Nr. 116. 26. Zahrgasg.I Stilajt ilrs.Amärls" KcrlimD>>Mrstag> 29. W 1909.StadtvcrordDcten-Vcrfammlung.19, auherordentliche Sitzung vom Mittwoch, den 1V. Mai,nachmittags 5 Uhr.Der Vorsteher-Stellvertreter Cassel eröffnet die Sitzung nach6% Uhr.In den Nusschub zur Vorberatung des Antrage? Groncwaldtbetr. den Bau einer Untergrundbahn statt einer Hochbahn in derSchönhauser Allee find auch die sozialdemokratischen Stadtver-ordneten Borg mann, Hintze, Mars gewählt worden.In das Kuratorium der städtischen Sparkasse sindgemäß dem neuen Sparkassenstaiut 4 weitere Mitglieder zuwählen. Die Wahl wird in der nächsten Sitzung vorgenommenwerden.Den Magistratsbauräten und Stadtbauinspektoren ist daS volleStimmrecht in den Baudeputationen verliehen worden.Von den Stadtv. Dr. Arons und Gen.(Soz.j ist am 15. Maid. I. folgender schleuniger Antrag eingebracht worden:„Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zuersuchen:Die Anordnung der Schuldeputation rückgängig zu machen,durch die dem Turnverein„Fichte" die Entziehungder Benutzung der städtischen Turnhallen auf Er-suchen des Provinzialschulkollegiums angedroht ist, cventl.dem Turnverein„Fichte" andere Räume, auf deren Benutzungdem Provinzialschulkollegium eine Einwirkung nicht zusteht, zurVerfügung zu stellen."Stadtv. Zubeil sSoz.): Am 17. Juli 1908 ist dem VorsitzendendeS Turnvereins„Fichte" eine Verfügung der Schuldeputation zu-gegangen, welche den Verein aufforderte, diejenigen Turnwarteanzugeben, welche die Jugend bis zum Li. Lebensjahr im Turnenunierrichten, widrigenfalls die städtischen Turnhallen dem Vereinin Zukunft entzogen werden würden. Unterm 19. April d. I.wird nochmals dieses Verlangen gestellt. Heute hat der Vor-sitzende des Turnvereins persönlich beim Stadtrat Hirsekorn er-fahren, daß zufolge einer neuen Verfügung ein Aufschub von zehnTagen gewährt werden würde. Man stützt sich bei diesem Vor-gehen auf KabinettSordcrs von 1834 uno 1839, welche meinerMeinung nach völlig ungültig sind. Die Order von 1834 spricht voneinem„gewerblichen" Turnunterricht; in der Instruktion von 1889ist von dem Unterricht der„schulpflichtigen" Jugend die Rede undvon Personen, welche ein Gewerbe daraus machen. Privat-Unterricht zu erteilen. Die 1342 erlasienen Spezialvorschriftenbeziehen sich ebenfalls nicht auf eine Tätigkeit, wie sie der Turn-verein„Fichte" ausübt. Für Berlin wird jetzt der Begriff derJugend bis zum LI. Jahre ausgedehnt, während in den Rcgierungs-ibezirken Frankfurt und Potsdam die Grenze schon beim 13. Jahregezogen ist. Die Schuldeputation befindet sich mit ihrem Erlaßnicht auf gesetzlichem Boden. Der Turnunterricht wird in diesemVerein nicht gewerbsmäßig betrieben. Auch auf das Landrccht läßtsich dieses Vorgehen nicht stützen. Inwieweit kann die Schul-deputation nachweisen, daß die Turnwarte im Verein„Fichte" indiesem Sinne ein Gewerbe betreiben? Nur für die schulpflichtigeJugend können die Behörden solche Verfügungen erlassen, nichtaber für diejenigen, welche dem Schulzwange entwachsen sind.Niemand hier wird bestreiten wollen, daß ein junger Mann von18 Jahren nicht mehr unter die Schulaufsicht gehört. Mit17 Jahren kann man schon freiwillig ins Heer treten; ein Teilder Jugend muß sich mit dem 20. Lebensjahr stellen und Soldatwerden und gegebenenfalls bereit sein, ihr AlleS für die sogenannteEhre deS Vaterlandes einzusetzen.(Große Unruhe.) MancheMädchen heiraten schon mit 17, 18 Jahren, haben schon mit19 Jahren Kinder(Heiterkeit); wenn sie aber turnen wollen,müssen sie sich der Schulaufsicht unterstellen und werden nicht davonentbunden.(Heiterkeit und andauernde Unruhe.) Als dasProvinzialschulkollegium ein solche? Ansinnen an die Schul-deputation stellte, mußte diese ein solches Verlangen nachdrücklichstzurückweisen. Im neuen Reichsvcreinsgesctz werden Mädchen undjunge Männer mit dem 18. Jahre vereinSmündig; sollen dieselbenLeute als Turner bürgerlich herabgesetzt werden, der Schulaufsichtunterstehen? Da» sind Zustände, denen unter keinen Umständenstattgegeben werden darf. ES wird auf das SchulunterhaltungS-gcsetz verwiesen, wonach die Städte Einspruch gegen solche Ver-fügungcn auf dem Schulgebict nicht mehr erheben können; aberdie Verfügungen stützen sich ja auf alte, vergilbte Verordnungen,nicht auf dieses neue Gesetz. Ich meine, die Herren von derSchuldeputation hätten die Verfügung nicht weiter geben dürfen,denn eS ist eine Blamage für die Vertreter Berlins, solchem unge-setzlichen Verlangen nachzugeben. Jeder blamiert sich so gut erkann, aber ich hätte erwartet, diesem Gelächter, diesem Spott hättesich die Schuldeputation nicht ausgesetzt. Am 9. Oktober 1994 zolltedie Versammlung den beherzten und kräftigen Worten Beifall, dieder Oberbürgermeister fand, als den freien Gemeinden und denpolnischen Sokols die städtischen Räume entzogen werden sollten.Ich bin gespannt, ob heute etwa? Achnliches aus seinem Mundegeschehen wird. Das Vorgehen gegen den Verein stützt sich auf§ 35 der Reichsgewerbcordnung. Nach dem LandmannschenKommentar bedarf es aber eines Gewerbescheines für Erteilungvon gewerblichem Unterricht nicht mehr. Bei den Schüler-abteilungen ist der Turnverein„Fichte" dem Verlangen der Re-§ierung nachgekommen; hier aber haben wir es zu tun mit deniugendabteilungen, da ist dieses Verlangen bisher und mit Rechtnicht erfüllt worden. DaS Vorgehen gegen den Verein„Fichte"ist nur zu verstehen daraus, daß es ein Arbeitrrturnverem ist.Der Verein gibt sich die größte Mühe, den Anforderungen nach-zukommen; aber alle seine Gesuche um Erlaubnisscheine sind ab-schlägig beschiedcn worden. Sämtliche bürgerlichen Vereine da-gegen bekommen diese ohne weitere?. Um den Verein zu diS-kreditieren, hat sich der Ministerialdirektor Schwartzkopff damitgeholfen, daß er aus den Liederbüchern des Vereins zitierte. Waser vorgelesen hat, stammt aus dem Liederbuch für Erwachsene, da-neben gibv eS eins für Leute von 16—13 Jahren und eins fürSchüler. Erwachsenen Leuten wird man doch nicht verwehrenkönnen, zu singen, was sie Lust haben; es kann doch nicht jeder„Deutschland, Deutschland über alles" oder„Heil dir im Sieger-kränz" singen.(Unruhe.) Auch im Statut des Vereins wird mannichts von polit>scki«n Dingen finden; ihm ist eS nur darum zutun, die Zlrbeiterjugend körperlich und geistig auszubilden, daßsie im Kampfe umS Dasein widerstandsfähig wird. Warum istseit dem 6. Oktober 1904 die städtische Vertretung nicht dazu über-gegangen, Turnhallen außerhalb der Schulräume zu erbauen?Schöncbery hat sofort dem dortigen Arbeiterturnvcrein einen Platzzur Verfügung gestellt und zur Herstellung einer provisorischenTurnballe eine Beihilfe von 250 M. gewährt; ähnlich Weißenscc.Was diese Gemeinden können, müßte auch Berlin können. Ergingees den bürgerlichen Vereinen so, dann würden wir die bezüglich«Vorlage in kürzester Zeit haben. Der Turnhcrein„Fichte" wirdallerdings durch diese Maßnahmen, so schwer sie ihn tresfen, nichtverhindert werden, seiner Tradition getreu zu bleiben. ES sollteaber erwogen werden, ob dem Verein andere Räume angewiesenwerden könnten. Die höheren Lehranstalten stehen ja hinsichtlichihrer Turnhallen nicht so unter dem Befehl deS Vrovinzialschul-kollegrumS, wie die Volksschulen. DaS AuShilfSmittel der Mietevon Sälen droht zu versagen, indem auch gegen die Gastwirte,welche sie hergeben, mit Strafandrohungen eingeschritten wird.Daß ein Teil der Mitglieder deS Vereins der Sozialdemokratiezuneigt, werden Sie ihnen nicht verdenken können, da ja oft dieVäter Sozialdemokraten sind; aber deshalb darf nicht mit zweierleiMaß gemessen werden. Auch nachgeordnet« Behörden sind nicht ge-zwungen, auf rechtsungültige Befehle zu reagieren.(Beifall beiden Sozialdemokraten.)Stadtsyndikus Hirsekorn: Seit 1. April 1909 ist die Aufsichtüber das Privatunterrichtswesen von der Stadt auf das Provinzial-schulkollegium übergegangen. Diese Behörde gibt jetzt die Unter-richtserlaubnisscheine aus. Sie hat das jugendliche Alter bis auf21 Jahre erstreckt und den Nachweis des Vorhandenseins von Er-laubnisscheinen von allen Vereinen, welche jugendliche Personenunterrichten, gefordert. Der Turnverein„Fichte" hat die Be-rechtigung dieses Verlangens in einer längeren Erwiderung andie Schuldeputation bestritten. Er sagt darin, die betreffendenLehrer hätten Erlaubnisscheine, sie würden aber schon aus prinzi-piellen Gründen nicht vorgelegt werden. Wir können den Turn-verein„Fichte" nicht anders behandeln als die anderen Vereine.Wir haben aber auch diese Eingabe dem Provinzialschulkollegiumübergeben, und die Antwort geht dahin, daß die betreffenden Ein-Wendungen bereits wiederholt geprüft und als unzutreffend vomNnterrichtsminister zurückgewiesen seien. Weder die Schuldcputation noch der Magistrat hat diese Stellungnahme der Unterrichts�Verwaltung nachzuprüfen oder davon abzuweichen. Hinzu kommt,daß auch die Gastwirte und diejenigen, welche ohne Schein denUnterricht erteilen, mit Strafe bedroht worden sind; würde derMagistrat sich darüber hinwegsetzen, so würde er sich die Begünstigung einer strafbaren Handlung zuschulden kommen lassen. EShandelt sich aber nicht darum, dem Verein die städtischen Turnhallen überhaupt zu sperren; er wird in seinen Männer- undFrauenabteilungen in den städtischen Turnhallen weiterturnenkönnen; aber dem Unterricht der jungen Leute gegenüber muß derMagistrat sich der ergangenen Anordnung fügen. Darum würdecS auch gar nichts helfen, wenn der Magistrat andere Räume her-geben wollte. ES handelt sich hier um eine Verwaltungspraxis,gegen die cS keine Berufung gibt.Stadtv. Stadthagen(Soz.): Der Magistratsvcrtreter hat dengrundsätzlichen Standpunkt verschoben, den Grundsatz, daß überdas Eigentum der Stadt die Stadt allein zu bestimmen habe, unddaß religiöse oder politische Ansichten nicht mitbestimmend seindürfen. Schon 1897 und auch später, 1904, haben der Oberbürger-meister und der Kollege Cassel sich energisch gegen daS Verlangender Bheörde gewendet, daß den polnischen, tschechischen und sozial-demokratischen Turnvereinen städtische Räume nicht zur Verfügunggestellt werden sollten. Ueber jenen Eingriff in die Selbstverwal-tung war die gesamte Bürgerschaft und ihre Vertretung in ihrerEntrüstung einmütig. Heute handelt cS sich um genau dasselbe,nur daß man diesmal den Magistrat vorschiebt, der alS eine ArtDiener zu tun habe, was daS Provinzialschulkollegium befiehlt.DainalS ging man gegen Turner vor, weil sie anderer Ansicht sindalS ein Schwartzkopff und Holle. Im Jahre 1907 suchte die UnterrichtSvcrwaltung in anderer Weife ihnen beizukommen. Man griffauf alte Scharteken zurück, die man ausgrub, um gegendiese Turnvereine vorzugehen, man empfahl ausdrücklichden Umweg über die Erlaubnisscheine: und cS ist ausdrücklich gesagt, daß bei Zugehörigkeit zur sozialdemo-kratischen Partei der Versagungsgrund deS Mangels an sittlicherTüchtigkeit gegeben wäre. Und dieser Weg wurde deswegen ge-wählt, weil eine gerichtliche Entscheidung dagegen nicht möglich ist.Diese Anordnung ist rechtswidrig, weil sie gegen die Verfassungverstößt, und sie steht so tief, wie man sich nur denken kann, weilsie gegen die Gesinnung ergeht, weil sie die Gesinnungslosigkeitzur Voraussetzung macht. Wenn ein solcher Erlaß besteht, dannist es durchaus gerechtfertigt, wenn ein Sozialdemokrat es alseine Beleidigung ansieht, sich da? attestieren lassen zu sollen, weilder in Krankheit gegangene Minister den Moralsatz aufgestellt hat,daß der Erlaubnisschein denjenigen zu versagen ist, die als Sozial-demokraten bekannt sind, weil sie in diesem Falle sittlich untüchtigwären.(Unruhe.) Der Minister hat aber auch rein Recht dazu.Verlangt er etwas, was ungesetzlnh ist, so haben auch die nachgeordneten Behörden daS nachzuprüfen und nicht ohne weiteresauszuführen.(Der Vorsteher ersucht, die Krankheit des MinistersauS dem Spiel zu lassen.) Ich habe den Umstand, daß der Ministerin Krankheit gegangen ist, ausdrücklich als MilderungSgrund an-geführt. Man will cS den Sozialdemokraten unmöglich machen, ihreRechte auszuüben; die städtischen Behörden sind früher dagegenaufgetreten, heute wollen sie es nicht mehr, obwohl sich in der Sachenichts geändert hat. ES hat noch keine Behörde gewagt, nach derAndrohung gegen die Gastwirte wirklich strafrechtlich vorzugehen.Der Reichsanwalt beim Reichsgericht hat selbst in einem ähnlichenFalle erklärt, jene Verordnungen von 1834 usw. seien durch den§ 35 der Gewerbeordnung aufgehoben worden. Eine grundsätzlicheEntscheidung darüber ist allerdings noch nicht erfolgt. Ich zweiflenicht, daß die Verfügung als ungesetzlich erachtet werden wird unddiejenigen, welche, wie auch unsere..VorwärtS"-Nedaktion voreinigen Tagen öffentlich zum Ungehorsam dagegen aufgeforderthaben, freigesprochen werden. CS handelt sich hier um Leute,die nicht mehr schulpflichtig sind; auch aus diesem Grund trifft dieVerfügung nicht zu. Wie wird mit dem Begriff„jugendlichePerson" gespielt! Erst ging man bis zum 16., dann bis zum 13.,jetzt bis zum 21. Jahre. So könnte man ja schließlich bis zum60. Jahre gehen.(Heiterkeit.) Für die Großjährigkeit bestandenja früher nach den Konfessionen auch ganz verschiedene Alters-grenzen. Die Verfügungen entbehren eines gesetzlichen Grundes,und die Strafberfügungen, die darauf ergehen, sind ebenso rechts-widrig. Wenn sich der Minister und daS Provinzialschulkollegiumdarauf steifen, daß eS kein Verwaltungsstreitverfahren gibt, somuß die Stadtvcrtretung erklären: Nein, dann führe du selbstgefälligst deine Verfügungen an»! Ich muß eS außererordentlichbedauern, daß die Herren voin Magistrat jetzt weich gemacht wordensind. Ich bitte Sie, zunächst für unseren Prinzipalantrag zustimmen, dann ist die Sache soweit erledigt, bis die oberste Instanzeventuell Zwangsmaßrcgeln anordnet. Eventuell haben wir ge-beten, dem Verein andere Räume zur Verfügung zu stellen. Ichwar sehr erstaunt, daß der Stadtrat erklärte, hierauf könne mannicht eingehen, denn man würde sich der Begünstigung einer straf-baren Handlung schuldig machen. Mit welchem Recht entziehtder Magistrat dem Stadtsäckel die Mietssumme von 5500 M.? Hierliegt ein rechtswidriges Vorgehen vor. Im Jahre 1903/1904 warenwir in der Frage einmütig. Nehmen Sie unter allen Umständenwenigstens den Eventualantrag an. DaS jetzige Vorgehen der Re-gierung ist genau dasselbe, nur minder offen und minder kühn.wie seinerzeit gegen Jahn und Ernst Moritz Arndt; die„Schmalz-gesellen" haben sich damals im schlechtesten Sinne unsterblich ge-macht. Dazu sollten der Magistrat und die Stadtberwaltung vonBerlin sich nicht gebrauchen lassen.(Beifall bei den Sozialdemo-kraten.)Oberbürgermeister Kirsckinrr: Ich möchte nur Stellung nehmengegen die wiederholte Behauptung, daß der jetzige Fall so läge wieder 1904. DaS Gegenteil trifft zu. Damals verlangte da« Pro-vinzialschulkollcgium unter dem Anspruch, als Besitzer der Schulezu gelten, wir sollten die Schulränme, nämlich den freireligiösenGemeinden die Aulen, den Sokol- usw. Turnvereinen die Benutzungder Turnhallen tvrweigern, obwohl c8 sich durchweg um staatlicherlaubte Zwecke handelte. Heute aber können wir uns nicht überein— vielleicht irrtümlich erlassenes— Verbot, dessen lieber-tretung unter Straf« gestellt ist, hinwegsetzen; damit würde jedestaatliche Autorität verneint. Da? Verbot besteht zurzeit und wirkönnen cS nicht mißachten. Darum ist auch dem Eventualantragnicht zu entsprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendeinestädtische Behörde ein Lokal hergibt, bevor die Frage prinzipiellander» entschieden ist. Wir können unS in den Streit zwischendem Staat und dem Verein nicht einmischen, wir können die Recht?-frage nicht zum Austrag bringen, wir sind dazu gar nickst legiti-miert. Gelingt es dem Verein, seine Auffassung zur Geltung zubringen, so werden wir eine entsprechende Entscheidung zu treffenin der Lage sein. Den RechtSstandpunkt zu verschieben hat sich nurder Vorredner demüht, ich hoffe, ohne Erfolg.>Stadtv. Preuß(soz.-fortschr.): Ich fürchte, daß die HerrenZubeil und Stadthagen hier und in der Oeffentlichkeit den Haupt-gesichtSpunkt verschoben haben. Es könnte nach ihren Ausführungenden Anschein haben, als ob die Schuldeputation Sozialdemokratendie Erlaubnisscheine für Turnwarte nicht ausstellen wollte. Dasist nicht der Fall, im Gegenteil, und das ist wohl der Hauptgrund,weshalb der Deputation"vom 1. April an das Recht abgenommenirmrde, die Erlaubnisscheine auszustellen. Wir haben auch jetztstets bei Vcrsagungen geschrieben:„Auf Anordnung des Provinzial-Schulkollegiums", weil wir den Grund„wegen mangelnder sittlicherOualifikation" nicht angeben wollten. Die Schuldeputation hates einstimmig abgelehnt, derartige Qualifikationen auszu-stellen. Ich stelle das ausdrücklich fest! Warum hat sich aber HerrZubeil nicht an die richtige Adresse gewandt mit seinen Angriffen,warum gegen die Schuldeputation, die gerade das Gegenteil vondem getan hat, was er ihr zugeschoben hat?Damit schließt die Beratung. Im Schlußwort bemerktStadtv. Zubeil: Der Turnverein„Fichte" gibt sich, wie ichwiederhole, die größte Mühe, Erlaubnisscheine für seine Turn-warte zu erhalten. Nun sollte man denken, daß die städtische Ver-loaltung mit regelrechten Scheinen versehenen Turnlehrern undTurnlehrerinnen nichts in den Weg legt. Bis zum vorigen Jahreunterrichtete im Verein ein städtische Lehrerin. Da wurde ihrnahegelegt, zwischen dem Verein und der städtischen Schule zuwählen. Sie ist diesem Wink mit dem Zaunpfahl gefolgt und hatden Turnunterricht im Turnverein„Fichte" eingestellt. Denaufgezwungenen Kampf sollte doch die Stadt demVerein nicht noch auf diese Weise erschweren; der Turnunterrichtder Mädcben hat doch wahrlich keinen politischen Elstirakter. Mitdem Wohlwollen der städtischen Behörden für den Verein scheinres also doch nicht allzuweit her zu sein. Bis zum vorigen Jahrehatte der Verein 14 geprüfte Lehrer und Lehrerinnen als Turn-warte; dank dieser Einwirkungen sind es jetzt nur noch LI Ich bitteSie auch, wenigstens" den Eventualantrag anzunehmen.Auf Anrrag Singer(Soz.) wird getrennt abgestimmt. Für denHauptantrag stimmen nur die Sozialdemokraten, für den eventu-cllen Antrag auch noch die Sozial-Fortschrittlichen. Der Antragist somit abgelehnt.Schluß%8 Uhr._Hua Induftnc und FtendcLKosten Bülowscher Diplomatie und Wirtschaftspolitik.Mit mehr oder minder vorsichtiger Zurückhaltung, oder von derWucht der Tatsachen doch zum Bekennen gezwungen, bricht sich ineiner Reihe HandelSkanunerberichten die Klage über die bösen Folgenpreußischer Säbelrasselei und unsere Wirtschaftspolitik durch. DenMillionenraub, den die Agrarier heimbrachten, muß das deutscheVolk bezahlen. Für viele taufende Proletarier bedingt die Beuteder Junker empfindliche Verschlechterung der Lebenshaltung. Ohnezu verkennen, daß die augenblickliche Krise uns auch dann heim-gesucht haben würde, wenn die neuen Handelsverträge nicht den„berühmten" agrarischen Zolltarif zur Grundlage hätten, ist dochunbestreitbar die Intensität des wirtschaftlichen Rückgangs und dierelative Bedeutung der Erwerbsverminderuug ganz wesentlich vonjenen bedingt. Ueber die Ursachen der für manche Industrie all-gemein verschlechterten Erwerbsverhältnisse spricht die Handelskammerin Pforzheim in ihrem letzten Jahresbericht sich also auS:„Die im europäischen Auslände eingetretene Verschlechterungder Absatzverhältnisse ist in erster Linie politischen Ursachen zuzu-schreibe», dem trotz aller Schönfärberei fortgesetzt gespannten Ver-hältnis zwischen Deutschland und Großbritannien, der deutscher«seitS befolgten Marokkopolitik und der Ortentkrise. Die furchtbareKatastrophe in Süditalien am Ende des Berichtsjahres wird erstin der Folgezeit ihre Wirkungen äußern. Neben den rein politi-schen Ursachen haben aber auch handelspolitische und Wirtschaft-liche in demselben ungünstigen Sinne ihre Wirkung geäußert.In der Gruppe der sogenannten Handelsvertragsstaaten ist jaDank den noch für eine Reihe von Jahren gültigen Handels-Verträgen die Stabilität der gegenseitigen Handelsbeziehungengewährleistet. Dies hindert ober nicht, daß auch durch dieHnndelsvertragsstaaten ein hochichutzzöllnerischer Zug geht, der dieMißerfolge und Lücken der handelsvertraglichen Abmachungendurch allerhand kleine Mittel, Erläuterungen zu den Waren-Verzeichnissen, Zolltarifentscheidungen, Auslegung de» Zolltarifsund Verordnungen aller Art den Handelsverkehr von Land zuLand, den Musterverkehr, den PnnzierungSverkehr im Interesseder einheimischen Edelmetallindustrie so erschwert und un-erfreulich gestaltet, daß sich in der Ueberwindung dieser zahllosenkleinen Widerwärtigkeiten und Weiterungen ein großer Teilder Unternehmungslust und Schaffensfreudigkeit des Einzelnenerschöpft."Ueber die Verschiebung im Außenhandel für den Bezirk derHandelskammer macht diese folgende Angaben. ES betrug inDoppelzentner:W aauS GoldEinfuhr SRückgang—Zunahme+«»-fuhr ISRückgang—36,2127,030,81205,75204,5491,21r e naus Silb.273,15273,81bergold.Metalle3249470,661 319.681 096,9222,7612890383073versilberteMetalle45343221Demnach ist, bei Zunahme der Einfuhr,zurückgegangen. Dafür erfreuen wir unsHerrschaft und deS— persönlichen Regiments.979791188der Export empfindlichaber auch der Junker-Rhciuisch-WestfiilischeS Kohlensyndikat.AuS dem der Zechenbesitzerversammlung des Rheinisch-WestfälischenKohlensyndikats erstatteten Bericht ist folgendes zu entnehmen: DerrechiiungSinätzige Absatz betrug im April bei 24(im gleichen MonatdeS Vorjahres 24) Arbeitstagen 5 223 169(Vorjahr 5 302 334) Tonnenoder arbeitstäglich 217 340(Vorjahr 220 931) Tonnen.Die Förderung stellte sich insgesamt auf 6 477 822(Vorjahr6 489 646) Tonnen oder arbeitstäglich 269 909(Vorjahr 270 402)Tonnen und im März 1909 auf 6 907 019 resp. 263 125 Tonnen.Ein unerfreuliches Bild zeigte der Verlaus des AbsatzgeschäftS inKoks, in dem sowohl der Veriaud von HochofenkokS als auch der vonBrech- und SiebkokS eine starke Abschwächung erfahren hat. ImApril d. I. sind insgesamt 57 651 Tonnen und arbeitstäglich 1411gleich 5.57 Proz. weniger als im Vormonat versandt worden. Aufdie KokSbeteiltgung wurden 62,57 Proz, gegen 66,39 Proz. im Bor-jähre abgesetzt..Gingegangene Druckrchriften.Süddeutsche Monatshefte. Heft 6. Herausgegeben von P. N. Cotzmann.Pro Jahr 15 M. Verlag in München.Meisterbildervergleichmappen. Von F. Diedertch. 50 Pfennige.G. D. Sil Tallwey, München.1889. Die erste Erhebung der Bergarbeiter. Von A. Bredenbeck.26 Pf. A. Kerisch, Dortmund.11. Jahresbericht des ArbeitersekretarlatS und Gewerkschaftsvereins München 1998. 112 Seiten. 03. Pirl u. Co., München.I. L. Windholz t.Im Garten der Bianca Capcllo'. Sloocllen. Geb.4 M.„Ahasver",„Der Einsiedler'. Zwei Erzählungen. Geb. 5 M.»Liebe".Vier Novellen. Geb. 4 M. Verlag„Lumen", Wien und Leipzig.Bebel und Bibel. Von W. ErHardt. 10 Ps. Moritz U. Wünzei.Wiesbaden.