st 98. 26. MM. 2. Ktllllge iles Lmarts" Kerlimr Nlllksdllltt. Mwch W?,«.9»s.Partei- Angelegenheiten.Maifeier— Achtung!Zu den gestrigen Annoncen ist nachzutragen:Bormittags:Groß-Lichterfelde. 1t) Uhr. Versammlung im K a i s e r h o f.Zenthcn-Eichwalde. 10 Uhr. Versammlung im RestaurantLindemann. Referent Ulm.Nachmittags:Groß-Lichtcrfelde. Nachmittags von 6 Uhr ab. Wahren-dorfs Äe,ellschaftshaus(Baekestraße 22) undK a i s e r h o f(am Kranoldplatz).Pankow. Nachmittags von 3 Uhr an bei E b e r s b a ch(„ZumKurfürsten"), Berliner Straße 102.Schönwalde. 8 Uhr abends. Lokal von Schulz. Referent:HermannMüller.Für alle nötigen Einreichungen(nicht Ein-richtungen, wie im Inserat steht) sowie für dieAnmeldung der Versammlungen in den Vor-orten haben die Funktionäre der einzelnenOrte in der üblichen Weise zu sorgen, ebensofür alle Berliner Abend Veranstaltungen.Der Ausschuß der Berliner Gewerkschaftskommission.Alwin K ö r st e n, Engelufer 15 I.Verband sozialdemokratischer Wahlvereine Berlins u. Umgegend.Leopold Liepmann, LW. 68, Lindenstr. 69.Rixdorf. Der heute bei Hoppe geplante Lichtbildervortrag desGenossen Geck fällt aus, da derselbe infolge Krankheit in seinerfvamite nicht in Berlin anwesend ist. Die Billetts behalten ihreGültigkeit und wird noch näher bekannt gemacht, wann der Vortragstattfindet. Der Vorstand.Friedenau. Heute Mittwoch, abends 8'/z Uhr: Mitgliederversammlung bei Schellhase, Steglitz, Ahornstr. Iba,. Tagesordnung:1..Die Finangreform". Referent: Genosse U lm- Schlachtensee.2. Berichte. 3. Neuwahl des Schriftführers. 4. Die Maifeier. 5. An-träge und Verschiedenes. Der Vorstand.Karlshorst. Parteigenossen I Unsere Maifeier findet am Sonn-abend im Restaurant„Zum Fiirstenbad"— Inhaber Fr. Bartels—statt. Beginn nachmittags 4 Uhr. Für entsprechendes Programm istgesorgt._ Der Vorstand.Berliner JNfachricbten»Baufluchtlinien und Bebauungspläne.Für die Besitzer großer Terrains speziell für Terrain-gesellschaften bildet die von den Kommunalbehörden zutreffende Festsetzung der Baufluchtlinie bezw. des Bebauungs-planes die Unterlage für die Verwertung ihres Besitzes. DerBesitz an Land kann noch so groß Win, er behält nur einenminimalen Wert, wenn nicht die Möglichkeit einer baulichenErschließung geschaffen wird. Die Wertsteigerung des auf-geschlossenen Landbesitzes wird um so größer sein, je vorteil-hafter die Baufluchtlinie oder der Bebauungsplan für denoder die Besitzer ist. Je mehr Straßen in einen solchenLandbesitz gelegt werden, desto größer wird die baulicheVerwertung des Grund und Bodens und damit auch dieRentabilität desselben. An der baulichen Aufschließung einesTerrains hat zwar auch die Gemeinde ein gewissesInteresse, allein sie übernimmt damit auch nichtganz unerhebliche Verpflichtungen für Straßcnreinigung,Pflasterung, Beleuchtung, Bewässerung, Schullasten, derenKosten nur zu einem geringen Teil von den Hausbesitzerneingezogen werden können. Und deshalb muß eine Gemeinderecht achtgeben, wenn sie Baufluchtlinien und Bebauungs-Pläne aufstellt, damit bei dieser Gelegenheit die Interessender Gemeinde nicht denen der Terrainbesitzer geopfert werden.Viele Gemeinden machen deshalb ihre Zustimmung zur Auf-stellung neuer Fluchtlinien von gewissen Bedingungen ab-hängig, beispielsweise von der unentgeltlichen Hergabe desStraßenlandes, von Land zu Schulbauten und öffentlichenPlätzen, je nach der Größe des aufzuschließenden Landes.Durch das elende Dreiklassenwahlrecht kommen aber vieleGemeinden in dieser Beziehung zu kurz, da Großgrund-besitzer und Tcrrainspekulanten in den Gemeinden ihreVertreter haben und dort nach Kräften die eigenen Interessen,nicht aber die der Gemeinde wahrnehmen.In Berlin ist es in zahlreichen Fällen gelungen, bei Auf-schlicßung von Land zu Bebauungszwecken ganz erheblicheKonzessionen von den Besitzern zu erhalten, das wird auch inZukunft möglich sein, wenn der hierzu günstige Zeitpunkt,nämlich die Festsetzung der Fluchtlinie oder Aenderung desBebauungsplanes nicht verpaßt wird. Die Terrain-gesellschaften gründen ja ihre ganze Tätigkeit auf die von denGemeinden zu treffende Festsetzung der Straßenzüge undheintsen dabei mühelos Hunderttausende, ja Millionen ein.Einen kleinen Einblick in dieses Geschäftsgebaren läßt unsder Bericht über den Stand der BodcnaktiengesellschaftBerlin-Nord tun. Den Ausführungen des Direttors Busch istzu entnehmen:„daß die Terrains Miillerstr. 102—112 und 74—76 in etwa einemJahre baureif sein werden, nachdem sich die Gesellschaft mit einemvon der Stadt Berlin aufgestellten Bebauungsplan einverstandenerklärt hat. Diese ca. 21000 Ouadratruten großen Terrainsstehen bei der Gesellschaft mit ca. 230 M. zu Buch. Im Geschäfts-verkehr könne man die Ouadratrute in dieser Gegend aus etwa400— 500 M. bewerten, das heißt nette Bauland auf etwa600—700 M. Die Verwaltung glaubt, aus dem Verkauf diesesBlocks eine beffere Dividende hcrauswirtschaften zu können. DasTerrain in der Seestraße, welches billig erworben wurde, konnte.-est am 1. April aufgelassen werden. Der Aufschluß kann infolgenoch bestehender Differenzen nicht vor dem 1. Oktober er-folgen, wird dann aber im Herbst große Fortschritte machenkönnen..Die Gesellschaft hatte darunter zu leiden, daß sie nichtgenug baureife„Aare" hatte, sie sucht diesem Mangel jetzt durchAnkäufe abzuhelfen. So erwarb sie zwischen dem Bahnhos Char-lottenburg und dem Kurfiirstendamm 1700 Ouadratruten für denPreis von 1500 M. für die Rute. Die Verwaltung will für diesesGelände einen neuen Bebauungsplan ausarbeiten, umhöhere Verkaufspreise erzielen zu können. Ferner bestehen Ver-Handlungen wegen des Ankaufs eines größeren Terrains im Osten.Genaue Angaben über die Lage des Terrains kann die Verwaltungnoch nicht machen, da sie erst mit 10 Besitzem von 14 abgeschlossenhat. Die Verwaltung erwartet auch aus dieser Transaktion einehöhere Verzinsung des Aktienkapitals."Aus diesem Bericht geht wie aus vielen anderen gleichenCharakters die preistreibende Tendenz der Grund- und Boden-preise durch die Bodengesellschaften hervor; es zeigt sich,welcher Wucher mit dem Grund und Boden getrieben wird.Unsere Genossen in den Gemeindeparlamenten tun gut, nochmehr als bisher ihre Aufmerksamkeit der Festsetzung derBaufluchtlinien und Bebauungspläne zuzuwenden, damit dieInteressen der Gemeinden nach Möglichkeit gewahrt werden.Aus der Trinkerheilstätte„Waldfrieben".lieber diese Anstalt lesen wir in der„Berliner Morgcnpost":„Waldfrieden" ist der Name der schönen Trinkerheilanstaltbei Fürstenwalde, die der segensreichen Aufgabe dient, die demAlkohol Verfallenen den verderblichen Folgen des Giftes zu ent-reißen und sie dem Leben wiederzugeben.„Waldftieden" liegtin einem idyllischen Park drei Kilometer von Fürstenwalde ent-fernt, in paradiesischer Ruhe und heiterem ländlichen Frieden.Aber� diese Ruhe und dieser Frieden walten nicht so in demVerhältnis zwischen dem Verwaltungsausschusse und dem lei-tenden Arzt der Anstalt Dr. Kapff, der seit Jahr und Tag gegenden führenden Mann im Ausschusse, gegen den früheren Char-lottenburger Stadtrat Dr. Waldschmidt, einen Kampf führt, indem es gestern zum Eklat gekommen ist.Die Trinkerheilstätte„Waldfrieden", die am 13. Juni 1900vom Bezirksveeein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke(Berlin und Umgegend) E. V. begründet wurde, ist heute mit 170Kranken belegt 110 von diesen sind von der Landesdirektionüberwiesen, 56 von der Berliner Armendirektion, hen Kranken-lassen und der Landesversicherungsanstalt. Der Rest sind frei-willige Pensionäre. Die Gründung der Anstalt, die den Alkohol-erkrankten ebenso wie den sonst Geisteskranken zu systematischerHeilung führt, war von zweifellos segensreicher Wirkung, unddie Resultate, die der Leiter der Anstalt, Direktor Dr. Kapff,eine Kapazität auf nervenärztlichem Gebiete, dort erzielt hat,sprechen deutlich für die Notwendigkeit einer solchen Heilanstalt.Aber so glänzend die Erfolge sind, die Dr. Kapff in„Wald-frieden" in den drei Jahren seiner dortigen Tätigkeit erzielthat und erzielt und so sehr er die Anerkennung der Wissenschaft-lichen Welt gefunden hat, mit ebenso großen Schwierigkeiten hater im Verwaltungsbetriebe der Anstalt zu kämpfen. Und dietreibende Kraft dieses Widerstandes ist der genannte Referentdes Verwaltungsausschusses, der frühere CharlottenburgerStadtrat Dr. Waldschmidt. Schon im Jahre 1902 sah sich derdamalige Vorsitzende des geschästsführenden Ausschusics, Geh.Medizinalrat Professor Dr. Guttstedt vom Reichsgesundheitsamt,veranlaßt, den Vorsitz niederzulegen, weil er mit verschiedenenModalitäten der Kasscnführung und der Form der Grundbuch-eintragungen nicht einverstanden war. In die Kassenführungdes Vereins und der Heilstätte teilten sich damals als Kassen-führer des geschäftsführenden Vorstandes ein IngenieurO. Ouitmann, der ein Schwager des Dr. Waldschmidt ist, derKassenführer des Verwaltungsausschusscs der Heilstätte GeorgSpringorum, ebenfalls ein Verwandter Dr. Waldschmidts, undDr. Waldschmidt selbst als Führer der Kasse der Anstalt. Einaußergewöhnlich starker Verbrauch von Kassenführern, wenn manbedenkt, daß es sich um ein Wohlfahrtsinstitut handelt, dessenKosten durch teilweise geschenkte, teilweise unverzinslich gegebeneAnteilscheine gedeckt werden.Im Jahre 1906. wurde von Dr. Waldschmidt der Anstalt„Waldftieden" eine revidierte„Speiseordnung" gegeben. DieNeuordnung führte zu einer Hungerrevolte, bei der derunschuldige Anstaltsleiter Dr. Kapff in Lebensgefahr schwebte.Die Insassen, die mit der Kost, die weit unter jener der Dall-dorfcr Anstalt stand, nicht zufrieden waren, rebellierten gegenDr. Kapff, der dann auf eigene Verantwortung die alte Speise-Ordnung wieder einführte, ohne daß dar Ausschuß dagegenremonstrierte. Auch wegen der Verrechnung der Ueberschüsse derAnstalt entstanden Differenzen. In dem Statut heißt es, daßdie Ueberschüsse zugunsten der Patienten zu verwenden seien,und um dieses guten Zweckes willen hat der Oberpräsident sogareine Hauskollekte genehmigt. Im letzten Jahre sind OOOOÖ.M.Ueberschuß herausgewirtschaftet worden, über deren Verwendungder Direktor der Anstalt aber keine Auskunft erlangen konnte.Ueber die ganze Verwaltung blieb ein mystischer Schleier ge-breitet, ein Einblick in die Geschäftsführung wurde dem in ersterLinie interessierten Anstaltsleiter nicht gewährt.Beschwerden, die an den Ausschuß gelangten, wurden nachden Erklärungen Dr. Waldschmidts in der Regel als„erledigt"angesehen, und die energischen Ausstellungen Dr. Kapffs mitseiner„sofortigen Entlassung" beantwortet. Die Verfügungwurde alsbald zurückgenommen, vorgestern aber erhieltDr. Kapff die„Entlassung" von neuem. Gestern morgen erschienDr. Waldschmidt mit einem Rechtsanwalt und dem präsumptivenNachfolger Dr. Kapffs in der Anstalt, um den bisherigenDirektor seines Amts zu entheben. Es kam zu einer außer-ordentlich heftigen Auseinandersetzung, die damit endete, daßDirekwr Kapff den Herren die Tür wies.Die Angelegenheit wird, wie wir hören, ein gerichtlichesNachspiel haben, tvas zu einer öffentlichen Klarlegung der Vor-gänge Gelegenheit geben wird.Ueber die Verhältnisse in der Heilstätte„Waldftieden" sinduns im Laufe der letzten Jahre iviederholt Klagen zugegangen, diewir aber nach Lage der Sache schwer nachprüfen konnten. Danachwar nicht immer alles so einwandftei, wie das im vorliegendenArtikel dargestellt wird. Ueber die Differenzen Dr. Waldschmidtsmit Dr. Kapff erhalten wir aus der Anstalt folgende Zuschrift:„Heut— am 26. April— machte Herr Dr. Waldschmidt den Ver-such, den Direktor dieser Heilstätte, Herrn Dr. Kapff, der ihm(Waldschmidt) schwere Verfehlungen in der Verwaltung der Heil-slätte vorgeworfen hatte, unter Assistenz eines FürstenwalderRechtsanwalts und eines neuen ärztlichen Direktors seines Amtszu entsetzen. Herr Dr. Kapff, dem Herr Waldschmidt seinen Ukasvortrug, sagte ihm vor vielen Zeugen deutliche Worte und wiesihn aus der Anstalt, worauf Herr Waldschmidt mit seinen Mannenziemlich verdutzt wieder abzog. Aus der Menge der Kranken, diesich angesammelt hatte, wurden ihm Worte nachgerufen, die ersich nicht hinter den Spiegel stecken wird. Man hatte eben dieseinerzeitige„Hungerrevolte" noch nicht vergessen, deren Ursacheausschließlich in dieses Herrn Maßnahmen lag.(Bekam er dochdamals 6 Proz. vom Reingewinn der Anstalt) Der FrankfurterKreisarzt, denHcrrDr.Waldschmidt zurTeilnahme an diesemFeld-zug eingeladen hotte, war zu Herrn Dr. Waldschmidts Bedauernnicht erschienen, hatte aber in einem Schreiben an den BerlinerVerein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke bemerkt, daß gegenHerrn Dr. Kapffs Amtsführung nicht das mindeste einzuwendensei und daß er die Angelegenheit zur Kenntnis der Regierunggebracht habe."In der Affäre in der Mirbachstraßeist gestern nach der von dem Restaurateur Beck eingelegten Beschwerdean das Amtsgericht der entwendete photographische Apparat durchzwei Schutzleute wiedergebracht. Der Polizeipräsident hat eine Auf-klärung über den von uns geschilderten Vorfall noch nicht gegeben.Da wird uns nichts übrig bleiben, als die Gründe für das Auftretendes Bureauschreibers Mischke demnächst selbst zu enthüllen. Wenn-gleich uns die Fülle polizeipräsidialer Machtbefugnisse zur Aufklärungdes Tatbestandes nicht zu Gebote steht, wird das von uns Ermitteltewohl zur Aufklärung der Frage hinreichen, weshalb daS von unSgeschilderte rechtswidrige Eingreifen in das Eigentum und in diepersönliche Freiheit von Staatsbürgern möglich war.Gegen die geplante Erhöhung der Kanalisationsgebühren von1 1/2 a u f 2 P r o z e n t z u L a st e n der Hausbesitzer nahmam Montagabend in der Brauerei Königstadt eine Versammlungder Berliner Haus- und Grundbesitzervereiiie Stellung. Der Bundes-Vorsitzende Barkowsky sprach seine Entrüstung darüber ans, daß durchdieses Projekt den Haus- und Grundbesitzern eine Mehrausgabe von2'/� Millionen Mark auferlegt werden soll. Er betonte, daß derBerliner Haus- und Grundbesitz dieses Opfer nicht bringen �önne,da er so wieso schon genügend Sonderlasten zu tragen habe. Stadt-verordneter Jden, Rektor Liewerenz, Apotheker Streber und anderesprachen sich in gleichem Sinne aus und führten an, daß dieKanalisation nicht im nur im Interesse der Hausbesitzer, sondern derAllgemeinheit liege. Wenn die städtische Finanzwirtschast nicht 10„miserabel" wäre, dann würde man mit reichen Ueberschüssenrechnen können. In einer einstimmig angenommenen Resolution wurdeschließlich die Erhöhung der Kanalisationsgebühren zu Lasten derHausbesitzer als eine unerhört einseitige Maßnahme, die gegen Rechtuud Billigkeit verstoße, bezeichnet und nachdrücklich gegen dieselbeprotestiert. Zum Ausgleich der Finanzen wird eine rationelle Be-wirtschaftung der Rieselfelder gefordert.Wenn die Hausbesitzer zahlen sollen, verstehen sie so laut zuschreien wie unsere Agrarier.Unbemittelte Magen- und Darmkemike werden in der Poliklinik'Karlstr. 20a, wieder täglich von 10—11 Uhr unentgeltlich behandelt.Folgen der Arbeitslosigkeit. Weil er sich vent seiner Frau nichtwollte ernähren lassen, hat der 40 Jahre alte Metallarbeiter TheodorLehmann aus der Auguststraße 41 Hand an sich gelegt. Lehmannwar vier Jahre bei der Allgemeinen Elcktrizitätsgesellschaft, Ab-teilung Voltastraße, beschäftigt, wurde aber vor sieben Wochen wegenArbeitsmangels entlassen. Seitdem bemühte er sich vergeblich umneue Arbeit. Seine Frau mußte durch die Hausrcinigung für denUnterhalt der Familie sorgen. Der einzige Sohn verdient alsfünfzehnjähriger Lehrling noch nichts, eine Tochter ist erst fünf Jahrealt. Der Gedanke, daß seine Frau ihn ernähren müsse, war Lehmannunerträglich. Ost, wenn er wieder den ganzen Tag umsonst Arbeitgesucht hatte, äußerte er Selbstmordgedanken. Gestern nachmittagmachte er seinem Leben ein Ende, indem er sich auf dem Hausbodenan einem Balken erhängte. Als die Frau, die ihn und den Boden-schlüssel vermißte, ihn auffand, war er schon tot. WiederbelebungS-versuche, die ein Maim anstellte, blieben erfolglos.Not und Elend, verursacht durch Arbeitslosigkeit, haben denStolpischcstraße 47 wohnhaften Arbeiter Otto Neumann zur Ver-zweiflung getrieben. Er ging hin und stürzte sich gestern von derFriedrichsbrücke aus in die Spree, um seinem Hungerleben ein Endezu machen. Tot wurde N. aus dem Wasser gezogen. Damit istaber nicht das Elend seiner Familie geändert, da eine Frau mitfünf Kindern zurückbleiben und daS sechste Kind jeden Tag er-wartet wird.Der ausgerissene Polizeihund. Hundedieben ist anscheinenddie Polizeihündin Flora in die Hände gefallen. Das Tier entliefauf dem-Tempelhofer Feld beim Ueben seinem Herrn, einemPolizeibeamten, und ist seitdem verschwunden. Da der Flüchtlingschon seit drei Tagen vermißt wird, so kann nur angenommenwerden, daß er von Hundedieben gefangen worden ist.Daß ein Hund, der Spitzbuben fangen soll, selbst aber vonsolchen gefangen wird, das dürfte auch nicht alle Tage vorkommen.Ins Wasser gestürzt und ertrunken ist gestern der ArbeiterJohannes Daus. D. hatte am Schiffahrtskanal bei HohenfinowBaggerarbeiten getan. Als er abends heimging, geriet er in derDunkelheit so nahe an die Uferböschung heran, daß er in den Kanalstürzte und hilflos ertrank. Die Leiche des bedauernswertenMannes konnte gelandet werden.Auf der Arbeitsuche verunglückt. Von einem Straßenbahn-wagen überfahren und schwer verletzt wurde gestern ftüh der33jährigc Arbeiter Franz Makowiak aus der Münchcner Straße 29.Gegen 6 Uhr vormittags passierte M. die Dorkstraße und versuchteunmittelbar vor einem herannahenden Straßenbahnwagen derRinglinie 3 die Gleise zu überschreiten. Er. wurde von dem Wagenerfaßt, zu Boden geworfen und geriet unter den Schuhrahmen desVorderperrons. Dem Arbeiter war der linke Arm vollständig zer-malmt und das Fleisch von den Knochen gerissen worden. lDcrVerunglückte erhielt auf der Unfallstation am Tempelhofer Uferdie erste Hilfe und wurde dann nach dem Krankenhause am Urbanübergeführt, wo ihm der Arm abgenommen werden mußte. DerUnglücksfall ist um so bedauerlicher, als Makowiak erst gestern nachlängerer Krankheit aus dem Krankenhause Friedrichshain ent-lassen worden war und sich auf der Suche nach Arbeit befand, alser so schwer zu Schaden kam.Kindcrausbeutung.Mit einem schwer beladenen Handwagen quälte sich am Montagabend ein dreizehnjähriger Junge an der Roßstraße ab, um schließ-lich vor Entkräftung nicht mehr weiter zu kommen. Vorüber-kommende Arbeiter empörten sich ob dieser dem Jungen zugemutetenSchinderei und veranlaßten einen Schutzmann, einzugreifen. Dieserrief telephonisch den Chef, einen Herrn Ulrich Fritsche.Alexandrinenstr. 50.der ein Agenturgeschäft in Geschirren, Röhren u. dgl. hat, herbei,der nunmehr einen Arbeiter zum Transport der Materialien an-nehmen mußte. Wie uns mitgeteilt wird, war der arme Jungeschon stundenlang mit seiner Last unterwegs, ohne recht vorwärts zukommen. Der noch schulpflichtige Knabe soll für seine Tätigkeit bei diesemHerrn Fritsch, die von 2 bis 9 Uhr dauern soll, 4,50 M. wöchentlichbekommen. Wenn er dann nach 9 Uhr müde und ermattet nachHause kommt, wartet seiner noch die Anfertigung der häuslichenSchularbeiten.Gewiß inag die Eltern bes Knaben nur bittere Armut dazuveranlassen, den Knaben zum Miterwerb heranzuziehen, weil oft derVater nicht soviel verdient, um eine Familie ernähren zu können;andererseits ist aber die Tätigkeit, die dem Schulknaben hier auf-gebürdet worden ist, eine solche, die sich für einen erwachsenenArbeiter schickt. Natürlich würde ein solcher nicht für 10 Pf. proStunde arbeiten.Ein Flugblatt der Anarchisten ist dieser Tage im Norden Berlin«verbreitet worden mit der Ueberschrift: Was ist Anarchismus I Indiesem Flugblatt, auf dessen verschrobenen Inhalt einzugehen, keinAnlaß vorliegt, ist zum Schluß mitgeteilt, daß der.Freie Arbeiter"unter anderem ancki durch den Gastwirt Knapp, Grnnthaler Str. 5,zu beziehen sei. Genosse Knapp bittet uns mitzuteilen, daß dieserHinweis ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung in das Flug-blatt Aufnahme gefunden habe.Wer sind die Toten'? Aus dem Teltower Stichkanal wurdegestern nachmittag in Treptow die Leiche eines unbekannten Mannesgelandet. Der Tote ist etwa 55 bis 60 Jahre alt, 1,82 Meter großund kräftig gebaut. Er hat weißes Haar mit Glatze, einen grau-melierten Schnurrbart mit Fliege, braune Angen und ein rundesGesicht und trug schwarze Kleidung: Hut, Jackeitanzng, Krawatteund Schnürstiefel. Sein leinenes Hemd ist 0. dl., sein' TaschentuchK, der Tranring F. M. 1884 gezeichnet. Die Leiche befindet sich inder Halle zu Treptow.— Aus dem Sprcckanal vor dem HauseReu-Kölln gm Wasser wurde die Leiche eines unbekannten jungenMädchens gelandet. In der Älefdertasche fand man einen Zettel