Die Berliner StadtvZter in London . Die DesuchZwoche geht zu I Im wissenschaftlichen Theater der Urania gelangt in dieser Woche Ende i sie wurde beschlossen mit einem lukullischen Mahl und diversen VerbniderungZreden beim Sekt; so wie sie begonnen. Offiziös wird aus London gemeldet: London , 29. Mai. Gestern abend der- anstaltete die City von London zu Ehren der Berliner Gäste in de Keysers Hotel ein Abschiedsbankett, an dem der Lordmahor Truscott und der frühere Lordmahor Treloar teilnahmen. Der Ob mann des Empfangskomitees Neal sagte in einer Ansprache: Von heute an ist es gewiß, daß Deutschland und England Freunde sein müssen. Sowohl die Deutschen als auch die Engländer nahmen diese Worte mit lautem Beifall auf. Alle Anwesenden sangen die Wacht am Rhein. Oberbürgermeister Kirschner rühmte iu bewegten Worten die außerordentliche Herzlichkeit des Empfangs, für den er im Namen des deutschen Volkes innigen Dank sage. Die Erinnerung daran werde nie schwinden. Auch der Lordmahor hielt eine Rede und erklärte, nie habe die Stadt London ihren Wünschen so ent schiedenen Ausdruck gegeben wie in dieser Woche, welche die Ver> brüderung von Berlin und London geschaut habe. Die Erinnerung daran werde in London lange Jahre lebendig bleiben. Schließlich dankte er dem Oberbürgermeister für die den Armen Londons ge- widmete Spende. Eröffnung neuer Straßenbahnverdmdungen. Zwei neue Straßen- bahnverbindungen eröffnet die Große Berliner Straßenbahn am nächsten Mittwoch, den 2. Juni. Einmal wird die vielbenutzte Linie 33 Pappelallee— Opernplatz— Lützowplatz—Leipnitzstraße bis zum künftigen Bahnhof Witzleben verlängert. Jeder zweite Wagen geht jetzt weiter durch die Kantstratze und die Neue Kantstraße bis zum künftigen Bahnhof. Der Betrieb gilt als ein Versuchsbetrieb bis zum 9. Juni 1919. Ebenfalls am Mittwoch wird die Linie 76 Zentralviehhof— Alexanderplatz — Schloßplatz— HallescheS Tor— Zoolo- gischer Garten bis zur Leipnitzftraße verlängert. Sie wird über den Kurfürstendamm und die Kantstraße bis zu der neuen Endstelle ge- führt. Auch dieser Betrieb gilt als ein Versuchsbetrieb auf die Dauer von einem Jahr. Die Sterblichkeit hat in Berlin im Jahre 1908 sich nahezu auf derselben mäßigen Höhe wie im vorhergehenden Jahre gehalten. In 1907 waren 32 363 Personen gestorben, in 1908 starben 32 408 Personen(beide Male ungerechnet die Totgeborenen). Da auch der Durchschnitt der Bevölkerungszahl sich im letzten Jahr nur wenig höher als im vorletzten stellte, so ergibt sich für beide Jahre fast genau dieselbe Sterbeziffer. Auf je 1000 Personen der Bevölkerung starben 16.43 in 1907 und 16,41 in 1908. Es ist bekannt, daß die Gesamtsterblichkeit alljährlich stark durch die Kinder« sterblichkeit beeinflußt wird. So erklärt sich denn auch die Ueber- einstimmung der Sterbeziffern der beiden Jahre großenteils daraus, daß in beiden die Zahl der Sterbefälle von Kindern des ersten Lebensjahres nahezu gleich war. Von Kindern dieses Alters starben im vorletzten Jahre 8296(= 25,6 Proz. aller Sterbefälle), im letzten Jahre 8260(— 25,5 Proz. aller Sterbefälle). . Ganz gewaltige Mengen Pfingstmmen sind gestern in der Reichs- Hauptstadt abgesetzt worden. Die vorgeschrittene Vegetation hat diese Massenanfuhr veranlaßt, zugleich aber auch den Preis reguliert, denn schon für 10 Pf. gab es ein Bündel der duftenden Birkenreiser, das zum Schmucke eines Zimmer? vollständig genügte. Die größeren Restaurationsbetriebe haben große Birkenstämme direkt von der Forstverwaltung bezogen. AusstcllungSmacher. Die„Ständige AusstellungSlommission für die Deutsche Industrie" bringt zu öffentlicher Kenntnis: Unter dem Decknamen eines angeblich gemeinnützigen Jugendfürsorgevereins will im Juni dieses Jahres ein bekannter Ausstellungsmacher w einem Berliner Lokale eine„Ausstellung für Kinder- fürsorge, Jugenderziehung, Wohlfahrtspflege, Berlin 1909' inszenieren, die mit einer Spezialabteilung: „Haus lind Herd, Hauswirtschaft und Wohnungswesen, Nahrungs- und Genußmittel" verbunden sein soll und für die be- rcits bei heimischen Gewerbetreibenden— unter irreführenden Angaben bezüglich eines eventuellen hohen Protektorats— geworben wird. Der Polizeipräsident von Berlin hat dem betreffenden Verein durch Erlaß vom 24. Mai a. c. mitgeteilt, daß irgendwelcher öffentlicher Nutzen der Ausstellung nicht zuerkannt werden könne und daß behördlicherseits von jeder Förderung Abstand genommen werde. Die wirtschaftliche Berechtigung der Ausstellung wie das Vorhandensein eines wirklichen öffentlichen Wettbewerbes müsse polizeilicherseits umsomehr in Frage gezogen werden, als bei dem betreffenden Verein die für ein ernsthaftes derarsiges Unter nehmen erforderlichen Voraussetzungen, was die Bedeutung, das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Vereins angehe, nicht erfüllt erscheinen. Die anläßlich dieser Ausstellung in Aussicht ge- noinmene Verleihung von Ehrendiplomen zu Goldenen und Silbernen Medaillen würde eventuell als„Beihilfe zum unlauteren Weit- bewerb", die Führung der so erlangten Medaillen selbst auf Firmen- schildern, Geschäftspapieren usw. als„unlauterer Wettbewerb" im Sinne des ReichsgesetzeS vom 27. Mai 1896 angesehen und zur Be- strafung gebracht werden. Wegen versuchte» Morde? und Mittäterschaft oder Verletzung der Anzeigepflicht sind vorgestern die Drogistenlehrlinge Emil Kurtius und Felix Wrzesinski festgenommen worden. Es handelt sich um einen überlegten Revolveranschlag, den Kurtius vorgestern abend auf seinen Lehrherrn, den Drogisten Albert Sieling aus der Liebig- straße 12, machte. Nachdem das Geschäft um 7'/� Uhr geschlossen worden war. begaben sich Sieling in seme Stube und die beiden Lehrlinge in ihr von dieser durch einen Flur getrennte? gemeinschaftliches Schlafzimmer. Eine Stunde später begab sich Kurtius in die Stube des Lehrherrn und schoß ihm drei Kugeln in den Kopf. Während Sieling zw sammenbrach und hilflos auf dem Fußboden liegen blieb, ging Kurtius zu Wrzesinski zurück, sagte, daß er jetzt fliehen müsse, stieg durch das Fenster auf den Hof hinab und gewann auch die Straße. Hausgenossen jedoch, die Schüsse hatten fallen hören, setzten ihm nach und nahmen ihn bald fest. Sieling liegt im Krankenhause noch schwer danieder. Vernehmungsfähig ist er noch nicht. „Für die Berliner ist alles gut." Damit hatte, wie in gerichi lichcr Verhandlung festgestellt wurde, der Wirt eines Sommerlokals in Heiligensee die unglaublichen Schmutzereien in seinem Betriebe zu beschönigen gesucht. Nun richtet der Amtsvorsteher von Tegel Weigert einen längeren Erlaß an sämtliche Wirte seines Amtsbezirks, worin er sie ersucht,„allen Ernstes im allgemeinen auf eine gute Bedienung zu halten und allenthalben bei der Darbietung von Speisen und Getränken und in der Haltung des Geschirrs die größte Sauberkeit zu beobachten. DaS Personal wird in jedem Lokale strengstens zur Einhaltung dieses Grundsatzes zu ermahnen und auf Befolgung zu kontrollieren sein. Speziell mache ich darauf aufmerksam, daß z. B. die in einzelnen großen Gartenlokalen beobachtete Be Handlung des Kaffeegeschirrs nicht einwandfrei genannt werden kann." Der Erlaß, der zahlreiche Anweisungen hygienischer Art enthält, kündet eine allgemeine Revision der Wirtschaften und Schank- stätten an. Hoffentlich bleibt eS nicht bei der bloßen Ankündigung und läßt man die schönen Vorschriften nicht bloß auf dem Papier stehen. Die Gemeindevertretung von Heiligensee a. H. hat sich in ihrer letzten Sitzung auf einen anderen Standpunkt gestellt als die Ernst Zickowschen Eheleute, deren Wahlspruch war:„Für die Berliner ist alles gut genug". In'der zu Herligensee gehörenden Kolonie Konradshöhe wollte ein Gastwirt einige Geräteschuppen als Sommer- Wohnung vermieten. Trotzdem diese Schuppen ziemlich wohnlich hergerichtet sind, breite Fenster besitzen und über gute Ventilation verfügen, hat die Gemeindevertretung sich doch gesagt, daß diese „Sommerwohnungen" für die Berliner nicht gut genug sind, und die nachgesuchte Zustimmung zur BeWohnung der Schuppen nicht erteilt. Die Frühjahrsparade hat gestern unter dem üblichen drum und tran, vor allem unter den erheblichen Absperrungen stattgefunden. Arbciter-Bildungsschulc Berlin . Der am HimmelfahrtStage aus- gefallene Unterricht in Nationalökonomie wird am 1. Juni ldritter Feiertag) vom Genossen Bor Hardt nachgeholt werden. der neue Vortrag„Rom und die Campagna", der unS durch den Palatin und die Kaiserpaläste, das Forum Romanum und den heiligsten Teil des alten Rom, das Kapital, die schwermütige Cam- pagna bis hinab in die Hafenstadt Ostia an der Hand zahlreicher Lichtbilder führt, allabendlich zur Darstellung. Anläßlich der Schul- ferien werden am Sonntag, Montag, Dienstag und Mittwoch Nach- mittagsvorträge zu kleinen Preisen gehalten werden und zwar am Sonntag und Mittwoch„Ueber den Brenner nach Venedig", am Montag„Durch Dänemark und Südschweden' und am Dienstag „Von der Zugspitze zum Watzmann ". Die Drcsdrnerstraße von der Buckowerstraße bis zinn Oranien- platze wird behufs Asphaltierung vom 2, nächsten Monats ab bis auf weiteres für Fuhrwerke und Reiter gesperrt. Er- des die soll An Vorort- INachnchten. Schöneberg . Der„Biermandatsraub" lautete das Thema, über das Genosse Ströbel in der am Dienstag stattgefundenen Wohlvereinsver- sammlung referierte. In der Diskussion wurden die Ausführungen des Referenten noch durch die Genossen Leinert und Thielecke ergänzt. Ein Herr Fromholtz empfahl der Versammlung, sich nicht an der Landtagswahl zu beteiligen, da die Arbeiterschaft doch keinen Vorteil hiervon habe. Genosse Ströbel rechnete in feinem Schlußwort gründlich mit dem Herrn ab. Die Versammlung er- klärte durch den reichen Beifall, daß sie mit den Ausführungen des Referenten einverstanden sei. Alsdann wurde Genosse Hein- richs als erster Schriftführer an Stelle des Genossen Zierdt, welcher sein Amt aus Gesundheitsrücksichten niedergelegt hat, ge- wählt. Unter Vereinsangelegenheiten teilte der Vorsitzende mit, daß die Bezirksführersitzung am Mittwoch, den 2. Juni, das Stif- tungsfest am 27. Juni in den Rathaussälen stattfindet. Das Ein- trittsgcld ist auf 26 Pf. festgesetzt. Zum Schluß wies der Vor- sitzende auf die im November stattfindenden Stadtverordneten - wählen hin, er ersuchte die Anwesenden, schon jetzt recht rege hier- für zu agitieren. Vor Eintritt in die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende mit warmen Worten der verstorbenen Genossen Scheer, Butry und Hausner. Die Versammlung ehrte dieselben in üblicher Weise. Friedenau . Ueber Erzichungssragen referierte in der letzten Mitglieder- Versammlung des Wahlvereins Genosse G ö h r e- Zehlendorf. Die warmen, von großen pädagogischen Kenntnissen zeugenden Worte fanden allgemeinen Beifall. Genosse Göhre wurde gebeten, seinen Vortrag in der nächsten Zeit fortzusetzen. Hierauf gab Genosse Dietrich einen Bericht von dem Maifest, Genosse Adam vom Stiftungsfest. Genosse Klemann berichtete, daß ein unbekannter Geber dem Wahlverein für die Bibliothek 10 M. gespendet habe. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß die Ausgabe von Bibliotheksbüchern jeden zweiten und vierten Sonnabend im Monat, abends von 8 Uhr ab. bei Schönfeld, Rheinstr. 31, erfolgt. Genosse Pöhlmann ersucht noch besonders, bei den Pfingstausflügen die Lokalliste genau zu bktKten. Rummelsburg . Gewerbegerichtswahle» i Folgende Geschäftsinhaber haben sich bereit erklärt, die Legitimationen für die am 8. Juni stattfindenden Beisitzerwahlen zum hiesigen Gewerbegericht zu besorgen. Auch liegen dort die Formulare für die am Ort beschäftigten und die am Ort wohnenden Wähler von heute ab aus: Paul Ritter, Schiller- straße 26, Alfr. Rothe. Linkstr. 46, Otto John , Karlshorster Straße 1, Osk. Blume(früher Tempel), Alt-Boxhagen 66, Leop. Herwig, Grünberger Straße 10, Otto T e u t, Wühlischstr. 31. Die GewerkschastSkommission. Trebbin (Kreis Teltow). Der letzten Stadtverordnetensstzung lag ein Projekt zur bauung einer neuen Badeanstalt bor , das die Genehmigung Landratsamts und des Nutheschau-Verbandes gefunden hat; Anstalt wird wieder am alten Platze errichtet. Der Unterbau in Beton und Eisen, der Oberbau in Holz ausgeführt werden. Kosten sind 6100 M. veranschlagt. Die Versammlung beschloß nach kurzer Debatte einstimmig die Errichtung der Anstalt und ersuchte den Magistrat, die Ausführung zu beschleunigen. Herr Bürger- meister Baudach wies mit seltener Energie und Nachdruck den Vorwurf zurück, daß die Schuld an der Verzögerung dieser Sache den Magistrat träfe. Da Einsprüche gegen die letzten Wahlen nicht erhoben sind, wurden dieselben für gültig erklärt. Nachdem die Kommission und der Magistrat die Pläne für den Schulhaus- neubau bis in alle Einzelheiten ausgearbeitet hatten und d'c- selben auch genehmigt wurden, war beschlossen worden, an den Kultusminister eine Bittschrift betr. Staatszuschuß zu richten. Die- selbe ist jedoch von der Regierung nicht weitergegeben worden, da sie der Pläne und sachlichen Unterlagen entbehrte. In dem Ant- wortschreiben war auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen wor- den, die die oberste Schulbehörde bei Gewährung solcher Zuschüsse bereitet. Vor allem würde der Bau dadurch auf mindestens ein Jahr hinausgeschoben werden, da für angefangene Bauten über- Haupt keine Zuschüsse gewährt werden. Weiter müssen die von der Stadt erhobenen Einkommcnsteuerzuschläge mindestens 200 Proz. betragen. Da der Zuschuß der Regierung aber günstigenfalls nur 8000 M. betragen, außerdem auch die Regierung noch die Pläne nach ihrem Willen umarbeiten würde, so hat die Kommission wie der Magistrat beschlossen, auf jegliche Staatsbeihilfe zu verzichten. Diesem Beschlutz schloß sich auch die Versammlung nach Vor- lesung der Vorgänge einstimmig an. Damit dürfte der Umbau der Schule als gesichert erscheinen, sie soll noch in diesem Jahre im Rohbau fertiggestellt werden. Die Kosten sind mit 160 000 M. veranschlagt. Vorgesehen ist neben der Errichtung modernster Klassenräume die Einrichtung eines Zeichensaales und die Anlage eines Brausebades. Diese Einrichtungen würden bei Gewährung eines Staatszuschusses unbedingt gestrichen werden,«v Nieder-Schönhausen. Eine anregende DiSkusfio« rief in der letzten Mitglieder- Versammlung des Wahlvereins ein Vortrag des Genossen Böttcher über Jugendorganisation und Arbeiterbewegung hervor. Namentlich wurde darüber diskutiert, welches die beste Form der Jugendorgani- sation auf Grund des Nürnberger Parteitagsbeschlusses sei. Hierauf wurden noch einige BereinSangelegenheiten erledigt. Spandau . Stadtverordnetenversammlung. Der Restaurateur Seitz, gegen dessen Lokal die hiesigen sozialdemokratischen Arbeiter den Saal- boykott ausgesprochen, hatte, als er noch Tanzmusik abhielt, von der Stadt eine elektrische Leitung nach seinem Lokal legen lassen und sich auf'fünf Jahre verpflichtet, jährlich für 600 M. Elektrizität abzu- nehmen resp. zu garantteren. Jetzt, nachdem er den Saal nicht mehr zu Vergnügungen benutzt, will er gerne von dem Vertrage los- kommen, er bot daher der Stadt eine Abstandssumme von 600 M. Die Legung des Kabels hat allein 1100 M. ge- kostet. Der Magistrat verlangte 1000 M. Seitz wendete sich an die Stadtverordneten-Versammlung und diese kam seinen Wünschen so- fort entgegen. Wahrhaft rührend war es, wie man dem armen ge- maßregelten Seitz bedauerte, der nur dadurch sich so lange gegen den Answrm der Sozialdemokraten halten konnte, weil er bemittelt enug war. Die Stadtverordneten Matthias, Taßler und schalig. drei ehemalige Restaurateure, traten warm für ihren Kollegen ein und die Versammlung verlangte nur 600 M., die Seitz geboten hatte.— Dem Gesangverein Hoffmannsche Liedertafel, der im nächsten Monat sein fünfzigjähriges Stiftungsfest feiert, bewilligt die Versammlung außer einem Ehrenpreise im Werte von 100 M. noch 300 M. zu einer an dem Tage zu veranstaltenden Feier aus dem Marktplatz, zu welcher auch die Stadtverordneten und der Magistrat eingeladen find. Den Arbeitervereinen gee stattet man dagegen nicht einmal einen Umzug, der der Stadt nichts kostet.— Zu dem Ortsstatut für die g e w e r b l i ch e Fort« bildungsschule ist auf Veranlassung der Regierung ein Nachtrag eingebracht, wonach über diejenigen jungen Leute, welche durch Geldstrafen nicht zu bändigen sind, Karzerstrafen verhängt werden können. Die Versammlung stimmt der Vorlage zu. Es fehlt nur noch, daß für die gewerblichen Fortbildungsschüler noch die Prügelstrafe eingeführt wird; die Versammlung in ihrer heutigen Zusammensetzung würde dem sicher auch zustimmen.— Für die Gustav-Adolf-Stiftung, die am 16. und 17. Juni hier eine Versammlung abhält, fordert der Magistrat zu einer Festgabe die Summe von 600 Mark. Stadtverordneter Genosse Pieper ersucht die Vorlage abzulehnen; es würden ja_ ziemlich hohe Kirchensteuern erhoben, aus denen die Kosten be- stritten werden könnten, das Geld der Steuerzahler sei jedenfalls nicht dazu da, für solche Zwecke verwendet zu werden. Der Auch- Arbeitervertrcter Schmidt II legte sich kräftig für die Vorlage ein, weil die Gustav-Adolf-Stiftung ja auch für Schulen sorge.(Aber fragt mich nur nicht wie I) Originell war die Entgegnung des Ober- bürgermeistcrs, der da meinte, wenn die Nikolaikirche alle die Kosten zahlen müßte, dann würden schließlich noch mehr Kirchensteuern er- hoben werden. Ein Stadtverordneter, der Apotheker H e r z b e r g. beantragte sogar, die Summe auf 1000 M. zu erhöhen. So weit ging nun die Versammlung allerdings nicht, aber die 600 M. wurde» be- willigt, unbekümmert darum, daß auch das Geld derjenigen Personen dabei ist, die von Kirche und kirchlichen Vereinen nichts wissen wollen. Eine allerliebste Geschichte erfuhren die Stadtverordneren auch bei Beratung der Vorlage, Bewilligung von 273 000 M. für Erweiterung der Gasanstalt. Stadtv. Genosse Pieper fragte nämlich, ob es wahr sei, daß die Kohle, welche jetzt ein hiesiger Kohlenhändler für Gasanstalten liefere, derartig schlecht sei, daß der Stadt ein Schaden von zirka 36 000 M. daraus erwachse. Er habe gehört, die Kohle enthalte statt 3 Prozent 10 bis 12 Prozent Wasser und man ziehe aus 100 Kilo statt 29 Kubik- meter nur 23 Kubikmeter Gas. Zunächst ging man stillschweigend über die Frage hinweg und vielleicht hätte man dieselbe gar nicht beantwortet, wenn nicht der Stadtverordnete Genosse Pieck, der Mitglied der Gasdeputation ist, bestätigte, daß die Sache sich so ber- halte, wie Genosse Pieper ausgeführt. Der Lieferant sei sogar ein hiesiges Magistratsmitglied, der unbesoldete Stadttat Adler. Der Dezernent der Gasanstalt, Bürgermeister Wolf, versuchte zwar, die Sache etwas beizulegen, und der Baurat Paul wollte sogar den Beleidigten spielen, als Pieck hervorhob, der Lieferant sei ein Magistratsmitglied, man mußte aber doch zugestehen, daß die Sache im allgemeinen richtig sei. Ein für die Arbeiterschaft wichtiger Punkt ist die Behandlung des Antrages der sozialdemokratischen Stadtverordneten Pieper und Genossen, welche beantragten, die Versammlung wolle beschließen, an dem von der Versammlung gefaßten Beschluß betreffend Fest- setzung der GewerbegerichrSwahlen an einem Sonntage festzuhalten. Ferner wird beantragt, für die Arbeitgebcrbeisitzer zum Gewerbe- gericht die Verhältniswahlen einzuführen. Stadtverordneter Genosse Pieper als Referent begründete den Antrag. Er widerlegte die Gründe desMagistrats für die Ablehnung der Wahl an einemSonntag in zutreffender Weise. Er beantragte dann ferner, daß die Wahl in drei Lokalen, statt wie bisher in einem abgehalten werde. Wenn man bedenkt, daß die Versammlung in voriger Sitzung dem Antrage auf SonntagSwahl nahezu einstimmig zugestimmt, so muß man sich über das heutige Verhallen der bürgerlichen Stadtverordneten doch wundern. Zunächst erklärte der Stadtverordnete Töpfermeister Weber, daß er gegen die Sonntagswahl nichts einwenden wolle. Die Verhältniswahl aber auch für die Arbeitgeberbeisitzer einzuftihren, sei nicht nötig, diese brauchten sie nicht, die Arbeitgeber stellen nur eine Liste auf. Er mußte sich vom Stadttat Stritte sagen lassen, daß, wenn die Verhältniswahlen einmal beschlossen, diese auch für beide Teile gelten. Der Herr Stadttat meinte dann weiter, die Wahl finde von 10—2 und 4— 8 Uhr statt, da habe jeder Zeit zum Wählen. Jetzt trat der Stadtverordnete und königliche Betriebsschreiber Simon, auch ein Vertreter der dritten Abteilung in die Arena und meinte, obwohl ihm als Staatsarbeiter die Gewerbegerichtswahl gar nichts angeht: Wenn die Arbeiter den 1. Mai feiern und nicht danach fragen, daß sie einen ganzen Tag Lohn verlieren, dann könneir sie auch die paar Stunden in der Woche für die Wahl opfern. Stadt- verordneter Maurermeister Hülsebeck will für die Wahl am Sonn- tag eintreten, wenn der 1. Mai nicht mehr gefeiert werde. Genosse Pieck weist zunächst den Stadtverordneten Weber darauf hin, daß ja der Anttag, die Verhältniswahlen einzuführen, vom Hirsch-Dunckcr- schen Gewerkverein eingebracht sei und die sozialdemokratischen Stadtverordneten haben in loyaler Weise und weil sie auch für Ver- hältniswahlen sind, dafür gestimmt. Was die Wahl am Sonntage betrifft, so finden die Wahlen für das Kaufmannsgericht und auch die kirchlichen Wahlen an einem Sonntage statt. Man möge also bei dem einmal gefaßten Beschlüsse verharren. Dem Oberbürgermeister K ö l z e schien es die Resolution angetan zu haben, welche die am Abend vorher tagende Protestversammlung angenommen hatte. Es wird darin nämlich verlangt, daß der Magisttat dem Beschluß der Stadt- verordnetenversammlung Rechnung trage. Er meinte, der Magistrat lasse sich nichts vorschreiben und nichts abfordern. Obwohl Stadt - verordneter Pieper nochmals versuchte, die Stadtverordneten zum Beharren auf ihren Beschluß zu veranlassen, wurde der Anttag gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Stadtverordneten ab- gelehnt. Für diesen Faustschlag gegen die Arbeiterinteressen werden die Arbeiter bei der demnächstigen Stadtverordnetenwahl die richtige Antwort geben müssen. Sie müssen dafür sorgen, daß derartige Jgnorierer von Arbeiterwünschen von der Bildfläche verschwinden. Französisch-Buchholz . Ueber C. P. Reinders referierte in der Mitgliederbersamm. lung des Wahlvereins Genosse Schütte. Unter Verschiedenes kamen mehrere örtliche Angelegenheiten zur Sprache, so z. B. dte Entwässerungsangelegenheiten sowie die fürchterliche Staubent- Wickelung in den Sttaßen durch den lebhaften Verkehr. Es wurde eine Resolution an die Gemeindevertretung beschlossen, in welcher um Abhilfe dieses gesundheitsschädigenden Zustandes ersucht wird. Nachdem der Vorsitzende noch zu reger Agitation für die politische und gewerkschaftliche Agitation sowie für den„Vorwärts" er- mahnt hafte, wurde die gutbesuchte Versammlung geschlossen. GeneKts-�eltiiiig. 5*> m Widerstand?" v/ Eine bedrohliche Szene, bei der ein Schutzmann in Gefahr ge- raten sein soll, war der Ausgangspunkt zu einer Anklage wegen Freiheitsberaubung und Widerstandes, die den Schuhmacher Joses Rautenberg und dessen Sohn Robert vor die 3. Strafkammer des Landgerichts I führte. Am 24. März, nachmittags gegen 4� Uhr, wurde der Schutzmann Weckwert von einem Straßenpassanten auf- gefordert, die Persönlichkeit eines Mannes festzustellen, der aus dem Rautenbergschen Schuhmachergeschäft herausgetreten sei und auf ihn Wasser ausgegossen habe. Als der Schutzmann diesem Ver» langen nachkommen wollte, stieß er auf unerwarteten Widerstand: die Ladentür wurde ihm vor der Nase zugeschlossen und er mußte von draußen wiederholt Einlaß fordern, ohne daß ihm aufgetan wurde. Diese Aussperrung des Schutzmanns erregte unter der schnell sich ansammelnden Menschenmenge große Heiterkeit und gab zu aller- Hand spöttischen Bemerkungen gegenüber dem Schutzmann Anlaß. Als endlich der Beamte durch die wiedergeöffnete Tür den Laden betreten hatte, kam es zu einer erregten Szene. Der Schutzmann behauptet, daß ihm der alte Nautenberg aggressiv entgegen getreten sei und der junge R. schließlich sogar ein Messer geschwungen und drohende Bemerkungen ausgestoßen habe. Die Situation scheint für den Beamten etwas gefährlich geworden zu sein, denn nun hielten die Leute, die den Schutzmann draußen verhöhnt hatten, es für geboten, ihn, zu Hilfe zu kommen. Kch hattes das Zücken
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