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Nr. 97. 26. Iahrgavg. i KcilU des Amiirls" Kerlim AcksM Dienstllg. 27. Aptt! 1909. Reichstag . 8 48. Sitzung vom Montag, den 26. Aprik. nach- mittags 1 Uhr. Am Bundesratstisch: Dr. Nieberding. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Gesetz- entwurfs betreffend Aenderungen des Gerichtsder- fassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, des Gcrichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte. Die Beratung beginnt mit Artikel 1, welcher die Kompetenz der Amtsgerichte als Gerichte erster Instanz in Prozessen bis zu sechshundert Mark, statt bisher dreihundert Mark festsetzt. Abg. Dr. Wagner(kons.) erklärt sich mit dieser Festsetzung ein- verstanden, wenn sie auch nicht so weit geht, als die Vorlage der Regierung, welche die Grenze auf 800 M. normieren wollte; die Rechtsanwälte würden dadurch den von ihnen befürchteten Schaden nicht erleiden. Abg. de Witt(Z.): Die Entlastung der höheren Gerichte ist nur durch eine Erhöhung der Kompetenz der Amtsgerichte mög- lich. Freilich befürchten die Anwälte hiervon eine Schädigung ihrer Interessen; doch wird dies kaum der Fall sein, zumal auch die Gebühren für Rechtsanwälte erhöht werden sollen. Allerdings ist eine durchgreifende Revision der Gebührenordnung und der Rechts- anwaltsordnung eine dringende Notwendigkeit. Abg. Dove(freis. Vg.): Ich habe von Anfang an der Erhöhung der Kompetenz der Amtsgerichte auf 600 M. das Wort geredet; aber ein Teil meiner Freunde hat sich von der Nützlichkeit dieser Er- höhung nicht überzeugen können und wird dagegen stimmen. Abg. Dr. Ablast(freis. Vp.): Das Gesetz ist nicht ein von großen Gesichtspunkten aus durchgearbeitetes Gesetz, sondern ein Notgesetz, das von dem Geiste der Halbheit getragen ist. Der Kernpunkt der Vorlage ist die Frage der Kompetenzerhöhung der Amtsgerichte. Diese ist von der Kommission von 800 auf 600 M. heruntergesetzt; aber auch hierfür ist eine Notwendigkeit nicht dargetan. Ich bleibe dabei, daß jede Erhöhung der amtsgerichtlichen Kompetenz schädlich ist. Herr Wagner hat angedeutet, man könnte vielleicht, um den Schädigungen für den Anwaltsstand zu begegnen, an die Beseiti- gung der freien Advokatur denken. Wir werden aber die Errungen- schaft der fteien Advokatur unter keinen Umständen preisgeben. (Bravo ! bei den Freisinnigen.) Staatssekretär Dr. Nieberding: Wo durch die Erhöhung der amtsgerichtlichen Kompetenz eine Ueberlastung der Amtsgerichte emtritt, wird für eine Vermehrung der Amtsrichterstellen Sorge getragen werden. Die Verhältnisse des Anwaltsstandes zu schädigen, hat der Regierung ganz fern gelegen; ihr liegt vielmehr an einem tüchtigen Anwaltsstand. Die notwendige Aenderung von Gesetzen darf aber nicht deshalb unterbleiben, weil dadurch eventuell eine Reihe von Anwälten geschädigt wird; das ist auch bei der Einfüh- rung der freien Advokatur der Fall gewesen, ohne daß die Anwälte dagegen remonstriert haben. Abg. Dr. Frank-Mannheim(Soz.): Anstatt dankbar zu sein, daß der Sturm, der bei der ersten Le- sung der Vorlage sich erhob, sich jetzt in ein leichtes Säuseln ver» wandelt hat, macht der Staatssekretär den Herren Vorwürfe, die bei der ersten Lesung ihr Temperament nicht ganz im Zügel ge- halten haben./ Daß ein Grund zu besonderer Erregung vorgelegen hat, glaube ich nicht, sie kann als ein Beweis für die Nervosität der Zeit angesehen werden, der zufolge in jeder Regierungsvorlage eine Steuervorlage erblickt wird. Und nicht ganz unbegründet. Denn es ist mit Recht vorgerechnet worden, daß nach dieser Vorlage für die Einzelstaaten mehr Einnahmen herauskommen werden als bis- her. Die Bedenken, welche meine Freunde bei der ersten Lesung gegen die Vorlage erhoben haben, waren zweierlei Art. Erstens wünschen wir nicht, daß der Schwerpunkt der Rechtsprechung nach Seiten der Amtsgerichte hin verschoben wird. Wir er- blicken darin keine Garantie, daß die Rechtsprechung nicht vornehmlich durch abhängige Leute, durch Assessoren. ausgeübt wird. Und zweitens waren unsere Bedenken diktiert von der Rücksicht auf die mehr als 20 000 Anwälte, welche durch die Vorlage geschädigt werden. Nun ist es richtig, daß die Kommission einige Milderungen und Verbesserungen an der Vorlage vorgenom- Kleines feuilleton. DaS Denkmal SardiuS. Einige Monate vor feinem Tode m Sardou in Gesellschaft eines Freundes über den Platz vor der eleine-Kirche. An den der Kirche gegenüberliegenden Ecken des Platzes befinden sich zwei von kleinen Bäumen umgebene Rondelle; auf einem dieser Rondelle steht das Denkmal des Philosophen und Staatsmannes JuleS Simon . Sardou machte den Freund auf das vor wenigen Jahren errichtete Denkmal aufmerksam und sagte:Sie wissen wirklich nicht mehr, was sie ersinnen sollen, um unser schönes Paris sohäßlich wie möglich zu machen. Kann man sich wohl eine abscheulichere Statue des guten JuleS Simon denken? Und um dieses entsetzliche Denkmal errichten zu können, haben sie einen reizenden kleinen Springbrunnen, genau so einen wie der dort drüben an der anderen Ecke des Platzes, vom Erdboden vertilgen müssen. Sie können sich darauf verlassen: früher oder später wird auch daS andere Brünn­lein dran glauben müssen; sie werden es sicher gleichfalls durch irgend ein scheußliches Bildnis einer zeitgenössischen Berühmtheit ersetzen. Armes Paris !" Der Stadtrat von Paris hat in den letzten Tagen beschlossen, Sardou, dem Dichter des. Rabagas", ein Denkmal zu setzen, und es ist eine Ironie des Zufalls, daß gerade Sardous Bildnis den anderen anmutigen Springbrunnen auf dem Madeleine-Platze ersetzen soll.... Theater. Kammerspiele.Wolkenkuckucksheim". Komödie in drei Akten von I o s e f R u e d e r e r. Die für Freitag angekündigte Aufführung fand, da die Polizei im letzten Augenblick wegen angeb- licher Feuergefährlichkeit nicht etwa des unschuldigen Stückes, sondern des mit großen Massenaufzügen arbeitenden Bühnen arrangements ihr Velo eingelegt hatte, erst am Sonntag und da auch nur unter Streichung der Chöre statt. Tafeln mit der Auf- schriftChor der Jünglinge", von ein paar friedlich dreinschauenden Statisten getragen, markierten zur allgemeinen Heiterkeit die behörd- liche Verstümmelung. Im übrigen gabs nicht gar viel zu lachen. Die Komödie erschien noch trister, als die Be- richte über ihren Münchener Premierendurchfall hatten ver- muten lassen. Keine Spur in den breiten. prätentiös auf- gebauschten Szenen erinnerte an den Dichter der kemigen, cpigrammatisch-witzigenFahnenweihe". Die drei Akte sind mit weit- gereckten Jambemedcn angefüllt, die, ziellos durcheinander stolpernd, offenbar selbst nicht wissen, wovon denn eigentlich die Rede ist, als säße man vor einem mißglückten Kinematographenbilde: Hier und da tauchen in dem surrenden Geflimmer Umrisse und Fetzen auf, die die Erwartung erregen, doch uur um sofort wieder chaotisch zu zer- flattern. Die Augen schmerzen einem von dem Hinsehen, der Kopf von dem vergeblichen Bemühen, etwas festzuhalten. WenN nicht etwa die Fopperei des Publikums der mit geheimer Schaden- sreude verfolgte Endzweck ist, so muß wohl irgend eine Ab- ficht der Satire dem Werk zugrunde liegen. Fragt sich nur: Satire gegen wen und. was. Es kommt da ein Verleger: Milliardär Banausios benamset, vor. der am Schlüsse Gott Vater Zeus die Weltregierung abkauft und damit den Schwärmerpoeten EuelpideS, der imWölkenkuckucksheim" die Vögel zum Angriff auf den Olymp organisiert hat, aus dem Felde schlägt. Vielleicht ging also die «atire gegen die Dichter, die der Weisheit Schillers, daß sie men hat, das erkennen auch wir an. Gegen eine mäßige Erhöhung der cnntsgerichtlichcn Zuständigkeit haben wir nichts einzuwenden. Wer die wenigen Verbesserungen, welche die Vorlage bringt, ändert nichts daran, daß ihre Charakterisierung als Stückarbeit richtig ist. Run gibt es freilich Situationen, in denen auch kleine Verbesse- rungen notwendig sind. Aber wir vermögen nicht zu erkennen, daß in dieser Vorlage ausreichende Verbesserungen gebracht sind, und wir haben uns auch nicht überzeugt, daß durchschlagende Be- denken gegen eine durchgreifende Reform der Zivilprozeßordnung vorhanden sind. Ter Herr Staatssekretär hat ja Bedenken gegen großzügige grundlegende Reformen. Aber wir meinen, der Ge- danke der Heranziehung des Laienelemcnts ist in der Theorie und Praxis so anerkannt, daß nichts im Wege gestanden hätte, mit einer solchen Reform vorzugehen, die unsere Zivilrecht- sprechung aus eine breitere Grundlage gestellt hätte.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir haben uns unsere Stellungnahme zunächst natürlich durch die Rücksicht auf die Rechtsprechung im allgemeinen leiten lassen. Dann aber auch dadurch, daß ein erhebliches öffentliches Interesse an der Erhaltung der freien Advokatur besteht. Es liegt im Interesse des politischen Lebens, daß nicht ein numerus clausus der Anwälte(beschränkte Zahl von an jedem Gericht zuge- lassenen Anwälten) herrscht. Die Unabhängigkeit der Anwälte ist mit der freien Advokatur verbunden.(Zustimmung links.) Aber nicht nur politische, sondern auch rein juristische Gründe sprechen für die freie Advokatur. Wir haben ja in Deutschland ein Gericht. an welchem Anwälte nur in beschränkter Zahl zugelassen sind, das Reichsgericht. Und ich glaube es aussprechen zu können» daß dieser numerus clausus am Reichsgericht erhebliche Mißstände gezeitigt hat. Jeder, der in der Praxis steht, wird zugwen, daß es zuweilen schwer ist, überhaupt einen Anwalt für eine Revision ani Reichsgericht zu finden. Es ist das geradezu ein Krebsschaden.(Zustimmung bei den Soz.) Unsere endgültige Stellung der Vorlage gegenüber behalten wir uns bis zur dritten Lesung vor, namentlich auch nach der Entscheidung über unsere An- träge zur zweiten Lesung.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Baffcrmann(natl.): Weder das Publikum, noch der An- waltstand wünscht den gegenwärtigen Zustand der freien Advokatur mit dem früheren des numerus clausus(beschränkte Zahl der zuge- lassenen Anwälte) zu vertauschen. Einer guten Rechtspflege ent- spricht auch am besten die freie Advokatur. Der Erhöhung der Amtsgerichtskompetenz stimmen wir zu. Aber nun sollte die Rc- gierung auch dafür sorgen, daß dem Hilfsrichtertum das Genick ge- brachen und daß diese erhöhte Verantwortlichkeit nur erfahrenen Männern übertragen wird. Abg. Sturz(D. Vp.): An die Unabhängigkeit der Anwälte darf nicht gerührt werden. Die Frage der Heranziehung des Laien- clementS halte ich im Gegensatz zu Herrn Frank noch nicht für spruchreif. Der Kompetenzerhöhung der Amtsgerichte stimmen meine Freunde zu. Abg. Gyßling(freis. Vp.): Die gegen die Vorlage schon früher vorgebrachten Gründe bestehen in voller Kraft weiter. Nötig wäre statt dieser Stückarbeit eine ganze Reform gewesen. Abg. Dr. v. Dziembowski(Pole): Von dem Vorwurf der Fis- kalität, ganz gleich, ob beabsichtigt oder nicht, kann die Vorlage nicht freigesprochen werden. Wir erblicken in der Vorlage weder eine Verbesserung noch' eine Verbilligung der Rechtsprechung(Bravo ! bei den Polen .), Die Erhöhung der amtsgerichtlichen Kompetenz auf 600 M wird mit großer Mehrheit angenommen. Abg. Dr. Wagner(kons.) verwahrt sich in einer persönlichen Bemerkung dagegen, daß er sich für die Wiedereinführung des numerus clausus ausgesprochen habe; er habe nur erwähnt, daß dieser Gedanke aufgetaucht sei. Durch eine folgende Ziffer will die Regierung die Kammer für Handelssachen zur Berufungsinstanz in Sachen bis zu 600 M machen. Die Kommission hat diese Bestimmung gestrichen. Die Abg. Bassermann(natl.)» Dr. Brun st ermann (kons.), Dr. Frank-Mannheim(Soz.), Dr. Heinze(natl.), Schultz(Rp.), Dr. S e m l e r(natl.), Starz(D. Vp.) bean- tragen, die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Abg. Frank-Mannheim(Soz.): In diesem Falle sind wir für die Wiederherstellung der Regierungsvorlage, weil die Landgerichte als Berufungsinstanz am unbeliebtesten sind; wir halten es für bei Teilung der Erde ein für allemal zu spät gekommen sind, nicht glauben wollen? Vielleicht auch gegen den stärksten aller Welt eroberer, das banausische Milliardenkapital? Oder wider die Götter. oder auch wider den feisten Herkules, der hier und da im Ton des Zentrums peroriert, oder wider Mikelos, den Münchener Bierphilister M i ch e l. oder wider den vom Chorführer repräsentierten Professoren Klassizismus, oder wider Gott weiß was sonst noch? Die Auswahl für geduldige Interpreten ist unbegrenzt, doch nirgends trifft ein Pfeil ins Schwarze, nirgends stößt man auf eine Karikatur, die, einheitlich durchgeführt, sich dem Sinn mit anschaulicher Komik ein- prägt. Fortwährend kreuzen und ändern sich die Intentionen. Die geistvoll spielende Phantastik des Aristophanes, dem Ruederer die Idee des Wolkenkuckucksheimer Vogelreiches entlehnt, verwandelt sich im Nachbilde zu zügelloser, leerer Gedankenflcicht. Schade um die ausgezeichnete Darstellungskunst, die an das totgeborene Werk verschwendet wurde. Sie ließ ahnen, welche Wirkungen ein Poet, der etwas von der freien Kraft des Aristophanes besäße, heut von der Bühne her erzielen könnte. Herr Moissi , der sich in letzter Zeit überraschend glücklich entwickelt hat, gab mit seinem prachtvollen, im Pathos hell aufschmetternden Organ dem farblosen Poetengerede des Euelpides Glanz und Klang. Fräulein Durieux war eine anmutig lockende, von duftigem Märchew schimmer umflossene Psyche. Viktor Arnold frischte die Er läuterungen des professoralen Chorführers reichlich aus eigenem mit drollig erfundenen Nüancen auf und Waßmann als deutscher Michel eiferte ihm nach. Auch D i e g e l m a n n als Zeus , W egener als Banausios, Winterstein als Herkules kolorierten die vagen Schattenrisse ihrer Rollen nach Möglichkeit. Die Gesellschaft der Vögel, die der Poet im zweiten Akte auffucht, wies sehr charakteristische Gattungstypen auf. Der schwächliche Applaus am Schluffe begegnete ziemlich energischem Zischen. dt Mufik. Berliner Theater:Ein Herbstmanöver", die Operette, die am Sonnabend die Erstaufführung für unsere Stadt gefunden hat, geht abseits von gewöhnlichen Operettenwegen. Während sonst häufig in den Wirbelwind einer Posse etwas sentimentaler Ernst hineingeflickt wird, sozusagen anstandshalber, ist hieffdaS Ganze vonvorn herein auf etwa wie ein Trauerspiel angelegt, daS hinwieder von Späßen umrankt wird. Auf einem ungarischen Schlosse hat der Großknecht LajoS schon drei Generationen treu gedient und mußte zusehen, wie dem Jüngsten der Besitz durch finanzielle Machenschaften entwunden wurde. Jetzt haust dort Baronin Risa. Sie ivar einst dem Vertriebenen, dem jetzigen Husarenoffizier v. Börentv, in Liebesglück nahe und wurde ihm dann untreu.' Em Manöver im Herbst führt den Offizier'zum Schloß. Aber während seine Kameraden dort festliche Gastfreundschaft genießen, bleibt er auch durch ein mondscheinhelles Duett mit Risa ungerührt und erklärt auf Ehrenwort, nicht hineinzugehen oder wenn, dann wolle er sich zu tollen, Tanz und waS noch allem verpflichten. Aber der Manöverfeind macht eine nächtliche Attacke; der Offizier eilt mit dem einzigen Gedanken an seine Soldatenpflicht hinein, die Ka- meraden zusammenzurufen, wird jedoch von Risa festgehalten, ver- säumt bei Champagner und Czardas sein Kommando und bietet seine Liebe dem Gencralstöchterchen an, das dann, wie'S zum Krachen kommt, jämmerlich heult und mit einem Säbel herlkmfuchtelt. De.n eine ivesentliche Verbesserung, wenn in der Berufungsinstanz zwei Laien mit herangezogen werden. Abg. Dr. Barcnhorst(Rp.): Wenn wir dem Antrag auf die Wiederherstellung der Regierungsvorlage� zustimmen, soll dies kein Präjudiz sein für unsere Stellung zur Frage der Heranziehung der Laien zur Rechtsprechung. Abg. Dr. Wagner(kons.) und Wg. Gyßling(freis. Vp.) treten für den Beschluß der Kommission ein. Nach Ivciterer unerheblicher Debatte wird der Antrag Basser- mann angenommen. In einer weiteren Ziffer beantragt die Kommission, Ansprüche auS dem außerehelichen Beischlaf als Feriensachen zu behandeln. Abg. Kirsch(Z.) bekämpft dies; es sei unangebracht, gerade solchen Ansprüchen eine Vorzugsbehandlung zuteil werden zu lassen. Der Antrag der Kommission wird angenommen. Abg. Graes(wirtsch. Vg.) begründet eine Resolution, warin ver- langt wird, die BezeichnungGerichtsschreiber, Gerichtsschreiberei" durchGerichtssekretär, Gcrichtssekretariat" oder durch einen anderen entsprechenden Ausdruck ersetzt wird. Der gegenwärtige TitelGcrichtsschreiber" wirke abschreckend. Abg. Dr. Frank-Mannheim(Soz.): Ich bin berivundert, daß gerade von jener Seite ein solcher Antrag kommt. Wir sind viel- mehr der Meinung, daß auch für andere Amtsbezeichnungen deutsche Worte gewählt werden sollten, und würden nichts dagegen haben. wenn der Staatssekretär Staatsschreibcr genannt würde(Heiter- keit), freilich scheint mir zweifefliaft, ob der Staatssekretär im Reichsjustizamt mitStaatsschreibe.r der Gerechtigkeit" zu be» zeichnen wäre.(Große Heiterkeit.) Im allgemeinen ist es besser, wenn die Amtsbezeichnungen deutsch sind. Ich bin überzeugt, daß ein großer Teil des Voltes nicht weiß, was ein Staatssekretär ist; ist es doch einem Unterstaatssekretär des Reichspostamts passiert, daß er sein Zimmer im Hotel räumen sollte, weil ein Postsekretär es haben wollte. Was aber ein Gerichtsschreiber ist und zu tun hat, weiß jedermann. Abg. Dr. Varenhorst(Rp.) schließt sich dem Mg. Graes , Mg. Storz(D. Vp.) dem Abg. Frank an. Die Resolution wird abgelehnt. Zum Artikel II liegt ein Antrag Albrecht und Genossen (Soz.) vor, in§ 115 Ziffer 3 der Zivilprozeßordnung hinterge- botenen" einzufügen:oder wenn der Streitwert höher als 300 M. ist." Ferner liegt ein Antrag Storz(D. Vp.), Dr. Ablaß(freis. Vp.), Dr. Frank-Mannheim(Soz.) vor, demselben Paragraphen den Absatz einzufügen:für die dem Armenanwalt zustehende Pauschalgcbühr haftet der Fiskus." Abg. Heine(Soz.): Der Antrag Albrecht und Genossen soll ver. hindern, daß die Parteien, deren Prozesse jetzt nach der Erhöhung der amtsgerichtlichen Kompetenz vor das Amtsgericht kommen, schlechter gestellt sind, als früher vor dem Landgericht, wenn sie unter dem Armenrecht klagen. Wir bitten deshalb, diesem Antrag zuzustimmen. Gleichzeitig bitte ich auch, den Antrag Storz-Wlaß- Frank anzunehmen: denn es ist gut, noch besonders auszusprechen, daß der Fiskus für diese dem Armenanwalt zustehende Pauschal- gebühr haftet. Mir scheint der Antrag sogar noch nicht einmal weit genug zu gehen. Ich sehe nicht ein, warum der Fiskus nicht auch dem Armenanwalt seine baren Auslagen ersetzen soll. Wg. Storz(D. Vp.) schließt sich den letzten Ausführungen des Vorredners an. Präsident Graf Stolberg teilt mit, daß ein Zusatzantrag de Witt(Z.) zu dem Antrag Storz-Ablaß-Frank eingegangen ist, wonach der Fiskus dem Armenanwalt auch seine sämtlichen baren Auslagen zu ersetzen hat. Staatssekretär Dr. Nieberding wendet sich gegen den sozial. demokratischen Antrag. Der Antrag Albrecht und Genossen(Soz.) wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und einiger Zentrumsmitglieder abgelehnt. Der Antrag Storz, Ablaß-Frank wird mit dem Zu» satz de Witt mit großer Mehrheit angenommen. Weiter liegt ein Antrag Alb recht und Genossen(Soz.) vor, dem§ 157 der Zivilprozeßordnung hinzuzufügen:die Vorschrift des 8 157 Absatz 1 findet keine Anwendung auf Arbeitersekretäre und Gewerkschaftsbcamte, die in dieser Eigenschaft fremde Rechts- angelegenheiten besorgen." Krach führt der sonst nur immer fluchende General zu dem nahe- liegenden guten Ende, das auch der Generalstochter ihren flotten kleinen Husarenfreiwilligen verschafft. So haben Karl v. Bakony den Text und Robert Bodawsky die deutsche Bearbeitung gemacht. E m e r i ch K�lm A.n. der sonst noch unbekannte Komponist, taugt ersichtlich zum Ernst besser als zum Spaß. Ouvertüre, Duett und einiger- maßen auch die Tanzstücke sowie die unvermeidlichenschwer- mütigen Weisen" zeigen ihn als einen nahezu selbständigen Tondichter, der das Recht hat, dem Orchester und den Sängern gewichtige Aufgaben zu stellen und sie zu semer Kunst der Steigerungen mitzureißen. Was der Text an eigentlich Operettenhaftem bringt, ist beim Komponisten fast ebenso wertlos als beim Librettisten. Und die ärmliche Verknüpfung des Possenhaften mit dem Ernsten im Texte bleibt von der Musik so völlig fern, daß auch der auf eine neue Kunst wartende Kritiker über den matten Gesamteindruck des Ganzen kaum hinauskommt und nur noch dem Komponisten eine aufmerksame Erinnerung mit der Hoff- nung auf Zukünftiges bewahrt. Die Gastspieltruppe, welche das Stück spielt, ist da? bereits durch Operettenleistungen bekannte Hamburger Ensemble unter Josef B e n d i n e r. Den Ansprüchen des hier hervorragend wichtigen ge- sprochenen Dialogs ist es begreiflicherweise am wenigsten gewachsen. Vielleicht fehlte auch eine genügende Vorbereitung; jedenfalls ent- faltete sich erst im Laufe des AbendS einigermaßen das, waS diese Künstler können, einschließlich des trefflichen Spieles und guten Gesanges von G r e t e H o l m, die in Rollen wie der Baronin Risa schon bewährt ist. Wichtiger als die Aufzählung dessen, was sonst noch rühmenswert war, ist uns der Wunsch nach günstigeren Gelegenheiten zur Entfaltung des vorhandenen Könnens. su. Humor und Satire. Unklare Revolution. Die Truppen schössen in die Menge Auf Pascha und auf Bey , Die Truppen kamen ins Gedränge Und sind verfassungstreu; . Die Truppen waren sehr verwegen Und hatten sehr viel Glück, Sie sind indessen unterlegen Und zogen sich zurück; Es gab ein großes Blutvergießen Am Tage des Gerichts, Dabei war's bloß ein Freudenschießen Und weiter war es nichts; Sie schössen auf die Offiziere. Es war ein Vkuster-Korpö, Und wenn ich sag', daß ich'S kapiere, Dann lüg' ich euch was vor. m. Diplomaten.Wissen Sie noch, Herr Kollege, damals, als in der Türkei der Liberalismus siegte, haben allein die deutschen Schiffe nicht geflaggt." Na, das können die ja jetzt nachholen, wenn die Reaktion ans Ruder kommt I"" (.Lustige vlRter."»