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st 98. 26. MM. 2. Ktllllge iles Lmarts" Kerlimr Nlllksdllltt. Mwch W?,«.9»s. Partei- Angelegenheiten. Maifeier Achtung! Zu den gestrigen Annoncen ist nachzutragen: Bormittags: Groß-Lichterfelde. 1t) Uhr. Versammlung im K a i s e r h o f. Zenthcn-Eichwalde. 10 Uhr. Versammlung im Restaurant Lindemann. Referent Ulm. Nachmittags: Groß-Lichtcrfelde. Nachmittags von 6 Uhr ab. Wahren- dorfs Äe,ellschaftshaus(Baekestraße 22) und K a i s e r h o f(am Kranoldplatz). Pankow  . Nachmittags von 3 Uhr an bei E b e r s b a ch(Zum Kurfürsten"), Berliner Straße 102. Schönwalde. 8 Uhr abends. Lokal von Schulz. Referent: HermannMüller. Für alle nötigen Einreichungen(nicht Ein- richtungen, wie im Inserat steht) sowie für die Anmeldung der Versammlungen in den Vor- orten haben die Funktionäre der einzelnen Orte in der üblichen Weise zu sorgen, ebenso für alle Berliner   Abend Veranstaltungen. Der Ausschuß der Berliner   Gewerkschaftskommission. Alwin K ö r st e n, Engelufer 15 I. Verband sozialdemokratischer Wahlvereine Berlins   u. Umgegend. Leopold Liepmann, LW. 68, Lindenstr. 69. Rixdorf. Der heute bei Hoppe geplante Lichtbildervortrag des Genossen Geck fällt aus, da derselbe infolge Krankheit in seiner fvamite nicht in Berlin   anwesend ist. Die Billetts behalten ihre Gültigkeit und wird noch näher bekannt gemacht, wann der Vortrag stattfindet. Der Vorstand. Friedenau  . Heute Mittwoch, abends 8'/z Uhr: Mitgliederver­sammlung bei Schellhase, Steglitz  , Ahornstr. Iba,. Tagesordnung: 1..Die Finangreform". Referent: Genosse U lm- Schlachtensee. 2. Berichte. 3. Neuwahl des Schriftführers. 4. Die Maifeier. 5. An- träge und Verschiedenes. Der Vorstand. Karlshorst  . Parteigenossen I Unsere Maifeier findet am Sonn- abend im RestaurantZum Fiirstenbad" Inhaber Fr. Bartels statt. Beginn nachmittags 4 Uhr. Für entsprechendes Programm ist gesorgt._ Der Vorstand. Berliner   JNfachricbten» Baufluchtlinien und Bebauungspläne. Für die Besitzer großer Terrains speziell für Terrain- gesellschaften bildet die von den Kommunalbehörden zu treffende Festsetzung der Baufluchtlinie bezw. des Bebauungs- planes die Unterlage für die Verwertung ihres Besitzes. Der Besitz an Land kann noch so groß Win, er behält nur einen minimalen Wert, wenn nicht die Möglichkeit einer baulichen Erschließung geschaffen wird. Die Wertsteigerung des auf- geschlossenen Landbesitzes wird um so größer sein, je vorteil- hafter die Baufluchtlinie oder der Bebauungsplan für den oder die Besitzer ist. Je mehr Straßen in einen solchen Landbesitz gelegt werden, desto größer wird die bauliche Verwertung des Grund und Bodens und damit auch die Rentabilität desselben. An der baulichen Aufschließung eines Terrains hat zwar auch die Gemeinde ein gewisses Interesse, allein sie übernimmt damit auch nicht ganz unerhebliche Verpflichtungen für Straßcnreinigung, Pflasterung, Beleuchtung, Bewässerung, Schullasten, deren Kosten nur zu einem geringen Teil von den Hausbesitzern eingezogen werden können. Und deshalb muß eine Gemeinde recht achtgeben, wenn sie Baufluchtlinien und Bebauungs- Pläne aufstellt, damit bei dieser Gelegenheit die Interessen der Gemeinde nicht denen der Terrainbesitzer geopfert werden. Viele Gemeinden machen deshalb ihre Zustimmung zur Auf- stellung neuer Fluchtlinien von gewissen Bedingungen ab- hängig, beispielsweise von der unentgeltlichen Hergabe des Straßenlandes, von Land zu Schulbauten und öffentlichen Plätzen, je nach der Größe des aufzuschließenden Landes. Durch das elende Dreiklassenwahlrecht kommen aber viele Gemeinden in dieser Beziehung zu kurz, da Großgrund- besitzer und Tcrrainspekulanten in den Gemeinden ihre Vertreter haben und dort nach Kräften die eigenen Interessen, nicht aber die der Gemeinde wahrnehmen. In Berlin   ist es in zahlreichen Fällen gelungen, bei Auf- schlicßung von Land zu Bebauungszwecken ganz erhebliche Konzessionen von den Besitzern zu erhalten, das wird auch in Zukunft möglich sein, wenn der hierzu günstige Zeitpunkt, nämlich die Festsetzung der Fluchtlinie oder Aenderung des Bebauungsplanes nicht verpaßt wird. Die Terrain- gesellschaften gründen ja ihre ganze Tätigkeit auf die von den Gemeinden zu treffende Festsetzung der Straßenzüge und heintsen dabei mühelos Hunderttausende, ja Millionen ein. Einen kleinen Einblick in dieses Geschäftsgebaren läßt uns der Bericht über den Stand der Bodcnaktiengesellschaft Berlin  -Nord tun. Den Ausführungen des Direttors Busch ist zu entnehmen: daß die Terrains Miillerstr. 102112 und 7476 in etwa einem Jahre baureif sein werden, nachdem sich die Gesellschaft mit einem von der Stadt Berlin   aufgestellten Bebauungsplan einverstanden erklärt hat. Diese ca. 21000 Ouadratruten großen Terrains stehen bei der Gesellschaft mit ca. 230 M. zu Buch. Im Geschäfts- verkehr könne man die Ouadratrute in dieser Gegend aus etwa 400 500 M. bewerten, das heißt nette Bauland auf etwa 600700 M. Die Verwaltung glaubt, aus dem Verkauf dieses Blocks eine beffere Dividende hcrauswirtschaften zu können. Das Terrain in der Seestraße, welches billig erworben wurde, konnte .-est am 1. April aufgelassen werden. Der Aufschluß kann infolge noch bestehender Differenzen nicht vor dem 1. Oktober er- folgen, wird dann aber im Herbst große Fortschritte machen können..Die Gesellschaft hatte darunter zu leiden, daß sie nicht genug baureifeAare  " hatte, sie sucht diesem Mangel jetzt durch Ankäufe abzuhelfen. So erwarb sie zwischen dem Bahnhos Char- lottenburg und dem Kurfiirstendamm 1700 Ouadratruten für den Preis von 1500 M. für die Rute. Die Verwaltung will für dieses Gelände einen neuen Bebauungsplan ausarbeiten, um höhere Verkaufspreise erzielen zu können. Ferner bestehen Ver- Handlungen wegen des Ankaufs eines größeren Terrains im Osten. Genaue Angaben über die Lage des Terrains kann die Verwaltung noch nicht machen, da sie erst mit 10 Besitzem von 14 abgeschlossen hat. Die Verwaltung erwartet auch aus dieser Transaktion eine höhere Verzinsung des Aktienkapitals." Aus diesem Bericht geht wie aus vielen anderen gleichen Charakters die preistreibende Tendenz der Grund- und Boden- preise durch die Bodengesellschaften hervor; es zeigt sich, welcher Wucher mit dem Grund und Boden getrieben wird. Unsere Genossen in den Gemeindeparlamenten tun gut, noch mehr als bisher ihre Aufmerksamkeit der Festsetzung der Baufluchtlinien und Bebauungspläne zuzuwenden, damit die Interessen der Gemeinden nach Möglichkeit gewahrt werden. Aus der TrinkerheilstätteWaldfrieben". lieber diese Anstalt lesen wir in derBerliner Morgcnpost": Waldfrieden" ist der Name der schönen Trinkerheilanstalt bei Fürstenwalde  , die der segensreichen Aufgabe dient, die dem Alkohol Verfallenen den verderblichen Folgen des Giftes zu ent- reißen und sie dem Leben wiederzugeben.Waldftieden" liegt in einem idyllischen Park drei Kilometer von Fürstenwalde   ent- fernt, in paradiesischer Ruhe und heiterem ländlichen Frieden. Aber� diese Ruhe und dieser Frieden walten nicht so in dem Verhältnis zwischen dem Verwaltungsausschusse und dem lei- tenden Arzt der Anstalt Dr. Kapff, der seit Jahr und Tag gegen den führenden Mann im Ausschusse, gegen den früheren Char  - lottenburger Stadtrat Dr. Waldschmidt, einen Kampf führt, in dem es gestern zum Eklat gekommen ist. Die TrinkerheilstätteWaldfrieden", die am 13. Juni 1900 vom Bezirksveeein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke (Berlin   und Umgegend) E. V. begründet wurde, ist heute mit 170 Kranken belegt 110 von diesen sind von der Landesdirektion überwiesen, 56 von der Berliner   Armendirektion, hen Kranken- lassen und der Landesversicherungsanstalt. Der Rest sind frei- willige Pensionäre. Die Gründung der Anstalt, die den Alkohol- erkrankten ebenso wie den sonst Geisteskranken zu systematischer Heilung führt, war von zweifellos segensreicher Wirkung, und die Resultate, die der Leiter der Anstalt, Direktor Dr. Kapff, eine Kapazität auf nervenärztlichem Gebiete, dort erzielt hat, sprechen deutlich für die Notwendigkeit einer solchen Heilanstalt. Aber so glänzend die Erfolge sind, die Dr. Kapff inWald- frieden" in den drei Jahren seiner dortigen Tätigkeit erzielt hat und erzielt und so sehr er die Anerkennung der Wissenschaft- lichen Welt gefunden hat, mit ebenso großen Schwierigkeiten hat er im Verwaltungsbetriebe der Anstalt zu kämpfen. Und die treibende Kraft dieses Widerstandes ist der genannte Referent des Verwaltungsausschusses, der frühere Charlottenburger  Stadtrat Dr. Waldschmidt. Schon im Jahre 1902 sah sich der damalige Vorsitzende des geschästsführenden Ausschusics, Geh. Medizinalrat Professor Dr. Guttstedt vom Reichsgesundheitsamt, veranlaßt, den Vorsitz niederzulegen, weil er mit verschiedenen Modalitäten der Kasscnführung und der Form der Grundbuch- eintragungen nicht einverstanden war. In die Kassenführung des Vereins und der Heilstätte teilten sich damals als Kassen- führer des geschäftsführenden Vorstandes ein Ingenieur O. Ouitmann, der ein Schwager des Dr. Waldschmidt ist, der Kassenführer des Verwaltungsausschusscs der Heilstätte Georg Springorum, ebenfalls ein Verwandter Dr. Waldschmidts, und Dr. Waldschmidt selbst als Führer der Kasse der Anstalt. Ein außergewöhnlich starker Verbrauch von Kassenführern, wenn man bedenkt, daß es sich um ein Wohlfahrtsinstitut handelt, dessen Kosten durch teilweise geschenkte, teilweise unverzinslich gegebene Anteilscheine gedeckt werden. Im Jahre 1906. wurde von Dr. Waldschmidt der Anstalt Waldftieden" eine revidierteSpeiseordnung" gegeben. Die Neuordnung führte zu einer Hungerrevolte, bei der der unschuldige Anstaltsleiter Dr. Kapff in Lebensgefahr schwebte. Die Insassen, die mit der Kost, die weit unter jener der Dall- dorfcr Anstalt stand, nicht zufrieden waren, rebellierten gegen Dr. Kapff, der dann auf eigene Verantwortung die alte Speise- Ordnung wieder einführte, ohne daß dar Ausschuß dagegen remonstrierte. Auch wegen der Verrechnung der Ueberschüsse der Anstalt entstanden Differenzen. In dem Statut heißt es, daß die Ueberschüsse zugunsten der Patienten zu verwenden seien, und um dieses guten Zweckes willen hat der Oberpräsident sogar eine Hauskollekte genehmigt. Im letzten Jahre sind OOOOÖ.M. Ueberschuß herausgewirtschaftet worden, über deren Verwendung der Direktor der Anstalt aber keine Auskunft erlangen konnte. Ueber die ganze Verwaltung blieb ein mystischer Schleier ge- breitet, ein Einblick in die Geschäftsführung wurde dem in erster Linie interessierten Anstaltsleiter nicht gewährt. Beschwerden, die an den Ausschuß gelangten, wurden nach den Erklärungen Dr. Waldschmidts in der Regel alserledigt" angesehen, und die energischen Ausstellungen Dr. Kapffs mit seinersofortigen Entlassung" beantwortet. Die Verfügung wurde alsbald zurückgenommen, vorgestern aber erhielt Dr. Kapff dieEntlassung" von neuem. Gestern morgen erschien Dr. Waldschmidt mit einem Rechtsanwalt und dem präsumptiven Nachfolger Dr. Kapffs in der Anstalt, um den bisherigen Direktor seines Amts zu entheben. Es kam zu einer außer- ordentlich heftigen Auseinandersetzung, die damit endete, daß Direkwr Kapff den Herren die Tür wies. Die Angelegenheit wird, wie wir hören, ein gerichtliches Nachspiel haben, tvas zu einer öffentlichen Klarlegung der Vor- gänge Gelegenheit geben wird. Ueber die Verhältnisse in der HeilstätteWaldftieden" sind uns im Laufe der letzten Jahre iviederholt Klagen zugegangen, die wir aber nach Lage der Sache schwer nachprüfen konnten. Danach war nicht immer alles so einwandftei, wie das im vorliegenden Artikel dargestellt wird. Ueber die Differenzen Dr. Waldschmidts mit Dr. Kapff erhalten wir aus der Anstalt folgende Zuschrift: Heut am 26. April machte Herr Dr. Waldschmidt den Ver- such, den Direktor dieser Heilstätte, Herrn Dr. Kapff, der ihm (Waldschmidt) schwere Verfehlungen in der Verwaltung der Heil- slätte vorgeworfen hatte, unter Assistenz eines Fürstenwalder  Rechtsanwalts und eines neuen ärztlichen Direktors seines Amts zu entsetzen. Herr Dr. Kapff, dem Herr Waldschmidt seinen Ukas vortrug, sagte ihm vor vielen Zeugen deutliche Worte und wies ihn aus der Anstalt, worauf Herr Waldschmidt mit seinen Mannen ziemlich verdutzt wieder abzog. Aus der Menge der Kranken, die sich angesammelt hatte, wurden ihm Worte nachgerufen, die er sich nicht hinter den Spiegel stecken wird. Man hatte eben die seinerzeitigeHungerrevolte" noch nicht vergessen, deren Ursache ausschließlich in dieses Herrn Maßnahmen lag.(Bekam er doch damals 6 Proz. vom Reingewinn der Anstalt) Der Frankfurter  Kreisarzt, denHcrrDr.Waldschmidt zurTeilnahme an diesemFeld- zug eingeladen hotte, war zu Herrn Dr. Waldschmidts Bedauern nicht erschienen, hatte aber in einem Schreiben an den Berliner  Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke bemerkt, daß gegen Herrn Dr. Kapffs Amtsführung nicht das mindeste einzuwenden sei und daß er die Angelegenheit zur Kenntnis der Regierung gebracht habe." In der Affäre in der Mirbachstraße ist gestern nach der von dem Restaurateur Beck eingelegten Beschwerde an das Amtsgericht der entwendete photographische Apparat durch zwei Schutzleute wiedergebracht. Der Polizeipräsident hat eine Auf- klärung über den von uns geschilderten Vorfall noch nicht gegeben. Da wird uns nichts übrig bleiben, als die Gründe für das Auftreten des Bureauschreibers Mischke demnächst selbst zu enthüllen. Wenn- gleich uns die Fülle polizeipräsidialer Machtbefugnisse zur Aufklärung des Tatbestandes nicht zu Gebote steht, wird das von uns Ermittelte wohl zur Aufklärung der Frage hinreichen, weshalb daS von unS geschilderte rechtswidrige Eingreifen in das Eigentum und in die persönliche Freiheit von Staatsbürgern möglich war. Gegen die geplante Erhöhung der Kanalisationsgebühren von 1 1/2 a u f 2 P r o z e n t z u L a st e n der Hausbesitzer nahm am Montagabend in der Brauerei Königstadt eine Versammlung der Berliner   Haus- und Grundbesitzervereiiie Stellung. Der Bundes- Vorsitzende Barkowsky sprach seine Entrüstung darüber ans, daß durch dieses Projekt den Haus- und Grundbesitzern eine Mehrausgabe von 2'/� Millionen Mark auferlegt werden soll. Er betonte, daß der Berliner   Haus- und Grundbesitz dieses Opfer nicht bringen �önne, da er so wieso schon genügend Sonderlasten zu tragen habe. Stadt- verordneter Jden, Rektor Liewerenz, Apotheker Streber und andere sprachen sich in gleichem Sinne aus und führten an, daß die Kanalisation nicht im nur im Interesse der Hausbesitzer, sondern der Allgemeinheit liege. Wenn die städtische Finanzwirtschast nicht 10 miserabel" wäre, dann würde man mit reichen Ueberschüssen rechnen können. In einer einstimmig angenommenen Resolution wurde schließlich die Erhöhung der Kanalisationsgebühren zu Lasten der Hausbesitzer als eine unerhört einseitige Maßnahme, die gegen Recht uud Billigkeit verstoße, bezeichnet und nachdrücklich gegen dieselbe protestiert. Zum Ausgleich der Finanzen wird eine rationelle Be- wirtschaftung der Rieselfelder gefordert. Wenn die Hausbesitzer zahlen sollen, verstehen sie so laut zu schreien wie unsere Agrarier. Unbemittelte Magen- und Darmkemike werden in der Poliklinik' Karlstr. 20a, wieder täglich von 1011 Uhr unentgeltlich behandelt. Folgen der Arbeitslosigkeit. Weil er sich vent seiner Frau nicht wollte ernähren lassen, hat der 40 Jahre alte Metallarbeiter Theodor Lehmann aus der Auguststraße 41 Hand an sich gelegt. Lehmann war vier Jahre bei der Allgemeinen Elcktrizitätsgesellschaft, Ab- teilung Voltastraße, beschäftigt, wurde aber vor sieben Wochen wegen Arbeitsmangels entlassen. Seitdem bemühte er sich vergeblich um neue Arbeit. Seine Frau mußte durch die Hausrcinigung für den Unterhalt der Familie sorgen. Der einzige Sohn verdient als fünfzehnjähriger Lehrling noch nichts, eine Tochter ist erst fünf Jahre alt. Der Gedanke, daß seine Frau ihn ernähren müsse, war Lehmann unerträglich. Ost, wenn er wieder den ganzen Tag umsonst Arbeit gesucht hatte, äußerte er Selbstmordgedanken. Gestern nachmittag machte er seinem Leben ein Ende, indem er sich auf dem Hausboden an einem Balken erhängte. Als die Frau, die ihn und den Boden- schlüssel vermißte, ihn auffand, war er schon tot. WiederbelebungS- versuche, die ein Maim anstellte, blieben erfolglos. Not und Elend, verursacht durch Arbeitslosigkeit, haben den Stolpischcstraße 47 wohnhaften Arbeiter Otto Neumann   zur Ver- zweiflung getrieben. Er ging hin und stürzte sich gestern von der Friedrichsbrücke aus in die Spree, um seinem Hungerleben ein Ende zu machen. Tot wurde N. aus dem Wasser gezogen. Damit ist aber nicht das Elend seiner Familie geändert, da eine Frau mit fünf Kindern zurückbleiben und daS sechste Kind jeden Tag er- wartet wird. Der ausgerissene Polizeihund. Hundedieben ist anscheinend die Polizeihündin Flora in die Hände gefallen. Das Tier entlief auf dem-Tempelhofer Feld beim Ueben seinem Herrn, einem Polizeibeamten, und ist seitdem verschwunden. Da der Flüchtling schon seit drei Tagen vermißt wird, so kann nur angenommen werden, daß er von Hundedieben gefangen worden ist. Daß ein Hund, der Spitzbuben fangen soll, selbst aber von solchen gefangen wird, das dürfte auch nicht alle Tage vorkommen. Ins Wasser gestürzt und ertrunken ist gestern der Arbeiter Johannes Daus. D. hatte am Schiffahrtskanal bei Hohenfinow Baggerarbeiten getan. Als er abends heimging, geriet er in der Dunkelheit so nahe an die Uferböschung heran, daß er in den Kanal stürzte und hilflos ertrank. Die Leiche des bedauernswerten Mannes konnte gelandet werden. Auf der Arbeitsuche verunglückt. Von einem Straßenbahn- wagen überfahren und schwer verletzt wurde gestern ftüh der 33jährigc Arbeiter Franz Makowiak aus der Münchcner Straße 29. Gegen 6 Uhr vormittags passierte M. die Dorkstraße und versuchte unmittelbar vor einem herannahenden Straßenbahnwagen der Ringlinie 3 die Gleise zu überschreiten. Er. wurde von dem Wagen erfaßt, zu Boden geworfen und geriet unter den Schuhrahmen des Vorderperrons. Dem Arbeiter war der linke Arm vollständig zer- malmt und das Fleisch von den Knochen gerissen worden. lDcr Verunglückte erhielt auf der Unfallstation am Tempelhofer   Ufer die erste Hilfe und wurde dann nach dem Krankenhause am Urban übergeführt, wo ihm der Arm abgenommen werden mußte. Der Unglücksfall ist um so bedauerlicher, als Makowiak erst gestern nach längerer Krankheit aus dem Krankenhause Friedrichshain   ent- lassen worden war und sich auf der Suche nach Arbeit befand, als er so schwer zu Schaden kam. Kindcrausbeutung. Mit einem schwer beladenen Handwagen quälte sich am Montag abend ein dreizehnjähriger Junge an der Roßstraße ab, um schließ- lich vor Entkräftung nicht mehr weiter zu kommen. Vorüber- kommende Arbeiter empörten sich ob dieser dem Jungen zugemuteten Schinderei und veranlaßten einen Schutzmann, einzugreifen. Dieser rief telephonisch den Chef, einen Herrn Ulrich Fritsche.Alexandrinenstr  . 50. der ein Agenturgeschäft in Geschirren, Röhren u. dgl. hat, herbei, der nunmehr einen Arbeiter zum Transport der Materialien an- nehmen mußte. Wie uns mitgeteilt wird, war der arme Junge schon stundenlang mit seiner Last unterwegs, ohne recht vorwärts zu kommen. Der noch schulpflichtige Knabe soll für seine Tätigkeit bei diesem Herrn Fritsch, die von 2 bis 9 Uhr dauern soll, 4,50 M. wöchentlich bekommen. Wenn er dann nach 9 Uhr müde und ermattet nach Hause kommt, wartet seiner noch die Anfertigung der häuslichen Schularbeiten. Gewiß inag die Eltern bes Knaben nur bittere Armut dazu veranlassen, den Knaben zum Miterwerb heranzuziehen, weil oft der Vater nicht soviel verdient, um eine Familie ernähren zu können; andererseits ist aber die Tätigkeit, die dem Schulknaben hier auf- gebürdet worden ist, eine solche, die sich für einen erwachsenen Arbeiter schickt. Natürlich würde ein solcher nicht für 10 Pf. pro Stunde arbeiten. Ein Flugblatt der Anarchisten ist dieser Tage im Norden Berlin  « verbreitet worden mit der Ueberschrift: Was ist Anarchismus I In diesem Flugblatt, auf dessen verschrobenen Inhalt einzugehen, kein Anlaß vorliegt, ist zum Schluß mitgeteilt, daß der.Freie Arbeiter" unter anderem ancki durch den Gastwirt Knapp, Grnnthaler Str. 5, zu beziehen sei. Genosse Knapp bittet uns mitzuteilen, daß dieser Hinweis ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung in das Flug- blatt Aufnahme gefunden habe. Wer sind die Toten'? Aus dem Teltower   Stichkanal wurde gestern nachmittag in Treptow   die Leiche eines unbekannten Mannes gelandet. Der Tote ist etwa 55 bis 60 Jahre alt, 1,82 Meter groß und kräftig gebaut. Er hat weißes Haar mit Glatze, einen grau- melierten Schnurrbart mit Fliege, braune Angen und ein rundes Gesicht und trug schwarze Kleidung: Hut, Jackeitanzng, Krawatte und Schnürstiefel. Sein leinenes Hemd ist 0. dl., sein' Taschentuch K, der Tranring F. M. 1884 gezeichnet. Die Leiche befindet sich in der Halle zu Treptow. Aus dem Sprcckanal vor dem Hause Reu-Kölln gm Wasser wurde die Leiche eines unbekannten jungen Mädchens gelandet. In der Älefdertasche fand man einen Zettel