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RegierungsvertretcrS geschlafen oder aber ihm fehlt dasf llntcrscheidungsvermögen und er glaubt, mit einer nichts- sagenden Phrase davon kommen zu können. In dem Spczial- fall fand Borgmann sogar die Unterstützung des Abg. Cassel (frs. Vp.). Es dürfte ziemlich sicher sein, daß die Kritik des sozialdemokratischen Redners diesmal auf ftuchtbaren Boden fallen wird. Nach Erledigung des KapitelsUniversitäten und Charitö- krankenhaus" wandte sich die Debatte zum KapitelHöhere Lehranstalten". Da zuerst hintereinander drei Schulmänner zu Worte kamen, wurde natürlich nach Kräften fachgesimpelt. Man unterhielt sich im wesentlichen darüber, ob das huma- nistische Gymnasium den Vorzug vor den Neformanstalten verdient, ob das Englische zum Schaden des Französischen in den Vordergrund gerückt werden solle, und über ähnliche Fragen, deren Wichtigkeit gewiß nicht zu bestreiten ist, die aber im Plenum eines Parlaments kaum gelöst werden können. Von Wichtigkeit waren die Anregungen des Abg. Dr. Hintzmann(natl.) über die Aufklärung der Jugend über die sexuellen Gefahren und über die Gefahren des Alka- Holismus. Am Dienstag wird die Beratung fortgesetzt. Für unsere Fraktion wird Ströbel sprechen. Die Beratung des Kultusetats dürfte, wie eine parlam. Korresp. meldet, im Abgeordnetenhause mehr Zeit in Anspruch nehmen, als man ursprünglich angenom- men hatte, und vor Ende der Woche kaum beendet werden können, günstigenfalls am Freitag. Die Debatten über die Re- form des höheren Mädchenschulwesens werden nach der Anzahl der gemeldeten Redner allein zwei Tage beanspruchen. Im Anschluß an den Kultusetat sind noch einige Etatsveste auf- zuarbeiten, u. a. auch der Etat des Abgeordnetenhauses. Bei diesem Etat wird die Frage der Gewährung von Eisenbahn- freikarten für die Landtagsabgeordneten er- örtert werden. Man nimmt an, daß die zweite Etatsle- sung erst am Mittwoch nächster Woche beendet sein wird. Zwischen der zweiten und dritten Etatslesung werden die Abänderungen des Herrenhauses an den Besol­dungsgesetzen beraten. Das Abgeordnetenhaus will vor Pfingsten noch die zweiten Lesungen der Berggesetznovclle und der Stempelsteuernovelle beraten, die dritten Lesungen dieser Entwürfe und die Verabschiedung des Sekundäribahngesetzes aber erst im Juni' vornehmen. Diese Vorlagen dürften dem Herrenhause erst gegen Mitte Juni zugchen, so daß der Schluß der Session nicht viel vor Ende Juni zu erwarten ist. Die Session würde also eine achtmonatliche Dauer haben. Die Kulisienfchieber des Schnapsmonopols. Der Monopolentwurf ist bekanntlich, ohne daß den spiritusver- brauchenden Industrien auch nur in irgend einem Stadium der Vorberatungen Gelegenheit zur Mitarbeit gegeben wurde, das fast selbständige Erzeugnis des Spiritussyndikats. Vornehm- lich sind an der Mitarbeit folgende Herren beteiligt gewesen: 1. Herr Untucht, Direktor der Spirituszentrale, ein Schwager des Vorsitzenden der FinanzkoMmis- sion, des Herrn Paaschs! Die Familie Untucht besitzt ," auch eine Spiritusbrennerei und Welafsebrennerei in Magde- burgl ' 2. Geheimrat Professor Dr. Delbrücks Beamter der Sp.i- rituszentrale. 3. Gans Edler Herr zu Puttliß. Direktor der Spirituszentrale. Dieses Drei-Männer-Kollegium hat, wie das nicht nur ihr Recht, sondern vom Standpunkt ihrer Arbeitgeber aus auch ihre Pflicht war, natürlich tatkräftig die Interessen der Spi- rituszentrale in den Entwurf hineingearbeitet. Besonders offenbarte sich das: 1. in der Bevorzugung der Zentralleiter bei den in Aussicht gestellten pekuniären Abfindungen[(§ 153 u. ff, des Entwurfes); 2. in einer Bevorzugung der Zentralebreninereien vor denjenigen, die sich den einzelnen Maßnahmen der Zentrale, u. a. den Produktionsbindungen, nicht angeschlossen haben.'' Auf die ad 1 genannte Tatsache fällt aber noch dadurch ein ganz besonderes Licht, daß ganz kurz vor der Publikation des. Monopolentwurfs die Gehälter der Direk- toren der Zentrale um je 20 000 M. erhöht wurden! Da die Abfindungssumme nach dem Entwurf das Fünffache des Jahresgehalts betragen soll, so heißt das nichts anderes, als eine Extrazulage von je 100 000 M. auf Kosten der Steuer- zahlerl Man kann danach das positive Interesse der Zentraleleute an dem Monopolentwurf und den Schmerz über den vorläufigen Fall begreifen, wie auch das emsige Bemühen, ihn wieder zu neuem Leben zu erwecken. Zu dem gleichen Zwecke hat das Syndikat übrigens unter der FirmaFreie Vereinigung von Branntwein- Industriellen" aus einem Teil seiner Gesellschafter, fast durchweg kleinen, unrentabel arbeitenden Spiritusfabriken, eine Vereinigung gebildet, die als Spiritusverbraucher auftreten, weil sie zum großen Teil neben ihrer Spritfabrik auch Großdestillationen usw. betreiben. Diese Gruppe ist vollständig von dem Syndikat nach jeder Richtung hin abhängig. Man sieht aus all diesen Tat­sachen! wie die Monopolinteressenten sich aufs Geschäft verstehen. Koloniale Bilanzverschleiernng. Schon gleich als Dernburg sein Amt als Kolonialsekretär an- .rat, vertrat er die Auffassung, daß es wünschenswert fei, nach französischem Muster das System der Kolonialanleihen einzuführen. Nach diesem Rezept ist man denn auch bereits verfahren. Schon sind Kolonialanleihen gemacht worden. Nunmehr liegt auch der Entwurf eines Schutzgebietsetatsgesetzes vor, das in das Etatsgesetz vom 30. März 1802 hineingearbeitet Verden soll. Die wesentlichsten Bestimmungen des Entwurfes lauten: Die Deckung der in den Etats der Schutzgebiete als außer- ordentliche gekennzeichneten Bedürfnisse erfolgt, soweit darüber nicht anderweit Bestimmung getroffen ist, bis zur Höhe der be- willigten Summen in den erforderlichen Nennbeträgen im Wege der Anleihe zu Lasten dieser Schutzgebiete. Die Anleihe kann zu Lasten eines einzelnen oder mehrerer dieser Schutzgebiete aufgenommen werden. Ueber die Ausführung hat der Reichskanzler dem Reichstage bei dessen nächster Zusammenkunst Rechenschaft abzulegen. Werden zur Deckung solcher Bedürfnisse Darlehen zur Wer- fügung gestellt, so ist der Reichskanzler ermächtigt, die dazu erforderlichen Mittel im Wege des Kredits flüssig zu machen. Die Darlehen find vom Tage der Auszahlung ab mit S'/z Prozent jährlich zu verzinsen, soweit darüber nicht eine andere gesetzliche Bestimmung getroffen wird. Die Anleihen und die Darlehen sind vom sechsten auf daS Jahr der Anleihebegebung oder der DarlehnSgewnhrung folgenden Rechnungsjahr ab jährlich mit mindestens°/z Proz. der Anleihe oder der Darlehnsbeträge unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen nach einem vom Reichskanzler aufzustellenden Tilgungsplane zu tilgen. Erfordern die finanziellen Verhältnisse emeS Schutzgebietes die Aussetzung der Tilgung eines Darlehens, so erfolgt die Be- stimmung darüber im Wege der Gesetzgebung. Der Reichskanzler wird ermächtigt, vom fünfzehnten auf daS Jahr der Anleihebegebung oder der Darlchnsgewährung folgenden Rechnungsjahre ab die Tilgung zu verstärken sowie die iii, Um­laufe befindlichen Schuldverschreibungen zwecks Einlösung zum Nennbeträge binnen dreimonatiger Frist zu kündigen. Den In- habern der Schuldverschreibungen steht ein Kündigungsrecht nicht zu. Die zur Verzinsung nnd Tilgung der Anleihen oder der Dar- lehcn erforderlichen Summen sind nach Matzgabe der den einzelnen Schutzgebieten überwiesenen Beträge alljährlich in die Etats dieser Schutzgebiete aufzunehmen und zur Verfallzeit aus deren bereitesten Mitteln zu zahlen. Für die Verzinsung und Tilgung der Anleihen haftet jedes der daran beteiligten Schutzgebiete dem Gläubiger gegenüber als Gesamtschuldner; im Verhältnis der beteiligten Schutzgebiete zu- einander find die einzelnen Schutzgebiete nur nach Maßgabe der ihnen überwiesenen Anleihebeträge haftbar. Für die Verzinsung und Tilgung der An- leihen übernimmt das Reich die Bürgschaft. Soweit die Anleihen oder die Darlehen zum Bau, zur Er- Weiterung oder zur Erwerbimg von Eisenbahnen oder Eisenbahn- anteilen, zu Stratzenbauten, Hafenanlagen, Strombauten und Stau- dämmen oder zu ähnlichen Anlagen werbender Art Verwendung finden, sind die Grundeigentümer im Wirtschastsbereiche dieser An- lagen zu einer ihrem Interesse an der Anlage entsprechenden Leistung zugunsten des Schutzgebietes heranzuziehen. Es kann verlangt werden, daß die Leistung in Form von Landabtretung erfolgt, sofern das Grundstück durch die Abtretung nicht derart zerstückelt wird, daß das Restgrundstück nach seiner bisherigen Be- stimmung nicht mehr zweckinäßig benutzt werden kann." Daß man besondere Kolonialanleihen aufnimmt, statt die Kolonialschulden einfach wie bisher den Reichsschulden einzu- verleiben, das soll der weltpolitischen Schuldenmacherei nur ein Mäntelchcn umhängen. Man hat das System der besonderen Kolonial- anleihen damit verteidigt, datz nian behauptete, wenn die Kolonien selbst für ihre Schulden aufzukommen hätten, würden sie mit den: Kontrahieren der Schulden vorsichtiger sein, als wenn sie einfach dem Reich angekreidet würden. Das würde aber nur dann der Fall fein, wenn auch wirklich die Kolonien für die von ihnen gemachten Schulden selbst aufzukommen hätten. Davon ist aber gar keine Rede. Heißt es doch in dem Entwurf selbst, datz das Reich für die Verzinsung und Tilgung der Anleihen die Bürgschaft übernehme. Was also die Kolonien nicht bezahlen können, dafür muß das Reich aufkommen. ES bleibt also alles beim alten. Auch datz die Anleihen mit mindestens'/5 Proz. jährlich getilgt werden sollen, ist nichts als eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Es wird mit den Kolonialschulden genau so wie mit den Reicks- schulden gehen: für jede Million getilgter Schulden wird man 100 Millionen neuer Schulden machen. Und das Reich hat für diese Schulden aufzukommen. Daran, datz unsere Kolonien jemals dauernd aus ihren eigenen Einnahmen die Ausgaben zu decken der- möchten, ist ja trotz der Dernburg-Diamanten und anderer kolonialer Utopien nicht zu beulen._ Ein konservatives Wahlmanöver. Die sächsischen Konservativen haben sich für die Erbanfallsteuer erklärt und auch im konservativen Fünfzrger-Ausschuß haben die sächsischen Führer Mehnert, Opitz, Wagner und Hähnel sich der be- kannten Vertrauenskundgebung für die konservative Fraktion nicht angeschlossen. Eine Zuschrift an dieNationalzeitung" gibt nun eine Erklärung für die Haltung der sächsischen Konservativen. In Sachsen finden in diesem Herbst die Landtagswahlen statt und es stehen sich da Konservative und Nationalliberale schroff gegen- über. Die Konservativen befürchteten, wenn sie eine ablehnende Stellung der Erbanfallstcuer gegenüber einnehmen, eine schwere Niederlage bei den Landtagswahlen. Deshalb die Erklärung, die mitbesonderen sächsischen Verhältnissen" begründet wurde! Nach der Zuschrift an dieNationalzeitung" hat man es sonach mit einem ziemlich plumpen Wahlmanöver zu tun. Aufruf der freisinnigen Vereinigung. Der Gesamtvorstand des Wahlvereins der Liberalen'(Frei- sinnige Vereinigung), verstärkt durch die Abgeordneten der Partei im Reichstage und im Preußischen Landtage, hielt am Sonnabend und Sonntag im Reichstagsgebäude eine Sitzung ab, in der zur gegenwärtigen politischen Lage Stellung genommen wurde. Die Konferenz nahm nach lebhaften und eingehenden Besprechungen einstimmig die folgende Resolution Gothein-Pachnicke an: Der Vorstand des Wahlvereins der Liberalen hält in Ueber- cinstimmung mit der parlamentarischen Vertretung der Partei das Zustandekommen einer gründlichen Reichsfinanzreform im nationalen Interesse für notwendig. Eine Mitarbeit des Frei- sinns ist indes nur möglich, wenn eine ausreichende Besteuerung der Erbschaften erfolgt. Lehnt die konservative Partei diese all- gemeine Belastung des Besitzes ab. dann trifft sie die Schuld am Scheitern der Reform. Eine Wertzuwachssteuer auf Immobilien kann als Ersatz für in Wegfall kommende indirekte Steuern dienen, nicht aber als Ersatz für die Erbschaftssteuer. Eine endgültige und dauernde Regelung der Finanzver- Hältnisse des Reiches ist nur durch eine Abkehr von der agrarisch- Hochschutzzöllnerischen Wirtschaftspolitik und durch Einführung quotisierbarer direkter Reichssteuern zu erreichen. Bei dem Ernst der politischen Lage ist mit der Möglichkeit einer Reichstagsauflösung zu rechnen. Unsere Organisationen werden deshalb aufgefordert, in die Vorbereitungen zum Wahl- kämpf schleunigst einzutreten." Die sächsischen Antisemiten gaben sich gestern in Leipzig ein Stelldichein. Sie nannten es stolz ihreL a n d e S v e r s a m m l u n g". Etwa hundert Männlein waren in der durch Plakatanschlag eingeladenen öffentlichen Ber- sammlung anwesend, und selbst der Name des Herrn Liebermann von Sonnenberg , der anstelle des ursprünglich in Aussicht genom- menen Reichstagsabgeordneten Graes referierte, vermochte nur ganz wenige Leipziger Anhänger zu einem Gang nach dem Versamm- lungslokal im Lehrervcreinshause zu begeistern. Zuerst sprach Rcichstagsabgeordneter Dr. Böhme über die Reichssinanzreform. Er jammerte über die Verschuldung des Reichs, wies aber den Gedanken, am Militarismus zu sparen, weit von sich. Eine Beschränkung der Ausgaben sei nicht zu er- warten; aber gespart müsse werden. Wie gespart werden solle, verriet er nicht. Er sprach zwar einmal davon, daß die arbeits- fähigen pensionierten Offiziere beschäftigt werden könnten, doch meinte er zugleich, daß nicht viel dabei herauskommen würde. Andere Sparvorschlägc machte Herr Böhme nicht. Er begeisterte sich für die höhere Besteuerung des Branntweins und des Bieres. Auch die höhere Besteuerung des Kaffees und der Zigaretten könne erwogen werden. Den Tabak hingegen will er gnädig freilassen wegen der vielen elenden Existenzen, die es in der Branche gibt. Eine vleichstagsauflösung wäre töricht, denn sie würde den So- zialdemokraten außerordentliche Gewinne bringen. Aehnliche Er« folge, wie sie die bürgerlichen Paricien bei den letzten Wahlen er- rangen, seien ausgeschlossen. Es könne niemand verdacht werden, wenn er sich vom Block abwende, denn bei den ReichStagSwahlen habe niemand vorhersehen können, daß eine solch große Steuer» Vorlage kommen würde. Bei Neuwahlen aber könne leicht eine sazialistisch-radikale Mehrheit kommen, und dann würde es dem Mittelstande schlecht ergehen; er würde schärfer zu den Abgaben .herangezogen wxrden, Diese Gefghr müßten die Konservativen! dadurch abwenden, daß sie die großen Vermögen besser erfassen Helsen . Lieber niann von Sonnenberg, der recht alt ge- wordene Kämpe gegen die rote und goldene Internationale, Plau- derte melancholisch von der Leipziger Glanzzeit des Antisemitismus vor 20 Jahren. Die Saat, die einstmals in Leipzig gesät worden. habe keine Früchte getragen, aber das dürfe niemand die Hoff- nung rauben. Die Saat sei untergepflügt ivorden, sie habe dem Boden Stickstoff zugeführt und sei darum nicht verloren gegangen. Jetzt reiften die Früchte. Es habe sich eine zwar kleine, aber leistungsfähige Fraktion im Reichstage gebildet. Im Lande sei es die christliche und nationale Arbeiterbewegung, die die Ausbreitung der internationalen Sturmflut verhindere. Die nationale Arbeiter- bewegung verheiße Großes. Die Sozialdemokratie übertreibe ihre Bedeutung, indem sie sich als die Vertreterin der Arbeiter aus- spiele. Den Ehrentitel Arbeiter solle sich aber niemand von der Sozialdemokratie rauben lassen. Die christliche nationale Ar- beiterbewegvng sei die Hoffnung, datz wieder einmal Frieden im Volke einzieht. Der wüste Kamps der Sozialdemokratie werde aufhören. Der Besprechung interner Angelegenheiten ließ man die Ver- trcter der Presse nicht beiwohnen, so daß wir über die großen Kricgspläne der Antisemiten nichts verraten können. Die Ereignisse in der Türkei . Barbarische Justizsitten. Konstantinopel , 3. Mai. Bei Tagesanbruch sind fünfzehn vom Kriegsgericht zum Tode verurteilte Soldaten gehenkt worden, und zwar drei auf der Brücke nach Stambul , fünf vor dem Kriegsministerium und fünf auf dem Platz vor der Hagia Sofia . Unter den Gerichteten befinden sich der Mörder des vor dem Uildiz er­stochenen Kapitäns des Kreuzers Assar-i-Tewfik, der Mörder des auf dem Platze vor der Hagia Sofia ermordeten Justizministers sowie Angehörige des vierten Bataillons der Salonikier Jäger, von dem der Aufstand ausgegangen ist. Die Gerichteten bleiben bis Mittag hängen. Auf den Richtstätten be- wegt sich eine ungeheure Menschenmenge= Die Meuterei der Matrosen. Konstantinopcl, 3. Mai. Es ist festgestellt, daß die M e u t e r e i im Marineministerium von der Mannschaft des Marine- bataillons und militärischen Marinearsenalarbeitern ausging, daß sie auch gegen den Marineminister gerichtet war, und daß an ihr sich einige Marinepolizeibeamte beteiligten.-?? Suspcndierung desJkdam". Konstantinopel , 3. Mai. Auf kriegsgerichtliche Verfügung ist daS Erscheinen desJkdam". dessen Besitzer und Chefredakteur geflüchtet sind, suspendiert. Bcrfassungsrevision. Konstantinopel » 3. Mai. Die Deputierten kammcr heutige Sitzung der Kammer wurde der Entwurf zur Ver- fassungsrevision gesetzt, dessen Beratung und Annahme man möglichst beschleunigen will. Kanstantinopel, 3. Mai. Die Deputiertenkammer überwies die Vorlage betreffend einer sechLprozentigen Anleihe in Höhe von 300 000 Pfund der Finanzkommission und trat so- dann in die allgemeine Vorbesprechung über die Verfassungs. änderung ein. Von den Bulgaren und Griechen wurde gegen Artikel 1 der Verfassung protestiert, der als Staatsreligion des Ottomanischen Reiches den Islam angibt. Ter Bulgare Daltscheff wandte sich gegen den Senat, der in seiner jetzigen Form einen Rest des absolutistischen Staates darstelle, und verlangte Abschaffung des Senats oder die Wahl seiner Mitglieder durch die Bcvölke» rung. Der Präsident teilte hierauf mit, es sei ein Tele- gramm des persischen Botschafters in Kon- stantinopel eingegangen, in dem mitgeteilt wird, der Botschafter habe selber telegraphische Nachricht vom Schah er- halten, daß der Schah die Einberufung des Parlaments anbefohlen habe. Die Verlesung des Telegramms wurde von großem Beifall begleitet. Von mehreren Seiten wurde ge- rufen:DaS hat unser Beispiel bewirkt!" Das HauS trat sodann in die Besprechung der einzelnen Artikel dcS Verfassungsentwurfes ein. Die Lage in Kleinasien . Konstantinopel , 3. Mai. Wie von wohlunterrichteter Seite verlautet, beschloß der Ministerrat in seiner gestrigen Sitzung, dem östlichen Teil des Wilajets Jemen die Autonomie zu verleihen, um den ständigen Unruhen unter den Arabern ein Ende zu machen. Mit Rücksicht auf die eingegangene Meldung, daß in den Wilajets Erzerum, Diabekir und Ersingian ähn- liche Metzeleien wie in Adana vorbereeitet würden, wurde an die dortigen Behörden der Befehl erlassen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln den Ausbruch von Unruhen zu verhindern. Ferner beschloß der Ministerrat zur Wieder- Herstellung der Ordnung und zur Bestrafung der Schuldigen siebentausend Mann mazedonischer Truppen nach Adana zu entsenden. Für die Armenier. Konstantinopel , 3. Mai. Um die durch die Metzeleien in den Wilajets Adana und A l e p p 0 erregten Armenier zu bc- ruhigen, nahmen an einer gestern hier abgehaltenen armenischen Versammlung der erste Adjutant des Sultans, Major R e m z i, ferner N i a z i und E n v e r Bei sowie der Deputierte Riza Tewfik teil, der eine beruhigende Rede hielt. Türkischen Blättern zufolge bewilligte der gestrige Ministerrat für Adana und M a r r a s ch eine Unter st ützung von 30 000 Pfund und beschloß die Entsendung von hier gebildeten Kriegs- g e r i ch t e n. Nach einer Depesche des Mali von Adana bessert sich die Lage.=_ öcbwcfcr. Die Verstaatlichung der Gotthardbahn . Zürich , 23. April. (Eig. Ber.) Mit dem 1. Mai geht die Ver­waltung der Gotthardbahn in die Hände der schweizerischen Bundes- bahnen über, obschon die finanzielle Seite noch nicht definitiv er- ledigt ist. Dagegen ist die Verständigung mit den beiden Subventionsstaaten Deutschland und Italien in einer zirka 14tägigen internationalen Konferenz in Bern erfolgt. Teutschland leistete seinerzeit einen Staatsbeitrag von 30, Italien von 55 und die Schweiz selbst von 28 Millionen Franken an den Bau der Gotthardbahn und in den letzten Jahren haben sie aus dem die Dividen'oensumme von 7 Proz. übersteigenden Reingewinn je einige hunderttausende Franken erhalten. Die beiden au§- ländischen Staaten fordern nun sumnien nicht wieder zurück, Mäßigung der Bergzuschläge für gangsverkehr, die in der Form wurde, daß die Strecke für die Berechnung dieser Zuschläge vom 1. Mai 1910 ab um 35 Proz. und vom 1. Mai 1020 ab um weitere 15 Proz., also insgesamt um 50 Proz. reduziert werde. Daraus ihre geleisteten Subveutions- dagegen verlangten sie Er- den internationalen Durch- von der Schweiz zugestanden