Bureaukratische Sparsamkeit.-- Da nicht nur das Deutsche Reich, sondern auch Preußen sichin einer Finanznotlage besindet, soll, wie von oben herab denpreußischen Behörden befohlen ist, möglichst gespart werden. Wieweit diesem Befehl Folge geleistet wird, lehrt folgende der„Köln.Vcllsztg." aus der Rheinprovinz zugegangene allerliebste Mit-tcilung:„In einer königlichen Erziehungsanstalt stellte sich die Not-tvendigkeit heraus, in einer gewissen Räumlichkeit des Hauses eineReparatur vorzunehmen. Der beigezogenc Regierungsbaumeistermachte nun einen Kostenvoranschlag, der sich auf 300 M. belief.Dieser Voranschlag wurde nun mit den notwendigen Belegen usw.an die vorgesetzte Behörde eingereicht, die dann ihrerseits denganzen Beamtenapparat in Tätigkeit setzte. Es kamen mehrere Ver-treter der Regierung, vom Landrat bis zum Ministerialbeamten,Sachverständige usw., z. B. der Direktor einer gleichen Anstalt auseiner anderen Provinz, einige Stöße Papier wurden verschriebenund als dann endlich die unerläßlich notwendige Reparatur nachlanger Zeit ausgeführt worden war, waren die Kosten auch glücklichvon 300 auf 1300 M. angewachsen. Es lebe die altpreußische Spar-samkeitl"_Was Monarchenreisen für Kosten verursachen,das kann in vollem Umfange das steuerzahlende Volk nie erfahren,da sowohl bei den Gemeinden wie bei den staatlichen Kassen(Militär, Polizei, Regierung usw.) eine klare Abrechnung niemalserfolgt, vielmehr die Ausgaben auf die EtatS der verschiedenenRessorts verbucht werden. Wo z. B. wird man erfahren, was diefolgende Veranstaltung für Unkosten verursacht hat. Aus Anlaß derAnwesenheit Wilhelms II. in Wiesbaden fuhren von Kölnam Sonntag ein Wachtmeister und 25 Schutzleute ab, umsechs volle Tage in Wiesbaden zu bleiben. Und am Dienstag(heute) dampften weitere 25 Schutzleute mit einem Wacht-meister von Köln zu eintägigem Aufenthalt ab. Aehnlichc Polizei-oufgebote sind zweifellos auch aus vielen anderen Städten nachWiesbaden abgegangen._„Das persönliche Regiment" vor der Erfurter BerufungSstraf-kammer. Vom Schöffengericht Tennstedt waren am 13. Märzder Steinbrucharbeiter Oskar Wald und der Weber HermannSpar aus Langensalza zu je 1 Woche Haft ver-urteilt worden, weil sie am Sonntag, den 10. Januar, in Tenn-stedt gewerbsmäßig und auf offener Straße das Flugblatt«Daspersönliche Regiment" verteilt haben sollten. Auf Haftstrafe wardeshalb erkannt worden, weil, wie es hieß, eine Geldstrafe er-fahrungsgemäß von der sozialdemokratischen Partei gezahlt werde.Wald hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt, über die am Mon-tag die Berufungsstrafkammer in Erfurt verhandelte. Der An-geklagte erklärte, er habe für die Fahrt von Langensalza nach Tenn-stedt und für Zehrkosten 2,50 M. erhalten, einen materiellen Vorteilalso nicht gehabt; an der Flugblattverbreitung auf der Straße habeer sich nicht beteiligt. Der Staatsanwalt beantragte Verwerfungder Berufung. Das Gericht beschloß, die Akten der Staatsanwalt-fchaft zurückzugeben, um festzustellen, ob N. auch wirklich Flugblätter auf der Straße verteilt habe. Eine Gewerbsmäßigkeit lassesich nicht feststellen, auch wenn man annehme, daß der Angeklagteeine Vergütung erhalten habe.Deutsche Regiernngssorgen.Die„Rheinische Zeitung" teilt mit, daß der Kaiser Mitte Junieinen etwa andcrthalbsiündigen Besuch in der niederrheinischen StadtKleve machen wird. Die Empfangsvorbereitungen sind schon invollem Gange; unter anderem sind aus Kleve an die Regierung inDüsseldorf bereits zwei Kisten mit Sand geschickt worden,damit obrigkeitlich entschieden werden kann, welche Sandsorte beimKaiscrdrsuq zum Bestreuen der Straßen verwendet«erden soll»...'Die Hausarbeit in der Zigarrenfabrikation.Der Gesetzentwurf über die Hausarbeit in der Zigarrenfabri»kation wurde am Dienstag in der Kommission zur Beratung derGewerbenovelle weiter beraten. Zu§ 3 beantragten unsere Parteigenossen. unter allen Umständen einen Mindestlustraum von 10 Kubikmetern für den Hausarbeiter vorzuschreiben, während die Regierungs-Vorlage nur für Wohnräume, dre als Arbeitsstätte benutzt werden.10 Kubikmeter vorschreibt, dagegen bei besonderen Betriebsstätten nur7 Kubikmeter Mindestluftraum verlangt. Der Antrag unserer Genossenwurde abgelehnt. Zu 8 6 beantragten unsere Genossen, die Beschäftigungschulpflichtiger Kinder in der Zigarrenfabrikation nicht zu gestatten.Die Regierungsvorlage will die Beschäftigung der eigenen Kinderdes Hausarbeiters vom 12. Jahre an gestatten. Molkenbuhr wiesauf die Gefährlichkeit der Tabakfabrikation und ihre besonderenGefahren für die Kinder hin, für die der Schutz daher dringend not-wendig sei. Auch dieser Antrag wurde gegen die Stimmen unsererGenossen abgelehnt. Angenommen dagegen wurde unser Antrag.das Gesetz auch auf die Bearbeitung, besonders das Abrippcn desTabaks in der Heimarbeit auszudehnen. Die übrigen Paragraphendes Gesetzes wurden ohne erhebliche Debatten angenommen. Dieerste Lesung ist hiermit beendet.Bürgerschaftswahl in Hamburg.Am Dienstag fand im 5S. Bezirk für den verstorbenen Genossen4:mil Fischer eine Neuwahl statt. In dieser Stadthälfte wirdnoch nach dem alten Wahlverfahren gewählt(Bezirkswahl und Zensusvon 1200 M.). Hier tritt erst im Jahre 1910 die Klassen-, Zensus-und Proportionalwahl in Kraft. 1904 wurde Genosse Fischer mit258 von 484 abgegebenen Slimmen gewählt. Während damals dieZahl der eingetragenen Wähler 520 betrug, ist sie jetzt auf 640 ge-stiegen. Um daö erledigte Mandat wird seit Wochen in Versamm-lmrgen hart gestritten/ Kandidat unserer Partei ist der Gewerk-schaftssekretär Karl Hense,' außerdem kandidieren ein Links-liberaler und ein Reaktionär.Gewählt worden ist, wie uns telegraphisch gemeldet wird. Gen.Hense. Er erhielt 305 Stimmen, der Kandidat der Liberalen, Büll,204 Stinimen, der Pastor StrasowSky 80 Stimmen.Die sozialdemokratische Fraktion deS Hamburger Parlaments beträgt nun wieder 21 Mitglieder.Nochmals der Gerichtsstand der Mannschaften deS Bcurlaubten-staudcS an KontrollverfammlungStagen. Wie wir kürzlich be-richteten, hat am 8. März das Oberkriegsgericht des 10. Armeekorpsin Hannover im Gegensatz zu der bisherigen RechtSgepflogenheit dieUnzuständigkeit der Militärgerichte für solche Straftaten aus-gesprochen, die außerhalb der tatsächlichen dienstlichen Verrichtungresp. außerhalb der Kontrollversammlung an dem gleichen Tage be-gangen werden. Dieses Urteil hat das Reichsmilitärgericht inBerlin aufgehoben, gleichzeitig ist der Fall zur nochmaligenEntscheidung an das Oberkriegsgericht des 10. Armeekorps zurück-verwiesen._Immer wieder Soldatenmisthandlungen beimvierte« Garde-Regiment.Wiederholt schon haben Prozesse gegen mißhandelnde Unter-.jsfiziere des vierten Garde-Regiments Aufsehen und Aufregung ver-ursacht. Seinerzeit war es der«Fall Breitend ach", derallgemeine Sensation erregte, im vergangenen Jahre hattensich sechs Sergeanten und Feldwebel von demselben Re-giment vor dem Kriegsgericht zu verantworten. Am Montagstanden drei Bizefeldwebel, denen MißhandlungenUntergebener zur Last gelegt wurden, vor dem Kriegs-gericht der Landwehrinspektion. Diesmal lag die Sache aber milderals bei den bisherigen Fällen. Unter Anklage standen die Vize-feldwebel Günther, Philipp und Marquardt, die bei der1. Kompagnie des vierten Garderegiments standen. Heute sind sieschon längst im Zivilberuf. Marquardt war seinerzeit Regiments-tambour. Die Mißhandlungen, die den Angeklagten zur Last gelegtwurden, gehen in die Jahre 1901 und 1903 zurück. Anfangs wareine weftgehende Untersuchung gegen die drei Angeklagten ein-geleitet worden, doch im Laufe der Bentehmungen schrumpfte dasbelastende Material zusammen. Auf Antrag des Vertreters der An-klage, KriegSgerichtSrat Gllterbock, wurde die Oeffentlich-kert während der Verhandlung ausgeschlossen.Dagegen fand die Verkllndung deS Urteils und der Begründungöffentlich statt. In der letzteren heißt eS unter anderem:Auf Grund der Beweisaufnahme wurde festgestellt, daßdie drei Angeklagten im Jahre 1901 ihre Untergebenenin einer Reihe von Fällen körperlich mißhandelthaben. Es handelt sich jedoch nicht um schwere Fälle und typischeRekrutenmißhandlungen, sondern um Mißhandlungen leichterer Art,die von den Vorgesetzlen gegen ungeschickte Untergebene als Er-ziehungsmittel angewandt wurden. Die Mißhandlungen sielenin eine Zeit, in der die Ansichten über die BehandlungUntergebener durch die Vorgesetzten anders warenals heute. Zum Teil bildeten die zur Anklage stehenden Miß-Handlungen nichis anderes als Korrekturen der Vorgesetzten anungeschickten Untergebenen. Mzcfeldwebel Günther wurde wegenkörperlicher Mißhandlung Untergebener in sechs Fällen während derAusübung des Dienstes zu'21 Tagen gelinden Arrest,Philipp wegen der gleichen Delikte in drei Fällen zu 16 Tagenund Marquardt in drei Fällen zu 18 Tag en gelindenArrest verurteilt. Bei Günther ivar m zwei Fällen Mißbrauchder Waffe angenommen worden.Wenn die Mißhandlungen wirklich so leichter Art waren, so istum so schtoerer einzusehen, Iv es halb die Oeffentlichkeitausgeschlossen wurde! ES scheint fast, als solle diese Maß-regel, die bisher bei Anklagen gegen Offiziere Regel war, nun auchbei Unteroffizieren regelmäßig angewendet werden I Die Begründungdes Urteils ist sehr bedenklich. Solche Entschuldigungen für Miß-Handlungen wirken sicher nicht den Soldatenschindereien entgegen.Ganz unverständlich ist die Wendung, daß zur Zeit, da die Miß-Handlungen begangen wurden, die Ansichten der Vorgesetzten überdie Behandlung Untergebener anders waren als heute. Das magja fein, aber Mißhandlungen, auch solche, die unter dem Vorwandevon„Korrekturen" und„Erziehungsmittel" verübt wurden, warenauch damals schon verboten und strafbar IMilde militärische Richter.Wegen Mißhandlung Untergebener in 67 Fällen, Beleidigungund Abhaltung Untergebener von der Beschwerdeverurteilte das Kriegsgericht der 31. Division in Straßburgden Unteroffizier Thomas vom Husarenregiment Nr. 9 zusieben WochenGefängnis.(!) Von derDegradationwurde abgesehen, weil die Mißhandlungen„keine er-heblichen" seien. Die 67 Fälle ereigneten sich in der kurzenZeit von Februar bis Ostern; der Unteroffizier bediente sich dazueines Remonte-ReitftockeS. Ein Soldat soll fast täg-lich von ihm mißhandelt worden sein. Am 7. Aprilbrachte ihm der„Soldatenerzieher" mit dem Stock eine vierZentimeter lange Wunde in der Hüftengegendbei; die Verletzung sing an zu eitern, bis sich der Soldat schließlichkrank melden mußte. Hierbei versuchte ihn Thomas zu bestimmen,anzugeben, die Wunde rühre von einer anderen Ursache her. Ein-mal setzte Thomas dem Soldaten den Degen auf die Brust undsagte dazu:«Ich steche Dich nieder, Du Schweinhund!" Weil derUnteroffizier dabei gelächelt haben soll, erblickte der Anklagevertreterin der Handlung leine BedrohunglDie Ereigniffe in der Türkei.Kriegsgerichtsarbeit.Konstantiiiopel, 18. Mai. Das Kriegsgericht forderte unterAndrohung des Ehrverlustes und der Vermögenskonfiskatton dieHerausgeber der Blätter„Volkan",„Serbesti" und„Jkdain"sowie den Chefredakteur des«Jkdam", Ali Kemal, auf. binnenzehn Tagen vor Gericht zu erscheinen. Der Kommandeur der kaiser-lichen Palastgarde Marschall Tehir Pascha ist zum Todeverurteilt worden. Ein Buchdrucker, der die Soldatender Taximkaserne zur Revolte aufgehetzt hatte, wurde vomKriegsgericht zu lebenslänglicher Zwangsarbeit ver-urteilt. Dem Amtsblatte zufolge wurden ein Major und ein Vize-major, die am 15. April namens der Truppen der Selimiekaserneaus Anlaß des politischen Wechsels Glückwünsche an die Zeitungengesandt hatten, kriegsgerichtlich aus der Armee ausgestoßen und zudrei Jahren Kerker verurteilt. Der Sultan bestätigte das Urteil.Wie die Blätter melden, ist das türkisch-bulgarischePr'otokoll durch ein Jrade des Sultans ratifiziert worden.Abdul Hamids Vermöge«.Konstantinspel, 17. Mai. Es verlautet, daß eS gelungen ist,den E x s u l t a n zu bewegen, sein in auswärtigen Banken deponiertesVermögen dem Staate zu überlassen. Die in dieserFrage gepflogenen Verhandlungen der Regierung mit den betreffendenBanken sowie die Veratungen im hiesigen Justizministerium überdie Wege zur Erlangung des Vermögens sind bereits eingestelltworden.Bandenkämpfe.Franlfurt a. M., 18. Mai. Wie der„Frankfurter Zeitung" ausBelgrad gemeldet wird, hatte eine bulgarische Bande, welchein der Nähe der Stadt Kruschcwo auftauchte, einen erbittertenKampf mit bewaffneten türkischen Bauern zu bestehen.Die Türken verloren 20 Tote, die Bulgaren 12 Tote. Erst alstürkische Truppen sich näherten, zog sich die bulgarische Bande insGebirge zurück.Ruhe in Armenien.Konstantiiiopel, 17. Mai. Eine Privatdcpesche deS Stambul ausE r z e r u in von gestern nieldet, daß auf Befehl deS Kommandantendes vierten KorpSbereicheS, Marschall Ibrahim Pascha, dieMeuterer dreier Bataillone unter Estorte nach Dersin t r a n s-portiert wurden, und daß die Ruhe vollkommenwiederhergestellt ist._Oeltcmich.Die Wahlen in Steiermark.Graz, 13. Mai. Bei den gestrigen Landtags Wahlen derWählerklasse der Land gemein den wurden vierzehn Christlich-soziale, zwei deutschfreiheitliche Aararierund acht slove-irische Bauernbü ndler gewählt; auS zwei Wahlbezirken(vier Mandate) steht das Ergebnis noch aus.Englancl.Kolonialer Imperialismus.London, 13. Mai. Wie dem„Reuterschen Bureau' auS T o-r o n t o gemeldet wird, wurden bei einem Bankett, das auS Anlaßeines Prcsse-Kongresses stattfand, von australischen Dele-gierton imperialistische Reden gehalten. DerLeutnant-Gouverneur von Ontario, der den Vorsitz führte, er-klärte, man müsse Deutschland beibringen, daß eS nichtbloß mit England, sondern auch mit dessen überseeischen Be-s i tz u n a e n zu rechnen habe in jeden, Kampfe, in dem es sichum die britische Borrangsstellung zur See handle.Annahme der Erhöhung der Einkoinulenstener.London, 17. Mai. Das Unterhaus hat die Neso-lution zum Budget, betreffend die neuen Einkommen-st e u e r s ä tz e mit 299 gegen 96 Stimmen angenommen.foißlaticl.Ein Brief AzewS.Während der Gerichtsverhandlung gegen Lopuchin wurdefolgender Brief A z e w S. den er n a ch seiner Enthüllung an GeneralGerassimoff richtete, verlesen. Der Brief lautete:„Die Sache steht schlimm. Er hat alles erzählt. Er erzähltesogar, in welchem Kostüm ich bei ihm war und wie ich mich gehaltenhabe. Mit einem Wort, er hat alles schlau und flink eingefädelt. Eswar ein schicksalsschwerer Fehler, daß Sie. und ich bei L. gewesensind." Ferner weist er darauf hin, daß das noch nicht so schlechtgewesen wäre, wenn es ihm gelungen wäre, sein Alibi nachzuweisen undzu beweisen, daß er während der inkriminierten Zeit nicht inPetersburg, sondern in Berlin gewesen sei. Er habe zwar ver-sucht, das mit Hilfe von Hotelrechnungen nachzuweisen, er konnte abernicht einmal das Zimmer beschreiben, in welchem er angeblich ge-wohnt hatte.«Ich habe— so heißt es im Briefe— unvorsichtiggehandelt, indem ich auf dieses Hotel hinwies. Dort kehrenbloß Spitzel ein, und dann wußte ich nicht, was ich überdas Möblement sagen sollte."An diesem Briefe ist vor allem das interessant, was Azew übersein Berliner Alibi mitteilt. Bekanntlich hat er vor demPartcigericht erklärt, daß er bei einem Zimmervermieter namensTscher nomordik logiert habe. In der Presse wurde daraufhingewiesen, daß der genannte Tschernomordik, der als Ueber-setzer am Polizeipräsidium fungiere, mit der preußischenPolizei in Verbindung stehe. Von„maßgebender"Stelle wurde hiernach dementtert, daß es einen Beamtender preußischen Polizei solchen Namens gäbe, und darauf hin-gewiesen, daß die Berliner Polizei auf dem Standpunkt stehe,russische Spitzel, die als solche erkannt werden, müßten ohne weiteresausgewiesen werden. ES wäre nun interessant, wie sich diese maß-gebende Stelle zu der Tatsache verhält, daß der Chef der russischenLockspitzel Azew darüber informiert ist, daß bei dem ZimmerverinicterTschernomordik, der am Polizeipräsidium beschäftigt wird, bloß„Spitzel einlehren".Amerika.Die deutsche Konkurrenz.Washington, 18. Mai. Der Senat hat die AbänderungS-antrüge, die eine Ermäßigung des vorgeschlagenen Zolles aufRasiermesser vorsehen, abgelehnt. In der Debatte erklärteSenator Hole, er fürchte, daß das Bordringen Deutsch-lands auf dem amerikanischen Markt soweit vorschreite, daß dieamerikanische Rasiermesserindustrie sich nicht mehr erholenkönne._paHatnentanfcbeö.Ans der Budaetkommifsion des Reichstage?.(59. Sitzung vom 18. Mai.)Nach den vielen langen Sitzungen gab es zur angenehmen Ab-wechseln ii g heute eine kurze Aussprache.Graf Oriola schlug vor, in die zweite Lesung der Besoldungs-Vorlage nicht früher einzutreten, als bis man wisse, wie es derFinanzkominission ergehe. In der Zwischenzeit solle die Kommissiondie Fernsprechgebühren, das Etatgesetz für die Schutzgebiete undden Antrag betreffend die Einfuhrscheine vornehmen. Erzbergerwidersprach diesem Vorschlag und verlangte die Erledigung derBcsoldungSordnung unbekümmert uni das Ergebnis der Beratungenin der Finanzkominission. Man müsse eben von der Annahme aus-gehen, daß die Geldmittel zur Durchführung der erhöhten Gehalts-sätze beschafft würden. Der Vorschlag, nach dem Wiederzusammcn-tritt des Reichstages am 15. Juni zunächst die Besoldungsvorlagezu erledigen, fand in der weiteren Debatte schließlich allgemein?Zustimmung.Staatssekretär S y d o w bemerkt, daß dem Reichstag eineNachtvagLforderung wegen des Truppenübungsplatzes aus demTempelhoser Felde zugehen lverde, mit welcher sich jedenfalls auchdie Budgetkommission werde zu beschäftigen haben.Ems der parteuNochmals die Dessauer GewcrVcgerichtswahl.AuS Anhalt wird uns geschrieben:Das„Volksblatt für Anhalt" verlangt von unS, etwas richtig-zustellen, waS wir gar nicht behauptet haben, nämlich, daß dersonderbare Kompromißgedanke von PeuS ausgegangen sei. Daskonnten wir nicht behaupten, weil sich der Vorsitzende deS DessauerKartells auf der Kartellkonferenz in Weißenfels als der Vater dieserherrlichen Idee bekannt hat. Trotzdem wird kein mit den Ver-Hältnissen Vertrauter leugnen wollen, daß sie als Produkt DessauerErziehungsarbeit angesprochen werden muß. Es ist Geist von dem Geiste,wie er in Anhalt schon seit Jahren gepflegt wird und ist insoweit auchder Genosse Pens mitveranlwortlich. Er bemerkt noch, daß ihm, nach-dem ihn die Partcipresse für das Kompromiß verantwortlich mache,seine Jnaktivität bei der Wahl leid tue; die Redaktion würde voneinem Kompromiß abgeraten haben. Auch diese Acußerung ist unsunverständlich, nachdem im lokalen Teil des Blattes zweimal dieSache besprochen und auf der Kartellkoufereuz erklärt wurde, daß dieNotizen von der Redaktion stammten. Da hätte doch die Redaktionihre Meinung äußern können. Ja es wäre in diesem Falle ihreverfluchte Pflicht und Schuldigkeit gewesen. Aber diese bessere Mei»nung scheint erst nach der blamablen Niederlage in der RedaktionEinzug gehalten zu haben. Im weiteren wird geleugnet, daß dasKompromiß im Hinblick auf die Stadtverordneten- und Landtagswahlgetroffen worden sei. Zum Beweise für unsere Behauptung berufenwir uns auf die Aeußerungen des Dessauer Delegierten auf derKartellkonferenz. Was bleibt nun noch übrig. lvaS zu einerLcgendenbildung, wie Genosse Pens eS nennt. Veranlassung gebenkönnte? Für alles, was wir behauptet, haben wir den schlüssigenBelveis erbracht.Parteiliteratur.Die verschiedenen Formen deS Wirtschaftslebens. Ein Vortrc.g.gehalten vor Berliner Arbeitern von Eduard Bernstein, istjetzt in dritter durchgesehener Auflage erschienen. Aus dem Inhaltheben wir hervor: Die Einteilung der Wirlschaflsformen.— DieWirtschaft der UrVölker, der UrkonummiSmuS.— Die Wirtschaft derNomadenbölker.— Die HauS- und Dorfaemeinschaften.— DasAufkommen der Stadt und der VcrkehrSwirtschaft.— Die Wirtschaftder alten Kulturnationen.— Die Wirtschaft der Feudalzeit.— DieWirtschaft deS aufkommenden Kapitalismus.— Die Wirischaft deSentwickelten Kapitalismus.— Die Keime der sozialistischen Wirt-schoft. Verlag Buchhandlung Vorwärts, Berlin. Preis 50 Pf.BereinSausgabe 20 Pf.DaS RcichSregiment auf der Anklagebank. Rede des Reichstags»abgeordneten Dr. E. Davld, nach dem amtlichen Stenogramm inder Sitzung des Reichstags vom 30. März 1M9. Verlag der„Mainzer Volkszeitung". Preis 15 Pf., in Partien bezogen: 10 000Exemplare 500 M., 1000 Exemplare 60 M,, 100 Exemplare 7 M.Sozialistische Geistliche und die Internationale.London, 13. Mai.(Eig. Ber.) Die Sozialisten innerhalb VJerGeistlichkeit der anglikanischen Kirche hielten in der letzten Wocheihren JahrcSkongreß in Leicester ab. Unter ihren Beschlüssendürfte der folgende von allgemeinem sozialistischen Interesse sein:„Der Verband soll die nötigen Schritte tun,um auf dem nach st enJ nt er na ti onalenS o z ia list en-Kongreß vertreten zu sein."Da aber der Verband keiner der soziasistischen und gewerk-schaftlichen Organisationen Englands angeschlossen ist, so mußer sich wohl beim Internationalen Sozialistischen Bureau an-melden. Die Mitglieder dieses Verbandes sind nicht mitChristlichsozialen zu verwechseln. Sie sind vielmehr Christenund Sozialisten, die also die wesentlichen Forderungen der intcr-nationalen sozialistischen Bewegung annehmen, aber gleichzeitig einerbestimmten religiösen Richtung angehören. In ihren eigenen Ver-sammlungen propagieren sie sowohl die Lehren des Sozialismuswie des Chrfftentums. aber in allgemeinen sozialistischen und Ar«