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auslösende Regendorrichtung war wohl in Tätigkeit getreten, hatte auch durch ein automatisch wirkendes Läutewerk die Gefahr schnell in der großen Fabrik, die fast an den niedergebrannten Viktoria- Speicher grenzt, allen Arbeitern kundgetan, aber keineswegs die Flammen gelöscht. Der Regen verdunstete unter der Einwirkung der enormen Hitze und verhinderte nicht, daß die Flammen immer weiter um sich griffen. Mit 7 B-Schlauchleitungen, die an ihren Enden gegabelt und mit 14 O-Rohren verbunden wurden, gab die Feuerwehr Wasser, konnte aber trotzdem nicht verhindern, daß die oberen Geschosse mit dem Dachstuhl ein Raub der Flammen wurden. Die in den großen Trockenräumen aufgestapelten Waren, Velvete usw. gaben mit den ausgetrockneten Lattenverschlägen, Balken, Fußböden usw. dem Feuer die beste Nahrung. Von der Hitze konnte man sich einen ungefähren Begriff machen, wenn man die Wirkung auf die großen eisernen Träger und eisernen Anker sowie die massiven Mauern beobachtete. Diese kamen an einzelnen Stellen aus dem Lot; der Verband mit dem Anker löste sich an einzelnen Stellen schon recht bedenklich, so daß die Gefahr für die Feuermänner groß war und sie von verschiedenen Stellen zurückgezogen werden mußten. Als ein glücklicher Umstand mutz es bezeichnet werden, daß der Brand so früh am Tage, wo man sich noch bei Tageslicht auf den engen Höfen und dunklen Gängen orientieren konnte, zum Ausbruch kam. Bei Nacht wäre die Situation vermutlich kritischer gewesen. Ein Bootsunfall ereignete sich gestern vormittag gegen 11 Uhr in der Nähe von Mörners Blumengarten. Hier war ein Ruderer mit dem Boote verunglückt. Ein in der Nähe befindlicher Kellner machte den Versuch, dem Verunglückten Hilfe zu bringen, was ihm indes nicht gelang. Der dem Ertrinken nahe Ruderer konnte schließ- lich noch mittels Boot aus dem entfernten Restaurant.Sedan" ge- rettet werden. Gesperrt sind die Hollmannstraße von der HauSgrenze 24125 bis zur Alten Jakobstraße behufs Verlegung von Straßenbahn« gleisen, die Dresdenerstraße vom Oranienplatz bis zum Kottbuser Platz behufs Asphaltierung vom 18. d. M. ab. Radrenne« in Steglitz . DasGroße goldene Rad*, diese klassische Konkurrenz, die am Sonntag zum 12. Male aus- gefahren wurde, brachte dem Sportpark ein übervolles Haus, da ja nun der Friede zwischen dem V. D. R. und D. R. B. wieder her- gestellt ist. Das Rennen hatte diesinal eine Zweiteilung, indem es rn zwei Läufe über je 100 Kilometer von je fünf Fahrern eingeteilt war. Der schnellste Erste ist Sieger und erhält die goldene Medaille. Im ersten Lauf starteten: Contenet, Demke, Robl, Scheuermann und Verbist. Demke kam durch das Versagen seiner Motoren ganz in den Hintergrund, fuhr aber zeitweilig sehr achtbar, so daß bei normalem Verlauf ihm ein besserer Platz beschieden gewesen. Das Nennen verlief durch das sehr gute Fahren von Contenet und Verbist sehr spannend. In der 13. Runde übernimmt der Franzose die Führung, die bisher Scheuermann hatte und hält sie bis zur 2g. Runde, wo er sie nach kurzem Kampf an Verbist abtreten muß. Contenet hält sich dicht hinter dem Belgier und macht verschiedentliche An- strengungen, die Spitze zurückzuerobern. Endlich in der IIS. Runde gelingt es ihm und unter großem Beifall fährt er tapfer weiter. Verbist läßt scheinbar nach und fällt bis auf 290 Meter zurück. Dann aber holt er zusehends aus und in der 173. Runde wird er endgültig Erster. Contenet läßt nach und büßt drei Runden ein. Scheuermann fährt sehr achtbar und Robl sehr mäßig. Im zweiten Lauf stellten fich Dickentmann, Goor, Guignard, Schipke und Theile dem Startwart Schipke, der am Sonnabend beim Training zu Fall gekommen war, ging ohne be- sondere Aussichten ins Rennen, hielt sich aber tapfer und eroberte sich den dritten Platz, um dann aber nachzulassen, und gab schließlich auf. Das Nennen lag zwischen Guignard und Theile, die ab- wechselnd die Führung hatten. Tbeile fuhr aber nachher sehr unsicher und endete vier Runden als Zweiter. Eine angenehme Ent- täuschung brachte Dickentmann, der ein schönes Rennen fuhr, da auf ihn nicht viel Hoffnungen standen. Goor war mäßig. Das Gesamt- resultat ist: 1. Verbist 1 Std. 12 Min. 31% Sek.; 2. Contenet 1 Std. 13 Min. 62 Sek.; 3. Guignard 1 Std. 16 Min. 7% Sek.; 4. Scheuermann 1 Std. 16 Min. 46% Sek.; 5. Theile 1 Std. 18 Min. 34% Sek.; Dickentmann; 7. Goor; 8. Robl; 0. Demke; 10. Schipke. Die Fliegerrennen waren sehr gut besetzt und brachten spannende Momente. Das Hauptfahren gewann W. A r e n d knapp vor Kudela und Wegener. Im Prämienfahren siegte W e g e n e r vor Kudela und Techmer. Das Vorgabefahren holte sich K. Müller und im Tandemfahren siegten Kudela-Peter vor Carapezzi-Wegener und Techmer-Süßmilch. Deutscher Arbeiter-Sängerbund, Gau Berlin und Nmgegend. Zum Besuch des Provinzial-Sängerfestes in Fllrstenwalde ver- kehren folgende Extrazüge: Zur Hinfahrt: Am Sonnabend, den 19. Juni, ab Schlesischer Bahnhof 8.06 , Ankunft 8.61. Zur Rückfahrt: Sonntag, den 20. Juni. 11.17 abends, Ankunft 12.04 nachts Schle­ sischer Bahnhof . Der Fahrpreis beträgt in HI. Klaffe pro Person 1,76 M. für Hin- und Rückfahrt. Die Vereine werden aufgefordert, den Betrag der zu ent- nehmenden Billetts durch den Delegierten am Sonntag in der AuS- schußsitzung zu entrichten. Die Ausgabe der Billetts erfolgt dann rechtzeitig. Vereine, welche fich noch nicht gemeldet haben, werden auf- gefordert, sofort an Aug. Seikrit, Rixdorf, Hobrechtstraße 8, zu Das Polizeipräsidium teilt mit: In der Nacht zum 12. Mai cr. wurden in dem Rettungskahu an der Waisenbrücke ein Herrenrock, ein Hut, ein Kneifer mit Etui und ein Kamm mit Etui vorgefunden. In der Rocktasche wurden Papiere auf den Händler August Riedel , am 9. Januar 1860 in Gebersdorf geboren, vorgefunden. Es wird «�vermutet, daß Riedel Selbstmord begangen hat. Personen, welche Riedel zuletzt gesehen oder mit ihm verkehrt haben, wollen sich im Polizeipräsidium. Zimmer 249, melden oder zu 1343 IV. 47. 09 Mitteilung machen. Am 13. Mai 09 wurde in einem Hausflur der Michaelkirchstraße in einem mit Bindfaden verschnürten braunen Pappkarton ein neu- geborenes Kind weiblichen Geschlechts aufgefundeu. ES war ein- gewickelt in einen weißen leinenen Lappen, eine weiß- und grün- gestreifte, eine blau- und weißkarierte und eine weiß- und schwarz- gestreifte Bluse. Im Karton lag noch ein kleines schwarzes Bügel- Portemonnaie ohne Inhalt. Das Kind befindet sich im städtischen Waisenhause, Alte Jakobstr. 3336. Personen, welche zur Er- Mittelung der Mutter etwaige Angaben können, wollen sich im Polizeipräsidium, Zimmer 249, melden oder dahin zu 1731 IV. 69. 09 Mitteilung machen. Feuerwehrnachrichten. Am Montag früh um 6 Uhr wurde die Feuerwehr nach der Georgenkirchstr. 10 alarmiert, wo Preßkohlen und anderes in einem Keller brannten. Vorher hatte die Wehr in der Leipziger Straße 108 zu tun gehabt. Hier war Papier in einem Keller in Brand geraten. Im Garten der l. Garde- Dragonerkaserne, Belle-Alliancestr. 6, brannte nachts eine Laube. Wegen eines kleinen Kellerbrandes wurde der 13. Zug nach der Alten Charite alarmiert. Die Gefahr konnte bald beseitigt werden. Zweimal liefen Alarme vom Ostbahnhof und einer vom Moabiter Güterbahnhof ein. In all diesen Fällen handelte es sich um Preßkohlenbrände auf Eisenbahnwagen. Ferner hatte die Wehr in der Graunstr. 12 und an anderen Stellen zu tun. Arbeitcr-Samariter-Kolonne. Morgen Mittwoch, abends 9 Uhr, findet in der 6. Abteilung in Rixdorf bei Kafhold, Erkstr. 8, der zweite Unterrichtsabend statt. Da der Kursus soeben begonnen, können noch neue Teilnehmer eintreten. Der Vortrag lautet über Physiologie(LebenStäsigkeit deS mensch- ltchen Körpers). Gäste haben einmaligen freien Zutritt. Vorort- JVacbncfotcn. Soziale Fürsorge der Stadt Charlottenburg . , Charlottenburg gilt vielfach für eine Stadt, die bestrebt ist, ge» meinnützige und sozial-hhgienische Verbesserungen und Neuerungen« zu schaffen. Sie war eS z. B. bis in der Errichtung von Wald- Ichulen und eines Ledigenheimes voran ging. Sie hat auch eine Reihe anderer gemeinnütziger Einrichtungen ins Leben gerufen oder unterstützt, sowohl zur Annehmlichkeit und Belehrung, wie zur Hilfe in Krankheitsfällen«nd anderen Notständen. Aber während für erstere keinerlei Kontrolle über die Bedürftigkeit der Benutzer und Besucher stattfindet, wird in den letzteren vielfach noch eine recht um- ständliche Nachforschung über die materielle Lage der Reflektanten vor der Gewährung der benötigten Hilfe angestellt und die Hilfe erst dann gewährt, wenn sich die Mittellosigkeit herausgestellt hat oder der oder die Betreffende bereits von der Armenverwaltung unter- stützt wird. So hat die Stadt Charlottenburg eine reichhaltige und mit allem Komfort ausgestattete Volksbibliothek mit großem Lesesaal und zwei Zweigstellen eingerichtet, die von jedem Erwachsenen, arm wie reich, zur Benutzung in den Lesesälen wie zu Hause offen steht und von dem wohlhabenden Teile der Bevölkerung besonders stark benutzt wird, da sie mit den besten Werken der Unterhaltungsliteratur, wie auch mit wertvollen wissenschaftlichen Werken ausgestattet ist und die Begüterten zu deren Benutzung die meiste Zeit haben. Im Winter- Halbjahre finden in den Festsälen des Rathauses Demonstrations- vortrüge seitens der Deutschen Gesellschaft für volkstümliche Natur- künde statt, zu denen auch jedermann ohne Kontrolle Zutritt hat. Zur Beratung von Müttern vor und nach der Entbindung über die Ernährung und Pflege ihrer Kleinen und wenn nötig zur Be- schaffung einwandfreier trinkfertiger Kuhmilch in solchen Fällen, wo die Mutter ihr Kind selbst nicht stillen kann, sowie zur Unterstützung unbemittelter Mütter, um ihnen das Selbststillen zu ermöglichen, sind fünf Säuglingsfürsorgestellen, wozu demnächst eine sechste kommt, errichtet, die unter Leitung von Kinderärzten stehen. Aber unentgeltlich darf die Milch nur abgegeben werden, wenn ein A r m e n s ch e i n des Armenkommissions- Vorstehers vorgewiesen wird, und behandeln dürfen die Kinderärzte der Fürsorgestellen die ihnen vorgestellten kranken Säuglinge selbst nicht. Sie können nur, wenn eine Empfehlung des Armenkommissionsvorstehers oder des Waisenpflegers vorgelegt wird, oder in dringenden Fällen nachträglich beigebracht wird, oder die Familie bereits Armenunterstützung erhält, Säuglinge, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen, den Stadtärzten sArmenärzten) un- mittelbar zur Behandlung überweisen. In ganz ähnlicher Weise ist die Tätigkeit der Schulärzte eingeschränkt, die an den Gemeinde« schulen und höheren städtischen Schulen zur Untersuchung der Schüler und zur hygienischen Ueberwachung des Unterrichts angestellt sind. Sie dürfen nur etwaige von ihnen festgestellte Erkrankungen der Kinder den Eltern anzeigen und sie auffordern, eine ärztliche Be- Handlung ihrer erkrankten Kinder zu veranlassen; aber selb st behandeln dürfen sie diese Kinder nicht. Nur wenn die Eltern diese ärztliche Behandlung ihres Kindes wegen Mittellosigkeit trotz wiederholter Aufforderung unterlassen und durch die Recherchen der Schulschwestern diese Mittellosigkeit bestätigt ist, dürfen die Schulärzte solche erkrankte Kinder durch die Schulschwester unmittelbar dem Stadtarzt zur Behandlung zuführen lassen. Daß durch solches Recherchieren und Hin- und Herschicken mit der Schul- schwester die oft sehr nötige ärztliche Behandlung verzögert wird, liegt auf der Hand. Aber sonst könnte doch zuweilen die stadt- ärztliche Hilfe auch von Leuten in Anspruch genommen und deren Kundschaft dadurch den Privatärzten entzogen werden, die wohl in der Lage gewesen wären, einen Privatarzt für die Behandlung zu bezahlen, und das darf keinesfalls zugelassen werden, selbst wenn dadurch die Heilung eines erkrankten Kindes verzögert oder erschwert wird I Sogar in Ungarn verfährt man darin weniger ängstlich. Ein dem Arzt vorgestelltes krankes Kind kann da, wenn nötig, von diesem sofort in Behandlung und Pflege genommen werden. und erst wenn dafür gesorgt ist, können dann daneben auch Erkundigungen über die Vermögensverhältniffe der Eltern respektive die Lage der Mutter eingeholt werden. Aber auch in Charlottenburg hat man das obige Verfahren nicht in allen Stücken beibehalten können, indem man in betreff der Z a h n- leiden von Schulkindern eine Ausnahme macht. Denn wenn bei Untersuchung der Zähne der Schulkinder durch den Zahnarzt der Schul- Zahnklinik Erkrankungen derZähne festgestellt werden, kann ersofortselbst die Behandlung der betreffenden Kinder vornehmen. Auch in betreff Lungenkranker will man etwas weniger umständlich verfahren, indem hier, wenn die Familie nicht bereits von der Armenverwaltung laufend unterstützt wird, ärztliche Behandlung seitens des Arztes der Lungenfürsorgestelle sowie die Entsendung durch diesen in eine Lungenheilstätte oder Walderholungsstätte auf Kosten der Stadt ein- treten kann, wenn die Ennittelungen der Krankenschwester die Hilfs- bedürftigkeit ergeben haben und der Arzt sie für notwendig hält. Charlotteubnrg. Wegen einer Gasvergiftung wurde die Charlottenburger Feuer- wehr nach der Uhlandftraße, Ecke der Lietzenburger Straße gerufen. Sie entsandte sofort Mannschaften mit einem Sauerstoffapparat und es gelang den bereits Bewußtlosen(einen Hauptmann) wieder ins Leben zurückzurufen. Aus Anordnung eines Arztes wurde der Schwerkranke nach dem Groß-Lichterfelder Krankenhause gebracht. Rixdorf. Auf der Jagd nachStruerhinterziehern". Zu der Klaffe der Steuerhinterzieher rechnet man gewöhnlich Leute, die schtoerreich sind, ihr Einkommen aber oft bewußt um Zehntausende zu niedrig angeben und dadurch den Staat und die Gemeinde um erhebliche Steuerbeträge schädigen. In Rixdorf kann man aber als Steuerhinterzieher betrachtet werden, ohne daß derjenige, der sich diese Verfehlung zu schulden kommen läßt, eine Ahnung davon hat. Und das kommt so: Rixdorf birgt in seinem Steuerbukett wie eine Reihe anderer Vororte auch eine Bier- st euer. Für fremdes, auch aus Berlin eingeführtes Bier mutz eine Abgabe an die Rixdorfer Steuerkasse entrichtet werden. Nach dem Ortsstatut soll diese Steuer vom Empfänger, vom Käufer, erhoben werden. Es kann auch ein Abkommen getroffen werden zwischen Brauereien, die regelmäßig nach der Gemeinde liefern, dahingehend, daß die Steuer von den Brauereien gezahlt wird. Die Rixdorfer Steuerkasse erhebt pro Hektoliter eingeführten Bieres 6,60 M. Diese Bestimmung wird von der Steuerverwalwng in ganz eigen- artiger Weise angewendet. Kommt da irgend ein Bierverleger und bietet Jungbier zum Selbstfüllen an, so ist eS ganz selbstverständlich, daß der Käufer solchen BiereS nicht erst prüft, ob das Bier von Berlin oder Rixdorf ist und ob der das Bier Feilbietende auch die Steuer entrichtet hat. Diese Unterlassung kann aber unter Um- ständen fürchterlich gerochen werden. Ein Hausdiener hatte von einem solchen Bierverleger Jungbier entnommen, worauf er vom Rixdorfer Magistrat folgende Zuschrift erhielt: D-rMagistrat. Rixdorf. den 12. Mai 1909. Sie haben am 11. d. M. von dem Bierverleger Fritz Kloß, Berlin , Gleimstraße 66 wohnhaft, 6 Liter Bier bezogen. Klotz hat sich zur Zahlung der darauf ruhenden Biersteuer nicht bereit erklärt. Gemäß§ 9 der hier gültigen Biersteuerordnung find Sie daher zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Gleichzeitig machen wir Sie darauf aufmerksam, daß der jedesmalige Empfang von Bier sofort bei der hiesigen städtischen Steuerverwaltung, Schönstedlstraße 16, Zimmer Nr. 8, an- zuzeigen und die Steuer spätestens am Tage nachher zu zahlen ist. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden auf Grund der genannten Ordnung mit Strafe belegt. I. A.:(gez.) Kropp . Nach dieser Mitteilung wurde der Hausdiener erst inne, welches schreckliche Verbrechen er verübt: er wurde der Steuerhinterziehung beschuldigt, ohne sich dessen bewußt zu sein. Will er sich nicht noch weitereu Unannehmlichkeiten aussetzen, muß er den Gang nach der Steuerkaffe antreten vnd die auf die fünf Liter Jungbier entfallende Biersteuer in Höhe von Z'/o Pfcmng entrichten. Damit noch nicht genug, muß er in Zukunft genau prüfen, ob sein Bierlieferant auch die Bicrsteuer bezahlt hat, will er sich nicht noch einer Ordnungs« strafe aussetzen. Halten wir die Biersteuer schon an sich in ihrer Eigenschaft als indirekte Steuer für verfehlt, so muß die Art, wie das Ortsstatut im vorliegenden Falle von der Rixdorfer Steuerverwaliung ange- wendet wird, als bureaukratisch und schikanös bezeichnet werden. Um 3% Pfennig Steuern zu erlangen, werden Kontrolleure, die auf Käufer fahnden und denFall* zur Anzeige bringen. Magistrats- Vertreter, die in der Sache Verfügungen treffen, Magistratsboten, die diese Verfügungen zustellen, in Bewegung gesetzt, also ein Apparat in Anspruch genommen, der viel größere Kosten verursacht. als das ganze Objekt beträgt. Im Interesse einer sparsamen Finanzwirtschaft kann ein solches Verfahren nicht liegen. Das Steucrbringverfahren. Bekanntlich ist seit dem 1. April dieses Jahres für die Steuerzahler das Steuerbringverfahren, das bisher iu vier Bezirken probeweise zur Anwendung gelangte, für das ganze Stadtgebiet eingeführt worden. Nach diesem erhält jeder Steuerzahler im Laufe des Monats Mai eine Steuerkarte zugestellt, die bei jeder Zahlung an der Kasse vorzulegen ist. Auf der Karte ist vorgemerkt, wann und an welche Zahlstellen die Steuern zu ent- richten sind. Zur Erleichterung für das Publikum ist die Ein- richtung getroffen, daß diejenigen Steuerzahler, welche die Steuer- Zahlstelle nicht aufsuchen können, bei dem Postscheckamt unter Nr. 3327 den Steuerbetrag einzuzahlen Gelegenheit haben. Die Einzahlung kann auf jedem Postamt gegen eine Bestellgebühr von 6 Pf. für je 600 M. vollzogen werden. Bemerkt sei noch, daß acht Tage nach Empfang der Steuerkarte die Steuer entrichtet werden mutz. Nach Ablauf dieses Termins erfolgt die kostenpflichtige Mahnung. Schöneberg . Die SchöneVerger Feuerwehr hatte gestern längere gett in der Heilbronner Straße 9 an der Barbarosiastraße zu tun. Dort stand der Dachstuhl eines neuen Wohnhauses in großer Ausdehnung nachts um 11% Uhr in Flammen. Wegen der großen Verqualmung mußte die Wehr unter Leitung ihres Branddirektors F l o e t e r zum Angriff eine große mechanische Leiter benutzen. Ueber diese und über die Treppen, sowie vom Nachbarhause aus wurden mehrere Schlauchleitungen vor- genommen und damit unausgesetzt eine Stunde lang Wasser gegeben. Der Dachstuhl ist zum größten Teil niedergebrannt. Als Ursache des Brandes wird Brandstiftung vermutet. Die Ermittelungen sind sofort eingeleitet. Der Schaden ist ganz erheblich und trifft auch einige Mieter, die auf dem Boden eine Menge Hausrat untergebrach» hatten, recht empfindlich. Weistenfee. Schulkinder zur Spalierbildung verlangt der hiesige Kampf- genossenverein zu seiner am nächsten Sonntag stattfindenden 25-Jahres- feier im Schloß Weißensee. Den Grund hierzu bildet der Umstand, daß wahrscheinlich der Kronprinz oder ein anderer Prinz das Fest mit seinem Besuch beehren wird. Wir wollen nur mitteilen. daß die Eltern keineswegs verpflichtet sind, ihre Kinder zu solchen Zwecken zur Schau zu stellen, zumal dieKampfgenossen* in ihren Zusammenkünften bis jetzt nicht gerade gut auf die Arbeiterschaft zu sprechen waren. Die Arbeiterkinder für ihre byzantinischen Zwecke zu benutzen, scheint ihnen jetzt zu gefallen. Nach dem im hiesigen Amtsblatt geschlagenen Tamtam wird ja das ganzeDorf* Kopf gestellt. Die Arbeiterschaft plant, in Kürze ebenfalls ein Sommer- fest zu veranstalten, man darf gespannt sein, ob dieser die Benutzung der Hauptstraßen in gleichem Maße von der Behörde freigestellt wird. Steglitz . Ein zahlreiches Trauergefolge hatte sich am Sonntagnachmittag auf dem Gemeiudefriedhof eingefunden, um unserem nach jähre- langer Krankheit verschiedenen Parteigenossen Ernst Sudrow das letzte Geleit zu geben. Der Verstorbene war einer der ältesten organisierten Parteigenossen und vor seiner Krankheit immer bereit. wenn es galt, im Dienste der Partei tätig zu sein. Ende der neun- ziger Jahre bekleidete er auch mehrere Jahre das Amt des Vor- sitzenden des damaligenArbeiterbildungsvereins*. Wenn auch die jüngeren Porteigenossen ihn kaum gekannt haben, so wird doch die alle Garde ihremOberförster* ein bleibendes und dankbares Andenken bewahren. Der GesangvereinZukunft* widmete ihm den letzten) Abschiedsgruß am Grabe.> Unser Dorfoberhaupt bezeugte noch dem toten Sozialdemokraten seine Mißachtung, indem es zu einer Trauerrede die Genehmigung versagte. Als Ersatz trieben sich einige Kriminalbeamte auf dem Friedhof umher. Daß einer der Herren eine rote Krawatte trug, war überflüssig, wir kannten ihn auch so. Zehlendorf . Abgelehnt hat der KceiSauSschuß die Zustimmung zu dem Be- schluß der Gemeindevertretung von Zehlendorf , nur 90 Prozent Einkommensteuerzuschlag zu erheben. Der Kreisausschuß begründet seine Entscheidung wie folgt:Ein Heruntergehen des Einkommen- steuerzuschlages unter 100 Prozent kann grundsätzlich nicht gebilligt werden. Der Kreisausschutz geht in dieler Beziehung konfonn mit dem Bezirksausschutz in Potsdam . Das Bestreben geht dahin, dem unerquicklichen Konkurrenzkampfe unter den Gemeinden einen Riegel vorzuschieben, zumal sich heraus- gestellt hat, daß die möglichst geringe Belastung der Einkommen- {teuer eine desto größere Belastung deS Grundbesitzes zur Folge hat. Die Heranziehung mit 100 Prozent ist eine so niedrige und nur in verschwindend wenigen Orten Preußens möglich, so daß ein Heruntergehen unter diesen Satz nur ganz aus- nahmsweise geboten erscheint. Nach Lage der Zehlendorfer Ver« Hältnisse kann von einem solchen Ausnahmefall keine Rede sein.* Die Begründung des Kreisausschusses ist eine recht eigenartige. Kann man ihr zustimmen, wenn beabsichtigt wird, den Konkurrenz- kämpf unter den Gemeinden zu vermeiden, so muß widersprochen werden insoweit sie Rücksichtnahme aus die Grundbesitzer übt, denn der Wert des Grundbesitzes in den Vororten steigt fortgesetzt. Die Zehlendorfer Gemeindevertretung hat beschlossen, gegen die Ent- scheidung des Kreisausschusses Beschwerde zu führen. Rotvawes. In der letzten Wahlvereinsvcrsammlung hielt Gen. Dr. Borchardt- Charlottenburg einen beifällig aufgenommenen Vortrag über die Entstehung der Erde . Hierauf referierte Gen. Gruhl über die Stellungnahme der sozialdemokratischen Gcmeindcvertreter zu dem Ankauf des Rankschen Grundstücks zwecks Schaffung einer Gemeinde- gärtnerei und über das von den Gärtnereibesitzern kürzlich verbreitete Flugblatt. In der Debatte hierüber erklärten sich sämtliche Redner mit dek Haltung unserer Gemeindevertreter in dieser Sache einver- standen. Sodann gab Gen. Krähnberg ein Resümee über die Mai- feier, wobei er verurteilte, daß verschieden: Arbeiterkategorien, ins- besondere die Maurer und Maler, sich nicht in zu erwartender Weise an der Arbeilsruhe beteiligt haben, trotzdem ihnen keine Schwierig» leiten von ihren Arbeitgebern in den Weg gelegt worden seien. Be- züglich des Verhaltens zweier Mitglieder am 1. Mai, der Genossen Wegner und Burczick, wurde beschlossen, diese beiden Fälle dem Wahlvercinsvorstande zur weiteren Untersuchung und Beschlußfassung zu unterbreiten._ Eingegangene Druchfcbriften. Nr. 11 deSSüddeutschen Postillon-»(Verlag M. Ernst, München ) Ist soeben erschienen. AuS dem Inhalt heben wir hervor: Duett(Bild), Die Gratulanten bei Bülow(Bild), Die balbtote Reichssinanz(Bild), Die von Gottes Gnaden*(Bild), Abdul Hamids Ende, Was in der Welt vor« geht, Frau Wahihctt, SöchSsches EiS'nbahn-Abendeier, Die Himmelfahrt, Was ein Hälchcn werden will, Membo mit der Pauke, Telephongespräche aus dem Reichstage, Hollands Glück, Wie man die Opposition zahm kriegt, Richter und Volt und eine große Anzahl kleinerer Beiwäg«. Die Nummer kostet 10 Pj. und ist überall erhältlich.