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Gewerbfcbaftltcbe*)« Scharfmachern gegen die Tarifverträge. In den Mitteilungen der Hauptstelle deutscher Arbeitgeber- verbände zieht jemand gegen die Tarifverträge scharf vom Leder. Ein großer Teil unserer politischen Parteien und unserer theoretischen Sozialpolitiker sei gerade in der gegen- wärtigen Zeit von der Idee des kollektiven Arbeitsvertrages hypnotisiert und propagiere die Einführung des Tarif- Vertragsgedanken in fast allen Gewerbezweigen. Alle diese Kreise bedächten aber nicht, daß der Tarifvertrag am letzten Ende einerseits auf eine außerordentliche Beschneidung der Rechte des Arbeitgebers, andererseits aber auf eine Kartellierung des betreffenden Gewerbezweiges auf Kosten der Konsumenten hinauslaufe. Der Buchdruckertarif muß hierfür als abschreckendes Beispiel herhalten. Durch ihn sei bewiesen, in welch schnellem Tempo die Lohnfrage gefördert und die Boykottierung der noch außerhalb der Tarifgemein- schaft stehenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einer all- gemeinen Schematisierung und damit scheinbaren Gleich- stellung der Konkurrenzverhältnisse gezwungen würde. Wer die gewerkschaftlichen Machtgclüste der Gewerkschaftsführer kenne, der wisse, daß sie danach streben, im inneren Ge- schäftsbetrieb mitzureden. Bon weiteren Vergünstigungen für die Gehilfen bei einem neuen Tarifabschluß werde als von etwas ganz Selbstverständlichem geredet. Das geschehe aber alles zum Schaden der Konsumenten. Und nun gar die im Reichstage gestellten Anträge, Staatsaufträge nur an tariftreue Firmen zu vergeben, benachteiligten die Steuer- zahler. Und so geht die Jeremiade fort. Konsumenten und Steuerzahler werden hier also scharf- gemacht, gegen die Tarifverträge Sturm zu laufen. Mit dem Vorwande, im Interesse des Vaterlandes und aus Rück- ficht auf die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie, mit Rücksicht auf die Konsumenten und Steuerzahler also wirken zu müssen, versuchen die Herren Scharfmacher, ihre wahren Absichten zu verhüllen: ihren starren Herrn-im-Hause-Stand- Punkt zu wahren und sich unbeschränkt den Säckel zu füllen. Auf diese Finte fällt nur kein Mensch mehr hinein. Unter der dürftigen Hülle des Prozentpatriotismus schimmert allzu deutlich der nackte Egoismus des profitsüchtigen Kapitalisten hindurch. Berlin uncl Umgegend. Ter Stand der Bewegung im Klempnergewerbe. In einer allgemeinen Klempnerversammlung, die am Mitt- tvochabend in denAndreassälen" stattfand, referierte Adolf Cohen über den Stand der Streikbewegung. Zugleich berichtete er über die am letzten Freitag stattgefundene Aussprache mit den Arbeitgebern. DieseAussprache" sollte bekanntlich schon eine Woche früher stattfinden, was aber unter einem nichtigen Vorwand abgesagt wurde. Die Vertreter der Arbeitnehmer waren bereit zu erscheinen, sie hatten auch auf eine Anfrage vom Gewerbegericht ihre Vereitwilligkeit zu Verhandlungen erklärt; die Arbeit- geber dagegen hatten auf eine gleiche Anfrage, ob sie vor dem Einigungsamt erscheinen wollten, ablehnend geantwortet. Bei den Verhandlungen am letzten Freitag traten die leitenden Klempnermeister vollständig in den Hintergrund. Das Wort führten Heuer, Dr. M i e l e n z und Nasse vom Unternehmerkartell im Bau- g e w e r b e. Der Vorstand im Unternehmerkartell wollte alsUn- parteiischer" gelten, der beide Parteien eingeladen habe und ver- mittel« wolle. Die Vertreter der Arbeitnehmer ließen keinen Zweifel darüber, daß sie die Unparteilichkeit des Vorstandes im Unternehmerkartell nicht anerkennen könnten. Dies aber sollte kein Hindernis sein, in Verhandlungen einzutreten. Die nun fol- gende Aussprache drehte sich hauptsächlich um die Akkordarbeit. Von feiten der Arbeitgeber wurde versucht, die Akkordarbeit irgend- wie annehmbar zu machen. Sie meinten, es sollte niemand ge- zwungen werden, Akkordarbeit zu leisten, aber es müsse jedem frei- gestellt werden, Akkordarbeit zu übernehmen. Natürlich erkannten die Vertreter der Arbeitnehmer, daß es sich bei jedem Zugeständnis in dieser Richtung um die Freigabe der Akkordarbeit überhaupt handelt. Sie betonten, daß die geheime Abstimmung, die zu Be- ginn des Kampfes über die Frage der Akkordarbeit vorgenommen wurde, jede Konzession verbiete. Man verwerfe nicht die Akkord- arbeit an sich, denn in den Berufen der Metallarbeiter werde die Akkordarbeit nicht selten gepflegt. Bei den Bauklempnern sei nur die Erkenntnis maßgebend, daß sie bei demAkkord" Leben und Gesundheit riskieren müssen, um zu einem Verdienst zu kommen, wie sie ihn jetzt durch die Lohnarbeit haben. Cohen meinte, was die Leistungsfähigkeit betreffe, so könnte vielleicht die Schlichtungs- kommission im Laufe der nächsten Vertragsdauer die Aufgabe über- nehmen, festzustellen, welche Anforderungen an eine Durchschnitts- leistung eines Bauklempners zu stellen seien. Man rückte durch die Aussprache keinen Schritt weiter. Die Vertreter der Arbeitnehmer machten dann den Vorschlag. daß die Frage gemeinsam dem Einigungsamt zur Entscheidung übertragen werden sollte. Heuer wünschte, daß die Arbeit- nehmer sich an das Einigungsamt wenden; die Vertreter dieser aber erklärten, zu einem solchen Schritt bei dem Stand der Dinge keine Veranlassung zu haben. Darauf meinte Heuer, es sei doch auch möglich, daß der Vorsitzende des Gewerbegerichts an die Par- teien herantrete. Ganz erstaunt erwiderte Cohen, daß eine solche Einladung doch bereits ergangen und von den Vertretern der Arbeitgeber abgelehnt worden sei. Mit Verwunderung hörten die Klempncrmeister davon; sie hatten bisher nichtsvondieser Einladung gewußt und nichts von der Weigerung. vor dem Einigungsamt zu erscheinen. DasMiß- Verständnis" aufzuklären, schlug Cohen vor. sofort telephonisch bei Herrn von Schulz anzufragen, und zwar gemeinsam. Das wollten die Vertreter der Arbeitgeber nicht. Man war nicht schlüssig darüber, was weiter zu tun sei. Ein bestimmtes Resultat gewann die Aussprache nicht. Der Vorsitzende Dietrich teilte der Klempnerversammlung mit, daß bis Mittwochabend 123 Firme« dem Tarifvertrage der Arbeitnehmer beigetreten seien. Eine Telephonbotschaft wurde der Versammlung übermittelt, nach welcher noch am Abend vom Gewerbegericht bei dem Verbandsbureau an- gefragt worden war, ob die Arbeitnehmer zu Verhandlungen bereit seien. Anscheinend ist jetzt die Zustimmung von feiten der Arbeit- geber vorhanden.,.,. Cohen hatte in seinem Referat noch emmal die Meinung der Versammelten über die Akkordarbeit herausgefordert und in der Diskussion wurde von allen Seiten mit Heftigkeit jede Konzession nach dieser Richtung hin verworfen. Die folgende Resolution fand einstimmige Annahme: Die heutige Versammlung der Bauklempner steht nach wie vor auf dem Standpunkt, daß an eine Einführung der Akkord- arbeit im Bauklempnerberuf nicht zu denken ist. Unter keinen Umständen denken die Bauklempner daran, die Arbeits- bedingungen verschlechtern zu lassen."., Cohen erklärte, daß die Versammelten beruhigt se,n dürfen, die Vertreter der Arbeitnehmer kennen bei eventuellen VerHand. lungen ihre Pflichten und ohne die Zustimmung der versammelten Kollegenschaft würden keine endgültigen Beschlüsse gefaßt werden. Er ermahnte die Streitenden noch, in dem Kampf, den sie neun Wochen lang mit Energie geführt haben, nicht zu erlahmen und besonders der Abwehr der Streikbrecher die gebührende Aufmerk- samkeit zu widmen, Deutsches Kelch. Der Transportarbeiterverbanti hätte naturgemäß die Wirkung des ungünstigen Wirtschafts- Marktes am ehesten spüren müssen. Denn wenn die Industrie geringere Aufträge hat, stockt Handel und Verkehr. Wenn aber die Güterbewegung, die Ein- und Ausfuhr, einen beträchtlichen Rück- gang aufweist, so müssen Transportarbeiter bielfach beschäftigungs- los sein. Große Arbeitslosigkeit aber hemmt die Ausbreitung der Gewerkschaftsorganisationen. Wenn daher im vergangenen Jahre, dem Jahre einer vehementen Krise, die Gewerkschaften nicht ent­fernt den Mitgliederrückgang aufzuweisen hatten, wie in früheren Krisenjahren, so ist das ein lebendiges Zeichen von der inneren organisatorischen Stärke unserer Gewerkschaften und dem in der deutschen Arbeiterschaft festgewurzelten Gedanken von der Not- wendigkeit der Organisation. Das trifft in reichem Maße vom Transportarbeiterverbande zu. Zwar stie gim Jahre 1908 die Aus­fuhr. Doch die Einfuhr hatte ein Minus von 53 Millionen 670 456 Doppelzentnern zu verzeichnen. Ebenso zeigten die Einnahmen aus dem Güterverkehr ein Minus von 29 Millionen 568 432 M. Trotzdem hatte der Transportarbeiterverband im Jahre 1908 nur einen Verlust von 1215 Mitgliedern; die Mitgliederzahl betrug 87 746, darunter 4373 weibliche, Neuaufnahmen waren 29 436 und Uebertritte aus anderen Verbänden und lokalen Berufen 3378, das sind 13 071 weniger als im Vorjahre. Die Zahl der männlichen Mitglieder weist einen Rückgang von 2064 gleich 2,4 Proz. auf, während die der weiblichen eine Zunahme von 849 gleich 24,1 Proz. ausmacht. Außerdem hatte der Verband 1242 jugendliche Mitglieder gegenüber 1124 im Vorjahre. An der Gesamtmitgliedschaft sind beteiligt: Hausdiener und Packer mit 29 Proz., Kutscher und Fuhrleute mit 25 Proz., Hilfsarbeiter ver- schiedener Art mit 11,6 Proz., Speditionsarbeiter mit 11 Proz., Droschkenführer mit 5 Proz., Arbeiterinnen mit 5 Proz., Bier- führer mit 3,8 Proz., Straßenbahnführer mit 3.4 Proz., Kohlen- arbeiter mit 3.3 Proz., Fensterputzer mit 1,2 Proz. und diverse Berufe mit 0,8 Proz. In 296 Orten waren 304 Mitgliedschaften vorhanden; 40 wurden neu gegründet, 17 lösten sich auf und 6 schlössen sich anderen Verwaltungsstellen an. Sehr erfreulich ist es, daß die Stabilität der Mitgliedschaft sich günstig weiter- entwickelt hat. Die Zahl der bis zu drei Jahre dem Verbände angehörenden Mitglieder beträgt 66 Proz. der Gesamtmitglied- schaft, gegen 72 Proz. im Jahre 1907 und 76,9 Proz. im Jahre 1906. Besonders bewiesen aber wird das dadurch, daß von den 29 436 neuaufgenommenen Mitgliedern noch 22 597 am Jahres- schlusse dem Verbände angehörten. Die Zahl der Lohnbewegungen hatte eine Abnahme zu ver- zeichnen, die der Abwehrbewegungen und Aussperrungen eine Zu- nähme. Trotzdem konnten 90,6 Proz. aller Lohnkämpfe mit Erfolg beendet werden, ein Erfolg, der hinter dem des Vorjahres nur um ein ganz Geringes zurückbleibt. 394' Lohnbewegungen, Streiks und Aussperrungen wurden in 101 Orten geführt, von denen 1686 Betriebe mit 18 419 Beschäftigten betroffen wurden; 16 669 be- teiligten sich an den Bewegungen. Angriffsbewegungen waren 307, Abwehrbewegungen 81. Mit Erfolg für die beteiligten Arbeiter und Arbeiterinnen konnten 93,8 Proz. der Angriffs- bewegungen, 81,5 Proz. der Abwehrbewegungen.und 50 Proz. der Aussperrungen beendet werden. Die Zahl der abgeschlossenen Tarife betrug 153, die 1087 Be- triebe mit 8668 vertragsbeteiligten Arbeitern umfassen. Auch der Kassenabschluß ist ein günstiger. Die Einnahmen aus den Beiträgen erhöhten sich um 61 612,35 M., sie betrugen 3 717 599 M. Die Beiträge zum Streikfonds wiesen eine Zunahme von 10 760,27 M. auf, sie betrugen 35 798,35 M. Das Vermögen der Hauptkasse betrug 463 125,63 M., das der Ortskassen 244 880.80 M. Die Zentralleitung des Verbandes entwickelte ferner auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes eine äußerst rege Tätigkeit im Interesse der Transportarbeiter. Alles in allem ein rühriges Arbeitsjahr, das die müheselige Arbeit der Kämpfer im Transport- gewerbe durch recht beachtenswerte Erfolge auszeichnete. Tarifbewegung der Notenstecher Deutschlands . Der zwischen dem Verein der Notenstechereien und dem Noten- stechergehilfenverbande abgeschlossene Tarif läuft am 30. Juni 1909 ab. Aus diesem Grunde hat die Generalversammlung des Gehilfen« Verbandes den Vorstand beauftragt, Verbandlungen mit dem Unter- nehmerverband anzuknüpfen, um die Tarifgemeinschaft zu ver- längern. Als Grundlage der Verhandlungen sollen 1. die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit von S1/* resp. 9 Stunden aus 8 Stunden. 2. eine dem entsprechende allgemeine Tarifaufbesserung, 3. einige präzisere Fassungen im Wortlaute des Tarifs dienen. Die Unter­nehmer haben geantwortet, daß sie bereit wären, in Unterhandlungen zu treten, und werden diefelben nächste Woche ihren Anfang nehmen. Tarifdifferenzen im Dampfsäge- und Hobelwerk in Düsseldorf . Der zwischen dem Verbände der Hafenarbeiter und der Firma Brüggmann u. Sohn. Dampfsäge- und Hobelwerk in Düsseldorf bestehende Tarif läuft am 1. Juli dieses Jahres ab. Die Firma will nun Lohnherabsetzungen von 10 bis 12 Proz. vornehmen. Da die Arbeitgeber dieses Ansinnen ablehnten, hat die Firma am letzten Sonnabend den Tarif gekündigt, so daß es aller Voraussicht nach zum Kampfe kommen wird. Die Firma versucht schon jetzt Arbeits- willige heranzuziehen, die Nichtverbandsmitglieder sein müssen. ES kommen für das Werk etwa 70 Arbeiter in Betracht, die zum größten Teile verheiratet sind. Die Situation ist für die Arbeiter günstig, wenn es gelingt, den Zuzug fernzuhalten. Ausland« Der Schweizerische Typographenbunb hielt während der Pfingst- tage seine Delegierten- und Generalversammlung in Zürich ab. Es wurde einem Kartellvertrag mit den übrigen Verbänden der graphischen Gewerbe zugestimmt und den Sektionen empfohlen, mehr gewerkschaftliche Erziehungsarbeit zu leisten. Anträge be- treffend die Erhöhung der wöchentlichen Altersrente von 13 auf 24 Fr. und Veranstaltung einer ärztlichen Enquete unter den Buchdruckergehilfen, um im Hinblick aus die immer mehr um sich greifende Tuberkulose eine Verkürzung der Arbeitszeit herbei- zuführen, wurden abgelehnt. In besonderer Tagung verwarfen die Maschinensetzer einstimmig den neuen Tarifvertragsentwurf, weil er nicht auch für die Werkbetriebe die 8stündige, sondern die 8�stündige Arbeitszeit enthält. Der drohende Riesenkampf im englischen Bergbau. Das Zentralkomitee der grotzbritannischen Bergarbeiterorgani- sation, bestehend auS Edward, Abraham und A st o n. wird nochmals versuchen, eine Einigung herbeizuführen. Zu dem Zwecke soll am 17. Juni eine Konferenz der Bergarbeiter von ganz Groß- britannien stattfinden, die sich mit den Differenzen in Süd-WaleS und in Schottland beschästigen und die zu unternehmendeu Schritt« beschließen soll. Die Arbeitervertreter hoffen, daß auf der Konferenz am 17. Juni eine Einigung erzielt wird. Sollte das nicht der Fall sein und sollte auch nur in einem Distrikt keine Einigung erzielt werden und es käme zu einem Streik, dann verlangen die Arbeiter der betreffenden Distrikte, daß sämtliche Reviere in den Streik ein- treten sollen. Es käme dann also zu einem General- streik, an dem zirka 700000 Bergarbeiter beteiligt wären. Die Bergarbeitervertreter wünschen, daß eine Einigung zustande kommt, sie lassen aber auch keinen Zweifel darüber, daß sie eventuell durch den Kampf eine Lohnreduktion oder eine Verschiebung der Schichtzeit ablehnen werden. Em InduCtne und fjandcL Vor und«ach der Zollerhöhung. In unersättlicher Begehrlichkeit langt das Agrariertum«ach immer neuen Liebesgaben und Steuerprivilegien. Wer da glaubte, die feudalen Edelinge würden mit der Beute des neuen Zolltarifs sich begnügen, sind bitter getäuscht worden. Besonders die im Fahr- Wasser des Zentrums segelnden katholischen Arbeiter müssen erkennen, daß sie schamlos belogen und betrogen worden sind. Nur um einen kaum merkbaren Betrag sollten angeblich die Brotgetreidepreise steigen und die Mehreinnahmen würden vorwiegend dazu dienen, die Arbeitsverhältnisse auf dem Lande zu verbessern. So erzählten stamme Demagogen. Auch versicherten sie, die neuen Handelsverträge mit höheren Zollsätzen würden der Jndustriearbeitecschaft stabilere Erwerbsgelegenheit und höhere Löhne bringen. Und was war die Folge der neudeutschen Wirtschaftspolitik? Sie hat die Krise ver- schärft, die Lage am Arbeitsmarkt verschlechtert, die Lebensmittel- preise ganz enorm hinaufschnellen lasten und der Haß der Liebes- gabenempfänger gegen die Arbeiter ist ausschweifender denn sei Einen interessanten Vergleich über die Preisveränderungen, die für Getreide und Brot seit Inkrafttreten der neuen Handelsverträge ein- getreten sind, ermöglichen. die Ermittelungen des Statistischen Amts der Stadt Berlin . Danach kostete: März März-April Die Preis« 1905 1909 steigerung beträgt: Roggenbrot, 1 kg Pfg. 23,51 29.14 S,6Z Weizenbrot, 1. 42,16 52,07 9,91 Roggen, 1000 M. 139,84 171,68 31,84 Weizen. 1000. 173,65 230,81 57,16 Roggenmehl, 100 kg 17,10 21,82 4,72 Preissteigerungen von 5,63 Pf. für ein Kilogramm Roggenbrot und von 9,91 Pf. für ein Kilogramm Weizenbrot sind zweifellos ganz horrende. Drückt man die eingetretenen Erhöhungen in Prozenten aus, ergibt sich dieses Bild: Preissteigerung Roggen....... 22,77 Weizen....... 32,92 Roggenmehl..... 27,60 Weizenbrot...... 23,51 Roggenbrot...... 23,94 Das sind die»kleinen" Preissteigerungen! Und aus Dank für das Geschenk an die Agrarier, als Gegengabe für die den Konsumenten aufgewälzten Lasten, feiert das Junkertum im Bunde mit dem Zentrum wahre Orgien des Arbeiter- Hasses. Dem arbeitenden Volke sollen neue indirekte Steuern aufgebürdet werden, damit das Liebesgaben schluckende Agrariertum lastenftei bleibt. Ja, bei der Gelegenheit der Reichs- finanzreform versucht man nicht nur, die Großgrundbesitzer und Feudalherren zu schonen, diesen Herrschaften sollen sogar noch neue Vorteile zugeschanzt werden. Mit dem geplanten Kaffeezoll hofft man das Geschäft der junkerlichen Schnapsbrenner zu heben, und die Mühlenumsatzsteuer soll die Brotpreise noch höher schrauben. Es ist wahrlich eine Lust, notleidender Großgrundbesitzer zu sein l Konkurs Eyck n. Strasser. Ueber die bereits erwähnten An- spräche der Berliner Handelsgesellschaft (Fürst Fürstenberg) hat sich eine Verständigung nicht erzielen lassen. Der Aufsichtsrat der A.-G. vormals Eyck u. Straffer hat deshalb den Borstand ersucht, de« Konkurs anzumelden._ Ueberflnß an Arbeitskräften. Die Arbeitsgelegenheit in der Metallindustrie hat sich im April weiter verschlechtert. Der Andrang hat eine Höhe erreicht, die nicht allein im Vergleich zu den anderen Gewerben, sondern vor allem auch im Vergleich zu den Vorjahren auffallend ist. Auf je 100 offene Stellen in der Metallindustrie kamen nämlich im April der letzte» Jahre Arbeitsuchende: 1906... 136,3 1908... 246.7 1907... 132,3 1909... 321,6 War schon der April 1908 ein Monat mit außerordentlich hohem Andrang, so steht der April 1909 mit einem Andrang von 321.6 in den letzten Jahren doch beispiellos da. Ganz besonders hoch ist der Andrang unter den Drehern, Bohrern, Gießern. Formern, bei denen er bis auf 688,6 stieg. Bei den eigentlichen Metallarbeitern ist der Andrang ebenfalls ungewöhnlich hoch; er stellte sich hier im April auf 543,3. In etwas weiterem Abstände folgen sodann Bauschlosier, Blechner und Schmiede; bei letzteren kamen auf je 100 offene Stellen 250, bei Bauschlossern 413. Von den verschiedenen Landes» teilen weisen besonders Rheinland-Westfalen und Hessen -Naffau, SchleSwig-Holstein , Württemberg und Baden einen außerordentlich hohen Ueberfluß an Metallarbeitern auf. Auch Berlin , Hamburg und Bremen ragen mit einem ungewöhnlichen Andrang hervor. Im Rheinland belöuft sich der Andrang der Metallarbeiter auf 472, in Hamburg auf 466; SchleSwig-Holstein , in dem Kiel den Ausschlag gibt, weist gar einen Andrang von 856 auf. Ein Konserventrust. Die spanische Konservenlndustrte ist in den letzten Jahren riesig gewachsen. Außer der Fruchtbarkeit einzelner Landesteile gab insbesondere daS Meer, der FisÄreichtum der Küste, die Grundlage zu dem gewaltigen Wachstum. Viele Konserven aus Spanien , insbesondere Sardinen, kommen unter englischer und ftanzösischer Flagge auf den Weltmarkt. Die Ausfuhr Spaniens an Konserven hatte 1900 erst einen Wert von 18.7 Millionen, 1908 aber schon von 36,9 Millionen Mark, darunter für 26.4 Millionen Mark Fijchkonserven. Jetzt ist ein Konserventrust gegründet worden, der die vorläufige Aufgabe hat, einzelne Teile des Fabrikationsbetriebes zusammenzuschließen, und durch Auftauf nach vertraglich festgelegten Regeln die sonstigen Produkte konkurrenzfrei zu machen. Das Bor- gehen ist von weittragender Bedeutung. Die arme Bevölkerung be- fürchtet, daß die Sardinen, die für sie das billigste Nahrungsmittel bildet, seitdem das Fleisch für daS Volk zum Luxusartikel geworden ist, erbeblich im Preise steigen werden. Jetzt schon eingetretene Aufschläge beweisen, daß solche Befürchtungen nicht unbegründet sind. Letzte]Vachncbtcn und Dcpefcbcn. Ein folgenschwerer Zusammenstoß zwischen dem Straßenbahnwagen Nr. 1531 der Linie 95 und der Autodroschke Nr. 1367 ereignete sich gestern abend um 9'/, Uhr an der Ecke Luckauer und Oranienstraße. Die Kraftdroschke, welche aus der Luckauer in die Oranienstraße einbiegen wollte, fuhr mit voller Gewalt in den Straßenbahnwagen hinein. Bei dem Anprall wurde der Fahrgast der Autodroschke, ein älterer Herr, durch das Coups- fenster geschleudert, so daß derselbe auf dein Chauffeursitz zu liegen kam. Er trug sehr schwere Verletzungen durch Glassplitter davon und wurde mittels Droschke nach der Unfallstation in der Adalbert- straße 9 gebracht, wo ihm die erste Hilfe zuteil wurde. Waldbrand. Gifhorn , 3. Juni 1999.(W. T. B.) Ein großer Wald- und Heidebrand, dem etwa 56999 Morgen zum Teil fiskalischen Forstes zum Opfer gefallen sind, wütete in den Kreisen Gifhorn und Isenhagen. Zur Hilfeleistung war gestern abend vom Truppen» Übungsplatz Münster und aus Hannover Militär requiriert worden, das jedoch nicht mehr in Tätigkeit zu treten brauchte, weil der inzwischen eingetretene Gewitterregen das Feuer gedämpft hatte. Der Pastor Grote aus Ehra starb bei der Hilfeleistung in- folge Hitzschlages: ein Förster konnte nur nutz Mühe gerettet werden. Viel Wild ist in den Flammen umgekommen. Leräntw. Redakteur: HanS Weber, Berlin . Inseratenteil verantw.: Ih. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagSanjtalt Paul Singer& Co., Berlin S W. Hierzu 2 Beilagen«.Unterhaltungsbl.