Kr. 112. 26. Iahrgavg.t KcilM des Jotniärts" önliuttZllvtlllbtlld, 15. Mai 1909.Reichstag.857, Sitzung vom Freitag, de» 14. Mai,nachmittags 2 Uhr.«m BundeZratStisch: v. B ethmann°H ollw eg, Häven-stein.Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der zweitenBeratung deS Gesetzentwurfes betr. Aenderung des Bank-gesetzes. Die Beratung beginnt mit den namentlichen Ab-stimmungen über die Anträge Raab(wirtsch. Vg.) Der erste Anlrag will den Gewinn der Anteilseigner der Reichsbank zugunstendes Reservefonds beschränken.Dieser Antrag wird mit 177 gegen 142 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung abgelehnt. �Der zweite Antrag will den Gewinn der Anteilseigner imHöchstfall auf 6 Proz. des GüindkapitalS beschränken; ein etwaigerhöherer Gewinn soll in die Reichskasse fließen.Dieser Antrag wird mit 323 gegen 74 Stimmen ab>gelehnt.Artikel I wird unverändert angenommen.Artikel II setzt den Anteil der Reichsbank an dem Gesamtbetrage des der Steuer nicht unterliegenden ungedeckten NotenUmlaufs auf SS0 Millionen Mark fest, unter gleichzeitiger Erhöhungdes Gesamtbetrages auf 613 771 000 Mark.Für die ain letzten Tage sedes Quartals aufzustellenden Steuerberechnungen soll eine Erhöhung dieser Notenkontingente um je20l> Millionen Mark eintreten.Abg. Dr. Arendt(Np.): Die im ersten Teil deS Artikels festgesetzte Erhöhung des Notenkontingents entspricht dem gesteigertenVerkehr und ist daher zu billigen. Die Bestimmung im zweitenAbsatz widerspricht aber dem Gedanken des Notenkontingents undstellt lediglich einen Steuererlaß für die Anteilseigner dar. der imJahre etwa Vi Million Mark beträgt; dazu liegt gar keine Weranlassung vor.Abg. Dr. Weber snatl.Z bittet, den gesamten Artikel II an-zunehmen; die Erhöhung des Notenkontingents an den letzten Tagendes Quartals sei notwendig, damit der Diskontsatz gleichmäßig ge-halten werden könne.Reichsbankpräsident Havenstein: Die verbündeten Regierungenwollen das Notenkontingent als Warnungssignal behalten. DiesesSignal würde unnötigerweise gezogen werden, wenn das Notenkontingent an den Ouartalsletztcn nur dieselbe Höhe hätte wie annormalen Tagen.Abg. Raab(wirtsch. Vg.): Die Erhöhung der notensteuerfreienGrenze mindert den Anteil des Reiches an dein Gewinn der Reichs-bank; wir werden daher dagegen stimmen.Damit schließt die Diskussion.Artikel II wird in beiden Teilen unverändert angenommenArtikel IH bestimmt:.Die Noten der Reichsbank sind gesetzlichesZahlungsmittel."Abg. v. Strombeck(Z.) beantragt hinzuzufügen, daß eineVerpflichtung zur Annahme von Banknoten bei Zahlungen, welchegesetzlich in gemünztem Gelde zu leisten find, nicht stattfindet, unddaß Zahlungen der Neichshauptbank zu Berlin auf Verlangen derEmpfangsberechtigten in deutschen Goldmünzen zu leisten sind.Abg. Dr. Arendt(Rp.) bittet, den Antrag Strombeck als überlflüssig und gefährlich abzulehnen.Abg. v. Strombeck(Z.) begründet seinen Antrag; S fe, nichtgerechtfertigt, die Reichsbank von der Verpflichtung, auf Verlangenin Gold zu zahlen, zu befreien. Da der Antrag aber keine Aussichtauf Annahme hat. ziehe ich ihn zurück.(Heiterkeit.)Der Artikel Di wird angenommen, desgleichen debatteloSder Rest der Borlage. Die Kommisston schlägt eine Resolutionvor, worin der Reichskanzler zur Vorlegung eines Gesetzentwurfeszur Bekämpfung der Gefahren aufgefordert wird, die dem Publikumdurch Banken und Bankiers erwachsen, die zur Anlage von Depositenoder Spargeldern durch öffentliche oder schriftliche Aufforderungenoder durch Agenten anreizen.Die Resolution, vom Abg. Dr. Faßbender(Z.) befürwortet,wird einstimmig angenommen.Es folgt die zweite Lesung des Viehseuchengesetzes.Abg. Lehmann. Jena(natl.) gibt zu verstehen, daß er eigentlichalle Paragraphen des Gesetzes besser gefaßt hätte, wenn er das Gesetzgemacht hätte. Das Laienelement mußte mehr an der Kontrolle be-teiligt werden. Das Volk erwägt harte Maßregeln leichter,wenn sein eigen Fleisch und Blut daran beteiligt wird.(Stürmische Heiterkeit.) Auch die weiteren Ausführungen desRedners werden mit Ausbrüchen fröhlicher Heiterkeit begleitetUnter anderem sagt Redner: Wenn die Herren Sozialdemokratenkleines f euilleton.Der Louvre in FeuerSgefahr. Schon wiederholt ist darauf hingewiesen worden, daß sich die unersetzlichen Kunstschätze, die derPariser Louvre birgt, in steter Feuersgefahr befinden. In dem un-geheuren Gebäudekomplex sind nämlich Ministerialbureaus unter-gebracht, in denen riesige Aktenmassen aufgestapelt liegen. Besondersdas im Pavillon de Flore hausende Kolonienministerium ist eineständige Gefahr für die unmittelbar anstoßenden MuseumssäleDiese Situation hat vor einiger Zeit eine Anzahl Brüsseler Literatenund Künstler veranlaßt, in der Erwägung, daß Werke wie die MonaLisa und die Venu« von Milo der ganzen Kulturwelt zueigen sind,eine internationale Aklion zur Sicherung des Louvre anzuregen undauf diese Weise auf die verantwortlichen Faktoren moralisch einzu-wirken. Da aber die Belgier von den Parisern etwa so angesehenwerden, wie einst die Böotter von den Athenern, so erwiderteneinige Pariser Zeitungen mit einem hochmütigen Geschimpfe überdiese Einmischung deS„Auslands", und so geschah erst rechts nichts,um die Gefahr zu beseitigen, trotzdem gerade in der jüngsten Zeiteinige Kaminbrände die Notwendigkeit einer Aenderung zeigten.Am letzten Dienstag erst ist ein Brand nur durch einen glücklichenZufall rechtzeitig gelöscht worden. Aber waS macht das— dieBrüffeler sollen justament nicht Recht behalten...,Türkische Sklaverei. Die Haremsfrauen sind nicht die einzigenSklaven in der Türkei; denn wenngleich die europäischen„Kultur"-Nationen sich einbilden, den türkischen Sklavenhandel völlig unter-drückt zu haben, so besteht diese verwerfliche Institution doch ruhigweiter und blüht überall im ottomanischen Reiche; männliche undiveibliche Sklaven, vom reinsten Abkömmling der kaukasischen Rassebis zum amerikanischen„Wilden", werden noch täglich dem Meist-bietenden auf den geheimen Sklavenmärkten Konstantinopels undanderer Städte verkauft. Sklaverei besteht im Palast des Sultansnoch ebenso fort wie in den Haushaltungen der anderer Großen imganzen Reiche, obwohl die öffentlichen Sklavmverkäufe durch den Ein-ipruch der europäischen Mächte unterdrückt sind. Trotz der, Wachsamkeit derhuitischen Kreuzer im Roten Meer und der russischen Kriegsschiffe imschwarzen Meer werden Ladungen von Sklave» fast wöchentlich nachKonstantinopel, Trapezunt und Smyrna gebracht, vom Kaukasus,aus dem Sudan und sogar von den Inseln des griechischen Archipels.Diese Herden von Meuschenware, diese Gruppen von Cirkassiern,Georgiern, Griechen und Abessiniern mit ihrer weißen, schwarzenund braunen Hautfarbe, die ehemals im Straßenbild von Konstan-tinopel so natürlich waren wie die stattlichen Kamelzüge, sind nuraus der Oeffentlichkeit verschwunden, um i m G e h e i m e nin desto dichteren Scharen und in noch unwürdigerem Zustande zumBerkauf getrieben zu werden. Die gebrechliche Fracht weiblicherSklaven wird in elenden Schiffen, dw viel zu klein für diele»das Wort Landwirtschaft hören, dann verlieren sie den Verstand.(Schallende Heiterkeit links.) Man darf der Regierung Schlechtig-leiten zutrauen, aber keine Dummheiten.(Erneute Heiterkeit.) Weraußerhalb des Parlaments schon einmal eine wirkliche Kuh verkaufthat(Anhaltende Heiterkeit), der weiß, daß die sozialdemokratischenAnträge unannehmbar sind. Die Sozialdemokraten wollen allelandwirtschaftlichen Produkte billig haben, aber billig denkengegenüber der Landwirtschaft— das wollen sie nicht.(LauteAul-Rufe.) Kaufen Sie(zu den Sozialdemokraten) für200 000 M. ein Landgut und produzieren Sie landwirtschaftlicheProdukte I(Heiterkeit.)— Redner empfiehlt die vorher von ihmarg krittsierte Kommissionsfassung zur Annahme.(Lebhafter Beifallrechts.)Staatssekretär des Innern v. Bethmann-Hollwcg verteidigt dieverbündeten Regierungen gegen die Angriffe des Vorredners wegenNichtzuziehung des Laienelements. Der Resolution der Kommissionüber diesen Gegenstand werde die Reichsregierung nach Möglichkeitnachkommen.— Redner verbreitet sich sodann über die Einfuhr-Verbote. Wenn z. B. in einem Hafenort Milzbrand herrscht, so istes berechtigt, die Einfuhr aus diesem Hafen zu verbieten.Abg. Scheideman»(Soz.):Das Viehseuchengesetz hat zu meinem Bedauern auch in derPresse die Beachtung nicht gefunden, die es verdient. Das ist aufseinen ominösen Namen zurückzuführen, wonach viele Leute meinen,der Inhalt des Gesetzes ginge sie nichts an. Im Interesseder ganzen Angelegenheit wäre es zu wünschen gewesen, daßauch in der Ueberschrift angedeutet wäre, daß das Gesetzviel mehr enthält, als mit dem einen Wort„Viehseuchengcsetz" ge-sagt ist. Man hätte es z. B. nennen können„Gesetz betreffend dieBekämpfung der Viehseuchen und der den Agrariern un-bequemen ausländischen Konkurrenz".(Sehr richtig!bei den Sozialdemokraten.) Dann hätte man erreicht, daß man sichin der Oeffentlichkeit mit diesem außerordentlich schlimmen Gesetzmehr befaßt hätte. In der Kommission haben auch meine Freundean dem Gesetz mit großem Interesse gearbeitet, weil man alles tunsoll, um die Viehseuche zu bekämpfen, zumal es sich auch um einGesetz handelt, das darauf hinausläuft, die Ernährung des deutschenVolkes nach Möglichkeit sicher zu stellen.. Denn sicher ist die Er«nährung des Volkes schwieriger als sie jetzt schon ist, wenn unserViehbestand dezimiert wird. Leider sind in das Gesetz Tendenzenhineingekommen, die ich als gemeingefährliche bezeichnenmuß.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Es sind Paragraphenin ihn» enthalten, deren Handhabung in agrarischem Sinne dieVolksernährung nicht sichert, sondern gefährdet.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokr.) Bielleicht wird noch jetzt imletzten Augenblick in der Presse auf diese Dinge aufmerksam gemacht,von denen 99 Proz. der Bevölkerung bisher noch nichts gewußthaben. Das Gesetz interessiert nicht nur die Viehzüchter, sondernerstreckt sich auch auf alle Haustiere, interessiert also jeden, der auchnur einen Hund oder eine Katze besitzt. Nur denjenigen, die einenVogel haben(Heiterkeit), kann man zum Trost sagen, daß Kanarien-Vögel unter das Gesetz nicht fallen. Das Gesetz enthält Be-stimmungen, die nach dem Stande der Veterinärwissenschaft wohlgeeignet erscheinen, Seuchenverschleppungen hintan zu halten. DiesenBestimmungen stimmen auch die Sozialdemokraten zu.Leider fehlen einige Vorschriften, die sehr wohl in das Gesetzhätten hineingearbeitet werden können und eine günstige Wirkungzur Seuchenverhinderung gehabt hätten. Beispielsweise hätte be-stimmt werden können, daß die Ställe einen bestimmten Mindest-räum für jedes Tier haben müffen.(Sehr richtig I bei denSozialdemokraten.) Derartigen Bestimmungen stimmen wir zu,denn wir haben gu unserer Veterinärwissenschaft ebenso sehrVertrauen, wie wir das denkbar größte Mißtrauengegen die Behörden haben, die später diese Bestimmungenausführen sollen. Das ist nicht nur eine sozial-demokratische Eigenart, sondern auch eine Anzahl anderer Mitgliederder Kommission haben sich ähnlich geäußert, und aus diesem Miß-trauen ist die Laien- oder vielmehr Sachverständigenkommission ent-standen, welche die Viehhalter vor Belästigungen schützen soll. DerStaatssekretär ist über diese Kommission wohl nicht richtig in-formiert worden, sonst hätte er unmöglich sagen können, durchihre Einrichtung würde die Schnelligkeit gehemmt, die geradebei der Abwendung einer großen Viehseuchengefahr notwendig ist.In den§ 6 ist eine Bestimmung hineingekommen, daß nicht nurverdächtige Tiere, sondem auch die Erzeugnisse verdächtiger Tierevon der Einfuhr abgesperrt loerden können. Von der Regierungist festgestellt worden, daß dies in keiner Weise veterinärtechmsch be-rechtigt ist und nicht in das Gesetz hineingehört. Trotzdemwollte sie aber das Gesetz nicht daran scheitern lassen.Die ZK 6 und 7 sind nicht nur für die Agrarier, sondernauch für uns die wichtigsten. Bevor ich darauf eingehe,Zweck sind, tief im Winter verladen und wie Vieh überdas Schwarze Meer gebracht: in dieser Jahreszeit, in der man derAufmerksamkeit der russischen Kanonenboote am ehesten zu entgehenhofft. Mädchen werden für wenige türkische Pfund auf denDampfeni verkauft, die den Bosporus auf und nieder fahren, undganze Schiffsladungen weißer Gefangener von Armenien, aus demasiatischen Rußland, und von Negern aus Aequatorial-Afrika werdenregelmäßig von Berufssklavenhändlern nach der Hauptstadt gebracht;die Plätze, an denen sie feilgehalten werden, sind jedem Käufer wohl-bekannt und leicht ist der Zutritt dazu zu erlangen. Ein türkischerPascha sagte einmal:„Natürlich(I) haben wir noch unsereSklaven, und wir wüßten auch nicht, wie wir ohne sieauskommen sollten."Die Brieftaube als Photograph. Nachdem die Brieftaube alsUebermittlerin von Nachrichten gute Dienste geleistet hat, versucht manneuerdings, sie als Trägerin einer kleinen Kamera auch zu Gelände-aufnähme zu benutzen I Ein Dr. Neubronner versah Tauben miteinem eigenartigen leichten Apparat, der durch selbsttätiges Oeffnenund Schließen des Momentverschlusses in kurzen Zwischenräumenmehrere brauchbare Aufnahmen von 4:4 Zentimeter Größe herstellt.Die nur 75 Gramm schwere Miniaturkamera enthält zwei nachvorn und unten gerichtete Linsen, sodaß auch bei veränderterStellung des Vogels eine Bodenaufnahme zustande kommt.In welcher Weise die so ausgerüstete Taube für strategische Zwecke benutzt werden kann, leuchtet ein: Belagerte Plätzekönnen mit ihrer Hilfe die Stellung der Belagerer, diese dagegendie Einrichtungen der Festung genau aufnehmen.... In Ver-bindung mit dem lenkbaren Luftschiff könnte die photographierendeTaube weiter vordringen, als es dem Luftschiff selbst aus Sicherheitsgründen gestattet ist, und so die Stellung der feindlichen Linienverraten. Die deutsche Heeresverwaltung hat denn auch Dr. Neu-bronner eingeladen, in Verbindung mit der Luftschifferabteilung zuTegel Versuche anzustellen.— Außer dem Apparat für Moment-aufnahmen, deren bis zu dreißig hergestellt werden können, existiertnoch eine andere Forin mit einer Linse und einem Film, auf demmittels eines Gummiballes und Uhrwerkes in bestimmten Zwischen-räumen eine Serie von Aufnahmen hergestellt werden kann.Humor und Satire.Die Essener �-D-Schüler,Preußische Wissenschaft, du Vettel,hast dich wieder'mal blamiert,wieder nach dem Stcuerzetteldeine Gunst verauktioniert.Und die deutschen Bürger lesen'S,und sie find— weiß Gott— empört.Macht doch nur nicht soviel Wesens IIst der Fall denn unerhört?.-will ich feststellen, daß wir Sozialdemokraten es für selbstverständlich halten, daß dieselben strengen Maßnahmen, welche imInland gegen Viehseuchen getroffen werden, auch gegen dasAusland beobachtet werden müffen. Wir verwahren uns aberentschieden dagegen, daß unter dem Vorgeben der Seuchenbekämpfungneue Einfuhrerschwerungen aus Gründen der agrarischenKonkurrenz eingeführt werden.(Lebhafte Zustimmung bei denSozialdemokraten.) Der§ 6 lautet: Die Einfuhr von Tieren, die aneiner übertragbaren Seuche leiden, und von verdächtigen Tieren, sowievon Erzeugnissen solcher Tiere, ist verboten. Dasselbe gilt für dieKadaver und Teile von Tieren, die an einer übertragbaren Seuchegefallen sind, oder zur Zeit des Todes an einer solchen gelitten habenoder seuchenverdächtig gewesen sind, endlich für Gegenstände jederArt, von denen nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daßsie Träger des Ansteckungsstoffes sind. Wenn man das so hört,könnte es leidlich scheinen. Es heißt, die Einfuhr verdächttger Tiereist verboten. Was verdächtige Tiere sind, ist im§ 1 gesagt,nämlich„Tiere, an denen sich Erscheinungen zeigen, die denAusbruch einer übertragbaren Seuche befürchten lassen, und Tiere,an denen sich Seuchenerscheinungen zwar nicht zeigen, rücksichtlichderen jedoch die Vermutung vorliegt, daß sie den Ansteckungsstosfaufgenommen haben". Ist wohl jemand hier antocsend, der jemalsschon ein Tier gesehen hat. bei dem er bei einigern, atzen gutemWillen nicht hätte annehmen können, daß eS Ansteckungsstoff imLeibe hat?(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das ist einegeradezu haarsträubende Bestimmung.Und nicht nur diese verdächtigen Tiere, denen man gar nichts ansieht,sollen den Bestimmungen dieses Gesetzes unterworfen werden, sondernauch die Erzeugnisse dieser Tiere. Unsere Regierung ist gewißagrarisch bis zum tz. Das ist ihr aber doch zu weitgehend gewesenund sie hat sich energisch dagegen gelvehrt, daß auch die Erzeugnissesolcher Tiere in den 8 6 aufgenommen würden. Ein Rcgicrungs-Vertreter erklärte, die Regierung würde sich allenfalls damit abfindenkönnen, wenn nur der Ausschluß von Milch die Folge derBestimmung tväre, obwohl auch dann die Aenderung unbegründetsei. Sie sei aber viel weittragender und würde z. B. auch die Ein-fuhr von Eiern verhindern können, was vom veterinärtechnischcnStandpunkt aus vollkonrmen unnötig sei. Die Bestimmung ist alsogeradezu gemeingefährlich und eS ist sehr zu bedauern,daß die Regierung nicht erklärt hat, sie würde das Gesetz daranscheitern lasten. Als Graf Posadowsky hier als Staatssekretär standund das Flcischbeschaugesetz durchbrachte, kamen die Agrarier auchfortgesetzt mit solchen Anträgen. Damals sagte er:„Vergessen Siedoch nicht, daß es sich hier um ein Gesetz hygienischer Art handelt,das uns vor krankem Vieh schützen soll, aber nicht um ein Gesetz,durch das auf Umwegen der Preis für bestimmte Gegenstände.die den Herren von der Landtvirtschaft unbequem sind, erhöhtwerden soll." Unsere Regierung ist seitdem immer mehragrarisch geworden, der Bund der Landwirte hat immermehr an Macht gewonnen, und die Regierung kann ihm gegenübereben nicht, wie sie will.(Lebh. Zustimmung bei den Soziald., Unruherechts.) So ist denn auch diese veterinärtechnisch ganz ungerecht-fertigte Bessimmung mit großer Mehrheit in der Kommission an-genommen. Es wäre w ohl erwünscht festzustellen, wievielMitgliederdieser Kommission gleichzeitig Mitglieder desBundes derLand Wirte waren. Wir hatten wenigstens oftden Eindruck, als ob wir in einerKommission des Bundes der Landwirtewaren.(Unruhe rechts.) Als ich fragte, ob da? Gesetz nicht etwavom Bunde der Landwirte ausgearbeitet sei, wurde das von derRegierung zwar bestritten; aber anders hätte die Vorlage auchnicht ausfallen können, wenn sie wirklich vom Bund der Land-lvirte gemacht wäre. In einer authentischen Schrift desBundes der Landwirte wird über die Eiereinfuhr gesagt,daß Millionen Mark dafür wie für Geflügel alljährlich ins Auslandgehen. Es wäre doch möglich, sie im Inland zu behalten, wennerst der Bauer an den Eiern und dem Geflügel etwas verdiente.In der Stadt brauchte man dann nicht mehr Poularden, französischeHühner und schlechte Eier zu essen.(Heiterkeit bei den Sozialdemo-lraten.) Alles, was aus dem Auslande kommt, gilt diesen Herreneben für schlecht. Ueber die Gänseeinfuhr aus Rußlandheißt es, der B a u e r muß unter allen Umständen dahin streben,daß diese Ausfuhr unterbleibt, und ganz schüchternin Parenthese wird dann hinzugesetzt, schon um der Seuchen«g e f a h r wegen. Selb st das ausländische Getreidegilt den Herren für schlecht. Und dann geht eS weiter:„ES ist amtlich festgestellt, daß das eingeführte Getteide nichtstaugt, ein Getreidehändler selbst hat eS als Dreck bezeichnet".(Große Heiterkeit links.) Das schlimmste, waS ich in solchenFlugblättern gelesen habe, ist folgendes;„Man verweist die Land-Sind doch alle deutschen Knabeneingeteilt nach A und B:jene dürfen Bildung haben,diese nur das ABC.Außerdem: ob jetzt, ob später—Scheidung wird ja doch geübt:nach dem Portemonnaie der Väterwird gesondert und gesiebt.Und eS lüpft vor vollen Kaffenselbst der Richter den Popo...Warum soll's nicht Klassen-Klassengeben im Eymnasio?Franz.— Der besiegte Griesgram.«Ist der alte Herr wirklichsolch'n verbissener Griesgram?"„Und ob I Der lacht jährlich immer nur zweimal: wenn dieneuen Damenhüte kommen."(„Fliegende Blätter.")Notizen.— Vom B ü h n e n e l e n d. Die Theaterdirektoren habenHimmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die scharfe und be-rechtigte Kritik zu entkräften, die ihnen während der letzten Wochenin reichlicher Fülle zuteil wurde. Nach Meinung dieser Herren istbeim Theater heutzutage alles schönstens und'bestens eingerichtetund nur die„Begehrlichkeit" der Mimen ist schuld, wenn das berühmte„gute Verhältnis" zwischen den Direktoren und ihren An-gestellten getrübt wird....Durch Berliner Blätter geht die Nachricht, eS sei dem LeiterdeS Friedrich Wilhelmstädtischen Schauspielhauses, Oskar Wagner,vom Bezirksausschuß die Konzession zur Wetterführung des Theatersentzogen worden, weil er sich schwere Angriffe auf die Weibesehroeiner seiner Schauspielerinnen erlaubt haben soll l WaS sagen HerrnWagners Kollegen hierzu? Vielleicht: daß Herr Wagner doch auchnichts weiter gewollt habe, als ein„gute? Verhältnis" mit seinenweiblichen— Angestellten anzubändeln...?— Pferd und Auto. Eine neue Statistik über den Pferde-bestand in Paris gibt interessante Aufschlüsse über den Einfluß desAutomobilwesens auf die Zahl der Pferde I Seit 139S, da Paris87 181 Pferde zählte, wuchs die Zahl in raschem Steigen und zwarbis 1900 auf 98 284. Im Jahre 1899 traten die ersten Automobileim öffentlichen Verkehr auf. Seitdem ist die Pferdezahl imnier mehrgesunken und statt der 98 284 Pferde des Jahres 1900 verzeichnetdas Jahr 1908 nur noch 79 460. Dagegen ist im gleichen Zeitraumdie Zahl der Automobile von 238 aus 7214 gestiegen.