Nr. 109. 26. Jahrgang.
3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.
vor der Strafkammer.
schlägt deshalb bekanntlich vor, den§ 113 der Gewerbeordnung durch eine bessere Fassung vor solcher Mißhandlung zu bewahren. Die große Mehrheit der Gewerbegerichte und Kaufmannsgerichte haben dem§ 113 der Gewerbeordnung,§ 73 des Handelsgesetzbuches und§ 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches schon jetzt die den realen Vor der hiesigen Straffammer begann heute unter Vorsitz des Verhältnissen und dem Grundsaß über Treu und Glauben allein Landgerichtsdirektors Winkler ein umfangreicher Strafprozeß, der zukommende Deutung gegeben. Zu unserem Bedauern wich von die in der königl. Gewehrfabrik Erfurt im November vorigen Jahres dieser Praris das Berliner Gewerbegericht gestern in einer unter entdeckten umfangreichen Diebstähle von Gewehrteilen Vorsitz des Magistratsassessors Dr. Sedt geführten Verhandzum Gegenstand hat. Der Prozeß zeigt, wie ein ganzes Diebes- lang ab. und schlerfomplott bem preußischen Militärbureaukratismus Es flagte gegen die Direktion des Hotel Kaiser- Keller der eine empfindliche Nase drehen konnte. Die Diebstähle fowie Büffetier Sp. auf Ausstellung eines Zeugnisses. Kläger war der Versand der gestohlenen Gewehrteile waren vortreff- 10 Jahre lang bei der Beklagten beschäftigt und gab vor etwa lich organisiert. Es flingt wie bittere Fronie, daß die Jahren seine Stellung auf. Da er sich selbständig machte, berSingstunden des aus Arbeitern und Angestellten der tgl. Gewehr- langte er beim Abgange ein Zeugnis nicht. Nunmehr weigerte fabrit bestehenden patriotischen" Gesangvereins„ Waffenklang", die sich die Beklagte, ein solches auszuhändigen, obwohl sie über die in einem zur Gewehrfabrit gehörenden Raume gleich nach Schluß Leistungen oder die Führung des Klägers nichts Nachteiliges beder Arbeitszeit abgehalten werden, dazu benutzt wurden, über neue haupten kann. Das Gericht hielt die Beklagte zur nachträglichen Lieferungen" zu Beratschlagen. Die letztere Tatsache wurde in dem Zeugnisausfertigung nicht für verpflichtet. Schließlich einigten Vorläufer des heutigen Prozesses festgestellt, der am 13. Januar d. J. sich aber die Parteien auf eine Arbeitsbescheinigung mit dem Vervor dem Kriegsgericht Erfurt stattfand. In diesem Prozeß mert, daß das Arbeitsverhältnis seinerzeit auf beiderseitigen wurden der Zeug Sergeant Sadwig zu zwei Jahren Ge- Wunsch gelöst wurde. fängnis und Degradation und der Depot Feldwebel Lübecke zu neun Monaten Gefängnis und Degradation verurteilt, weil beiden, die mit der Nachprüfung und dem Versand der Gewehrteile beschäftigt gewesen, die Beteiligung an den Diebstählen nachgewiesen
wurde.
Schadensersatz wegen Zurückbehaltung von Zeugnissen.
Mittwoch, 12. Mai 1909.
Sachen mit nach der Arbeitsstätte zu nehmen, müssen wir, weil nicht erwiesen, zum mindesten voreilig nennen."
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Nun erfolgte die Antwort, daß das Verzeichnis mit den Quittungen auf dem Bureau der Firma eingesehen werden kann". Die Einsicht der Quittungen ergab dann auch, daß die obigen Anrichtig waren. Jedenfalls gaben des Geschäftsführers vollständig eine sonderbare Art, im Lande der Sozialpolitik Uebertretungen der Arbeiterschutzbestimmungen festzustellen! Man fragt den angeschuldigten Unternehmer, ob er sich schuldig fühlt, und wenn er dies verneint, so ist die Sache untersucht und die Arbeiter werden mit ihrer Beschwerde abgewiesen, ja cs wird ihnen erklärt, sie seien zu bequem.
Gewerbekrankheit oder Betriebsunfall?
Der Glasmacher J. R. zu Wirges i. Westerwald erlitt im Dezember 1907 in der dortigen Aktiengesellschaft für Glasindustrie einen Unfall. Es ist ihm eine Glaspfeife aus der rechten Hand gerutscht. Als er schnell mit der linken Hand zugreifen wollte, um den Fall des Werkzeuges zu verhindern, empfand er einen stechenden Schmerz am Gelent der linken Hand. Der behandelnde Arzt kons statierte eine Sehnenzerrung", welche die Hand fast gebrauchsunfähig machte.
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Die Glas- Berufsgenossenschaft weigerte sich, einen Betriebs. unfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Im Rentenbescheid wurde erklärt:„ Um ein Ereignis zu einem Der Hoteldiener Sch. Ilagte gestern vor dem Gewerbegericht gegen die Direktion des Hotels Kaiser- Keller auf Schadensersatz. Betriebsunfall zu stempeln, dazu gehört nach der ständigen RechtSilager hatte am 27. März seine Stellung bei der Beklagten auf- prechung des Reichsversicherungsamtes, daß das Maß des BetriebsDie gestohlenen Waffenteile gingen durch Mittelspersonen nach gegeben. Bei seinem Weggange wurden ihm vier Zeugnisse von üblichen dabei überschritten sein muß. Davon kann hier nicht die Bella- St. Blasi und Suhl , dem Zentrum der thüringischen Waffen- früheren Stellungen zurückbehalten, weil er, der gegen Barlohn Rede sein. Das bloße Ergreifen der fallenden Pfeife kann als fabrikation, wo sie zu fertigen Gewehren zusammengesetzt und in bei der Beklagten nicht beschäftigt war, 2,04 m. an Versicherungs- Betriebsunfall nicht gelten. den Handel gebracht wurden. beiträgen nicht bezahlen wollte. Kläger legte in der gestrigen VerAuf der Anklagebant nahmen heute neun Personen Platz: 1. der Handlung Ausweise darüber vor, daß er sich vergeblich um anderAgent Heinrich Bader aus Mehlis: 2. der Kaufmann Louis treitige Stellung bemüht habe, und schreibt den Mizerfolg dem Nag aus Erfurt ; 3. der Büchsenmacher Emil Bartsch aus Fehlen der Zeugnisse zu. Das Gewerbegericht verurteilte die BeSuhl; 4. der Kaufmann und Gewehrfabrikant Bruno Meffert flagte, an Stläger, der erst am 6. Mai die Zeugnisse erhalten hat, aus Suhl ; 5. der Gewehrfabrikarbeiter Theodor Ehmann aus 106 m. Entschädigung zu zahlen mit der zutreffenden Begründung, Erfurt ; 6. der Werkmeister Richard Menz in Suhl ; 7. der taß das Zurückbehalten von Arbeitszeugnissen wegen Schulden Gewehrfabrikant Friedrich Greifeld in Suhl ; 8. der Büchsen- gesetzwidrig ist. Die Versicherungsbeiträge sind keine sich aus dem macher Ernst Fleischhauer in Suhl und 9. der Gewehrfabrik- Arbeitsvertrage ergebenden Leistungen des Arbeiters, sondern arbeiter- Vorarbeiter Adolf Labonvois in Erfurt . Gegen die Folgen der sozialen Versicherungsgesetzgebung. Ueberdies steht, acht ersten Angeklagten lautet die Anklage auf gewerbs und wie wir hinzufügen, ein Zurückbehaltungsrecht von Ausweisgewohnheitsmäßige Hehlerei, gegen den letzten An- papieren lediglich in den im Gesez hervorgehobenen Fällen dem geflagten auf Diebstahl. Arbeitgeber zu.
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Es sind 34 Zeugen und fünf Sachverständige, darunter vier Aerzte, geladen; außerdem wohnen der Verhandlung ein Kriegsgerichtsrat und ein Major aus der königlichen Gewehrfabrik Erfurt bei.
Das Ergebnis der Vernehmung der Angeklagten, die den ganzen ersten Verhandlungstag in Anspruch nahm, ist in Kürze zusammengefaßt folgendes: Der Angeklagte Bader , der eine Agentur für Erzeugnisse der Gewehrfabrikation betreibt, ist geständig, in den Jahren 1907 und 1908 von Angestellten der Gewehrfabrik te volver, etwa 300 Gewehrläufe, sowie einzelne Ausschußteile zu weit über 109 sogenannten Gewehrsystemen( Schlössern), Modell 98, getauft und an den Angeflagten Bartsch weiterverkauft zu haben; er hat für die Gewehrsysteme je 7,50-10 m. gegeben, während er sich 20 M. von Bartsch zahlen ließ. Als Ursache zur Tat gibt er mißliche Vermögensverhältnisse infolge fortgesetzten Familienunglüds an. Sein Einkommen habe jährlich 1400-1500 m. betragen. Der Angell. Nar betreibt ein Materialwarengeschäft nebst Gastwirtschaft, das in unmittelbarer Nähe der Gewehrfabrit liegt. Er vermittelte den Geschäftsverkehr zwischen dem Agenten Bader und dem bereits abgeurteilten Zeugsergeanten Sadwig. Die von Tegterem gestohlenen Gewehrteile schickte er Bader zu und deklarierte fie als„ Geife" oder„ Wurstwaren"; auch die Zahlungen gingen durch seine Hände. Als Lohn für seine Bemühungen erhielt er ein Zesching, einen Revolver und einen Karabiner.
Angell. Ehmann hat den Depotfeldwebel Lüdede angeregt, ihm Ausschußteile zu verschaffen. Auf diese Weise lieferte er durch Bermittelung des Angeklagten Werkmeister Menz an den Angeklagten Fabrikanten Greifeld für 700-800 m. und an den Angeklagten Fabrikanten Meffert für etwa 1000 M. Gewehrteile, die zu fertigen Schlössern verarbeitet wurden. Ehmann hatte einen Tagesverdienst bon 5,50 M.
Bauarbeiterschuhkonferenz für Hessen .
In Darmstadt tagte am Sonntag eine Bauarbeiterschußkonferenz, an der Behörden teilnahmen. Veranlassung zu der Tagung gab die unverständliche, geradezu auf Düpierung hinauslaufende Haltung der hessischen Regierung. Zum zweiten Male hat diese gclegentlich der Eröffnung des hessischen Landtages in der Thronrcde feierlich die landesgesetzliche Regelung des Bauarbeiterschutzes in Aussicht gestellt, ohne daß bis jetzt etwas geschehen ist. Anscheinend wird in dieser hochwichtigen Sache in absehbarer Zeit überhaupt nichts geschehen.
Der Verleşte machte nun in seiner Berufung geltend, daß er vor dem Unfall niemals Schmerzen an der linken Hand gehabt habe, daß vielmehr nur der unglückliche Griff die Ursache des Leidens sein könne. Er konnte sich dabei auf seinen Kassenarzt berufen, welcher im Gutachten erklärte, daß N. bei der genannten übermäßig hurtigen und kräftigen Bewegung sich eine teilweise Zerreißung der Gelenkbänder des Erbsenbeines zugezogen hat, die sodann durch Weiterarbeit und Ueberlastung bestehender Bandreste zu einer totalen Ablösung geworden ist. Es liegt also im Begriff der ganz besonders starken, eilig intensiven Bewegung und dem Stoß recht wohl ein Betriebsunfall begründet." Die Berufung wurde abgewiesen, weil es sich beim Kläger unt
Das Schiedsgericht war jedoch anderer Ansicht als der Arzt. eine sogenannte Gewerbekrankheit, nämlich einen chronischen, entzündlichen Prozeß im Handgelenk handelt, den er zum erstenmal bei der heftigen Bewegung des Ergreifens der Pfeife verspürte. Daß der Kläger schließlich zur Einstellung der Arbeit gezwungen wurde, lag an der allmählichen Verschlimmerung dieses Leidens. Tatsächlich kommen derartige Prozesse, wie die Beklagte auf Grund ihrer praktischen Erfahrung versichert, bei einer großen Anzahl von Glasmachern sehr häufig vor. Hiernach ist die angeschuldigte Betriebsarbeit nur die Ursache für die Entdeckung, nicht aber für die Entstehung der Krankheit gewesen, und es steht deshalb dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nicht zu." Interessant ist es, daß selbst das Schiedsgericht von einer fo= Die Tagesordnung lautete: 1. Der gesetzliche Bauarbeiter= schub; Referent hierzu war der Zentralvorsitzende für die Bau- genannten Gewerbekrankheit" spricht. Es wird also auch Unfug arbeiterschutzkommissionen Deutschlands , Heinte- Hamburg. 2. mit dem Wort in solchen Fällen getrieben. Der Verletzte konnte Die Handhabung des Bauarbeiterschußes in Hessen ; Referent: Ge- sich auf das Zeugnis älterer Glasmacher berufen, welche bestritten, fchäftsführer Delp- Darmstadt. 3. Diskussion und Anträge. An daß es sich in solchen Fällen um eine Gewerbefrankheit handelt. wefend waren 70 Delegierte aller Berufe des Baugewerbes; ver- Es half aber gar nichts, weil cben das Schiedsgericht den Worten der Sachverständigen" der Berufsgenossenschaft, velche auf treten waren ferner die sozialdemokratische Fraktion des hessischen Landtages, das fozialdemokratische Landeskomitee durch je 1, das Grund ihrer praktischen Erfahrung" den Unfall verneinten, mehr Ministerium des Innern, die hessen - nassauische Baugewerksberufs- Wert beilegten. Es ist doch bezeichnend, daß ein Verwaltungsgenossenschaft und die Baupolizei der Stadt Darmstadt durch je beamter oder Jurist, welcher die Berufsgenossenschaft doch leitet und die Bescheide" begründet", fich auf" praktische Erfahrungen" 2 Delegierte. verurteilte Heinke- Hamburg das stützen kann. Praktische Erfahrungen haben doch diese Herren nur In großzügiger Rede Schneckentempo der Regierung in puncto Bauarbeiterschutz. Die im Abweisen der Rentenansprüche. Aber auch den BetriebsunterPetition der Unternehmer und mittleren Baubeamten, die die nehmern, welche als Vorstandsmitglieder einer Berufsgenossenschaft Arbeiter als Bautenkontrolleure ausgeschaltet wissen wollen, wurde in Betracht kommen, muß es abgesprochen werden, als Sachver durch ihn gebührend beleuchtet und gefordert, daß den Berufs - ständige zu fungieren, weil sie meistens doch niemals als Glasgenossenschaften, deren totale Unfähigkeit erwiesen ist, die Unfall- arbeiter praktisch gearbeitet haben. Warum hat man die Glasberhütung abgenommen wird. Die Regierung und die bürgerlichen arbeiter nicht gutachtlich gehört, sondern nur die Gegenpartei als arteien erkennen die Notwendigkeit einer Reform des Bau- Sachverständigen angenommen? Eine kuriose Behandlung dieser arbeiterschutzes an. Solange von Reichs wegen nichts geschieht, wichtigen Frage, welche doch für den ganzen Beruf von Inter, müssen die Bundesstaaten für Regelung sorgen. Die Morbilitäts- effe ist. und Mortalitätsziffer der Bauarbeiter steigt fortgesetzt, die Unfalle häufen sich und die Lebensdauer sinkt herab. Die Mehrzahl der Bauarbeiter geht an Berufs- und Volkskrankheiten zugrunde. deshalb find gewählte Baukontrolleure aus Arbeiterkreisen eine unbedingte Notwendigkeit zum Wohle eines großen Teiles der deutschen Steuerzahler und Volksgenossen!
Die letzte Hoffnung des Verlegten war nun noch das Reichsversicherungsamt, weil man auch im Westerwald der Meinung ist: Es gibt noch Richter in Berlin ."
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Die Angeklagten Werkmeister Menz, die Fabrikanten Greifeld und Meffert sowie die Büchsenmacher Fleischhauer und Bartsch( letztere beide lieferten fertigzusammengesezte Systeme Das Reichsversicherungsamt nahm aber gleichfalls an, es liege an den Fabrikanten Meffert) bestreiten teils, gewußt zu haben, daß die Gewehrteile gestohlen gewesen seien; Greifeld und Meffert hier kein Betriebsunfall vor. Das Urteil ist sehr kurz gehalten. Es wurde ein Professor Lininger gutachtlich noch gehört, behaupten zudem, bei dem ganzen Geschäft nichts verdient zu haben, Der zweite Redner schilderte speziell die Zustände im Bau- welcher in überzeugenden Ausführungen" nachgewiesen habe, daß im übrigen seien die Gewehrteile von ihnen ihrem reellen Werte nach bezahlt worden. Sie feien auch mit Ehmann und Konsorten erft gewerbe Hessens und die Handhabung der behördlichen Aufsicht es sich um eine Entzündung am Handgelenk handelt, die durch dann in Geschäftsverbindung getreten, nachdem ihnen versichert die Forderungen der Konferenz enthalten sind, fand einstimmige worden ist, vielmehr in allmählicher Entwickelung entstanden war bei leberwachung der Unfallverhütung. Eine Resolution, in der die behauptete Betriebstätigkeit weder ausgelöst noch verschlimmert worden sei, daß die ganze Sache durchaus reell sei. Die auffällige Tatsache, daß Erfurter Gewehrarbeiter so viel Ausschußivare anbieten Annahme, ebenso ein Antrag, für Hessen eine Landes- Bauarbeiter und sich dem Kläger bei der heftigen und hastigen Bewegung zum fonnten, erklären sie damit, daß sie geglaubt haben, es fei ver- fell gebrudt dem Ministerium und den Behörden zugestellt werden. also ein Unfall, ein zeitlich bestimmbares schädigendes Ereignis, schußkommission ins Leben zu rufen. Das Protokoll der Konferenz ersten Male schmerzhaft bemerkbar gemacht hat. Hiernach liegt dorbene Ware gewesen, die den Arbeitern vom Lohne abgezogen Die Regierungsvertreter hielten bis zum Schluß aus, sprachen nicht vor, und die vom Kläger erhobenen Ansprüche sind unbe
und ihnen zur Verfügung gestellt worden sei und daß Ehmann den Vertrieb dieser Ausschußteile im Auftrage anderer Arbeiter mit übernommen habe. Daß diese Teile den Stempel der Gewehrfabrik trugen, wollten sie teils nicht bemerkt haben, teils haben sie ihn als das Zeichen für Ausschußware angesehen. Der amtliche Abnahmestempel fei auf feinem Stück gewesen.
Der Angeklagte La bonvois endlich ist geständig, für etwa 30 Gewehrsysteme die einzelnen Teile aus dem" alten Eisen" zuſammengefucht und mitgenommen zu haben. Der Angeklagte hatte einen Wochenverdienst von 39 M. Er ist Vater von fünf Kindern und will unter dem Einfluß geschwächter Willenskraft, berurfacht durch andauerndes nervöses Leiden, gehandelt haben; auch hätten ihn petuniäre Sorgen zu der Tat getrieben, zu der er von Bader angestiftet worden sei.
Die Verhandlung dürfte drei Tage in Anspruch nehmen. Wir werden über das Endergebnis berichten.
Soziales.
Sind Zeugnisse auch nach Abgang zu fordern?
§ 117 der Gewerbeordnung besagt, daß der Arbeiter ein Zeugnis über die Art und Dauer seiner Beschäftigung beim Abgang" berlangen kann. Aus den Grundsätzen über Treu und Glauben folgt, daß der Arbeiter nicht nur im Moment des Abgangs, sondern in der Regel von der Kündigung an und auch nach dem Abgange ein Zeugnis verlangen kann. Eine entgegenstehende wörtliche AusIegung des§ 113 der Gewerbeordnung beruht auf einem durchaus verwerflichem Kleben am Buchstaben des Gesezes. Das ergibt die Entstehungsgeschichte und der Zived des§ 113 der Gewerbeordnung, sowie die Vorgänge bei ähnlichen Vorschriften der Geseze. insbesondere des§ 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches und§ 73 des Handelsgesetzbuches. Beide Gesetze sprechen davon, daß bei Beendigung des Dienstverhältnisses" ein Zeugnis begehrt werden fann. Ein Antrag, ausdrücklich im Gesetz festzulegen, daß die oben wiedergegebene ausdehnende Auslegung dem Gesetz entspreche, wurde abgelehnt, aber ausdrüdlich von der Reichstagskommission in Uebereinstimmung mit den Regierungsvertretern konstatiert, „ daß nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kein Zweifel darüber sein könne, daß nach Maßgabe der Bestimmungen über Treu und Glauben bei Verträgen das Zeugnis schon verlangt werden kann vem Tage der Kündigung an und auch nach dem Austritt".
Troß der Klarheit der Rechtslage haben sich Gerichte gefunden, die vom blutlosen Schematismus des schülerhaften Buchstabenflaubens fo angestedt sind, daß sie annahmen, nur beim Abgang" tönne das Beugnis verlangt werden. Die Gewerbeordnungsnovelle
aber nicht zu den Referaten.
Mißachtung von Arbeiterschutzbestimmungen. rätliche Verordnungen erlassen, wonach allen Arbeitern, die mit Bekanntlich sind für die Verwendung von Bleifarben bundesfolchen Arbeiten beschäftigt werden, Waschgefäße, Bürsten, Seife und Handtücher gestellt werden müssen. Die Anstreichermeister Gebrüder Schwanenberg in Düsseldorf hatten ihren an einer Arbeitsstelle beschäftigten 12 Leuten einen einzigen Eimer, der sonst zu Anstreicherarbeiten benutzt wurde, 2 Handtücher und einen Topf Schmierseife zur Verfügung gestellt. Damit glaubten sie, den gesetzlichen Vorschriften genüge geleistet zu haben. Bürsten gab es überhaupt nicht; die Handtücher sahen eher Schmuklappen ähnlich. Der Geschäftsführer der Düsseldorfer organisierten Maler machte nun der Gewerbeinspektion von der Mizachtung dieser Arbeiter schutzbestimmungen Mitteilung. Darauf erhielt er vom Düssel dorfer Oberbürgermeisteramt folgende Antwort:
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gründet."
Das Neichsversicherungsamt tröstet den Krüppel noch mit der Versicherung, daß es für die Beurteilung des Falles gleichgültig zum Schlusse dieses merkwürdig kurzen Urteils, welches doch über war, ob eine Berufskrankheit vorliegt oder nicht. Denn es heißt die ganze Zukunft eines armen Glasarbeiters entschieden hat: Ob im übrigen die vom Kläger bemängelte Annahme des Dr. Lininger zutrifft, daß derartige Entzündungen eine Berufskrant. heit der Glasmacher seien, kann hier als unerheblich dahingestellt
bleiben."
Der Fall zeugt von neuem von der Notwendigkeit, den Begriff eines Unfalls im Sinne der Unfallgesekgebung auszudehnen.
Verstoß eines Pflegebaters gegen das Kinderschuhgeset. fohn des Morgens zwischen 6 und 7 Uhr mit dem Austragen von Ein Bäckermeister in Baden hatte einen elfjährigen PfleyeBackwaren beschäftigt und war deshalb wegen Uebertretung des Auf Ihr an die fgl. Gewerbeinspektion gerichtetes Schreiben Kinderschutzgesetzes verklagt worden. Das Schöffengericht hatte teile ich Ihnen mit, daß von den an der Arbeitsstelle" Düffel- ihn auch freigesprochen, indem es seiner Beweisführung folgend dorfer Hof" beschäftigt gewesenen 12 Arbeitern nur 2 bis 3 ihre ausführte, daß Pflegekinder den eigenen Kindern gleich geachtet von seiten des Arbeitgebers zur Verfügung gestellten Sachen, werden müßten und deshalb die Bestimmungen des KinderschutzAber die StaatsWaschgefäß, Bürste, Seife und Handtuch mit zur Arbeitsstelle geseges auf sie keine Anwendung fänden. gebracht haben. Allen Arbeitern sind diese Gegenstände laut anwaltschaft legte gegen diese Freisprechung Berufung ein und Quittung geliefert worden; es ist den Arbeitern jedoch zum Teil das Landgericht Karlsruhe tam zu einer rechtskräftigen Verzu unbequem, diese Samen von der Werkstelle aus zur Arbeits- urteilung des Bädermeisters. Dasselbe erklärte, es sei ein Irrtum stelle mitzubringen... der Borinstanz, daß in diesem Falle die einschränkende BeDarauf antwortete der Geschäftsführer des Malerberbandes: ftimmung des Kinderschutzgesetzes Anwendung finden könne. Nach Auf Ihr Schreiben vom 3. dieses Monats erwidere ich, daߧ 3 Abs. 2 Biffer 2 biefes Gesetzes werden wohl an Kindesstati die Herren Gebr. Schwanenberg nicht jedem ihrer Gehilfen angenommene Kinder eigenen Kindern gleich geachtet, aber PflegeWaschgefäß, Bürste, Seife und Handtuch zur Verfügung gestellt finder sind noch nicht an Kindesstatt angenommenen Kindern gleich haben. Die Sachen, die im„ Düsseldorfer Hof" borhanden waren zu achten. Wegen dieser genauen Formulierung und eng gefaßten Seife, 1 Eimer und 2 unbrauchbare Handtücher find nicht Umschreibung des Begriffs eigener Kinder und der ihnen gleich zu bon 2 bis 3 Gehilfen, die nicht so bequem waren wie die anderen, achtenden, sowie der Bestimmungen des§ 3 Abs. 2 des genannten mitgebracht, sondern sie sind von der Firma für alle 12 Mann Gesetzes( der lautet: Kinder, welche hiernach nicht als eigen geliefert worden. Ich kann Ihnen, wenn Sie es wünschen sollten, anzusehen sind, gelten als fremde Kinder".) und im Hinblick auf Beugen hierfür nennen, auch ganz besonders dafür, daß nicht den Zweck des ganzen Gesezes sei die Möglichkeit einer Anwendung jedem Gehilfen diese Sachen gegen Quittung geliefert sind. der genannten Bestimmungen auf Pflegekinder ausgeschloffen. Der dorthin entsandte Beamte hat sich sehr oberflächlich in- Diese Auffassung finde ihre Stübe noch besonders in der Tatsache, formiert. Er ist draußen am Gerüst zu dem Vorarbeiter ge- daß bei der Beratung des Gesetzes im Reichstage ein Antrag, die kommen und hat diesen über die Verhältnisse befragt. Der Be Worte in Pflege gegebene Waisenkinder in Biffer 3 einzuamte hat weder Waschgefäße, noch Bürsten, noch brauchbare fügen" zurüdgenommen wurde, da die Aufnahme von PflegeHandtücher gesehen, anderenfalls hätte er leicht feststellen können, tindern dazu benutzt werden könne, um fremde Kinder unter den daß nicht allen Gehilfen diese Sachen gegen Quittung geliefert für eigene Kinder zugelassenen erweiterten Bedingungen zu befind. Gegen diese Gehilfen aber noch den Vorwurf zu erheben, schäftigen. Der Bädermeister mußte deshalb zur Strafe bersie seien zu bequem die in Wirklichkeit gar nicht erhaltenen urteilt werden,
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