Werlpapieren übergehend', entwickelte er eine geradezu öerblüffendsKenntnis der börsenmäßigcn Gepflogenheiten, so daß man zurAuffassung gelangen konnte, daß er seine Kenntnisse nichp ledig.lich aus theoretischen Studien gezogen haben könne. Mit der Ver-sicherung, daß er ein gescheiter Mann sei und daß die Agrarierbescheidene Menschen wären, schloß der Sachwalter des Bundesder Landwirte seine anderhalbstündige, zahlengespickte Ob-struktionZrede.S Schatzsekretär SpdowErklärte vor vornherein, daß er sich bloß mit der Wertzuwachs-steuer befassen werde. Wenn man auch nicht verkenne, daß dieWertzuwachsstcuer sich einer gewissen Popularität erfreue, sodürfe doch nicht übersehen werden, daß zunächst die GemeindenAnspruch auf die Wertzuwachssteuer hätten. Uebernchme dasReich diese Steuer, dann müsse es einen erheblichenTeil des Ertrages den Gemeinden zufließenlassen. Nach dem konservativen Antrage würde der länd-liche Besitz von dieser Steuer so gut wie garnicht getroffen werden. Erträge aus dieser Steuerwären überdies schwankend. So hätte in Frankfurt a. M. dieWertzuwachsstcuer in einem Jahr 1 Million gebracht, im folgendenJahr 448 000 M. und im dritten Jahr» unter der Einwirkung derKrise, gar nichts. Mit solchen Steuerquellen wäre demReiche nicht gedient. Ueberdies könnte z. B. die enorme Wert-steigerung der landwirtschaftlichen Güter durch den Zolltarifsteuerlich überhaupt nicht mehr erfaßt werden. Au f einenhöheren Ertrag als 20— 30 Millionen Markkönne nicht gerechnet werden, und in keinem Falle könne die Re-gierung diese Steuer als Ersatz der Erlischaftssteuer akzeptieren.!- Freiherr v. Nheinbabenunterstrich diese Bedenken. Die Wertzuwachssteuer solle denGemeinden als Ausgleich für den Wegfall desOktrois dienen; sie dürfe ihnen also nicht geschmälert werden.Schwankende Einnahmen könne das Reich schon um deswillen nichtgebrauchen, weil seine Einnahmen stets nur nach oben hinischwankten.Die Unmöglichkeit der Wertzuwachssteuer auf Wertpapiere zubeweisen, hatteReichsbankpräsidcnt Havensteinübernommen. Wie er behauptete, würde solche Steuer für denVerkehr eine unerträgliche Belastung bedeuten, eine enormeSchädigung der Volkswirtschaft. Die Durchführung sei eine ab-solute Unmöglichkeit. Die Konjunkturgewinne entsprängen kauf-männischer Tüchtigkeit und geschickter Disposition. Dieser Ge-winn werde von der Einkommensteuer mitbetroffen und eine be-sondere Wertzuwachssteuer würde sich als eine Doppelbesteuerungdarstellen. Um der Steuer zu entgehen, würde deutsches Kapitalin steigendem Umfange nach dem Auslande abfließen und derdeutschen Industrie die Beschaffung deS Geldbedarfes erschweren.Darauf ergriff nochmalsStaatssekretär SydowbaS Wort, um als Fazit der Ausführungen seiner beiden Vor-rcdner die Tatsache zu ziehen, daß nur eine Zuwachssteuer aufImmobilien möglich sei, und nicht als Ersatz für dieErbanfall st euer. Eine Reichsvermögenssteuer und eineWertzuwachssteuer auf Wertpapiere müsse die Regierung ab-lehnen. Einigkeit bestehe darüber, daß der Besitz 100 MillionenMark an Steuern leisten solle. Die Erbanfallsteuer reiche alsonicht aus. Diese Lücke könne dann durch eine Wertzuwachssteuerauf Immobilien gefüllt werden. Er erklärte sodann im Namender verbündeten Regierungen:.„An der Ausdehnung der Crbanfallsteuer auf Gatte» undKinder hält die Regierung unter allen Umständen fest. Ohnediese Steuer kann und wird eine Fiaanzrefrrm nicht zustande-kommen."Fürst Hatzfeldterklärte nun im Namen der Freikonservativen, daß sie für die Erb-anfallsteuer in Verbindung mit einer Jmmobilien-WertzuwachS-steuer stimmen werden.Abg. Dr. Weber(natl.)|tvandte sich scharf gegen die Haltung der Konservativen, die mitihrem Antrage nur die Verhandlungen verschleppten. DieselbenKonservativen, die in Preußen eine Wertzuwachssteuer abgelehnthätten, verlangten nun plötzlich eine ReichS-WertzuwachSsteuer.Noch vor knapp zwei Jahren hatten die Organe des Bundes derLandwirte die Wertzuwachssteuer für sozialistisch erklärt. Auchdie Nationalliberalen würden für die von der Regierung ver.langten Steuern stimmen.Damit wurden die Verhandlungen um 2 Uhr abgebrochen;Freitag vormittag 10 Uhr werden sie fortgesetzt. Die Situationist so, daß für den konservative» Antrag 14 Stimmen ziemlichsicher sind. Gegen den Antrag stehen ebenso viele Stimmen, sodaß der Antrag mit Stimmengleichheit abgelehnt wird. Doch istnicht unmöglich, daß irgendwelche Zwischenfälle eintreten, dieeine Verschiebung der Stimmenzahl bewirken, z. B. die plötzlicheErkrankung eines oder des anderen Mitgliedes. Die Regierungarbeitet mit Hochdruck» und Herr v. Loebell entfaltet eine rast-lose Tätigkeit, um die Orders des Reichskanzlers auszuführenund die Häupter der Blockparteien zusammenzutrommeln. Nochspät am Mittwochabend hatte der Kanzler wiederum eine Be-sprechung mit den Führern der konservativen Partei, dem Frei-Herrn v. Manteuffel, Herrn v. Normann und dem als Einpeitscherund Gesinnungskontrolleur fungierenden Herrn v. Heydebrand;doch sind, wie der obige Bericht der gestrigen Verhandlung derFinanzkommission beweist, bisher alle Versprechungen und flehent-lichen Bitten Bülows an dem Machtbewuhtsein der Konservativenabgeprgllt._,€lne Kriegserklärung.Im Festsaale des Hotel» Adlon fand gestern die von unsbereits angekündigte Delegiertenversammlung deS Zentral-Verbandes deutscher Industrieller statt. DaS Reichs-amt deS Innern war durch Geheimen Regierungsrat Koch, dasHandelsministerium durch Geheimen Regicrungsrat Neumannvertreten. Der Vorsitzende, Landrat a. D. R ö t g e r sEssen), be-gründete eine Erklärung zur F i n a n z r e f o r m. In dieser wirddie Erwartung ausgesprochen, daß die Regierung an der Finanz-reform festhalten, daß ein Teil des Bedarfs durch die Erhöhungder Abgaben von wesentlich dem Genüsse dienenden Artikeln deSMassenverbrauchs in der Weise aufgebracht werde, daß die Lastnicht von den Herstellern sondern von den Verbraucherngetragen werde. Der andere Teil des Bedarfs solle dem Besitz„der-art auferlegt werden, daß die für die Bundesstaaten zur Erfüllungihrer eigenen Aufgaben unentbehrlichen Steuerquellen nicht an-gegriffen werden". Nach einstimmiger Annahm� dieser Vorlage gelangte als t„Clou der Tagungda» Referat des Generalsekretär» Bueck über dasArbeitskammergesetz zum Vortrage. Redner verwahrte sichdagegen, daß der Zentralverband schutzzöllnerische Tendenzen habe.Er habe nur— Zölle als den Verhältnissen entsprechend gefordert.Mit den' neuen Handelsverträgen sei der Verband nicht einverstandengewesen. Notwendig sei, daß bei zukünftigen Abschlüssen vonHgndelsverträgen ein Beirat von Industriellen hinzugezogen werde.Der Redner betonte im weiteren die Notwendigkeit des größerenAusbaues leistungsfähiger Wasser st ratzen und äußertedas Bedauern, daß infolge vollständiger Berkennung der Verhältnisseseitens der Vertreter der östlichen Landwirtschaft noch immer nichteinen Wasserweg von Magdeburg nach Hannover geschaffen wordensei. Es sei kein Zweifel, daß in absehbarer Zeit ein Wirt-schaftl icher Aufschwung kommen werde. Allein, wenn An-gesichts der erhöhten Selbstlostenpreise die deutsche Industrie aufdem Weltmarkt den Konkurrenzkampf bestehen wolle, dann werde eserforderlich werden,die Arbeitslöhne herabzusetzen.Die Arbeiter werden ja die Notwendigkeit der Herabsetzung nichtanerkennen. Wenn man nun erwäge, daß 2 460 000 Arbeiter ge-werkschaftlich organifiert seien und daß die drei gewerkschaftlichenOrganisationen(Sozialdemokraten, Christliche und Hirsch-Dunckersche)1007 insgesamt 57 Millionen Einnahmen, 47 Millionen Ausgabenund ein Vermögen von 41 Millionen Mark haben, danndürften heftige Lohnkämpfe nicht ausbleiben. Der Rednerwies ferner auf die verschiedenen Sonderbestrebungen unterden Arbeitgebern hin. Denen gegenüber sei es erfreulich, daß seitdem letzten Geschäftsbericht der Zentralverband von 172 auf 192korporative Mitglieder gestiegen sei. Er wende sich nunmehr zudem Arbeitskammergesetz. Die Versammlung werde ihmzweifellos beipflichten, bah das Arbeitökammergefctz nicht zur Herbei-führung des wirtschaftlichen Friedens, sondern zur Verschärfung derGegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei-tragen werde. Es sei bekannt, daß die Arbeiter vom21. bis 2ö. Lebensjahrs den sozialdemokratischen Hetzereienam leichtesten zugänglich und stets a» der Spitze vonStraßendemonstratione» zu finden feien. Es fei ein starkes Stück,den Arbeitgebern zuzumuten, mit diesen Elementen in einer Arbeits-kammer zusammenzuwirken. Die Autorität werde durch das Arbeits-kammergesetz nicht bloß untergraben, sondern vollständig ausgeschaltetwerden. Der Streik der Postdeamten in Frankreich habe gezeigt, aufwelchem Wege man sich bereits befinde. Die Regierung sollte nichtvergeffen, daß mit dem Schwinden der Autorität gegen die Arbeit-geber auch die Autorität gegen Staat und Gesellschaft untergrabenwerde. In Frankreich habe die Regierung einen schmählichen Rückzugantreten müssen. Derartige Vorgänge machen Schule. Ein Teilder englischen Beamten haben ihre französischen Kollegen zu ihrenErfolgen beglückwünscht. Der Deutsche Beamtentag in Berlin,auf dem ausgesprochen wurde, man dürfe nicht mehr bitten,sondern fordern, habe den Beweis geliefert, wohin wir inDeutschland bereits gekommen seien. Er gebe sich der Hoffnunghin, daß die Regierung gegen diese Beamten mit aller Entschieden-heit vorgehen werde, so lange sie noch die Macht habe. Die Re-gierung werde auch sehr bald einsehen, wohin das Arbeitskammer-gefetz führen werde. Allein den Schaden werde vorläufig die deutscheIndustrie zu tragen haben. Er ersucht, einer Erklärung zuzustimmen.in der der Zentralverband sich wiederholt gegen paritätische Arbeits-kammem wendet und.„seinem lebhaften Bedauern darüber Ausdruckgibt, daß die verbündeten Regierungen, der sozialistischenStrömung immer weiter nachgebend, wieder ein Gesetz ver-anlaßt haben, das zur weitem Schädigung unserer wirtschaftlichenund sozialen Verhältnisse unzweifelhaft beitragen wird." DieseResolution wurde mit ebenso lebhaftem Beifall wie die voraus«'gegangene Kriegserklärung an die Arbeiter lebhaft begrüßt. Siegelangte zur«instimmigen Annahme.Mit dem roten Lappen schwenkte bann auch der Referentüber die Gewerbeordnungsnovelle, RegierungS-rat Dr. BartelS-Berlin.Er schlug folgende Resolution vor:/Die Delegiertenversammlung wendet sich mit Entschiedenheitgegen die die Regierungsvorlage noch verschärfenden KommissionS-beschlüsse in Sachen der Konkurrenzllausel und gegen die er-wetterten Eingriffe in die Freiheit des privaten Arbeitsvertrages.Gänzlich unannehmbar erscheint für die Industrie die obligatorischeEinführung ständiger ArbeiterauSschüsse illr ihre Betriebe sowie dieUebertragung von Befugnissen an diese zur Mitwirkung beim Erlaß vonAuSnahmevorschriften zur Regelung der Arbeitszeit und derSonntagö-ruhe. Diese Mitbeteiligung der Arbeiterschaft an der Betriebsleitungist ein weiterer gesetzgeberischer Schritt zur Auslieferungder Herrschaft über die Betriebe an die Sozial-demokratie und zu deren staatlicher Organisation innerhalbder Fabriken. Derartige Matznahmen, die dre Durchführung deSkonstitutionellen Fabrik>ystems zum Ziele haben, sind geeignet, dieordnungsmäßige Leitung der gewerblichen Betriebe zu gefährdenund der Initiative unseres Unternehmertums neue Fesseln aufAN-erlegen, ote dessen Arbeitsfreudigkeit untergraben und den wirk-schaftlichen Erfolg der llnternehmuiigen und ihre Wettbewerbsfähig-keit auf dem Weltmarkte aufs höchste beeinträchtiaen müssen. Beider Ueberlastung des Reichstages liegt das Schwergelvicht überdie wichtigsten Vorlagen in den Kommissionen, in denen bei dermangelhaften Vertretung der Industrie Beschlüsse gefaßt werden.die zu den schwersten Mißstimmungen und Beunruhigungen deSgesamten Unternehmertums führen. Da im Plenum des Reichs-tages eine Abänderung der KommissionSbeschlüsse nicht zu erwartensteht, richtet die Delegiertenversammlung die Bitte an die ver-bündeten Regierungen, der Gewerbeordnungsnovelle nach Er-ledigung im Reichstage die verfassungsmäßige Zustimmung imBundesrat versagen zu wollen.Nach kurzer Beratung gelangte auch diese Erklärung zur ein-stimmigen Annahme.So rücksichtslos und brutal wie in dieser Tagung hat wohlselbst der gentralverband noch nie seine Gelüste auf Knebelung derArbeiterklasse und Herabsetzung ihrer Lebenshaltung zu erkennen ge-geben. An den Arbeitern ist es. durch rastloses Eintreten für die gewerkschaftlichen und politischenOrgantsattonensichkampfbereitzumachen.Sie jungtilMche Herrschaft.Die Jungtürken gehen jetzt daran, ihre Herrschaft zu be-festigen. Den Fehler, den sie im Juli begangen, machen siejetzt gründlich weit. Ohne die Schonnitg der Männer deSalten Regimes, den früheren Sultan an der Spitze, vor derdie Radikaleren stets, aber vergeblich die allzustaatsmännischenFührer gewarnt hatten, wäre die Meuterei mit ihren blutigenFolgen nicht möglich gewesen. Vor einer Wiederholungsuchen sich jetzt'die Jungtürken zu schützen, indem sieschonungslos die reaktionären Elemente beseitigen. Die Nach.richten über eine allgemeine oder teilweise Amnestie erlveisensich, als unbegründet. Nielmehr wurde mit dem neuen Sultanvereinbart— man sieht, die Jungtürken wissen die Form zuwahren und nennen Vereinbarung, was ihr Machtgebotist— daß zum warnenden Beispiel die Hanptführerder Revolte vom 13. April und des Widerstandes am27. April bestraft werden. Verführte Personen, ins-besondere Soldaten, sollen möglichst milde behandelt werden.Auch soll in der Nationalversammlung ein Antrag eingebrachtwerden, nach dem Personen, die ihr Vermögen unter dem altenRegime erworben haben, nachweisen müssen, daß sie esauf rechtmäßige Weise erworben haben, widrigenfalls es derKonfiskation verfällt.Ungewiß bleibt, was mit dem gestürzten Sultan ge-schieht. Vorläufig ist er in einer Villa in Saloniki interniertund die Sorge um sein elendes Leben, die den Despoten stetsgequält hat, ist jetzt zur verzweifelten Angst gesteigert. Indem Gehirn des Mannes, der nur durch Meuchelmordgeherrscht hat, hat keine andere Vorstellung Raum, alsdaß jetzt den Machtlosen dasselbe Geschick erwartet,das er, solange er die Gewalt hatte, so vielen Tausenden be-reiten ließ. Aber vor Meuchelmord ist der Zitternde wohlsicher. Wenn er fällt, so wird er gerichtet und nicht gemordetwerden.Bedenklicher ist, daß die siegreichen Jungtürken zwischenLiberalen und Reaktionären keinen Unterschied machen. Dietürtischen Liberalen, denen sich auch viele Vertreter der christ-lichen Nationalitäten angeschlossen haben, sollen an demreaktionären Putsch beteiligt gewesen sein. Ein Beweis fürdiese Behauptung ist nicht erbracht worden, und es klingtwenig wahrscheinlich, daß Männer wie Prinz Sabah Eddin,die ihr ganzes Leben lang Abdul Hamid erbittert bekämpfthaben, mit den Söldnern des Despoten gemeinsame Sachegemacht haben sollen. Allerdings hatte sich der Gegensatzzwischen Jimatürken und Liberalen, die für die Dezentralisationund die Selbständigkeit der nationalen Verwaltung eintratenund dadurch in Opposition zu den zentralistischen Jungtürkengeraten waren, in der letzten Zeit außerordentlich verschärft.Ihre Organe richteten heftige Angriffe gegen die führendenMänner der Jungtürken, und besonders Achmed Risa, derKammerpräsident, wurde beschuldigt, aus persönlichem Ehr-geiz der Demokratie abtrünnig geworden zu sein. Daßaber die Feindschaft der Jungtürken die Liberalenin das Lager ihres gefährlichsten Gegners getriebenund sie verleitet hätte, das Spiel Abdul Hamids zu spielen,ist doch zu unwahrscheinlich. um ohne Beweise geglaubtwerden zu können. Dazu gewinnt es aber fast den Anschein,als ob die Jungtürken ihre Macht gebrauchen, um nicht nurdie Rechnung mit der Reaktion, sondern auch mit ihren parla-mentarischen Gegnern zu begleichen. Zwar ist Prinz SabahEddin selbst wieder enthaftet worden, aber die Verhaftungenseiner Anhänger werden fortgesetzt und schon jetzt erscheint diePartei völlig zersprengt.Die dringendste, unabweislichste Aufgabe aber ist jetzt,den fürchterlichen Metzeleien in Kleinasien ein Ende zu machen.Sollen doch nach hoffentlich übertriebenen Nachrichten in derProvinz Adana 30000 Menschen hingemordetworden sein und zwar— was die fürchterliche Bedeuttingdieser Meldung noch erhöht— von türkischen Re-gimentern, die zum Schutze der Einwohner gelandetworden waren. Gegen diese Greuel mutz schnellstens undenergisch Abhilfe geschaffen werden.Abdul Hamid in Saloniki.Saleniki, 29. April. Der frühere Sultan Abdul Hamidist mit 11 Frauen, zwei Prinzen und sechs Personen seines ehe»maligen Hofstaates in der Nacht im Extrazug hier eingetroffen.Er wurde auf dem durch Militär abgesperrten Bahnhof von meh-reren hohen Beamten und von Robilont Pascha erwartet und unterKavallerieeskorte nach der Villa Allatini gebracht, wo er interniertund streng militärisch bewacht wird.Das neue Kabinett.Konstantinopel, 29. April. Es verlautet, daß das neue Ka-binett sich wie folgt gebildet hat: Krietzöminister SalihPascha, der Schwiegersohn Fuad Paschas(er hat lange Zeit inDeutschland gedient); Justizminister der Deputierte AdvokatSabrt Bey, Finanzminister der Deputierte Diavid Bei).Das Ministerium des Innern, das Htlmi Pascha abgelehnthat, soll bis auf weiteres von dem Unterstaatssekretär geleitetwerden. Di« übrigen Minister bleiben.Monumente der Revolution.Konstantinopel, 29. April. Sabah eröffnet eine Sammlungr Errichtung breier Monumente, eines außerhalbr Stadtmauer zur Erinnerung an den Einmarsch der mazc.donischen Armee, eines in Schischli am Soldatengrabe und einerSiegessäule auf dem Parlamentsplatze.Heute findet ein groß«? Soldatenfest im Lager außerhalbder Stadt für Freiwillige und RedifS statt, worauf der AbtranS-port beginnen wird.Sklavenbefreiung.Konstantinopel, 29. April. In der Nationalversammlung sollder Antrag gestellt werden, alle männlichen und weiblichen Skia-den. die im gildiz vorgefunden werden, zu defreien undkeine Sklaven mehr zu verwenden.Die Krönung.Konstantinopel, 29. April. Die der Krönung entsprechendellmgürtung de? neuen SultanS mit dem Schwerte wird in derMoschee Ezub nach Ablauf von vierzig Tagen erfolgen.Die Nationalversammlung.Konstantinopel, 29. April. Die heutige Nationalversammlungbeschloß mit großer Mehrheit, daß der Sultan den Eid aufdie Vxrfassung vor der Nationalversammlung wieder.holen und an einem beliebigen Tage binnen einer Woche vor derNationalversammlung erscheinen solle. Die Versammlung billigtesodann einstimmig den Inhalt der Depesche Mahmud SchewketPaschas, in der er die von der Armee für notwendiggehaltene Fortbringung Abdul Hamid» nach Sa-lonitt mitteilt.Adana eingeäschert.Konstantinopel, 29. April. Nach einer Konsulardepeschc ausMersina ist Adana beinahe eingeäschert, die katholischenMissioniaustalten der Jesuiten und Josefinerinnen sind teilweiseverbrannt. Da» Personal ist gerettet. Angeblich ist auch dieprotestantische MissionSanstalt abgebrannt.30000 Menschen ermordet.London, 29. April. Wie ein hiesiges Blatt unter dem 26. Aprila»S Mersina meldet, sind zwei dort gelandete türkische Regi-menter vergangenen Sonnabend nach Adana marschiert undhaben in der Nacht vom Sonntag zum Montag unter drn dortigrnArmeniern ein furchtbare» Blutbad angerichtet und ihr Eigentumin Brand gesteckt. Tausend Armenier seien bei lebendigem Leibeverbrannt und die Fliehenden von der Soldateska niedergeschossenworden. Es seien in der Provinz Adana, soweit rS sich abschätze»lasse, etwa 30000 Menschen getötet worden. Nngehruerseien auch die materiellen Brrluste der Europäer.poUtileke GebcrficbtBerlin, den 29. April 1909.Betiiebskassen als Machtmittel der Unternehmer.Aus dem Reichstag. 29. April. Herzlich wenigMitglieder der bürgerlichen Parteien hatten es für notwendigerachtet, der heute zur Verhandlung kommenden sozialdemo-kratischen Interpellation betreffs der Mißstände in den