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zugleich Milchproduzent, Wirte darauf, fle konnten Obst bauen, wenn sie erst besiere Preise für das Obst erzielten; um dies zu erreichen, müsse man die Obst» einfuhr verbieten.(Hört! hort l bei den Sozialdemokraten.) Dann wird an die famose Schildlaus erinnert und direkt ein Verbot der Einfuhr des Obstes resp. der Läuse gefordert.(Heiterkeit.) Aber die Freisinnigen, heißt es weiter, scheine« die Läuse sehr gern zu habe». (Große Heiterkeit.) Jetzt darf man ja die Freisinnigen Wohl an diese L i e v e n S w ii r d i g k e i t i h r e r B l o et b r ü d e r erinnern. Unsere Anträge im Z 0, die Wortesowie von Erzeugnissen solcher Tiere" und die letzten Zeilen zu streichen, sollen eben die schlimmsten Gift­zähne ausziehen. Noch schlimmer aber ist der§ 7, den wir ganz zu streichen beantragen. Der Staatssekretär freilich meinte, dieser§ 7 bestehe ja jetzt schon. Ein Blick in den Bericht der Kommission zeigt Ihnen, daß da? nicht richtig ist, daß an Stelle deS§ 7 im bisherigen Gesetz ein weißer Fleck ist.(Redner zeigt den Kommissionsbericht vor.) Der§ 7 lautet:Zum Schutze gegen die Gefahr der Einschleppung von übertragbaren Seuchen der Haustiere ans dem Auslände kann die Einfuhr lebender oder toter Tiere, tierischer Erzeugnisse oder Rohstoffe sowie von Gegenständen, die Träger von Ansteckungsstoffen sein können, allgemein oder für bestimmte Grenzsirecken verboten oder beschränkt werden." Es braucht demnach gar nicht eine solche im Aus- lande zu bestehen, und doch kann die Einfuhr verboten werden. Zur Begründung meinte die Regierung, die Veterinärpolizei muffe distriktionäre Befugnisie haben. Das heißt aber nichts anderes, als daß man jede Grenze sperren kann, wenn der Bund der Landwirte es zur Erzielung höherer Preise wünscht.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Als tierische Erzeugnisse gibt die Re- gierung an:Fleisch, Knochen. Häute. Hörner. Hufe, Klauen. Haare. Wolle. Federn, Milch, Dünger", und als gistfangende Stoffe zum Beispiel Futtermittel(Raschsutter, Körner, Rüben. Kaff, Kleie, Mehl), Strcumaterialien, Geschirrteile. Stallgerüte, getragene Kleider, Lumpen und dergleichen. ES ist also nirgends eine Grenze für das gegeben, tvaS von der Einfuhr ausgeschlossen werden kann. Die Grenze kann sogar gesperrt werden, wenn man gar keine Ahnung davon hat, daß jenseits der Grenze ein KrankheitSvcrdacht besteht, wenn man eben nur befürchtet, daß irgend etwas bestehen könnte. DaS geht denn doch über die Hut- schnür und alle die Abgeordneten, die nicht geradezu auf den Bund der Landwirte eingeschworen sind, sollten dagegen auftreten.(Sehr richtig l bei den Sozialdemokraten.) Verdächtig ist jedes Tier, daS man von der Einfuhr ausschließen will, und Erzeugnis eines solchen TiereS und giflfangender Stoff ist alles, was man will. Räch diesen Bestimmungen der§§ 0 und 7 kann ohne jeden Anlaß jedwede Einfuhr verboten werden. Freilich hat die Regierung zum Trost gesagt, ein solches Einfuhrverbot werde ja nicht von untergeordneten Organen ausgesprochen, sondern der Landwirtschaftsminister habe darüber zu entscheiden, wodurch Gewähr gegeben ist für eine Abwägung der wirtschaftlichen Folgen eines Einfuhrverbots. Uns ist das keine Gewähr. Die Erfahrung hat gezeigt, daß man LandwirtschaftS- minister fein kann und Schweinezüchter und Teilhaber von Tippclskirch«. Co. (Lebhaftes Sehr richtig! bei den Sozialdem.)§ 58 handelt von den Bestimmungen über die Entschädigungen. Die sollen nach diesem Paragraphen von den Einzelstaaten getroffen werden. Dagegen be- antragen wir. zu sagen:Sie werden durch ein Reichsgesetz getroffen. das d« obligatorische Viehversicherung einführt und gleichzeitig mit diesem Gesetz in Kraft tritt." Man sagte, dieser Antrag bedeute, das Gesetz aus den Sankt Nimmerleinstag zu verabschieden. Es kann doch aber im Reichstage ein einheitliches Gesetz viel eher gc- schaffen werden als in den zwei Dutzend Landtagen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Dazu kommt, daß wir auf deren Zu- fammenfetzung zum Beispiel in Preußen durch daS herrschende Wahl- recht nicht den genügenden Einfluß ausüben können, so daß dort Be- stimmungen getroffen werden können, die keineswegs unseren Beifall finden.(Sehr richtig l bei den Sozialdemokraten.) Deshalb ist unser Antrag der bessere. Also wir Sozialdemokraten wollen gern an dem Gesetz mitarbeiten und werden für alle technisch begründeten Vorschriften stimmen. Wir wollen auch die Landwirte vor schikanösen Bestimmungen schützen und verlangen deshalb die Sachverständigen- Kommission. Wir stimmen auch den Eni- schädigungen zu. obwohl die Frage, wer die Kosten aufbringen mutz, noch nicht geregelt ist. Wir lehnen aber alle Bestimmungen ab, die veterinärtechnisch nicht gerechtfertigt sind, und von denen die Regierung zum Teil selbst sagt, daß sie in das Gesetz nicht hinein- gehören. Unsere Gesamtabstimmung machen wir von Ihrer Haltung zu den S und 7 abhängig. Kein Abgeordneter, dem daS Volks- wohl höher steht als Junkerwünsche, kann für diese Paragraphen stimmen. Ich bitte Sie, unsere Anträge anzunehmen und es dadurch auch uns zu ermöglichen, für da» Gesetz zu stimmen.(Lebhaftes Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Freiherr v. Pfetten(Z.): Der Vorredner hat sich in Ueber- treibungen ergangen.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Er hat Tatfachen angeführt!) Am Schutz der Viehbestände ist der kleine und mittlere Besitz ebenso sehr oder noch niehr interessiert als der große. Abg. Dr. Hahn(B. d. S.): Abgeordneter Scheidemaim behauptet, daß bei dem Gesetze mehr Rücksicht auf Junkerwüusche als auf das Volkswohl genommen sei.(Abg. Scheidemann: Sehr richtig!) DaS nanonale Schwein hat bei den letzten Wahlen über die Sozial- demokratie gesiegt. Nur die Schafe haben abgenommen, dafür haben wir um so mehr Rinder.(Heiterkeit.) Die Schweinezucht hat Deutschland   mit neuen Ansiedelungen übersät. Auf den Junker- giitern aber gibt es wenig Schweine.(Große Heiterkeit.) Was helfen uns die schönsten Schweine, wenn sie verseucht werden? In Ost und West, in Nord und Süd verlangt die ganze Landwirtschaft nach genügendem Seuchenschutz.(Lebhaftes Bravo I rechts.) Königlich Preußischer Staats« und Landwirtschaftsminister v. Arnim-Crrewen bezeichnet erhöhten Seuchenschutz als notwendig für Vieh und Menschen. Wie die Maul- und Klauenseuche früher gewütet hat. weiß jeder praktische Landwirt. Wir freuen uns, daß es in der Kommission zu einer Einigung gekommen ist. Namens der verbündeten Regierungen habe ich zu erklären, daß keine derselben beabsichtigt, auch da. wo eS sich um neue durch dies Gefetz geschaffene Kosten handelt, die bestehenden landesrechtlichen Bestimmungen über Kostenaufbringung zuungunsten der Interessenten zu ändern.(Hört I hört I und Beifall.) Das Mißtrauen, das der sozialdemokratische Redner gegen die Objektivität der Behörden aus- fprach, weise ich entschieden zurück.(Beifall rechts.) Abg. Dr. Struve(freis. Bg.): Herr Lehmann hat bei der ersten Lesung daS Gefetz weit ungünstiger beurteilt, als heute. Auf der anderen Seite kann ich mich aber auch nicht der unbedingt ablehnenden Kritik anschließen, die der Abg. Scheidemann an dem Gesetze geübt hat. Wir haben im Gegensatz zur Sozialdemokratie das Vertrauen zur Regierung, daß sie die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht im handelsfeindlichen Sinne mißbraucht. Landwirlschaftsminister v. Arnim- Criewen betont die Not- wendigkeit, mit den Absperrinaßregeln so streng wie möglich vor- zugehen. Die Aktionsfähigkeit der Behörde» darf nicht beschränkt werden: sonst würde die Landwirtschaft schweren Schaden davon haben. Abg. Erzherger<Z.): Herrn Scheidemann bemerke ich, daß auf die Kommission ein Druck vom Bund der Landwirte keineswegs aus- geübt ist. Belästigungen für die Landwirtschaft wird das Gesetz un- zweifelhaft bringen; aber sie sind notwendig. Ich gebe die§§ 0 und 7 gern preis, aber nur, wenn überall im Ausland dieselben fcharfen Gesetze bestehen wie bei uns und ebenso scharf gehandbabt werden wie bei uns.(Zustimmung rechts und im Zentrum.) Was Herr Scheidemaim im§ 0 streichen will, daß nämlich das Einfuhr- verbot auch auf die Erzeugnisse verdächtiger Tiere auSdedehnt werden kann, ist gerade eine Verbesserung, die in der Kommission be- schlössen ist. Abg. Dr. BrSficke(k.): Wir haben in der Kommission dem Un- «nnehmbar der Regierung nur mit schwerem Herzen nachgegeben, ' um das Gesetz nicht scheitern zu lassen. Sachlich sind wir mit Herrn Erzberger einverstanden.(Zuruf links: Der neue Block I Heiterkeit.) Es handelt sich bei diesem Gesetz nicht um politische Fragen, sondern nur darum, dem Volk gesundes Fleisch zu verschaffen. Weil das er- reicht werden soll, stimmen wir für das Gesetz, obwohl eS der Land Wirtschaft große Lasten auferlegt.(Bravo  ! rechts.) Hierauf wird dir Debatte vertagt. Abg. Scheidemano(Soz., persönlich): Herr v. Pfetten hat er- klärt, ich hätte gesagt, an der Gesunderhaltung des Viehes habe lediglich der Großgrundbesitz ein Interesse. Ich habe einen solchen Unsinn nicht nicht gesagt, daS ist das Eigentum des Herrn v. Pfetten. (Heiterkeit.) Im habe auch nicht gesagt, ich wollte Erleichterungen schaffen für das Ausland gegenüber strengen Vorschriften im Inland. In Wirklichkeit Hube ich gesagt: Wir halten eS für selbstverständlich, daß dieselben strengen Maßnahmen die im Inland zur An- Wendung kommen, um die Viehseuchen wirksam zu bekämpfen, auch dem Ausland gegenüber beobachtet werden. J)err Hahn hat dann fortgesetzt scheinbar gegen mich polemisiert, in Wirk- lichkeit gegen die Rede, wie sie ein in seiner Phantasie existierender Sozialdemokrat nach seiner Meinung hätte halten könne». Er hat neun Zehntel meiner Rede überhaupt nicht gehört. Ich verzichte darauf, gegenüber einer solchen Art von Polemik zu antworten. Abg. Dr. Hahn(B. d. L.): Ich bedauere, die Rede deS Herrn Scheidemann zum Teil nicht gehört zu haben, denn das härte mir noch mehr Material gegen ihn gegeben.(Lacken recht».) Was ich aber gehört hatte, gab mir genug Anlaß zu meinen Ausführungen. Herr Erzberger hat nur das gesagt, was wir alle im Bund der Landwirte denken, und ich kann ihm nur zu dieser Rede gratulieren. (Große Heiterkeit.) Abg. Dr. Struve(fts. Pp.) hält Herrn Hahn gegenüber seine Ausführungen aufrecht. Abg. Dr. Hahn(k.): Herr Struve würde mich zu Dank der- pflichten(Ironische Zurufe links.) warum soll das mcht geschehen, namentlich in der Zeit des Block», wo wir doch zusammengehen müssen(Große Heiterkeit), wenn er meine Aeußerungen exakter auffassen würde. Nächste- Sitzung: Sonnabend 11 Uhr(Fortsetzung der Beratung, dann Rechuungssachen).) Schluß 7'/« Uhr._ Hbgeordmtenbaiiö. 87. Sitzung, Freitag, den 14. Mai, vormittags 11 Uhr, Am Ministertisch: v. Breitenbach. Die dritte Lesung des Etats wird fortgesetzt beim Eisenbahnetat. Abg. Leinert(Soz.): Ich möchte zunächst Klagen vorbringen über die Beschaffenheit der Wagen IV. Klasse. Die neuen Wagen sind allerdings sehr gut eingerichtet, aber in der übergroßen Mehrzahl der Züge laufen noch ältere Wagen. ES fehlt in diesen vielfach noch an den notwendigsten Einrichtungen, z. B. einem Abort. Auch kommt es noch häufig vor, daß zwar zwei Wagen IV. Klaffe in einem Zuge laufen, daß aber beide Rauchwagen sind, uno diejenigen, die den Oualm nicht vertragen, vor allem Frauen und Kinder, werden dadurch außerordentlich belästigt, zumal in der IV. Klaffe nicht solche Zigarren geraucht werden, wie in den anderen Klaffe». Weiter habe ich Beschwerde darüber zu führen, daß seit dem 1. Januar die Arbeiterwochenlarten für Arbeiter, die aus den Vororten nach Berlin   fahren, entzogen worden sind. Die Amtsvorsteher sollen der Eisenbahnbebörde erklärt haben. daß diese Arbeiter sehr wohl in der Lage seien, die Fahrkosten voll zu bezahlen. Diese Entziehung der Arbeiterwochenkarte» ist ein großes Unrecht, zumal in der Zeit der Krise. Dazu kommt, daß den Gemeinden, in denen die Arbeiter bisher gewohnt haben, durch diese Maßnahme die Steuern der Arbeiter entzogen werden, denn diese werden sich nun wohl oder übel in der Nähe ihres Arbeitsortes niederlassen müssen. Ich möchte deS- halb den dringenden Wunsch an den Eisenbahnminister richten, die Wochenkarten wieder zu gewähren. Dann ist eine Verordnung über die Annahme jugendlicher Arbeiter bei der Eisenbahn heraus- gekommen. Es sollen vorläufig nur Söhne von Eisenbahn- bediensteten angestellt werden. Die Anforderungen, die an diese junge» Leute im Alter von 14 Jahren gestellt werden, sind fo hoch, daß nur die besten Elemente dabei in Frage kommen. Trotz- dem sollen diese jungen Arbeiter einige Monate ohne Ent- schädigung beschäftigt werden. Dann erhalten sie Löhne, die in bestimmten Zwischenräumen erhöht werden sollen, jeden- falls aber bis zum 18. Jahre hinter den Anfangs- löhnen der Arbeiter von 13 Jahren zurückbleiben sollen. Nach vierjähriger Dienstzeit sollten doch diese Arbeiter, mit Rücksicht auf ihre zweifellos bessere» Leistungen, einen höheren Lohn, als den bisherige» Anfangslohu erhalten. Sozialpolitisch ganz rückschrittlich ist es. daß sie einige Monate umsonst arbeiten müssen. Eine Aussicht, später einmal im mittleren Dienst angestellt zu werden, haben diese jungen Leute nicht, trotz der hohen Anforderungen, die an sie gestellt werden. Was nun die Lohnfrage der Eisenbahnarbeiter im allgemeinen betrifft, so ist eS sehr merkwürdig, daß jetzt, nachdem die Besoldungsordnung für die Beamten in Preußen abgeschlossen ist, die Regierung erklärt, für die Arbeiter haben wir kein Geld. Die Behauptung deS Finanzministers, daß die Erhöhung der Arbeiterlöhne der der Beamtengehälter vorausgeeilt sei, ist ganz falsch und steht im Widerspruch mit dem, waS der Finanzminister bei der Einbringung der Besoldungsordnung gesagt hat. Er führte damals aus, um das Haus zu veranlassen, nicht über den Betray, der von der Regierung festgelegt war, hinauSzu- gehen:ES ist ja mit der Gehaltsaufbesserung für Preußen nicht abgeschlossen; es werden die Bezüge der Reichsbeamten folgen, die Kommunen werden sich anschließen, und selbst auf das Lohnverhältnis wirkt naturgemäß diese Aufbesse- rung der Beamten zurück."(Hört, hört! b. d. Soz.) Also erst verspricht man indirekt den Staatsarbeitern eine Er- höhung der Löhne, und dann wird dieses Versprechen nicht ge- halte n. Der Eisenbahnminister wies bei Besprechung der Lohnfrage neulich auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse hin und meinte, wenn im Osten den Bahnunterhaltungöarbeitern ein Lohn von 2,10 M. gezahlt werde, so passe man sich damit den östlichen Verhältnissen an, denn die Verwaltung habe durchaus nicht die Absicht, diesen Verhältnissen vorauszu» eilen. Bei den Bcamtengehältern aber denkt man nicht daran, im Osten niedrigere Gehälter zu zahlen, im Gegenteil, die Beamten im Osten bekommen noch die Ost markenzulage. Der Herr Finanzminister hat dann gesagt, daß die Löhne der Eisenbahn- arbeiter in den letzten 18 Jahren um 38 Proz. gestiegen seien. In einer Petition der technischen Beamten wird sogar behauptet. daß die Löhne um 68 Proz. gestiegen seien. Aber weder ist richtig, was der Mini st er gesagt hat, noch ist richtig, tvaS diese Petition behauptet. Absolut unwahr ist aber, daß der Rückgang der Eisenbahneinnahmen zurückzuführen sei auf eine Erhöhung der Arbeiterlöhne. Aus den uns zur Verfügung gestellten amtlichen Zahlen kann sich jedermann leicht von der Haltlosigkeit dieser Behauptungen überzeugen. Nicht um 28 Proz., sondern um 28 Proz. sind seit 1399 die Löhne gestiegen. Dabei mutz man berücksichtigen, daß jetzt noch die Eisenbahnverwaltung Löhne von 2,18 M. pro Tag zahlt.(Hört, hörtl b. d. Soz.) Von Aachen   bis Eydtkuhnen   ist die Eisenbahn- Verwaltung mit ihren Löhnen yegenüber der Privatindustrie ins Hintertreffen geraten. Aber viel mehr, als auf die Intelligenz und Geschicklichkeit ihrer Beamten ist die Eisenbahnverwaltung angewiesen auf die Gutmütigkeit, Intelligenz und Geschicklichkeit der Arbeiter.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Denken Sie nur einmal an den kolossalen Güterverkehr. Wenn die Arbeiter sich jetzt einMLl lösten; de; Minist« M hHsuxtett anl«fi Löhne seien um 38 Proz. gestiegen, wir haben aber gar nichss babon gemerkt und wollen infolgedessen jetzt auch 38 Proz. weniger täglich arbeiten, dann würde sich sofort herausstellen, daß die Eisenbahn- Verwalter auf die Gutmütigkeit dieser Arbeiter geradezu angewiesen sind. Wir treten hier für diese Arbeiter ein, nicht weil wir Unzufriedenheit erregen wollen, denn das tut zur Genüge die Regierung.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Tic Arbeiter lesen doch auch die Zeitungen und lesen die Be- hauptungen von einer 38prozentigen Lohnsteigerung. Die Arbeiter haben davon nichts erfahren, sie werden deshalb unzufrieden ge- macht. Wir verlangen, daß der Aufbesserung der Beamten- gehälter eine Aufbesserung de» Arveiterlöhue folgen muß. Die Arbeiter find viel leichter zu organisieren als die Beamten. Und wenn die Arbeiter erst einmal den Gedanken einer passiven Resistenz in sich aufgenommen haben, dann wird der Schaden von Hunderten von Mi llionen unvergleichlich hoch sein gegenüber den wenigen Millionen, die notwendig gewesen wären, um die Löhne angemessen zu erhöhen. (Sehr richtig I b. d. Soz.) Wir haben jüngst hier in Berlin  mehrere Beamtenversammlungen erlebt und mancher Abgeordnete hat den auf diesen Versammlungen angeschlagenen Ton nicht für gut gehalten. Glauben Sie, daß es so schwierig sein wird, die Eisenbahnarbeiter in dieselbe Unzufriedenheit zu versetzen, in die die Beamten versetzt worden sind? Deshalb ist es dringend notwendig, daß die Verwaltung eine Erhöhung der Löhne bor- nimmt. Die Fernhaltung der Organisation der Eisenbahnarbeiter vom Betriebe ist doch nur eine Macht- und Kraftfrage, die in dem- selben Augenblick zu Ende ist, in dem die Arbeiter sich darauf besinnen, daß sie dieselben Rechte haben wie die anderen Arbeiter. Wenn die Eisenbahnarbeiter einmal nach Frankreich   blicken und sehen, daß dort sogar die Postbeamten sich organisieren, dann müßte eS doch sonderbar zugehen, wenn sich ihrer der Organi- sationSgedankc nicht in gleicher Weise bemächtigen würde. Und dann sind Sie auf das Wohlwollen der Arbeiter organifatiou angewiesen. Mit dem Gewaltmittel deS Verbot? einer Arbeiter- organifation werden Sie nicht weit kommen. Die Unzufriedenheit der Arbeiter werden Sie nur dann beseitigen, wenn Sie die Wünsche der Arbeiter erfüllen. Eine andere Lösung gibt es nicht. Deshalb richte ich das dringende Ersuchen an den Minister, die Wünsche der Arbeiter in loyaler Weise zu erfüllen.(Beifall b. d. Soz.) Eisenbahnminister V. Breitenbach: Der Abgeordnete Leinert hat die Behauptung aufgestellt, daß die Entlohnung der Eisen- bahnarbeiter eine durchaus ungenügende sei, und daß jetzt nach der Verabschiedung der Beamtenbesoldungsvorlaae die Konsequenz gezogen werde müsse: auch die Arbeiterlühne müssen erhöht werden. Ich meine. Zahlen beweisen. Von 1V97 bis 1987 sind die Löhne der Eisenbahnarberter um 27 Proz. gestiegen und die neue BesoldungS. Vorlage erhöht sie abermals um 28 Proz. �Hortl hörtl rechts.) Der Abgeordnete Leinert hat von der Gutmutrgkeit der Arbeiter ge­sprochen und gesagt, wenn sich daS Wohlwollen der Verwaltung nicht umsetze in eine Lohnerhöhung, werbe die Arbeiterschaft zur passiven Resistenz getrieben. Ich habe ein solche? Zutrauen zur Arbeiterschaft, ich bin so durchdrungen, daß deese Ideen noch keinen Boden bei unserer Arbeiterschaft gewonnen haben, daß ich keinerlei Befürchtungen hege. Unsere Arbeiterschaft kann auf Grund der Vergangenheit überzeugt fein, daß sich die Staatsbehörde um ihr Wohl und Wehe dauernd kümmert.(Lachen bei den Sozialdemo. kraten.) Wenn aber mit einer passiven Resistenz der Versuch ge- macht werden sollte, dann wird sich die Bewegung gegen die Partei de» Abgeordneten Leinert richten, denn ich bin fest uberzeugt, daß man sich in deutschen Landen derartige Skachenschasten nicht ge­fallen lassen wird.(Beifall rechts; Lachen bei den Sozialdemo­kraten.) Abg. Trimborn(Z.) betont, daß diejenigen seiner Freunde, die dem Arbeiterstande angehören oder nahestehen, die Ausführungen des Abgeordneten Leinert nicht billigen.(Bravol rechts.) Nach weiterer unwesentlicher Debatte wird der Eisenbahnetat bewilligt. Es folgt der Etat der Bauverwaltung. Abg. Brütt(fk.) wünscht schleunigen Ausbau des Kais  «- Wilhclm-KanalS. llnterstaatSsekretSr v. d. Brüggen   erwidert, daß der Me- gierungSpräfident beauftragt sei, daS VlanfesfftellungSverfahren für die ganze Aanalstreck» mit möglichster Beschleunigung durchzu- führen. Abg. Krüge»(k.) fragt an, wann daS Projekt der Nogat- regulierung dem Hause zugehen werde. Minister v. Breitenbach stellt die Vorlage für die nächste Session in Aussicht. Abg. Prinz ,u Löwenstein-Wertheim-Freudenberg  (k.) tritt für die Beseitigung des Vorschleusenrechts im Interesse der kleinen Schiffseigentümer ein. Minister». Breitenbach sagt Erwägungen darüber zu, wie den kleinen Schiffern geholfen werden könne. Ein Schlußantrag wird angenommen. Abg. Leinert(Soz.) bedauert, daß es ihm durch den Schluß der Debatte unmöglich gemacht worden sei, eine Aeußerung des Abgeordneten   Fetisch über den Arbeiterführer Meißner-Hannover richtigzustellen. Nach debatteloser Annahme einer Reihe kleinerer Etats folgt der Justiz etat. Abg. Schepp(frs. Vp.) wünscht Hinzuziehung der Anstalts- direktoren als Sachverständige bei Strafverfahren gegen Fürsorge- zöglinge. Abg. Leinert(Soz.): Bei de« zweiten Beratung wurde gesagt, wir Sozialdemokraten müßten froh sein, daß wir unter der preußischen Justiz leben. Diese Freude gönnen wi« unseren Gegnern. Ich glaube, daß unter den Besitzenden eS Elemente gibt, die sehr froh sein können, unter der preußischen Justiz zu leben. Ich erinnere an den Fall des Referendars v. Igel, der den Bauunternehmer Marschner erschoß. Die Erregung darüber war außerordentlich groß. Igel hatte gesagt, er hätte sich etwas Derartiges von dem erschossenen Herrn Marschner nicht bieten lassen dürfen. Dabei hat er daS Eigentum des Herrn Marschner in ganz ungehöriger Weise in Besitz genommen. Die Sache ffelbst ist nicht so interessant als die Begründung, die der Staatsanwalt seinem Strafantrage gab. Es muß doch eizentümlich berühren, daß ein Mann, der eine Blutschuld auf sein Gewissen geladen hat, vom Staatsanwalt hingestellt wird als ein gut erzogener, anständiger junger Mann. Der Staatsanwalt sagt allerdings, dem sinnlosen Schießen müsse entschieden entgegengetreten werden, aber er bean- tragt trotzdem mildernde Umstände.(Hörtl hört! bei den Sozial- demokraten.) Bei einem Arbeiter, der mit dem Revolver so hantierte, hätta man von Roheit gesprochen und exemplarische Be- strafung für notwendig gehalten.(Sehr wahrl bei den Sozial- demokraten.) Meine Behauptung von der Klassenjustiz kann durch solche Urteile nu» bewiesen werden. Die Strafe von vier Monaten ist außerordentlich niedrig. Selbst diePost" schreibt: Lmmerbin hat der Angeklagte ohne zwingenden Grund ein Menschenleben vernichtet, und das Urteil ist ein so mildes, daß man die Ankündigung, der Verurteilte habe Revision eingelegt, nicht recht versteht". DiePost" schreibt weiter:.Gewiß trifft ihn daS Urteil an sich weniger schwer, als di, Konsequenzen, die sich daraus für ihn ergeben, die Vernichtung seines Lebenszieles durch die Aufgabe der amtlichen Laufbahn. Mit ähnlichen Konso quenzen hat zum Beisviel der Arbeiter rncht zu rechnen, so daß�die Frage desVorwärts", ob daö Urteil gleich milde ausgefallen wäre, wenn ew Arbeiter auf der Anklagebank gesessen hätte, durchaus unberechtigt erscheint". Ich glaube, daS Haus wird mit mir darin einverstanden sein, daß d:e Konsequenz, daß dieser Mann seine Laufbahn in der Justiz aufgeben muß, für die Justiz nur güvftigleiv kanv..(TeZy rMgl bei den Tszisldemokpgten.)