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Gewissen hatten, doch einen genügenden Schreck einjagen werde, um sie gefügig zu machen. Er täuschte sich aber, denn alle Empfänge- rinnen seiner Briefe übergaben diese der Kriminalpolizei. Nach dem- selben Muster wie in Halle und Leipzig   ging Weiße auch in Berlin  und Charlottenburg   vor, als er hierher übergesiedelt war. Schon im Herbst vorigen JahreS begann hier dieses Treiben. Der Erpresser benutzte die verschiedensten Chiffrcadresten und Postämter, bis er jetzt nach lange» Beobachtungen festgenommen wurde. Bei den ErprcssungSversuchen erbeutete er nichts, Erfolg hatte er dagegen mit dem Heiratsschwindel. Einem Mädchen nahm er die ganzen Ersparnisse ab; es ist darüber krank und elend geworden und der Armendirektion zur Last gefallen. Ein anderes rettete wenigstens noch einen Teil des Vermögens. Wahrscheinlich hat der Schwindler, ein mittelgroßer Mann mit hellblondem, rötlich schimmerndem Spitz- bart und Kneifer, noch mehr Opfer gefunden, vermutlich auch unter falschem Namen. Geschädigte wollen sich bei der Kriminalpolizei im Zimmer LS des Polizeipräsidiums melden. Eine Rcvolverschießcrci rief am Donnerstagabend in derDircksen- straße große Aufregung hervor. Eine Hausbesitzerin im Westen Berlins   erhielt einen Brief, in dem sie unter Drohungen aufgefordert wurde, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort in der Dircksenstraße zwischen Alexanderplatz   und Januowitzbrücke ein Portemonnaie mit Geld aus dem Stadtbahnzug zu werfen. Die Bedrohte machte der Kriminalpolizei   Anzeige und ging zum Schein auf das Verlangen ein. Drei Kriminalbeamte und eine Gehilfin, die sie annahmen, legten sich auf die Lauer und ließen den Erpresser kommen, Ilm lO'/z Uhr abends kam das Portemonnaie an der bestimmten Stelle aus einem Stadtbahnwagen herausgeflogen. Eine Dame und ein Herr, die in der einsamen Straße wie zufällig des WegeS gingen, hoben es auf, legten es aber gleich wieder hin. Plötzlich eilte ein junger Mann auf das Portemonnaie zu, hob es hastig auf und steckte ein. um weiter zu gehen, als einer der Beamten ihn fest- nahm. Der Bursche riß sich los und schoß aus einem Revolver, den er schußbereit in der Hand hatte, auf den Beamten. Als er sah, daß er gefehlt hatte. drehte er sich auf der Flucht um und gab noch drei Schüsse auf die Verfolger ab. Jetzt griff einer der Kriminalbeamten zur Browningpistole. Der erste Schuß traf den Flüchtling leicht am linken Fuße. die zweite Kugel traf ihn so schwer in den Oberschenkel, daß er umfiel. Der Verwundete wurde nach der Unfallstation am Grünen Weg gebracht, dort vorläufig verbunden und dann als Polizeigefangener der Charitö zugeführt. Er wurde fest- gestellt als ein IS Jahre alter Arbeiter Otto Schumann  , der in der Müncheberger Straße Nr. 4 wohnte. Der Verhaftete behauptet, daß * er sich die Dame aufs Geratewohl aus dem Adreßbuch herausgesucht habe. Schumann ist der Sohn eines Nachtwächters und hat die Kammacherei erlernt. Nach der Behauptung der Eltern soll er immer fleißig gearbeitet haben, zuletzt aber in schlechte Gesellschaft ge- raten sein. Sch. ist bisher noch unbestraft. Der Brief, den er an die Frau schrieb lautet:Werte Frau! Sie werden am Donnerstagabend um Punkt V3II Uhr ein mit SOS M. gefülltes Portemonnaie aus einem Coupsfenster nach der Dircksen-, Ecke Schicklerstraße, zu werfen. Stellen Sie uns keine Falle, Sie werden sonst ein entsetzliches Ende nehmen. Tom Briand, ein Mitglied der Schwarzen Hand." Die Empfängerin übergab den Brief sofort der Kriminalpolizei und er- möglichte«S dadurch, den Erpresser ohne Verzug unschädlich zu machen._ Mord und Selbstmord. Ein schreckliches Drama hat sich gestern abend in der sechsten Stunde in der Rigaer Straße abgespielt. In dem Restaurant von Patt, Rigaer Str. 27, erschoß der 28 Jahre alte Hausdiener Wilhelm Weiß, Schreinerstr. SS, die öS Jahre alte Gastwirtsfrau Marie Patt. Er brachte sich dann selbst einen Schuß bei und starb auf dem Transport nach der Charitö. Weiß, der in dem Pattschen Lokal als Hausdiener beschäftigt wurde, war der Frau Patt, als diese am Nachmittage das Schlaf- zimmer aufsuchte, gefolgt. Er verriegelte die Tür und schoß der Gastwirtssrau eine Kugel in das rechte Ohr. Der Schuß führte den sofortigen Tod der Frau Patt herbei. W. schoß sich dann selbst eine Kugel in die Schläfe und brach gleichfalls besinnungslos zusammen. Auf die Schüsse hin eilten mehrere im Lokal anwesende Gäste sofort nach dem Zimmer. Sie brachen die Tür auf und als sie das Zimmer betraten. bot sich ihnen ein schrecklicher Anblick. In ihrem Blute lagen die beiden Personen am Fußboden. Frau P. war bereits tot. Dagegen konnte man bei W. noch Lebenszeichen beobachten. Auf Veranlassung eines hinzugerufenen Arztes wurde er in einem Krankenwagen nach der Charits gebracht, doch auf dem Transport erlag er bereits der Schußverlctzung. Die Leiche wurde gleich nach dem Schauhause gebracht. Ueber das Motiv zu der schaurigen Tat sind in der Nachbarschaft des Tatorte? die ver- schiedcnsten Gerüchte verbreitet. Mit Bestimmtheit konnte jedoch die Ursache dcS Dramas noch nicht festgestellt werden. DaS Opfer einer Gasvergiftung ist das ILjährige Dienstmädchen Johanna Urbat, daS in den«Prachtsälen des Ostens" bedienstet war, geworden. In dem Schlafzimmer des jungen Mädchens waren an an der Gasleitung zwei Stellen undicht geworden und während die U. nachts schlief, entströmten den Oeffnungen beträchtliche Mengen Gas. Morgens mußte die Tür gewaltsam geöffnet werden. Das junge Mädchen fand man in bewußtlosem Zustande im Bett auf. DaS Zimmer war vollständig mit Gas angefüllt. Ein Arzt und zwei Feuerivehrleute bemühten sich längere Zeit mit Hilfe des Sauerstoff- apparates mit Erfolg um die Leblose. Teures Schäferslündche». Einen empfindlichen Verlust hat der Student der Sprachenkunde Eugen W. aus der Keithstr. 16 erlitten. ES ist ihm eine Brieftasche abhanden gekommen, die 8000 M. in Papiergeld und 30 Schecks der amerikanischen Expreß Comp, enthielt. Es wird vermutet, daß ihm die Tasche von einer Frauensperson, deren Bekanntschaft er erst kurz vorher gemacht hatte, gestohlen worden ist. W. war mit der Unbekannten die ganze Nacht hindurch zusammengeblieben und am folgenden Morgen vermißte er das Geld. Das Papiergeld bestand aus sieben Tausend- und zehn Hundertmark- scheinen. Die Schecks lauteten auf eine recht hohe Summe. Sie sind Kreits gesperrt worden._ Sin ElcndSbild. Entbehrungen haben wahrscheinlich den Tod der 30 Jahre alten Schlosserfran Berta Brakopp die vorgestern in ihrer Wohnung in der Höchstestr. 20 als Leiche aufgefunden wurde, herbei- geführt. Die Frau lag mit ihrem Manne in Scheidungsklage und wohnte seit einem Monat für sich allein, nachdem sie eine Zeitlang im städtischen Obdach gewesen war. Die Miete bezahlte die Armen- Direktion. Seit dem zweiten Osterfeicrtage war Frau Brakopp, die keine Beschäftigung hatte, nicht mehr gesehen worden. Nachdem ein Bekannter, dn; sie besuchen wollte, dreimal keinen Einlaß gefunden hatte, ließ der Hauswirt die Wohnung öffnen und fand die Insassin tot auf. Die Leiche war schon stark verwest. Ein Arzt konnte die Todesursache zwar nicht ,nit Bestimmtheit feststellen, vermutet aber, daß es Herzschwäche infolge von Entbehrungen sei. I» der V. Wahlfortbildungsschule, L. Hagelbergerstraße 34 ist tm Sommerhalbjahr insbesondere für Erwachsene Gelegenheit zur Teilnahine an folgenden Kursen geboten: Elektrotechnik I  , grundlegender Teil Montag?>/- Uhr; Elektrotechnikll. Jnstallationökursus mit praktischen Uebungen Donnerstag 7>/z Uhr; Chemie der Metalle und Säuren mit besonderer Be- rücksichtigung ihrer Verwendung in der Elektrotechnik Mittwoch VL Uhr. Die Teilnahme an jedem Kursus kostet für dasganze Halbjahr nur ö0 Pfennig Im Metropol-Thcater wird heute zum erstenmal die Novität Die oberen Zehntausend" gegeben. Feuerwehrbericht. Ein sehr gefährlicher Brand kam gestern früh in der Neanderstraße 29 zum Ausbruch. Dort brannte unter einer Treppe eine Menge alter Hansrat und war bei Ankunft der Wehr der Treppenausgang schon total verqualmt. Die 1. Kompagnie sorgte für den Abzug des Qualmes und löschte den Brand durch kräftiges Wassergeben. Die Entstehung war nicht zu ermitteln. Der 13. Zug hatte längere Zeit in der Ruheplatzstratze 27 zu tun, wo Kellerverschläge mit altem HauSrat und die Treppe brannten. Auch hier mutzte kräftig gelöscht werden, um die Gefahr zu be- seitigen. Wegen eines Kücbenbrandes rückte der 8. Zug nach dem Lausitzer Platz 3 aus. Böswillig wurde die Feuerwehr nach dem Hochplatz alarmiert. Der Täter, Schneider August Pranke aus Stllpnitz, ein Mann von 57 Jahren, wurde von der Polizei ver- haftet. Ferner wurde die Wehr nach der Altonaer Straße 22, Stralaucr Straße 3/3, Motzstraße 92, Sebastianstraße 37 und anderen Stellen gerufen. Arbeiter-Samariter-Kolonne. Heute nachmittag 3 Uhr findet die Jahresgeneralversainmlung Dresdener Straße 45 statt. Unter anderem steht auf der Tagesordnung: Bericht von der ersten Konferenz der Samariter-Kolonne und Wahlen zum Bundesvorstand. Es ist Pflicht aller Mitglieder, zu erscheinen. Mitgliedsbuch legitimiert. Montag abend 9 Uhr in demselben Lokale: Schlußvortrag des Winterkursus. Es spricht Herr Augenarzt Dr. E. Cohn über: Geschlechtskrankheiten und Augenkrankheiten. Am Donnerstag MonatSsttzung der diensttuenden Abteilung. Vorort- stlackriebten. Charlotteuburg. In der Stadtverordnetenversammlung vom Mittwoch, den 24. März, war eine Vorlage des Magistrats, die den Bau einer Untergrundbahn von der Neuen Kantswaße bis zun, Nollendorfplatz verlangte, einstimmig angenommen worden. Bekanntlich hat der preußische Eisenbahiiminister hiergegen Einspruch erhoben; doch ist das Publikum hierüber nur durch Zeitungsnachrichten unterrichtet, die natürlich keinen Anspruch auf Authentizität machen können. Der Magistrat hat es noch nicht für nötig gehalten, den Stadtverordneten eine amtliche Mit- teilnng über die Hemmnisse, die sich der Ausführung ihres Beschlusses entgegenstellen, zugehen zu lassen. Die Stadtverordneten Z i e t s ch und Genossen(Soz.) richteten nun in der letzten Sitzung die Anflöge an ihn:Ist dem Magistrat bekannt geworden, daß die Regierung die Äusführuiig einer Untergrundbahn Nollendorfplatz Neue Kant- straße verboten oder eine andere Linienführuiig der Bahn empfohlen hat." Die Beantwortung der Anfrage soll in der nächsten Sitzung erfolgen. In einer weiteren Vorlage wurden für die öffentliche Schreibstube für Stellenlose, welche von der Ver- einigung für Wohlfahrtsbestrebungen unterhalten wird, 750 M. zur Beschaffung von Bureaumöbeln gefordert. Diese Vor- läge wurde debattelos angenommen. Eine Vor- läge, ein zweites Wasserdruckrohr von dem Wasserwerk Jungfernheide bis zum Anschluß an das vorhandene Haupt- robr an. Spandauer   Berg mit einem Kostenaufwand von 295 000 M. anzulegen, sowie eine Vorlage, welche Erweiterung»- bauten auf dem Wasserwerk Jungfernhnde mit einem Kosten- rrnfwande von 815 000 M. verlangte, wurden einem Ausschuß von 11 Mitgliedern überwiesen, dem unsere Genossen Klick und Will an» gehören. Darauf fand eine geheime Sitzung statt. Die Betriebseröffnung der zweigleisigen Hauptbahnstrecke Char- lottenburg Bahnhof Rennbahn wird, wie nun feststeht, am Sonntag, den 23. Mai d. I. erfolgen. Die neue Bahnlinie beginnt bei Kilo- meter 14,50 der Charlottenbnrg-Spandauer Strecke bei der Station Bahnhof Heerstraße, der erst Ende 1909 dem Verkehr übergeben werden soll. Von hier bis Bahnhof Rennbahn beträgt die Ent- fernung 1,40 Kilometer. Die Strecke dient nur dem Personen- verkehr, doch werden auch besondere Ueberführungszüge für Pferde zwischen Bahnhof Rennbahn und Karlshorst   bezw. Hoppegarten   ver- kehren. Tchöneberg. Der hiesige Arbeiter-Turnverein feiert heute(Sonnabend) sein zweites Stiftungsfeist bestehend in Konzert, Tanz, turnerischen und humoristischen Aussührungen in den neuen Rathaussälen. Meininger Straße 8. Da genannter Verein bei Arbeiterfesten mitwirkt, so wird auf eine Unterstiitzung der Arbeiterschaft Schönebergs gerechnet. Der Ueberschuß des Festes soll für die Baukosten des Turnplatzes ver­wandt werden. Ober-Schönetveide. Gemeindevertretersihung. Auf die Errichtung SeS G e w e r b e° und KaufmannsgerichtS ist nach dem Stande der Sache zum 1. Juni nicht zu rechnen. Durch Einwendungen der beteiligten Gemeinde Nieder-Schöneweide an dem Ortsstatut sind diese Verzöge. rungen entstanden. Vom Gemeindevorsteher geht nun die Absicht aus, eventuell ohne diese Gemeinde vorzugehen. Dieser unliebsame Streit hätte sich vermeiden lassen, wenn man den Anregungen unserer Genossen gefolgt wäre und zu den Beratungen des Statuts in der dazu eingesetzten Kommission auch Vertreter der beteiligten Gemeinden hinzugezogen hätte. Die am 19. April der Benutzung übergeben« 4. Gemeinde- ch u l e, welche neben 20 Klassen noch 1 Zeichensaal, 1 Physiksaal, Kochklassen und diverse Räume wie Elternwartezimmer, Kon- ferenzzimmer, Lehrerzimmer enthält, soll nach Absicht der Verwal- tung nach der endgültigen äußerlichen Fertigstellung den Ein» wchnern zur Besichtigung übergeben werden. Stach der Zählung der Schulbehörde wirb die Volksschule von 3314 Kindern, die Höhere Mädchenschule von 294 und das Realgymnasium von 145 Kindern besucht. Die Vertretung stimmte dem Abschluß einer Versicherung gegen Unfall und Invalidität für die Arbeiter der Kläranlage zu. Die Arbeiten für die von der Aufsichtsbehörde gelegentlich einer Schul- rcvision verfügte Aenderung der Abortzu- und Abflußleitung wurde der Firma Grobe übertragen. Zur Deckung der restlichen Kosten für die 4. Schule und der Verbesserung der Schmutzwasserkanalffation im alten OrtSteil wurde die Aufnahme einer 4prozentigen Anleihe von 174 090 M. beschlossen. Arbeitslosigkeit und Elend haben vorgestern den Tischler Adolf Winter in den Tod getrieben. W. war schon längere Zeit be- schäftigungslos; in der Familie fehlte es am Nötigsten. Als vor- gestern morgen die Kinder zur Schule gingen und die Frau ab- wesend war, erhängte sich der bedauernswerte Mann am Fenster- kreuz. Der hinzugerufene Arzt konnte nur noch den Tod feststellen. Lichtenberg  . Eine Protepversammkung der städtischen Arbeiter Lichtenbergs gegen die Ablehnung ihrer bescheidenen Anträge auf Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsverhältnisse fand am Donnerstag imKrön- Prinzengarten", Frankfurter Chaussee, statt. Es waren fast alle Gemeinoearbeiter erschienen, soweit sie nicht durch Nachtarbeit ver- hindert waren. Das Referat hielt Stadtverordneter Grauer, der einleitend bemerkte, daß die städtische Verwaltung Lichtenbergs im Einverständnis mit der bürgerlichen Stadtverordnetenmehrheit ehrlich bestrebt ist, die Lebenslage der Gemeindearbciter so niedrig wie möglich zu halten, nicht etwa aus Bosheit, sondern um die Privatindustrie davor zu bewahren, höhere Löhne zahlen zu müssen. Der Redner gab dann eine Uebersicht über die veranschlagten AuS- gaben und Einnahmen der Stadt, Die städtischen Unternehmungen werfen für den Stadtsäckel recht ansehnliche Ueberschüsse ab, die Gaswerke 197 700 M., die Wasserwerke 133 400 M. und das Elektrizitätswerk 33900 Mark. In den Betriebszweigen, wo überhaupt Ueberschüsse erzielt werden können, war also die Tätigkeit der Gemeindearbeiter recht gewinnbringend für die Stadt, so daß um so weniger Grund vorlag, ihre Anträge auf eine geringe Verbesserung ihrer Lebenslage abzulehnen, Nur den Parkarbeitern, und dann den Friedhofarbeitern, für die noch Löhne von 2,50 Mark den Tag bestanden, wurden die Stundenlöhne um 5 Pfennig erhöht. Nachdem der Redner noch weiter die soziale VerständniSIosigkeit der städtischen Verwaltung wie der bürgerlichen Stadtverordneten- Mehrheit treffend kritisiert hatte, schloß er seinen Vortrag mit dem Hinweis darauf, daß die politische wie gewerkschaftliche Organisation vor allem notwendig ist, um gegenüber der bürgerlichen Interessen- Vertretung die Interessen der Allgemeinheit zur Geltung zu bringen und auch den Gcmeindearbeitern ein erträgliches Dasein zu ver- schaffen. In der Diskussion, in der verschiedene Gemeindearbciter sprachen, trat die Entrüstung über das Verhalten der bürgerlichen Stadtverordneten, des Magistrats und der Verwaltung sehr lebhaft zu tage. Im übrigen wies Polenske, der Vertreter des Gemeiudearbeiterverbandes, gestützt auf ein reiches statistisches Material, nach, daß eine Reihe von Städten, auch rheinische, im Gegensatz zu dem, was Herr Kiclblock behauptet, ihre Arbeiter ein gut Teil besser bezahlen als Lichtenberg  , Die Versammlung schloß mit einstimmiger Annahme dieser Resolution: Die heute am 22. April imKronprinzengarten" zahlreich ver- sammelten Arbeiter und Arbeilcrinnen aller städtischen Betriebe Lichtenbergs bedanern auf das tiesste, daß bei der Ausstellung des Haushaltsplanes für 1909 die eingereichten Anträge auf Neuregelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse, insonderheit die Anträge auf Zahlung von Wochenlöhnen keine Berücksichtigung gefunden haben. Auf das schärfste protestiere» die Beriammelten gegen die Be- hanpiung des Herrn Stadlrats Kielblock, daß Lichtenberg   bezüglich der Arbeiterlöhne voran sei. Die Versammelten stellen fest, daß u. a. in Rixdorf, Charlotten- bürg, Köpenick   die Lobnverhältnisse der städtischen Betriebe erheblich günstiger sind, und in puncto sozialer Fürsorge Lichtenberg   zu den rückständigste» Gemeinden Deutschlands   zählt. Angesichts der rücksichtslosen Ablehnung ihrer bescheidenen An- träge erklären die Versammelten es als heiligste Pflicht jedes Gemeindearbeiters, sich zu organisieren, um mit allen gewerkschaft- lichen Machtmitteln zu gegebener Zeit die Durchführung ihrer An- träge zu erzlvingen." Adlershof  . Feuer brach gestern vormittag gegen 11 Uhr in der zweiten Gemeindcmädchenschule, Radeckestr. 3, aus. Das Feuer ist nach amt- lichen Feststellungen durch Kurzschluß in der elektrischen BekeuchtungS- anlage entstanden. Es hatte, ehe es bemerkt wurde, bereits einen großen Teil des Dachstuhlcs ergriffen, aus dem bald die hellen Flammen emporschlugen. Der in sämtlichen Klaffen zum Unterricht versammelten Mädchen, etwa 800 an der Zahl, bemächtigte sich an- fänglich eine Panik, doch gelang es dem energischen Eingreifen deS Lehrerpersonals bald. die Kinder zu beruhigen und sie mit Unter- stütznng von entschlossenen Anwohnern in voller Ordnung inS Freie zu führen. Schulmappen und Mäntel mußten zurllckgelaffen werden, blieben aber unversehrt. Zwei kleine Mädchen erlitten vorüber- gehende Ohnmächten, erholten sich aber bald wieder. Die frei- willigen Feuerwehren von Adlershof   und Umgebung erschienen mangels rechtzeitiger Meldung erst ziemlich spät. Es gelang ihnen aber, den Brand trotz des großen UmfangeS, den er bereits genommen hatte, nach einer Stunde zu löschen. Köpenick  . Ertrunken ist vorgestern nachmittag der 6 Jahre alte Sohn Ernst des Plättereibesitzers Möbius. Der Kleine spielte mit anderen Kindern an dem User der Spree   und war über daS Gitter ge­klettert, um zu angeln. Hierbei beugte er sich zu weit hinüber, verlor das Gleichgewicht und stürzte in daS Wasser. Obwohl ein 12 Jahre alter Schüler sofort dem Ertrinkenden nachsprang, gelang es doch nicht mehr, diesen zu retten. Die Leiche des kleinen M. konnte bisher nicht geborgen werden. Lankwitz  . Mit der diesjährigen Maifeier beschäftigte sich am Mittwoch eine außerordentliche Generalversammlung. Es wurde beschlossen. am Nachmittag nach 4 Uhr sich im Lokal von Ebel  , Marienfclder Str. 9, zu versammeln und am Abend 6 Uhr eine Festrede stattfiilden zu lassen. Hierauf wählte die Versammlung die Genossen Otto Zack als ersten, Paul R a d i ck e als zweiten Vorsitzenden, Paul Kühl als Schriftführer und Hermann Richter als Beisitzer. Lübars-Waidmannslust. Daß die Grundstückseigentümer auf das Wohl der Gemeinde pfeifen, sobald es an ihren Geldbeutel geht, zeigte sich in der letzten Gemcindevertretersitzung bei Beratung des PunktesPflasterung der Tegeler Straße". Hier sind z. B. drei Anlieger, die sich weigern, den zum Straßenland erforderlichen Grund und Boden von ihrem Grundstück abzutreten. Einer verlangte sogar die Kleinigkeit von 189 M. pro Ouadratrute, trotzdem gleichwertiger Grund und Boden für 80 bis 100 M. pro Ouadratrute zu jeder Zeit zu kaufen ist. Zur Abgabe von Offerten zur Pflasterung der Tegeler Straße sind 7 Firmen aufgefordert worden. Die nievrigsts Forderung beträgt 132 942,25 M., die höchste dagegen 133 858,50 M. Den Zuschlag hat als billigste die Firma Dellos mit 132 942,25 M. erhalten. Zur Deckung dieser und anderer Ausgaben hat die Gemeindevertretung schon in einer der vorhergehenden Sitzungen im Prinzip beschlossen, eine Anleihe aufzunehmen. Recht eigenartig berührt es, daß der Herr Amts- und Gemeindevorsteher Müller einen der anwesenden Gemcindelchrer aufforderte, den Zuhörerraum zu verlassen, noch ehe die Sitzung ihren Anfang nahm. Herr Müller scheint in seiner Eigenschaft als Gemeindevorsteher sich noch im Stadium der Eni- Wickelung zu befinden. Hierbei kann ihm vielleicht die Oeffentlichkeit noch behilflich sein. Auch unsere Genossen werden, wenn c« not- wendig ist, ihr möglichstes dazu tun. Spandau  . Stadtverordnetenversammlung. Zunächst wurde eine Vor- läge, die eine längere Debatte gezeitigt hätte, vertagt. Diese Vor- läge betraf eine Vertragsgenehmigung mit der Eisenbahndirektion betreffs Uebernahme des Bahnhofsvorplatzes, die Herstellung einer Straßenunterführung sowie einen Entwurf zur Regulierung des Bahnhofsvorplatzes. Wie die meisten Vorlagen, welche vom Bau» amt kommen, war diese erst kurz vor der Festsetzung der Tages» ordnung eingegangen. Die Vertragsentwürfe waren den Stadt- verordneten erst einen Tag vor der Versammlung zugestellt, so daß niemand so recht informiert war, um was eS sich eigentlich handelte. Nach der Tagesordnung wurden für diese Vorlage 118 750 M. ge- fordert, im Vertrage selbst werden die Kosten aber auf 247 800 M. bemessen. Der Stadtbaurat Paul suchte zwar die Sache in seiner Weise klarzulegen, indem er meinte, die geforderte Summe von 118 750 M. wäre nur erst eine Teilforderung. Die Stadt- verordneten aber, gewitzigt durch die ganze verhauene Brücken- straßen-Angelegenheit, ließen sich von den Ausführungen de? Baurates nicht überzeugen, zumal auch die Stadt nach dem Ver» trage nur Pflichten, aber gar keine Rechte hat. und wies die Vor- läge zur weiteren Klarstellung zurück. Eine zweite größere Vorlage, betreffend eine anderwcite Festsetzung der Stratzenflucht- linie zwischen dem Stresowplatz, der Charlottenbrücke und Fischer- straße, wurde nach einer kurzen Erklärung des Referenten in die geheime Sitzung vertagt, wo sie mit der Vorlage betreffend Ankauf des Grundstücks Hotel Friedrichshot zusammen weiterberatcn werden soll. Diese Vorlage fällt in die Brückenstraßen-Angclegen- heit, die jetzt so verfahren ist, daß man nur unter Aufwendung größerer Mittel erst etwas Klarheit wird schaffen können. Die Angelegenheit wird noch lange das Schmerzenskind für Spandau  bleiben, und die damaligen Befürworter des Ankaufs und NiederreißenS der Häuser, u. a. namentlich der jetzige Stadtrat. damalige Stadtverordnete Dr. Engelhardt, werden heute sich wohl