wäre. Danach hat die Berwaltung gar kein Recht, sichhier auf das hohe Roß zu setzen(Schallende Heiterkeit)und so zu tun, als ob gar nichts vorläge. Der Staats-sekretär meinte, eS genüge schon, daß wir in der Rechnungs-tommisfion den Antrag gestellt hätten; das würde eine guieWirkung haben. Vielmehr Ivird das Gegenteil eintreten müssen, wennwir den Antrag ablehnen. Die Beamten werden sich dann sagen,der Reichstag ist ja damit einverstanden, daß wir Hunderttausendeausgeben, ohne die Zentralverwaltung zu fragen. Wir bauen danneben so lange, bis wir im Sande stecken und nicht mehr heraus-können, und dann berichten wir an die Verwaltung. Der Staats-sekretär beruft sich auf die frühere Rechnungskommisfton. Das ist dasSteckenpferd, das er reitet.(Grgße Heiterkeit.) Aber die An-fchauungen der früheren Kommission sind jetzt nicht mehr maßgebend.Wenn die früheren Rechnungskommissionen alles haben durchgehenlassen, so war das ihre Sache. Wir meinen heute, wenn wirdas Budgetrecht deS Reichstages wahren wollen. müssen wirgerade in der Rechnungskommission genauer prüfen.(LebhaftesSehr richtig!) Es handelt sich nicht bloß um diese beiden Posten.Totsächlich finden wir in allen Rechnungen immer dieselbenEigentümlichkeiten, Fondsverwechselungen, Etatöüberschreitungen,Angreifen des Reservefonds. Das ist bei den Verwaltungen gangund gäbe und damit glauben Sie den richtigen Gaul zu reiten.(Heiterkeit.) Es ist nicht richtig, daß die Zentralverwaltung hier-bei die auswärtigen Bcamien deckt. Daß sie sagt, eSkostet ja allerdings viele Millionen, aber wir Habensja dazu. Wir werden uns bei den Bahnbauten noch über ganzandere Dinge unterhalten müssen, da ivird es sich um Millionenhandeln. Und deshalb muß dem Staatssekretär schon hier bei derersten Sache klar gemacht werde», daß wir auf seinen glattenSchmuS nichts geben.(Große Heiterkeit. Präsident Graf Stol-bergt Ich bitte Sie, einen anderen Ausdruck anzuwenden.) DerStaatssekretär macht in jeder Kominisfionssitzung den Versuch, dieHandlungen der Beamten so hinzustellen, als ob nichts von Be-deutung vorläge, und sucht die Kommissionsmitglieder mitglatten Redewendungen einzuwickeln. Aber dazu lassen wir unsnicht gebrauchen.(Lebhafte Zustimmung.) Es mutz hier deutlich erklärtwerden, daß wir diese Art der Rechnungslegung nicht für gut halten.Was nutzt denn die ganze Etatsberatung, die monatlange Arbeit inder Buogetkommission, wenn wir nachher immer wieder dasTrifolium finden: Etatsüberschreitungen. Fondsverwechselungen,Verwendung des Reservefonds. Zu liebenswürdigen Redewendungenund Stilübuegen ist die Zeit nicht angebracht.. Wir müssen hierfeststellen, daß wir mit dieser Wirtschaft ein Ende machen wollen.Und die Beamten müssen sich sagen, daß sie vorsichtiger zu seinhaben. Wer das wünscht, muß dem Antrag der Kommission zu-stimmen.(Lebhafter Beifall.)Damit schließt die Diskussion.Abg. v. Oertzen(Rp.)(zur GeschästSordnnng): Wir werden inder zweiten Lesung dem Antrage der Kommission zustimmen, wirbehalten unS aber vor, in der dritten Lesung einen Antrag ein-zubringen, durch welchen wir die Etatsüberschreitung zwar miß-billigen, es aber ablehnen, eine gerichtliche Verfolgung der Beamteneintreten zu lassen.Der Antrag der Kommission wird einstimmig angenommen.Abg. Ledcdour(Soz.): Der Erfolg des Herrn Dernburg l(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)Die Tagesordnung ist erschöpft.Nächste Sitzung: Dienstag, den 15. Juni, nachmittag? 2 Uhr,(Interpellation Pachnicke und Genossen(frs. Vg.) betreffend Aenderungder mecklenburgischen Verfassung).Präsident Graf Stolberg teilt mit. daß soeben eine telegraphischeEinladung des Oberbürgermeisters von Stuttgart eingetroffen sei,die Mitglieder des Reichstages mögen gelegentlich der Besichtigungdes Zeppelinschen Luftschiffes auch die Stadt Stuttgart besuchen.(Bravo!)Darauf schließt der Präsident mit dem Wunsche für fröhlicheFeiertage die Sitzung.Schluß 5'/« Uhr.Hbgcordrntenbauö*90. Sitzung. Dienstag, den 18. Mai,vormittags 11 Uhr.Am Ministertisch: Dr. Delbrück, v. Breitenbach.Zunächst wird der Köhlbrand-Vertrag in dritterLesung mit der Aenderung angenommen., daß die Vereinigungvon Neuhof mit Wilhelmsburg nicht am 1. April 1910, sondernam Tage des Aerkündens des Gesetzes erfolgen soll.Hierauf wird das Gesetz, betreffend den Bergwerks-betrieb ausländischer juristischer Personen undden Geschäftsbetrieb außerpreußischer Gewerk-schaften in dritter Lesung nach kurzer Debatte an-genommen.Es folgt die Fortsetzung der zweiten Beratung derNovellegumVerggesetz.Die Beratung über die ߧ 74 bis 77, die über die Auf-sichtspersonen, ihre Qualifikation usw. handeln, wird ver-bunden.Abg. Leinert(Soz.)iWir haben hierzu eine Reihe Anträge gestellt. Zunächstwünschen wir, daß die Bergbehörde zu entscheide» hat,ob der einer Aufsichtsperson übertragene Geschäftskreis diezulässige Grenze überschreitet und befugt ist, injedem Einzelfalle entsprechende Anordnungen zu treffen.Der Herr Minister hat in der Kommission erklärt, es sei selbstver-ständlich Recht und Pflicht der Bergbehörde, darüber zu wachen,ob die einzelnen Aufsichtspersonen den Umfang von Geschäftenerledigen könnten, der ihnen übertragen werde. Wir halten esaber für besser, wenn das ausdrücklich im Gesetz festgelegtwird. Weiter beantragen wir, daß der verlangte Nachweis derBefähigung durch die Aufsichtspersonen als erbracht anzusehen istdurch Betbringung eines Bergschulzeugnisses desOberbergamtes, in dem die Aufsichtsperson beschäftigtwerden soll, oder durch das Zeugnis über eine bereits innegehabtegleichartige Stellung. ES entspricht das den Wünschen der tech-nischen Bergbeamten, die sie dem Hause übermittelt haben. Nachden Bestimmungen des Entwurfes kann die Bergbehörde einfach,wenn es ihr nicht paßt, die Qualifikation verweigern. DieserWillkür der Bergbehörde muß einRiegel vorgeschobenwerden. Weiter sind wir nicht einverstanden damit, daß der Berg-ausschuß endgültig über die Entziehung der Qualifikation ent-scheiden soll, sondern beantragen, daß gegen seine EntscheidungRekurs an das Oberverwaltungsgericht zulässig ist. Das ist not-wendig schon deshalb, weil ein Beamter, dem die Qualifika-tion entzogen ist, zweifellos in einem anderenBetriebe nicht mehr Arbeit findet. Ich verweisedarauf, daß nach der Gewerbeordnung den Gesindevermietern undRechtskonsulenten das Recht gegeben ist, biS zur höchsten Instanzwegen Entziehung ihrer Konzession oder Untersagung ihres Ge-werbeS zu klagen. Weiter halten wir es für notwendig, zu be-stimmen, daß die Aufsichtspersonen nicht verpflichtet sind, Anord-nungen der Vorgesetzten, die den Betriebsplänen und den Vor-schriftcn der Bergpolizei nicht entsprechen, auszuführen. Es mußV o r s o rg e getroffen werden, daß den Beamten nicht etwa aufGrund der Weigerung, solche Anordnungen auszuführen, die Ouali-fikation entzogen wird. Im H 76 wird dann bestimmt, daß derBergwerksbesitzer oder seine Vertreter verantwortlich sind, inso-weit sie durch Handlungen oder Unterlassungen den Auffichts-Personen die Möglichkeit genommen haben, den ihnen obliegendenVerpflichtungen nachzukommen. Hier wünschen wir, daß hinzu-gefügt wird:„insbesondere wenn sie die Aufsichtsbeamten überdas Interesse des Betriebes hinaus zum Strafdienst heranziehen".Es passieren in dieser Beziehung eigenartige Dinge; dieSteiger sizid gewissermaßen der Laune und Willkür, der Bor-gesetzten überliefert, denn wenn sie sich weigern, müssen sie einschlechtes Zeugnis und die Entziehung der Qualifikation befürchten.Ich habe in bezug auf die Heranziehung zu Strafschichtcn eineganze Reibe von Briefen aus den Kreisen der Steiger erhalten.Ich bitte Sie, unseren Anträgen zuzustimmen.(Bravol bei denSozialdemokraten.)Abg. Dr. Röchling(natl.) erklärt, daß seine Freunde gegenalle Abänderungsanträge, soweit sie nicht redaktioneller Naturwären, stimmen und an den nach langer Beratung in der Kam-Mission zustande gekommenen Beschlüssen festhalten würden.Abg. Brust(Z.) wendet sich gegen die sozialdemokratischenAnträge. Der Antrag, daß die Aufsichtspersonen nicht verpflichtetsind, den Vorschriften der Bergpolizei widersprechende Anordnungenauszuführen, ist selbstverständlich. Im übrigen glaube ich nicht,daß die Wünsche der Beamten so weit gehen wie die sozialdemo-kratischen Anträge.Damit schließt die Besprechung.Unter Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge werdendie 88 74 bis 77 unverändert angenommen.ES folgt§ 80k. welcher lautet:„Auf Steinkohlenbergwerken,auf unterirdisch betriebenen Brannkohlen- und Erzbergwerken so-wie auf Kalisalzbergwerken müssen, wenn darauf in der RegelMindestends 100 Arbeiter beschäftigt werden, Sicherh'eits-männer und ein Arbeiter ausschuß vorhanden sein.Hierzu liegt ein Antrag Borgmann(Soz.) bor, die Worte„unterirdisch betriebenen" zu streichen, sowie die Zahl„100" zuersetzen durch„20".Ferner liegt ein sozialdemokratischer Antrag vor, der an Stelleder Sicherheitsmänner die Einführung von aus der Mitte derArbeiter in unmittelbarer und geheimer Wahl zu wählendenGrubenkontrolleuren, die aus der Staatskasse zu be-solden sind, fordert. Der Antrag enthält weiter nähere Bestim-mungen über die Aufgaben der Arbeiterkontrolleure und ihreWahl.Die Abg. Brust(Z.) und Gen. beantragen ebenfalls, dieWorte„unterirdisch betriebenen" im§ 80k zu streichen.Abg. Dr. Beumcr(natl.): Die Sozialdemokraten berufen sichmit großem Vergnügen auf das geheime Protokoll einerVersammlung von Bergwerksbesitzern. Nach dem Budgct-Krawall-krach in Nürnberg kann man eS verstehen, daß die Sozialdemo-kraten nach geheimen Protokollen suchen, in denen sich kraftvolleWorte finden. Gewundert hat mich aber, daß auch der freisinnigeAbgeordnete Wolff-Lissa mit einem gewissen Behagen in demWasser diese? geheimen Protokolles plätscherte.(Heiterkeit.) Wennunsere Fraktionsverhandlungen— ich nehme keinePartei aus— stenographiert und veröffentlicht würden, dannwürde eine Mini st er stürzerei an den Tag kom-men, über die man sich im Lande wundern würde.Würde man dagegen die Verhandlungen des Staatsministeriumsveröffentlichen lassen, so würde manches interessante Wort überuns Abgeordnete bekannt werden. Als man den Fürsten Bismarckeinmal durch Lachen in einer Rede unterbrach, sagte er:„Lachenkann jeder. Sie glauben gar nicht, wie ich lache, wenn Sie nichtdabei sind."(Heiterkeit.) Also lassen Sie das Gerede von derMinisterstürzereil Die Bergwerksbesitzer wollen allerdings Herrenim eigenen Hause sein, aber nicht in dem Sinne, daß sie Sklaven-Halter mit der Peitsche in der Hand sind, sondern in dem, daß siedie verantwortlichen Leiter der Betriebe bleiben. Die Sozial-demokratie will die Arbeiterausschüsse nur zu Parteizwecken be-nutzen. Auch in cinemB u che derchri st lichen Gewerk-schaften heißt es:„Erste Pflicht der Arbeiterausschüsse ist An-schluß an die Organisation."(Hört, hört! rechts.)Im Volke wie im Lande verlangt man, daß die Sozialpolitik auchRücksicht nimmt auf di e Konkurrenz mit dem Auslande und auch auf den Mittelstand, dem es vielfach schlechterSieht, als den Arbeitern. Keine Krankheit ist so unbedeutend, daßie nicht durch das Hinzutreten eines Arztes lebensgefährlichwerden könnte.(Heiterkeit.) Das gilt auch hier..(Beifall rechts.Lachen bei den Sozialdemokraten.),Abg. Leinert(Soz.) iDie Forderung der Arbeiterkontrolleure wird immer als einesozialdemokratische bezeichnet; sie ist es aber nicht, sondern es isteine Forderung der gesamten Bergleute Preußens und der Welt.Auf internationalen Kongressen ist sie auch erhoben worden. Auchdie ch r i st l i ch e n Arbeiter haben früher diese Forderung erhoben.1905 hat hier in Berlin ein Bergarbeiterdelegiertentag getagt undeine der Hauptforderungen desselben war die Einführung von Ar-beiterkontrolleuren. Das Referat darüber hatte ein ch r i st l i ch e rArbeiter und er forderte genau das, jvaS wir beantragt haben.Auf der zweiten gemeinschaftlichen preußischen Berg-arbeiterkonferenz in Essen am 11. und 12. Februar 1906 wurdedieselbe Forderung in einer Resolution zum ReichSberggesetzerhoben. Auch dort wurde gefordert: die Kosten trägt das Reich.Im Jahre 1907 hat auf der Generalversammlung des Gewerkvereinsch r i st l i ch e r Bergleute ein Bruder deS Kollegen Im-b u s ch über die Berggesetzgebung gesprochen und es wurde eineResolution angenommen, wo ebenfalls die Einführung vonArbeiterkontrolleuren als eine dringende Notwendigkeit bezeichnetwurde. Im„Bergknappen" aber wurde am 27. Februar diesesJahres gesagt:„Wer objektiv und leidenschaftslos das Für undWider der beiden Arten von Grubenkontrolleuren überdenkt, mußzu dem Schluß kommen: Wir müssen für die i m A r b e i t s 0 e r-hältnis verbleibenden Grubenkontrolleure im Sinne derRegierungsvorlage eintreten, weil nur dadurch unter den gegebenenVerhältnissen eine den Wünschen der Arbeiter entsprechende Gruben»kontrolle möglich ist." Es ist also eine Schwenkung der christlichenOrganisationen erst erfolgt» nachdem die Regierung mit ihrer Bor-läge gekommen ist. Diesesflotte Einschwenkenhat den Beratungen dieser Vorlage außerordentlich vielgeschadet. Wir glauben danach immer noch berechtigt zu sein,unsere Forderung im Namen der gesamten Bergarbeiter zu stellen.Wir wollen, daß die Kontrollbezirke nicht mehr als 2000 MannBelegschaft umfassen, damit die Kontrolleure ihr Revier auchgenau kennen lernen können. Die dadurch entstehendenKosten werden für den Unternehmer nicht so erheblich sein, siewerden für jeden Arbeiter etwa eine Mark betragen. 2060 Markim Jahre dürften Leben und Gesundheit der Arbeiter doch wert sein.Ueber den TerroriSmus der Grubenbarone werde ichnoch bei späteren Paragraphen sprechen. Herr Beumer wird sehen,daß er seine kühnsten Träume noch übertrifft. Der Standpunktdes Herrn Beumer ist ja bekannt. Wir haben niemals denUnternehmern einen Vorwurf daraus gemacht, daß sie sich in ge-Heimen Konventikeln oder sonst über ihre Maßnahmen gegenüberden Arbeitern unterhalten. Aber ebenso wie sie Dokumente aus derArbeiterbewegung gegen sie benutzen, können sie uns auch keinenVorwurf daraus machen, daß wir daS Stenogramm der geheimenKonferenz im Palasthotel für uns ausnutzen. Tatsache ist, daß dortvon den einzelnen Rednern, wie Herrn Uthemann, derStandpunkt des HerrenmenschentumSvertreten worden ist, der die Organisationen der Ar-beiter nicht anerkennen will. Auch die christlichen Ar-beiter werden ja von den Herren genau so behandelt wie die sozial-demokratischen Organisationen. Die Arbeiter sollten daher endlichdazu kommen, gemeinsam gegen das Grubenkapital vorzugehen.Uebrigens scheinen sich ja neuerdings die Bergherren wieder an denMinister anzuklammern, nadjdem sich herausgestellt hat, daß vonArbeiterfreundlichkeit im Handelsministeriumnichts zu finden ist. Herr Beumer sagt, die Arbeiter habendie Freiheit, sich Arbeit zu suchen wo sie wollen. DaS Gegenteilbeweisen die schwarzen Listen» die die Freizügigkeit der Arbetter inunerhörter Weise vernichten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo-kraten.) Durch die sortgesetzte Nichtachtung der Arbeiter muß ihrWiderstand nur gesteigert werden. Hat doch Herr Beumer verlangt,es müsse jetzt, wenn der wirtschaftliche Aufschwung kommt, mitaller Macht dahin gearbeitet werden, die Löhne herabzusetzen..(Hörtlhört! bei den Sozialdemokraken.)' Glauben Sie. baß die?s-beiter ruhig zusehen werden, wie ihnen das Fell überdie Ohren gezogen wird? Die Brutalität der Unternehmer,die die Arbeiter auf die Knie zwingen wollen, führt dazu, daß dieArbeiter sich immer mehr zusammenschließen zu einer geivaltigenMacht gegen das Unternehmertum. Herr Beumer sprach von derFürsorge der Unternehmer für die Arbeiter. Nein, die Unter-nehmer brauchen die Arbeiter nur, um Gewinn zu machen, sie sindihnen völlig gleichgültig, wenn die Fabrik keinen Gewin*mehr abwirft; dann schließt eben der Unternehmer d-e Fabrik.Also die Verhältnisse sind wesentlich andere als Herr Beumer esdarstellte. Durch die immerwährenden Klagen' über die fort-schreitende Sozialpolitik werden Sie es erreichen, daß die Arbeiter-organisationen der verschiedensten Richtungen endlich dazu kommen,sich zu vereinigen, daß sie sagen:„Bis hierher und nichtweiter! Jetzt haben wir die Tyrannei deS Kapitals satt!"(Bravol bei den Sozialdemokraten.)Abg. Jmbusch(Z.): Der gute Wille der Regierung bei derVorlage ist anzuerkennen. Leider hat man auch diesmal wiederversucht, die Lorlage erheblich zu verschlechtern. Redner weist dieAngriffe des Abg. Beumer gegenüber den christlichen Gewerk-schaften zurück.Minister Dr. Delbrück: Daß die Vorlage die Herren von derSozialdemokratie nicht befriedigt, liegt in der Natur der Dinge.Würde ich einen Gesetzentwurf bringen, der genau ihren Forde-rungen entspräche, so würde er auch dann ihrer lebhaften Oppositiorbegegnen.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Die von der sozial«demokratischen Presse geübte Kritik schießt über das Ziel hinaus.Wir können keine Gesetze für die Arbeitgeber und auch keine fürdie Arbeitnehmer machen; wir müssen die allgemeinen politischenund öffentlichen Interessen berücksichtigen. Wenn ein Gesetz nichtallen Wünschen der Interessenten entspricht, so beweist das nochnicht, daß es nichts langt. Daß der Entwurf im allgemeinen dasRichtige trifft, beweist die Tatsache, daß in den Hauptpunkteneigentlich nichts geändert ist. Die Sicherheitsmänner werden gc-wählt durch direkte und geheime Wahl und in einer Zahl, die einesachgemäße Erfüllung ihrer Pflichten garantiert. Sie sind durchdie llnkündbarkeit während der Dauer ihrer Wahlperiode geschütztgegen Matzregelungen wegen aller derjenigen Handlungen, die siein korrekter Erfüllung ihrer Pflichten als Sicherheitsmänner vor-nehmen. Damit sind alle Garantien gegeben, die verständigerweiseverlangt werden konnten. Wenn Sie aber immer verlangen Garan-tien zum Schutze der Arbeiter gegen Beeinflussung durch die Werks-Verwaltung, so ist es nicht ganz unberechtigt, wenn von feiten derArbeitgeber auch Garantien zum Schutze der Selbständigkeit derSicherheitsmänner gegenüber den Arbeiterorganisationen verlangtwerden.(Sehr richtig! rechts.) Ich könnte Ihnen manches darübererzählen, wie die Organisationen eingreifen in die Tätigkeit derAusschüsse usw. Ich will gern zugeben, daß die einsichtsvollenFührer ein derartiges Verhalten im einzelnen Falle nicht billigen.Aber es ändert an der Tatsache nichts, daß auf diesem Gebiete nochschwere Unstimmigkeiten bestehen. Wenn die Regierung trotzdemdiese Vorlage gebracht hat, so ist das ein Vertrauensvotum gegen-über den Arbeitern. Wir wollen den Arbeitern, die auf dem Lodender gegenwärtigen Staats- und Wirtschaftsordnung ihre Interessenvertreten, dabei loyal die Hand reichen. Nehmen Sie dankbar an,was Ihnen geboten wird, aber vergessen Sie nicht, daß es eingroßes Vertrauen ist, was Ihnen entgegengebracht wird, wenn wirden Entwurf so annehmen» wie er aus der Kommissioll gekommenist.(Bravol rechts.)Abg. K-rfanty(Pole)': Auf di« Ausführungen de» HerrnAbg. Beumer einzugehen verlohnt sich nicht. Ich wundere mich,daß Herr Leinert so scharf dagegen vorgegangen ist. Die Sozial-demokratie sollte Herrn Beumer lieber als bezahlten Agitator an»stellen.(Heiterkeit.)Abg. Beumer(natl.) betont, daß er nicht gegen die Gewerk»schaften gesprochen habe, sondern nur gegen das Hineinziehen vonPolitik und Religion in die Gewerkschaften. Die schwarzen Listendienen in erster Linie dazu, dem Ueberhanbnehmen des Kontrakt-bruchs zu steuern, eS kommen in dieselben nur kontraktbrüchigeArbeiter hinein und das von Rechts wegen. Die Behauptung, daßHerr Bueck gesagt habe, die Löhne der Arbeiter müßten bei steigen.der Konjunktur herabgesetzt werden, ist eine Erfindung.(Abg.Leinert(Soz.): E s h a t i n d e r„P oft" g e st a n d e nl) Nachdem stenographischen Protokoll hat Herr Bueck diese Aeußerung nichtgetan.Abg. Spitzing(fk.) tritt für die Kommissionsbeschlüsse ein.Unsere Zustimmung zum 8 80f beweist, daß wir durchaus un-parteiisch an das Gesetz herangetreten sind. Lieber hätten wir g»sehen, daß das Gesetz auf den Steinkohlenbergbau vorläufig ve-schränkt geblieben wäre.Abg. Wolff-Lissa(frs. Vg.): Herr Beumer hat den Standpunktder Bergherren ebenso extrem vertreten, wie die Sozialdemokratieden Standpunkt der Arbeiter. Unser Standpunkt liegt in derMitte. Grubenkontrolleure im Hauptamt wünschen wir nicht,sondern treten für die Sicherheitsmänner ein. Die Ausdehnungder Sicherheitsmänner auf den Betrieb über Tage halten wir da-gegen für gerechtfertigt.Abg. Brust(Z.) bestreitet gegenüber dem Abg. Beumer. daß inder Zentrnmsfraktion, solange er derselben angehöre, jemals vonMinisterstürzerei die Rede gewesen sei.Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.Abg. Leinert(Soz.):Gegenüber Herrn Beumer stelle ich fest, daß die Acuße-rung deS Herrn' Bueck nach der„Post" gelautet hat:„ES seikein Zweifel, daß in absehbarer Zeit ein wirtschaftlicher Auf-schivung kommen werde. Allein, wenn angesichts der erhöhtenSelbstkosten die deutsche Industrie auf dem Weltmarkte den Kon-kurrenzkampf bestehen wolle, werde es erforderlich werden,die Arbeitslöhne herabzusetzen."(Hört, hört! bei den Sozialdemo-kraten.) Daß das eine Erfindung war, konnte ich nichtwissen, zumal dies seit dem 3 0. April in allenBlättern gestanden hat und nicht widerrufen worden ist.(Hort, hört! bei den Sozialdemokraten.)In der Abstimmung wird hierauf der Antrag auf Streichungder Worte„unterirdisch betriebenen" angenommen, da dieKonservativen ans Versehen dafür stimmen. Die anderen Anträgewerden abgelehnt. Bei der Ablehnung über den ganzen 8**0kstimmt die Rechte dagegen, der Paragraph wird daher ab-gelehnt.§ 80 kb bestimmt, daß die Wahl der Sicherheitsmännernach Steigerabteilungen unmittelbar und geheim erfolgt. ZurWahl berechtigt sollen volljährige Arbeiter fem, die seit EröffrowgdeS Betriebes oder mindestens ein Jahr ununterbrochen auf demBergwerk gearbeitet haben. Die Sicherheitsmänner müssen min-destens 30 Jahr« alt sein, mindestens ein Jahr auf dem Bergwerkund außerdem mindestens zwei Jahre auf gleichartigen Bergwerkendesselben Bezirks unter Tage gearbeitet haben. Sie müssen min-deften» fünf Jahre als Hauer beschäftigt sein, sie dürfen nicktKnappschastsinvaliden sein und weder selbst Gast- oder Schant-Wirtschaft betreiben, noch denselben Hausstand mit einem Ange-hörigen teilen, der ein solckxs Gewerbe betreibt.Die Abag. Borgmann(Soz.) und Gen. beantragen, dem zweitenAbsatz des Paragraphen folgende Fassung zu geben:„Zur Wahlberechtigt sind alle zur Zeit der Wahl auf dem Bergwerk beschäftigten volljährigen Arbeiter. Die Sicherheitsmänner müssen min-destens 25 Jahre alt sein und seit Eröffnung des Betriebes odermindestens ein Jahr ununterbrochen auf dem Bergwerk gearbeitethaben. Sie müssen mindestens fünf Jahre unterirdisch oder imTagebau, davon mindestens 2 Jahre als Hauer beschäftigt gewesensein, d>« deutsche Reichsangehörigkei.» besitzen und lesen und schreibenkönnen. Eine Unterbrechung der Arbeit liegt nicht vor, wenn Ar»beiter nach Beendigung einer militärischen Dienstleistung, einesAusstandes, einer Aussperrung oder Krankheit wieder zur Beschäf-tigung auf demselben Bergwerke angenommen werden, ohne in-zwischen auf eineni anderen Bergwerke beichllftigt gewesen zu sein.Ferner beantragen sie, daß die Sicherheitsmänner nicht aufmindestens 5, sondern auf 3 Jahre zu wählen find, daß der Wahl-