Einzelbild herunterladen
 

Braunschweig . Der für die Stadt Braunschweig geplante Maifestzug war verboten worden. Das angerufene Verwaltungsgericht stimmte am Mittwoch denGründen" der Polizei zu. die Gefährdung des Lebens, der G'e sundheit und der Ehre der Straßenpassanten und des Eigentums(!) behaupte- ten und den A l k o h o l g e n u ß der M'a i f e i e r n d e n auch eine Rolle spielen ließen. Schon am frühen Morgen war die Pollzei, mit den sonst nicht üblichen Revolvern bewaffnet, in Massen an den Stellen versammelt, von denen einzelne Gewerk- schaften zu Ausflügen abmarschierten. Das Baugewerbe feierte mit verschwindenden Ausnahmen den ganzen Tag. Ebenso die Schuhmacher und Schneider. Metallarbeiter feierten von Mittag an in erheblicher Zahl. Die Vormittagsversammlung int größten Saale der Stadt war sehr stark besucht. Nach der Versammlung bewegte sich der Strom der Demonstranten zwanglosen Gruppen dem gemeinsamen.Ziele, dem Schloß zu dessen Eingangstore von der bewaffneten Macht besetzt waren. Die Stadt erhielt durch die marschierenden Arbeiterscharen und die Polizei ein außergewöhnliches Aussehen. Die Nachmittags- und Abendversammlungen, die in 6 Sälen stattfanden, waren sämtlich schon am Spätnachmittage stark besucht, am Abend überfüllt. Westfalen. �Trotz schlechtesten Wetters und der herrschenden Krise besom d'erS in der Nähmaschinen- und Fahrradindustrie waren in Viele f e l d die für den Abend getroffenen Veranstaltungen gut besucht. In S Lokalen der Stadt und den umliegenden Vororten fanden Versammlungen statt. Die Teilnehmerzahl wurde durch Funktio näre auf öoOO geschätzt. Im Vorjahre waren es fast ebensoviel. Die Zahl der durch Arbeitsruhe Feiernden war gering. An dem Morgenausflug über die Osningberge nach Brackwede beteiligten sich etwas über 250 Personen, darunter befanden sich an die 120 Arbeitslose. Die Temperatur war recht niedrig. In den Bergen wurden die Ausflügler von einem über% Stunde andauernden Schneegestöber beglückt. Rheinland . In Elberfeld -Barmen wiesen die zwei Vormittags- Versammlungen einen etwas stärkeren Besuch auf als im Vorjahre eS waren annähernd 1000 Personen anwesend. Di? Nachmittags ausflüge litten unter der äußerst ungünstigen Witterung, doch ließen sich dadurch die Teilnehmer ihre Freude an der Maifeier nicht verderben. 2000 hatten sich zu den Nachmittagskundgebungen eingefunden. Da der Partei innerhalb der beiden Wupperstädte größere Lokale nicht zur Verfügung stehen, so mußten die Abend arrangements auf 6 Lokale verteilt werden. Sie waren meist überfüllt. In Krefeld wurde die Feier durch die langanhaltende Krise in der Textilindustrie beeinträchtigt. Zirka ISO Personen nahmen an der Vormittagsversammlung teil, in der Genosse W. Reimes referierte. Indes war zu den Abendfestlichkeitcn ein ganz enormer Andrang. Zwei der größten Lokalitäten Krefelds waren total über füllt. Die Textilarbeiter, die in der Mehrheit schon lange Zeit nur 4 bis 6 Stunden täglich arbeiten, ließen es sich nicht nehmen, zur Nachmittagsfeier zu erscheinen. Auch fehlten die Bauarbeiter, die nicht so zahlreich wie sonst durch Arbeitsruhe feierten, am Abend nicht. In Solingen , Ohligs und Knüpper st eg fanden vor- mittags Versammlungen statt, die von zusammen etwa 1000 Psd fönen besucht waren. Für den Nachmittag waren für S o l i n g e n Wald, Ohligs und Höhscheid Festzüge geplant, die von den örtlichen Polizeibehörden genehmigt worden waren Ohne Angabe von Gründen verbot der Regierungspräsident von Düsseldorf im letzten Augenblick auf telegraphischem Wege den Festzug der Solinger Genossen, während die Genossen in den übrigen Orten, die ebenfalls zum Regierungsbezirk Düsseldorf gehören, von einem solchen Verbote verschont blieben und ihre Festzüge mit Fahnen And unter Vorantritt einer Musikkapelle ungehindert bei anstalten konnten. Die Solinger Genossen wußten sich �u helfen und ver­anstalteten trotz des fürchterlichen Schneegestöbers vom Gewerk. schaftshause am Rathause vorbei zumKaisersaal", wo die Abend- feicr stattfand, einen Massenspaziergang. Die Solinger Polizeimacht, die vollzählig aufmarschiert war, ließ die Spazier gänger ungehindert ihrer Wege ziehen. Der Düsseldorfer Regierungspräsident scheint also die alte Waffenstadt Solingen für ein ganz besonders gefährliches Nest zu halten. Gegen seine Verfügung, die einer amtlichen Abwürgung des Reichsvereins- gesetzes verteufelt ähnlich sieht, ist bereits Beschwerde eingelegt worden. In sämtlichen Orten des Reichstagswahlkreises waren die Abendfeiern gut besucht, zum Teil überfüllt. In ln war die Beteiligung an der Vormittagsversammlung trotz der Ungunst der Zeiten sehr zahlreich; annähernd 2000 Per sonen füllten das Voltshaus bis auf den letzten Platz. Genosse W i t t r i s ch(Frankfurt a. M.) hielt der Festrede. Am Nachmittag fanden sich zahlreiche Genossen wieder im Volkshause ein, um später von dort nach Deutz, auf die andere Rheinseite, zu gehen, wo man in den Lokalitäten der Torburg einige Stunden verweilen wollte. Man verließ in kleinen, zwanglosen Gruppen das Volks Haus. Die Polizei hatte an der ungesetzlichen Verweigerung der Genehmigung des beantragten Maiumzuges noch nicht genug. Eine ganze Masse von Beamten tauchte plötzlich auf und stellte sich den Voranschreitenden drohend entgegen. Erst dadurch entstand eine gar nicht beabsichtigte Ansammlung, die nun die Polizcibeamten, darunter vier Berittene, immer wieder aus e ina n de rt r i eb en, bis zum Rheinstrom, unterwegs wiederholt Straßeneingäirge absperrend. Am Rhein durften die Teilnehmer nur e i n z e l n die Brücken passieren, und sie wurden auch dann noch von den Schutzleuten verfolgt, obwohl nicht der aller- mindeste Anlaß vorlag. Es war ein echt borderrussisches Kulturbild. Die Redner der zwölf Abendversammlungen, die in Köln und den Vororten Ehrenfeld , Kalk, Deutz , Nippes,� Poll , Lindenthal , Rodenkirchen, Vingst , Höhenberg und Brühl stattfanden, unterließen nicht, die empörenden Vorgänge des Nachmittags in die entsprechend? Beleuchtung zu bringen. Die Entrüstung der Zuhörer münzte sich in zahlreichen Beitrittserklärungen zur politischen Organisation um. Alle Abendversammlungen, die sämtlich überfüllt waren, ver- liefen glänzend und begeisternd. Im Aachener Bezirk war unterwartet große Beteiligung Die Morgenversammlung in der Stadt Aachen war autzerordent- lich stark besucht, die Abendversammlung überfüllt. In M ü l h e i m am Rhein , Bonn , Koblenz und Düren fanden ebenfalls überfüllte Abendveranstaltungen statt. Hessen -Naffa». . In Frankfurt a. M. war die Morgenbersamm- l u n g im Gewerkschaftshause total überfüllt, ebenso die Nachmittagszusammenkunft im gleichen Lokal. Abends fanden in den einzelnen Stadtteilen sieben Versammrungen statt, die eben- falls den besten Verlauf nahmen. Das Wetter war stark ver- änderlich. Um die Mittagszeit gingen zwei Gewitter mit Regen und Hagelwetter unter starkem Sturm nieder. Die Parteiveran- staltungen wurden dadurch aber nicht beeinträchtigt. An der Vormittagsversammlung in Kassel be- teiligten sich über 800 Personen. Die Abendveranstaltung war überfüllt. Auch in der Umgebung wurden eine Reihe von Versammlungen abgehalten, die durchweg gut besucht waren. Baden. An Stelle der in früheren Jahren in Mannheim üblichen Vormittagsversammlung hatten in diesem Jahre Partei und Ge- werkschaften einen Ausmarsch arrangiert. Es beteiligten sich annähernd 300 Personen. Einige Gewerkschaften hatten Sonder- ausflüge. Keine offizielle Tagesveranstaltung war vom Metall- arbeitervevband für die Arbeiter der Automobilfabrik Benz getroffen, die in einer Zahl von zirka 1000 A r b e i t S- 1 ruhe hatten. Die Gesamtzahl der Feiernden blieb hinter der- jenigen vom Vorjahre bedeutend zurück. Sie beträgt zirka 1 50 0. Am Abend fanden im Stadtbezirk sieben Versammlungen statt, die alle einen starken Besuch auszuweisen hatten. Zwei von vier Sälen in der Innenstadt waren überfüllt. Ebenso die Säle in den Vororten der Stadt, wo hauptsächlich die Arbeiter- schaft ansässig ist. Im Landbezirk Mannheim fanden am Abend 10 Versammlungen statt, die ebenfalls einen guten Besuch aufzuweisen hatten. Bayern . Die Feier in München nahm auch diesmal, trotz der schweren wirtschaftlichen Krise, einen würdigen Verlauf. Vor- mittags 10 Uhr fanden 11 öffentliche Volksver- s a m ni l u n g e n statt, die samt und sonders massenhaft besucht waren. Von einem Abflauen der Maifeier ist, trotz allen Gefasels in den bürgerlichen Papieren, nicht eine Spur zu entdecken. In fast allen Tarifen, die in den letzten Jahren vor dem Münchener Einigungsamt abgeschlossen wurden, haben sich Taufende von organisierten Arbeitern die Arbeitsruhe am 1. Mai gesichert. Daher verlief die Maifeier bisher noch jedes Jahr ohne nennenswerte Maßregelungen. Auch die Holzindustriellen haben bei den letzten Tarifverhandlungen im Vorjahre vor dem Eini- gungsamt zu Protokoll erklärt, daß es beim alten bleiben, der 1. Mai also gefeiert werden kann. Trotzdem im vorigen Jahre, einige Tage nach dem Tarifabschluß, der 1. Mai von den Mün - chener Holzarbeitern durch Arbeitsruhe gefeiert wurde, haben die Unternehmer heuer in ihren Betrieben eine Bekanntmachung des Deutschen Arbeitgeberschutzverbandes angeschlagen, wonach alle Arbeiter, die am 1. Mai feiern, bis 0. Mai a u s g e- sperrt werden. Die Münchener Holzarbeiter ließen sich aber nicht einschüchtern und ließen die Arbeit ruhen; die Versammlung der Holzarbeiter war in keinem Jahre so stark besucht als dies- mal. Inwieweit die Drohung mit der Aussperrung wahr gemacht werden wird, muß abgeloartet werden. Tausende von Arbeitern und'Arbeiterinnen machten nach- mittags einen Ausflug in das herrliche Isartal. In Nürnberg fanden früh zwei überfüllte Ver- sammlungen statt, die vor Beginn polizeilich abge. sperrt wurden. Viele Hunderte fanden keinen Einlaß. Nach- mittags marschierte man nach Eibach zu geselliger Zusammenkunft, wo die Lokale die Massen nicht aufnehmen konnten. Abends tagten vier Massenversammlungen. Tausende mußten, ohne Einlaß zu erhalten, umkehren. Alle Veranstaltungen verliefen ohne Störung. Den Hauptteil der Feiernden stellten die Holz- arbeiter, die die Parole Arbeitsruhe geschlossen befolgten. In anderen Berufen wurde nur teilweise gefeiert, viele Bau- arbeiter, Maler usw. hatten die Arbeit eingestellt, ebenso eine große Anzahl Kleinbetriebe. Metallarbeiter hielten sich zurück. Die großen Fabriken waren in vollem Betrieb. Die Unternehmer- vereine führen Aussperrungen bis 0. Mai durch. Württemberg . Der Besuch der von den Gewerkschaften veranstalteten Vor- mittagsversammlungen in Alt-Stuttgart ließ zu wünschen übrig. Wohl war der Festsaal des Gewerischaftshauses bis zum letzten Platz besetzt, aber der Zahl der Feiernden entsprach der Besuch nicht, ließen doch von den rund 3500 Metall- arbeitern Stuttgarts über 2000 die Arbeit ruhe n. Die meisten Bau tte n lagen gleichfalls still. Die Schreiner, die vergangenes Jahr etliche Tage ausgesperrt waren, beteiligten sich trotz der erneuten Aussperrungsandrohungen der Unternehmer zahlreich durch Arbeitsruhe. In Cannstatt war erst in letzter Stunde die Vormittags- Versammlung angesagt worden. Auf Drängen der dortigen Ar- beiterschaft hatte das Gewerkschaftskartell seinen Beschluß, in Cannstatt in Rücksicht auf die mißliche Lage der Industrie von einer Vormittagsversammlung abzusehen, revidieren müssen. Der Besuch der Versammlung in Cannstatt war stärker als je zuvor. Der Festsaal desSchwabenbräu" erwies sich als zu klein, die Menge der Feiernden zu fassen. Nachmittags fand in zwei großen Festlokalen Konzert statt, für den Abend hatte die Partei vier Feiern veranstaltet, die überaus stark besucht lvaren, Wohl stärker als je zuvor. Im überfüllten Dinkelackerschen Festsaal sprach Genosse Dr. Duncker, im Wulleschen Saal Par- teifekretär Pf lüg er, in Cannstatt Genossin Dr. Duncker, in Untertürkheim Genosse Schumacher. Die Maifeier in Stuttgart hat bewiesen, daß im Schwabenlande der Maifest- gedanke an Stärke gewonnen hat trotz Krise und Ge- waltmaßregeln des Unternehmertums. Elsaß . In Mülhausen i. Elf. feierten durch Arbeitsruhe gegen 1000 Arbeiter der Großindustrie und etwa ebensoviel aus kleineren Betrieben. Die zwei Vormittagsversamm- lungen warengutbesucht, und an dem Nachmittags- ausflug der Feiernden beteiligten sich trotz der Ungunst der Witterung es regnete erst schwach und gegen Abend andauernd rund 1500 Personen. Die beiden Abendversammlungen, in denen Arbeitersekretär W i ck y und Reichstagsabgeordneter Emmel sprachen, zeigten einen Massenbesuch, dem die zwei der Partei zur Verfügung stehenden größeren Lokale bei weitem nicht genügen konnten. Oesterreich. Wien , 2. Mai. (Privattelegramm desVorwärts".) Die zwanzigste Maifeier sah in Wien eine kolossale Beteili- ung. Die Arbeitsruhe war mit Ausnahme der Gemeinde- etriebe vollständig, die Versammlungen, in denen nach der vorübergegangenen Kriegsgefahr besonders die Betonung der proletarischen internationalen Solidarität be- geisterten Widerhall fand, waren massenhaft besucht. Jmpo- sunt war am Nachmittag der DemonstrationSzug in den rater. Zum erstenmal wurden im Zuge unsere roten Fahnen und Standarten getragen. Besonders zahlreich war auch die Beteiligung der Frauen. Die Ordnung wurde ausschließlich durch unsere Ordner aufrecht erhalten. Der geord- nete Aufzug ist auch ein politischer Erfolg, da eigentlich öffentliche Aufzüge, wenn das Parlament versammelt ist, gesetzlich verboten 'ind. Auch im übrigen Oesterreich wurde die ArbeitSruhe in allen Jndustrieorten strikte durchgeführt. gebung verlief ohne irgendwelche Störung. In der Provinz ist die Maifeier ebenfalls bisher ohne Zwischenfall verlausen, �sn den Kohlenrevieren ruht die Arbeit gänzlich, ebenio seiern viele Metallarbeiter. In allen sozialistischen Ge- meinden sind die Schulen geschlossen. Anläßlich der Maifeier empfing der Arbeitsminister eine von V a n d e r v e l d e geführte sozialistische Abordnung, die den Minister ersuchte, die Beratung der Frage der Begrenzung der Arbeitszeit zu be- schleunigen. Der Minister erklärte, daß der Gesetzentwurf über diesen Gegenstand wahrscheinlich im Juli zur Beratung gelangen werde. Der Minister versprach, auf eine Beschleunigung der An- gelegenheit hinzuwirken und einen parlamentarischen Unter- suchungsausschuß einzusetzen, der die Frage einer Beschränkung der Arbeitszeit in gewissen Industrien zu prüfen hätte. England. Die Maifeier in London . Die Maifeier wurde, wie alljährlich, durch einen Straßen- umzug von Charing Croß nach dem Hyde-Park begangen, wo eine Massenversammlung stattfand, an der etwa 25 000 Personen teil- nahmen. Besonderes Aufsehen erregten im Demonstrationszuge etwa 50 Wagen mit weiß- und rotgekleideten Zöglingen der sozia- listischen �onntagsschulen. Im Hyde-Park angelangt, verteilten sich die Massen um die 7 Wagen, die als Tribünen dienten. Um die 1. Tribüne waren die sozialistischen Kinder gruppiert, zu denen die Lehrer und Lehrerinnen sprachen. Die 2., 3., 4. und 5. Tribüne gehörten den Gewerkschaften und sozialistischen Organisationen. Aucb der sozialistische Verband der anglikanischen Geistlichen war durch zwei Geistliche, die Ansprachen hielten, vertreten. Die 6, Tribüne gehörte den Clarion-Organisationen. Die 7. war international und es sprachen deutsche, jüdische, ruf- fische, lettische und südamerikanische Redner. Unter den Rednern befand sich auch Genossin Klara Ze t k i n. Um 6 Uhr wurde das Meeting geschloffen und folgende Resolution angenommen: Die bei der Maifeier im Hyde-Park versammelten Arhpiter und Arbeiterinnen senden brüderliche Grütze an ihre sozialistischen und gewerkschaftlichen Genossen, die in allen anderen Ländern sich am 1. Mai versammeln, um ihre proletarische Solidarität aus- zudrücken und ihren festen Entschluß kundzugeben, sich von der Lohnsklaverei zu befreien und sozialistische Gemeinwesen zu gründen. Als Mittel zu diesem Zwecke verlangt dieses Massen- meeting: Erhaltung der Schulkinder auf Staatskosten; die Orga- nisierung der Arbeitslosen für nützliche und produktive Arbifit; Achtstundentag; Verbesserung des Alterspenfionsgesetzes; all- gemeines Wahlrecht, Zahlung von Diäten und Verhältniswahlen. Dieses Meeting verurteilt die Bemühungen der kapitalistischen Klassen und der Jingopresse, das Völkerleben durch Feindsckaft, die nur eine Folge der wirtschaftlichen Konkurrenz ist, zu vergiften und England und Deutschland in einen Krieg gegeneinander zu treiben. Das Meeting verspricht den deutschen Arbeitern, mit ihnen in den Bemühungen, die friedlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern aufrechtzuerhalten, zusammenzuwirken." Für den Abend hatte der Kommunistische ArbeiterbildungS- verein ein Fest in Holborn Town Hall veranstaltet. Rußland. Petersburg, 1. Mai. Anläßlich der Maifeier nahm die Polizei zahlreiche Haussuchungen vor und beschlagnahmte mehrere Hunderttausend sozialistischer Proklamationen. Eine große An- zahl sozialdemokratischer Agitatoren wurde verhaftet. Die Fabriken, welche die Maifeier gestatteten, werden mit hohen Geldstrafen belegt. Die Polizei und Militärpatrouillen wurden am Tage der Maifeier berställt. Frankreich . Die Maifeier ist in P a r i s ohne jeden Zwischenfall verlaufen. Ein Teil der Postbeamten feiert. Die Gasarbeiter, Bäcker, Erd- arbeiter usw. hielten heute mittag in der Arbeitsbörse Versamm- lungen ab, in der das Verhalten der Regierung gegenüber den Postbeamten scharf kritisiert wurde. Es wurde beschlossen, unter allen Umständen die Postbeamten gegen die Regierung in Schutz zu nehmen. In der Provinz wurde die Maifeier besonders in den Kohlenbezirken des Norddepartements begangen, wo die meisten Arbeiter feierten, auch in S t. E t i e n n e, wo die meisten Straßenbahner streiken. In T o u l o n gierten die Straßenbahner und die Arsenalarbeiter. Die Zahl >er Ausständigen in Marseille beläuft sich auf 7000, in R o u b a i x rreiken zirka 5000 Arbeiter, meistens aus der Textilindustrie. In Marbonne wurden zwei Anarchisten verhaftet, die von der Polizei dabei abgefaßt wurden, als sie Schimpfworte gegen die Regierung an öffentlichen Denkmälern anbrachten. In Bordeaux ist von einer Maifeier wenig oder gar nichts zu merken, desgleichen in Cherbourg , wo nur etwa 150 Arbeiter feiern. In Mazamet wurde heute ebenfalls eine Kundgebung gegen die Arbeitgeber ver- anstaltet; die Arbeit ruht dort vollständig. Belgien . Brüssel , 1. Mai. Die Maifeier wurde hier in der üblichen Weise begangen. Trotz anhaltenden Schneegestöbers zogen die Sozialdemokraten mit roten Fahnen und Musik durch die Straßen zum Volkshause, wo ein großes Meeting stattfand. Die Kund- Venrnlcdres. Sturm und Schneefall. In Hattersheim ist infolge des starken Sturmwindes, der am Freitag dort herrschte, der noch nicht vollendete Neubau einer Oelfabrik eingestürzt. Sechs Arbeiter wurden verletzt, drei schwer. In Köln und im Bergischen trat am Sonnabend- vormittag starker Schneefall ein. Aus Atlanta (Georgia ) wird uns von gestern telegraphiert: Die Zahl der infolge der Stürme der drei letzten Tage ums Leben gekommenen Personen wird auf 200, die der verwundeten auf 400 geschätzt. Der Sachschaden dürfte mehrere Millionen betragen. Das Geschäftsleben liegt vollständig danieder. Raubmord an einem Militörinvalide». Der in Spreenhagen bei Fürstenwalde ansässig gewesene Mili- tärinvalide Friedrich Wagner wurde am Donnerstag vor ach! Tagen in seiner an das Wohnhaus angrenzenden Scheune tot auf- gefunden. Der Schädel war dem alten Mann zertrümmert worden. Die sofort eingeleitete Untersuchung deutete jedoch anfangs darauf hin, daß W. das Opfer eines verhängnisvollen Unfalles geworden war. Man nahm an, daß der alte Mann ges�ixzt sei und sich dabei den Schädel aufgeschlagen habe. Die Leiche wurde daher von der Behörde freigegeben und beerdigt. In der vergangenen Woche sind in der Angelegenheit jedoch Momente zutage getreten, die keinen Zweifel mehr daran lassen, daß hier nicht«in Unfall, sondern ein Verbrechen vorliegt. Wie festgestellt werden konnte, fehlt dem Toten ein Sparkassenbuch über 900 M. und zwei weitere Sparkassenbücher über den Betrag von 2000 M. Trotz eingehender Durchsuchung der Behausung des Invaliden konnten die Bücher nicht gefunden werden. Dagegen wurde ermittelt, daß mehreren Personen ein dem Wagner gehöriges Sparkassenbuch im Betrage von 900 M. von einem jungen Mann zum Kauf angeboten wurde. Bei der Vereinsbank in Frmlkfurt a. O. versilberte er schließlich das Sparkassenbüch und flüchtete dann nach Köln . Leute, bei denen die Verwertung des Sparkassenbuches vergeblich versucht wurde, erkannten in einer Photographie des Maschinisten Otto Matuschke aus Neu-Stahnsdorf, Kreis Storkow , den Mann wieder, der bei ihnen vorgesprochen hatte. Trotzdem hat die Polizei den mutmaß- lichen Mörder noch nicht dingfest gemacht. Sozialileniokrat. Mrä für den I. Berliner Reielsiagswalreis. Todcö-Anzeige. Den Genossen zur NnArichy daß unser Mitglied, der Gastwirt Lenjamm l�gds Thiele-Wartenberg-Straße, Ecke Jagowstraße verstorben ist. Ehre seinem Andenken: Die Beerdigung findet heute Montag, den 3. Mai, nachmittags 3'/, Uhr, vom Trauerhause aus au; dem städtischen Friedhos in der Müllersttaße, Ecke«eestraße, statt. Um zahlreiche Beteiligung ersucht vor» Vorstand, Verband deutscher Gastwirtsgehilfen ((Abteilung Bierabzieher.) Am Freitag, den 30. April. oerstarb nach langein Leiden unser Kollege, der Bierabzieher iXuxust �üc%er im 46. Lebensjahre. Ehre seinem Andenken! Die Beerdigung findet am DienStag, den 4. Mai, nach- mittags 4 41hr, von der Halle des Andreas-KirchhoseS in iiSil- helmsberg aus statt. Um rege Beteiligung ersucht Ter Vorstand. Verantwortlicher Redakteur; Hans Weber, Berlin . Für denFnseratenteil verantw.: Th.Glocke, Berlin . Druck u. Verlag:Vorwärts Luchdruckerei u. Verlagsanftalt Paul Singer Le Co.. Berlin LVV.