergehen» erst dann eintreten, wenn das Vermögen eines anderentaisächlich ge schädigt worden ist. Beachtenswert ist die Schlußbe-merkung der Begründung, daß bei dem Zwange zum Abschluß einesgegenseitigen Vertrages für die Frage, ob eine Vermögens-beschädigung vorliegt, der Wert der beiderseitigenL e i st tl n g e n in Betracht zu ziehen sei. Eine durch Drohung mitArbeitseinstellung erlangte Lohnerhöhung würde also nur dann alsErpressung strafbar sein können, wenn der ans die Drohungen hinvereinbarte Lohn im Mißverhältnis zu dem wahren Werteder Arbeitsleistung steht. ES muß das größte Bedenken erwecken.daß die Entscheidung der Frage nach dem wahren Wert der Arbeits-leistung für die Feststellung des Begriffs Erpressung bestimmend seinsoll Welches ist dieser wahre Wert? Worin begreift er fich? Wieläßt er sich feststellen? Wer soll ihn feststellen? Man kann dochnicht eine st reitige nationalökonomische Fragemit einer strafrechtlichen verguicken. Dieser Fehler.der leicht die Handhabe zuschikanöser und ungerechter firaftechtlicher Behandltuig von Arbeiternabgeben kann, darf nicht in das Gesetz hinein.(LebhafteZustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wer bürgt dafür, daßeinzelne Gerichte nicht jede erhebliche Lohnerhöhung als im Miß-Verhältnis zur Arbeitsleistung stehend ansehen werden. WaS ist für denArbeiter gewonnen, wenn er durch Drohung mit Arbeitsnieder-legung nur eine unbedeutende Lohnerhöhung durchsetzen darf, aberbefürchten muß. bei Erlangung eines im Vergleich zu früher wesent-l i ch h ö h e r e n Lohnes der Bestrafung als Erpresser zu verfallen.zSehr wahrl b. d. Sozialdemokraten.) Unbedingt muß verlangttvcrden, daß dem Z 253 eine Bestimmung zugefügt Zwird,lvonach eine Handlung aus Z 152 der Gewerbeordnung nicht als Erpressung zu erachten ist.(Zu-slimmuilg bei den Sozialdemokraten.) Die Erfahrung lehrt, daß eSnotwendig ist, Dinge dieser Art im Gesetz zweifelsohne genau undohne daß sie Mißverständnissen ausgesetzt sind, festzulegen. Der Er-pressungSparagraph darf nicht eine Waffe gegen die Arbeiter sein.Es darf nicht möglich sein, ehrenhafte Arbeiter, weil fie sich zur Er-reichung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen vereinigen, vonRechts wegen zu Erpessern zu stempeln.(Lebhafte Zustimmung beiden Sozialdemokraten.)Das ist eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit, das ist die denkbarärgste Vergewaltigung, dieSchändung eine? gesetzlich gewährten Rechts.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Schärfsten grundsätzlichen Widerspruch erheben loir gegen dieAbänderung der 8Z 186 bis 188, die nach der offiziellen Erklärungeine„Verstärkung des Schutzes der Ehre durch eine gewisse Ein-schränkung des Wahrheitsbeweis es und durch Erhöhung der angedrohten Geldstrafen und der Buße" bezweckt. Dasist jedenfalls der Kern der vorgeschlagenen Reform, die für unsdurchaus unannehmbar ist.(Sehr richtigl bei den So-gialdemokraten.) Die Begründung des Vorschlages, den Wahrheits-betoeis im Beleidigungsprozeß einzuschränken, enthält nichts Stich-haltiges. Die Begründung meint, daß daS Eindringen in die Ver-Hältnisse des privaten Familienlebens und ihre Erörterung in einergerichtlichen Verhandlung selbst bei einem für den Beleidigten gün-stigen Ausgange des Prozesses unter Umständen zu einer empfind-lichen Schädigung seines Ansehens und zu einer Gefährdung seinesFamilienlebens führen. Ich bin gewiß dafür, daß die Privatver-Hältnisse des einzelnen einen möglichst weitgehenden Schutz gegenjede Störung und Schädigung genießen, aber es gibt doch Fälle,wo die Rücksicht auf private Interessen zurücktreten muß vordem allgemeinen rechtlichen Interesse. Ich willauf den Eulenburgprozeß nicht näher eingehen; aber es ist wohl zuverstehen, daß die öffentliche Meinung der Ueberzeugung ist, daßder Eulenburgprozeß und der Moltke-Hardenprozeß den Anstoß zudiesem Vorschlage gegeben haben. Daß eine Beweisaufnahme nurmit Zustimmung des Beleidigten zulässig sein soll, kann zu geradezuu n g e h e u e r l i ch e n K o n s c q u e n z e n führen.(Lebhafte Zu.ftimmung bei den Sozialdemokraten.) Auf diese Weise kann derärgste Schuft, der verworfenste Mensch, der keinerlei Schonung ver-dient, vor Gericht als ein unschuldiger, harmloser, guter Menschsich aufspielen. Allerdings kann mit dem Eingehen auf Verhältnissedes privaten Familienlebens Mißbrauch getrieben werden; er wirdauch gelegentlich getrieben. Das zeigen die Skandalpro-z e s s e, die von der Revolverpresse veranlaßt werden. Aberder Schaden, den diese Presse anrichtet, steht in keinem Verhältniszu dem Schaden, den da» öffentliche Recht erleiden würde, wennder Borschlag der Regierung Gesetz würde. In sehr vielen Fällenkann die Verteidigung in Beleidigungsprozessen nicht erfolgreichoder überhaupt nicht geführt werden ohne Bezugnahme auf die-Verhältnisse des Privat- und Familienlebens des Beleidigten undKlägers« Der vornehme Beruf der anständigen Presse, öffentlicheMißstände aufzudecken, wird durch den Entwurf schiver gefährdet.Das hebt der Professor des Straftechts in Königsberg, Dr. EduardKohlrausch, in einer Kritik des neuen Beleidigungsparagraphen inder Strofgesetznovelle, der die oppositionelle Presse mundtot machenwill, nachdrucklich hervor. Der Entwurf gewährt dem Klägergeradezu eine Prämie für unwürdiges und unsittliches Verhalten.Er läßt den Wahrheitsbeweis nicht zu und macht den Kläger damitgewissermaßen zum Richter in eigener Sache, der sogar noch einehohe Buße vom Beklagten verlangen kann. Dieser Vorschlagschafft einneues Stück Klassenrecht;denn in der Regel handelt es sich in solchen Fällen um Mitgliederder sogenannten besseren und besten Gesellschaft, deren sittlicheFäulnis in den letzten Tagen an das Licht der Oesfentlichkeit ge-langt ist.(Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.)Fürchtet etwa die Regierung, daß cs noch mehr Prozesse inder Art wie die Mottle- und die Eulenburgprozessegeben könnte?(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Sie mußwohl Grund haben zu solcher Befürchtung. Aus ihr mag sich ihrVorschlag erklären, der nicht eine Verstärkung des Schutzes derEhre bedeutet, sondern eine Vergewaltigung des Rechtes der Wahr-heit auf ihre freie öffentliche Verkündung.(Lebhafte Zustimmungbei den Sozialdemokraten.) Meine Freunde halten es für un-möglich, daß sich im Reichstag eine Mehrheit für die Ein-schränkung des Wahrheitsbewei;cs findet. Der Vorschlag mußfallen und wird fallen, hoffentlich schon in der Kommissions-beratung, der wir zustimmen.Wir werden nicht aufhören, für eine gründliche Reformdes Strafrechts und der Strafrechtspflege in ihrem vollen Um-fange zu wirken. Für eine Reform, die sich zu vollziehen hat imGeiste der Humanität aus geläutertem sozialen und ethischenEmpfinden heraus. Diese gründliche Reform muß ausgehen vonder Hebung der wirtschaftlichen Lage des arbeitenden Volkes.(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Dieser Hebung widersprichtIhre Lebensmittelwucherpolitik, ihr widerspricht dasSystem der indirekten Steuern, das jetzt eine weitere Ausgestaltungerfahren soll. Notwendig ist weiter eine Hebung der Volks-b i l d u n g, eine intellektuelle Hebung des ganzenVolkes, aber auch des R i ch t e r st a n d e s, der damit betrautist, die Gesetze zu handhaben. Bielen unserer Richter mangelt nochdas richtige soziale Empfinden. Auch hier mutz auf eine Besse-rung hingewirkt werden, und ich wünsche, daß die Regierungendas ihrige tun. damit diese Besserung eintritt. Die Klassenjustiz,die ihre Grundlage in der rücksichtslosen Klassenherrschaft hat, mußüberwunden werden. Für die Erfüllung dieses Programms werdenwir nach wie vor eintreten. Das ist nicht ein sozialdemokratischesProgramm, das ist ein Programm. daS alle Menschen habenmüssen, die human und gerecht empfinden. Tie bestehenden Zu-stände legen allen das Wort zur ernstesten Beherzigung nahe:„Lernt gerecht sein, ihr seid gewarnt."(Lebhafter Beifall beiden Sozialdemokraten.)Abg. Roth(Wirtsch. Vg.): Wir stehen im allgemeinen demEntwurf sympathisch gegenüber. Den Milderungen werden wirzustimmen. Den Abänderungen der Bestimmungen über die Tier.quälerei stimmen wir zu, wir wünschen nur, daß endlich auch aus-gesprochen werde, daß das sogenannte Schächten der Tiere aucheine Tterquälerci ist.Abg. Werner(Reformpartei): Wir sind stets für eine Ver-schärfung des Belcidigungsparagraphen eingetreten, aber gegen diejetzige Fassung muh man lebhafte Bedenken äußern. DieGrenzen des privaten Lebens müssen genau festgesetzt werden. Ambesten wäre eS, die ganze Reform über die Beleidigungsparagraphenzurückzustellen bis zur allgemeinen Refonn des Strafgesetzbuches.Das HauS vertagt sich. Nächste Sitzung: Sonnabend 2 Uhr.(Rechnungssachen. Fortsetzung der heutigen Beratung.)Schluß ö Uhr,parlamentarilckes.Zur GeschSstsordnnng deS Reichstags.Der Seniorenkonvent hat gestern seinen früher ge-faßten Beschluß, wonach in Rücksicht auf die Arbeiten der Finanz-kommisfion am Dienitag und Donnerstag jeder Woche keine Plenar-sitzungen stattfinden sollten, einer Sievision unterzogen. Nachlängerer Beratung einigte man sich dahin, daß zunächst der Freitag.Sonnabend und Montag jeder Woche für das Plenum sitzungsfreibleibt und daß die Kommissionen Freitag und Sonnabend ihreArbeiten fortsetzen, während der Montag auch für die Kommissionensitzungssrei bleiben soll. Eine Anregung, da« Plenum bis nachFertigstellung der Finanzkommissivnsarbelten zu vertagen, ist vor-laufig zurückgestellt worden.A»S der Budgetkommifsion des Reichstag».(51. Sitzung. 23. April.)Der Antrag Erzberger. die Vertretung des Rechnungshöfe» inder Rechnungskommission betreffend, wird, nachdem statt.Per-treter".Mitglied' und anstatt.staatswirtschaft«lichen".etatsrechtlichen Verwendung' gesetzt wordenwar, gegen eine Stimme angenommen.Hierauf trat die Kommission in die Beratung der B e»soldun gSvorlage ein. Auf Antrag des Berichterstatter«Dr. D r ö f ch e r wurde beschloffen, zwei Lesungen stattfinden zulassen und die Beratungen in einem schriftlichen Bericht an denReichstag niederzulegen.In der Generaldebatte beklagt sich Erzberger überdie von den B e a m t e n in neuerer Zeit betriebene Agitation,wo man so weit gegangen sei, Parlamentarier, die sich gegen einigeBeamtenforderungen im Parlament gewendet, mit Durchprügelngedroht hätte. DaS schlimmste sei dabei, daß ein Beamter de»Reichsschatzamts der Hauptarrangeur dieser Versammlungensei. Er verlange AuSlunft, weshalb das Reichsschatzamthier gegen diesen Beamten nicht eingeschrltten sei.Staatssekretär S Y d o w erklärte, daß er der Beamtenagitationvöllig fernstehe. Geheimrat Heller, der übrigens kein etatsmäßiaerBeamter sei, habe es übernommen, die Oeffentlichkeit über dieSteuerreform aufzuklären, lind das Recht müsse die Regierung fürsich in Anspruch nehmen. Verschiedene Abgeordnete sprachen sichgegen den Ton aus. der w den Beamte»Versammlungengeherrscht habe. So erklärt der konservative Abg. Dröscher.daß das Austreten der Beamten in seinen Kreisen helle Entrüstunghervorgerufen und eine Wirkung im entgegengesetztenSinne als von den Beamten gewünscht werde, erzeugt habe.Genosse Singer hält die Kritik an den Beamtenversammlungenfür u n g e r e ch t. Es gewinne den Anschein, al» wolle manden Beamten das Recht, in Versammlungen ihreBeschwerden in der von ihnen beliebten Formvorzutragen, beschränken.In die Spezialberatnng soll in der nächsten am kommendenDienstag stattfindenden Sitzung eingetreten werden.Die Kontingentierung in der Fiilanzkommiision,Das Branntweinkontingent wird an die einzelnen Brennerei-guter nach Maßgabe der zum Kartoffelbau geeigneten Landflächenverteilt. Bei der Bemessung des Kontingents muß jene Boden-fläche abgezogen werden, me zum Bau von Kartoffeln ungeeignetist oder die durch die Kultur anderer Produkte besser ausgenutztwerden kann. Nun gibt eS aber Güter, denen Kartoffelboden an-gerechnet ist und die deshalb ein, der Größe dieses Bodens cnt»ftirechendeS Kontingent haben, die aber in Wirklichkeit nur wenigKartofsein zu. Brennzwecken bauen, vielmehr längst zum lukra-tiven Rübenbau übergegangen sind. Für ihre Brennereikaufen sie die meisten Kartoffeln und unterscheiden sich sonachkaum noch von den gewerblichen Brennereien. Trotzdem beziehe»sie die Liebesgabe von 20 M. für ihr viel zu hohes Kontingent. EsSandelt sich dgbei«m eine Anzahl von Gütern,, denen zvD TeilLaS Kontingent von der Koniingentierungskommission fierlbeigerkworden war, und die es dann auf ihre Beschwerde hin vom preußi-schen Landwirtschaftsminister wieder erhalten haben. Diese Aus-lcgung der Kontingcntierungsvorschriften ist nach Ansicht der Mehr-heit der Kommission falsch. Abg. Dr. Südekum beantragte des-halb, die Regierung möge eine Liste jener Brenner vorlegen, dieauf diese Weise zu einem Kontingent gekommensind. Der Antrag wurde von den Konservativen mit demArgument bekämpft, daß man nicht einen Einblick inprivate Verhältnisse gestatten könne! Der Antragwurde schließlich angenommen, sehr zum Aerger der Konservativen,von denen Dr. Dietrich wie besessen hin- und herrannte, umdie einzelnen Mitglieder der Blockparteien zu veranlassen, gegenden Antrag zu stimmen. Der Liebe Mühe war umsonst. Und nunbeschlossen die Agrarier, sich zu rächen, indem sie in der nächstenSitzung beantragen werden, daß eine Liste aller Brenner von ganzDeutschland der Kommission unterbreitet wird. Der Zweck desAntrages ist der, zunächst einmal diesache zu verschleppenund dann das gesamte Bild der Korruption nachMöglichkeit zu verwischen.Bündlrrische Musterarbeit.Nach einer Arbeit von 15 Monaten ist die Viehseuchen-kommisfion des Reichstages am Freitag mit der Fertigstellungdes Berichtes— beinahe fertig geworden. Mit der Ausarbeitungdes Berichtes war, gleich zu Beginn der Sitzungen, der konservativeAbgeordnete Siebenbürger beauftragt worden. Dieser Herrist königlicher Oekonomierat, Mitglied der Landwirtschaftskammer,Mitglied des Bundes der Landwirte usw. Der von ihm verfaßteBericht umfaßt eigentlich das runde Hundert der verarbeitetenAnträge— insgesamt 60 Seiten. Aber wie eigenartig dieserBericht abgefaßt ist, daS beweist der Umstand, daß von 5 Mit-gliedern der Kommission insgesamt 0, von den Vertretern desReichSgesundheitSamts 5, von den Regierungsvertretern 22, zumTeil seitenlange Korrekturen beantragt wurden! Hierdurch wurdenvon den 60 Berichtssciten 30 vollkommen umgeändert. Aber damitnicht genug? Abg. Scheide mann stellte fest, daß für dieHerren, die sich zu Korrekturen veranlaßt sahen, es gewiß nichtangenehm gewesen sei, sich dieser Arbeit unterziehen zu müssen.Immerhin seien sie in einer beneidenswerten Lage ihm gegenüber.Er hätte mit seinen Freunden keine Korrekturen vornehmenkönnen, weil sie für den Herrn Berichterstatter anscheinend über-Haupt nicht in der Kommission anwesend gewesen seien. Abgesehenvon einigen mehr oder weniger schiefen Andeutungen, könne manden Eindruck gewinnen, als hätte niemals ein Sozialdemokrat füroder gegen einen Antrag oder Paragraphen gesprochen. Er wolle denHerrn Berichterstatter nicht kränken, sähe sich aber doch genötigt,zu beantragen, ihm seinen Bericht wieder zurückzugeben mit demErsuchen, einen neuen Bericht auszuarbeiten, in dem1. die von verschiedenen Kommissionsmitgliedern sowie Ver-tretern und Kommissaren des Bundesrats und des Reichsgesund-heitsamts schriftlich beantragten Korrekturen»ind Neuformulie-rungen vorzunehmen sind;2. die Ausführungen aller Kommissionsmitglieder, die sichan den Arbeiten der Kommission rednerisch beteiligt haben, inderselben verständlichen Weise zu skizzieren sind, wie daS in demvorliegenden Entwurf mit den Ausführungen der den konscr-vativen Parteien angehörigen Mitglieder geschehen ist.Wäre der Bericht nicht noch mangelhafter gewesen, als er nachdem Ausgeführten dem Nichteingeweihten erscheinen muß, dannwürde dieser Antrag in der agrarischen Kommission wie eineplatzende Bombe gewirkt haben.Der Antrag wurde zwar abgelehnt, aber doch mit Verständnisgewürdigt. Ministerialdirektor von Jonquieres gab— natürlichverblümt— seine Berechtigung zu. Ein Freisinniger und einNationalliberaler befürworteten ihn!Man kam unseren Vertretern schließlich entgegen: man ak-zeptierte einen Antrag, demzufolge in einer weiteren Lesung dienoch zu gewärtigenden Nachträge geprüft und aufgenommen werdensollen.Ein so einseitiger Tendenzbericht, wie ihn der Abg. Sieben-bürger verfaßt hat, dürfte kaum jemals einer Kommission vor-gelegt worden sein. Vermutlich wird nunmehr daS Viehseuchen-gesetz in etwa zwei oder drei Wochen in zweiter und dlittcr Be-ratung vom Plenum des Reichstages erledigt werden.Vmrnfcbtes.Zusammenstoß zweier Dampfer.Ein Telegramin aus Kristiania meldet: Der Wilson- Dampfer„Oxford" stieß bei der Ausfahrt auS Kristiania bei Droebak mit de»,einlaufenden Dampfer„Edith" von Kristiansand zusammen. Die„Edith" sank binnen zwei Minuten. Von der Mannschaft sind derKapitän und 1b Man» sowie die Frau deS Kapitän» umgekommen.ES wurden gerettet der erste Steuermann und vier Mann der Be-satzung sowie ein Passagier. Die„Oxford" wurde bei einer Inselin der Nähe von Kristiania auf Grund gesetzt.I« eine Kompagnie gefahren. AuS München wird gemeldet:Gestern abend 10 Uhr fuhr auf der Jngolstädter Chanffee eineAutomobildroschke in eine von einer Nachtübung kommende Kom-pogni« deS JnsantertcletbreginientS hinein, wobei zwei Soldatenschwer verletzt wurden. DaS Automobil setzte die Fahrt mitäußerster Geschwindigkeit fort, wurde ober bei Schleißheim von derinzwischen verständigten Polizei angehalten. Der Chauffeur gab an,die Soldaten, obwohl diese sangen, weder gesehen noch gehört zuhaben. Er sei au» Furcht vor einer Lynchjustiz weitergefahren.Au» de» Trümmern Messinaö. Au» den Trümmern der durchda» Erdbeben zerstörten Stadt Messina wurden, wie ein« Meldungau» Rom besagt, bisher 2S(Ivo Leichen geborgen. ES wird an-genommen, daß unter den schwer zugänglichen Schutthaufen nochtS Ovo Tote liegen._Amtlicher Marktbericht der städtlsihen Markthallen-Direktlon überden Großhandel in den Zcnwal.Marktballen. Marktlage, Fleisch:Zufuhr reichllch, Geschäft lebhaft, Presse unverändert. Wtld: Zusubr scbrknapp, Gelchäst rege, Presse lest. Geslügel: Zufuhr sehr knapp.Geschäft rege. Preis« hoch. Fischt! Zujuhr genügend, Geschalt ettvazschleppend, Preis« wtnlg v«rä»dett. vutttr und Käs«! Geschäft ruhig,Preis« unverändert. Gemüs«, Obst und Südsrücht«! Zusuhrgenügend, Gelchäst ansang« ruhig, später lebhafter, Preist tvenig verändert.sür Spinat und Salat gedrückt.evasserstandS.Nachrtchte«der LandrSanstalt für Gewässerkunde, mitgelew vomBerliner Wemrbureau.li+ bedeutet LuchS.— Fall.— Unterpeget—•) langsam steigend.